18.04.2016 Drucksache 6/2052Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 29. April 2016 Leistungsfähigkeit der Thüringer Stiftungsaufsicht Die Kleine Anfrage 890 vom 11. Februar 2016 hat folgenden Wortlaut: Die Ostthüringer Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 7. Januar 2016 über Bürgerstiftungen in Thüringen. Diese sind letztlich im Regelfall Gemeinschaftsstiftungen nach bürgerlichem Recht. Herr Prof. Olaf Werner wird in diesem Artikel wie folgt zitiert: "Gerade in Thüringen herrscht in vielen Behörden eine stiftungsfeindliche Haltung vor" und "Negativ falle Thüringen zudem bei der Genehmigungsdauer für Stiftungen auf: Zwei Jahre und länger seien inzwischen die Regel ... In Sachsen-Anhalt liege die Anerkennung hingegen binnen weniger Tage vor". Diesen Eindruck bestätigt in dem Artikel auch Frau Elfert, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Weimar und Regionalkuratorin der Initiative Bürgerstiftungen. Dagegen behauptete der Ministerpräsident anlässlich des Thüringer Stiftungstags 2015 in Erfurt, dass Stiftungen ein wichtiger Bestandteil der Thüringer Ehrenamtskultur seien. Das Thüringer Stiftungsgesetz bestimmt unter § 4 Abs. 1, dass das Innenministerium die Behörde für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit solcher Stiftungen ist. Die Stiftungsaufsicht erfolgt durch das Landesverwaltungsamt . Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung unter dem Eindruck des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts vom 28. März 2013 (BGBl. I S. 556) das Engagement der Bürger in Gemeinschaftsstiftungen und insbesondere in Thüringer Bürgerstiftungen? 2. Wie fördert und unterstützt sie diese Form des ehrenamtlichen Engagements konkret? 3. Wie viele Bürgerstiftungen gibt es in Thüringen und wann wurden diese anerkannt beziehungsweise genehmigt ? Wie viele Anträge auf Anerkennung von (Bürger-)Stiftungen wurden aus welchen Gründen von welcher Behörde negativ entschieden (in beiden Fällen bitte aufschlüsseln nach Jahr und Landkreis)? 4. Wie lange dauert durchschnittlich (sowie am längsten) die Bearbeitung eines Antrags auf Anerkennung einer (Bürger-)Stiftung und wie begründet die Landesregierung diese Verfahrensdauer? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2052 5. Wie erklärt die Landesregierung die längere Verfahrensdauer in Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern trotz nahezu identischer Formulierung des Stiftungsgesetzes sowie der Zuständigkeitsregelungen ? 6. Welche konkreten Maßnahmen will die Landesregierung zur Verkürzung der Genehmigungsdauer für (Bürger-)Stiftungen einleiten? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 14. April 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Landesregierung hat die Entwicklung der Stiftungslandschaft in Thüringen zu jedem Zeitpunkt unterstützt und im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben gefördert. Erst jüngst hat die Erhebung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen für das Jahr 2015 ergeben, dass der Freistaat Thüringen die in Prozentsätzen bundesweit höchste Zuwachsrate bei der Anerkennung von Stiftungen aufweist und zugleich unter den neuen Ländern - wie schon im Jahr 2014 - bezogen auf die Bevölkerungszahl die größte Stiftungsdichte aufweist. Mögen dabei die absoluten Zahlen in Thüringen - ebenso wie in den übrigen neuen Ländern - auch deutlich hinter denen westlicher Bundesländer zurückstehen, so sieht sich die Landesregierung angesichts dieser Ergebnisse in ihrem Bemühen um die weitere Entwicklung der Stiftungslandschaft in Thüringen bestätigt. Vor diesem Hintergrund sieht sie zu Zweifeln an der Leistungsfähigkeit der Stiftungsbehörden keinen Anlass. Zu 1.: Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich das ehrenamtliche Engagement von Bürgern in Gemeinschaftsund Bürgerstiftungen und ebenso jenes in allen anderen gemeinnützigen Stiftungen im Freistaat. Zu 2.: Seitens der für den Vollzug des Thüringer Stiftungsgesetzes und des Stiftungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs zuständigen Behörden geschieht dies durch die eingehende stiftungsrechtliche und (unter Einbeziehung der Finanzbehörden) gemeinnützigkeitsrechtliche Beratung im Anerkennungsverfahren, danach durch die gesetzlich vorgesehenen stiftungsaufsichtlichen Maßnahmen und weitergehend durch Beratungsangebote der Stiftungsaufsichtsbehörde. Jenseits der Ausübung der Stiftungsaufsicht im engeren Sinne, welche den Erhalt des Grundstockvermögens und die zweckgerechte und satzungskonforme Verwendung der Mittel zum Gegenstand hat, kann und darf sich die öffentliche Verwaltung den Stiftungen mit Rücksicht auf ihren privatautonomen Status allerdings nicht aufdrängen. Zu 3.: Der Begriff "Bürgerstiftung" ist kein Rechtsbegriff im Sinne des Stiftungsrechts (BGB, Thüringer Stiftungsgesetz ). Rein rechtlich handelt es sich auch bei "Bürgerstiftungen" um Stiftungen im Sinne der §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Thüringer Stiftungsbehörden führen deshalb zu den "Bürgerstiftungen " keine eigene laufende Statistik. Phänomenologisch und im weitesten Sinne handelt es sich bei "Bürgerstiftungen " um gemeinnützige Stiftungen, die regelmäßig von einer Mehrzahl von Mitstiftern, bisweilen aber auch nur von Einzelnen, mit dem Ziel errichtet werden, in lokalen oder engeren regionalen Bezügen in thematisch meist breit angelegter Weise das Gemeinwesen durch gezielte Einbeziehung des bürgerlichen Engagements zu fördern. Dies geschieht in der Regel weniger durch die Verwendung von Erträgen des Stiftungsvermögens als vielmehr durch die Einwerbung und zweckgerichtete Verwendung von Spenden und durch das persönliche Engagement der Stiftungsorgane und weiterer Personen für die Stiftungsarbeit. Nach Mitteilung des Thüringer Landesverwaltungsamts, welches das elektronische Stiftungsregister führt, konnten etwa 20 nach der Wiedervereinigung genehmigte bzw. anerkannte Stiftungen bürgerlichen Rechts festgestellt werden, die nach den dort verwendeten etwas engeren als hier dargestellten Kriterien als "Bürgerstiftungen " angesehen werden können. Förmliche Ablehnungen von Anträgen auf die Genehmigung bzw. Anerkennung von "Bürgerstiftungen" sind nicht bekannt. 3 Drucksache 6/2052Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Von der Stiftungsanerkennungsbehörde in Thüringen werden keine Aufzeichnungen beschränkt auf "Bürgerstiftungen " oder Verfahrensdauer geführt. Es können deshalb nur Auskünfte zum Gesamtablauf von Stiftungsanerkennungsverfahren gegeben werden. In der Regel wird bereits vor der offiziellen Antragstellung zur Anerkennung einer Stiftung ein informelles Vorverfahren durchgeführt, in dem den Stiftern auf Wunsch Hinweise zu Aufbau und Ausgestaltung von Stiftungsgeschäft und Satzung der geplanten Stiftung gegeben werden und diese der Behörde ihre entsprechenden Entwürfe zu einer Vorprüfung vorlegen. Genügt die Satzung einer gemeinnützigen Stiftung grundsätzlich den stiftungsrechtlichen Vorgaben, werden im Hauptverfahren die Finanzbehörden beteiligt, da der Formulierung der Satzung im steuerlichen Verfahren zur Feststellung der Gemeinnützigkeit entscheidende Bedeutung beikommt. Diese Bearbeitungsvorgänge sind in der Regel innerhalb von drei Monaten mit der Anerkennung der Stiftung abgeschlossen, wenn vom Stifter gegebenenfalls notwendig werdende Änderungen und Ergänzungen zeitnah vorgenommen und anerkennungsfähige Unterlagen vorgelegt werden. Tatsächlich wird damit die Verfahrensdauer überwiegend durch die Stifterseite bestimmt. In einem Bericht der unter der Federführung des Bundesjustizministeriums eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht vom 19. Oktober 2001, welcher im Vorfeld des Gesetzes zur Modernisierung des Stiftungsrechts vom 15. Juli 2002 (BGBl I S. 2634) entstand, wurde aufgrund einer nach den Methoden eines Mikrozensus durchgeführten exemplarischen bundesweiten Erhebung die Verfahrensdauer von der ersten Befassung der Behörden bis zur Anerkennung mit durchschnittlich 192,7 Kalendertagen angegeben. Hiervon entfielen 149 Tage auf die Wartezeit der Stiftungsbehörden auf Antworten. Darüber hinaus können sich im Einzelfall Verzögerungen auch aus strukturellen Gründen ergeben: Kommunen oder sonst unter Staatsaufsicht stehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts ist aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben ein Auftreten als (Mit-)Stifter nur unter engen Voraussetzungen erlaubt. Hier ist die Stellungnahme der zuständigen Aufsichtsbehörde unabdingbar. Meinungsverschiedenheiten zwischen dieser und einer stiftungswilligen Gemeinde können im Einzelfall zu einer erheblichen Verfahrensverlängerung führen, die der Anerkennungsbehörde gleichfalls nicht zuzurechnen ist, die durchschnittliche Verfahrensdauer jedoch erheblich in die Höhe schnellen lässt. Obwohl das Ministerium für Inneres und Kommunales als Anerkennungsbehörde keine laufende Statistik zu den nachgefragten Daten betreibt, wurden die in den beiden letzten Jahren abgeschlossenen Anerkennungsverfahren von "Bürgerstiftungen" im weitesten Sinne (vergleiche oben die Antwort zu Frage 3) durchgesehen . Das Ergebnis dieser internen Auswertung stellt sich wie folgt dar: Im Jahr 2014 sind vier "Bürgerstiftungen" anerkannt worden. Die Verfahrensdauer lag zwischen vier und 16 Monaten (im Einzelnen: 6, 6, 16 und 4 Monate). Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug acht Monate. Im Jahr 2015 wurden neun "Bürgerstiftungen" anerkannt. Hier lag die Verfahrensdauer im niedrigsten Wert bei zwei Monaten, im höchsten bei 12 Monaten (im Einzelnen: 2, 10, 2, 12, 5, 5, 2, 2 und 6 Monate) Die durchschnittliche Verfahrensdauer lag bei fünf Monaten. Zu 5.: Die Dauer der Verfahren in anderen Bundesländern ist hier nicht bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Zu 6.: Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister Leistungsfähigkeit der Thüringer Stiftungsaufsicht Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: