18.05.2016 Drucksache 6/2185Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. Juni 2016 Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und weitere Entschädigungsleistungen - Ablehnung von höheren Entschädigungen durch die Landesbeauftragen Die Kleine Anfrage 906 vom 18. Februer 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach Medienberichten, unter anderem beim MDR vom 17. Februar 2016, sollen sich die Landesbeauftragten für Aufarbeitung in den neuen Bundesländern gegen eine höhere Entschädigung von DDR-Zwangsausgesiedelten ausgesprochen haben. Die Landesregierung verfolgte bisher eine andere Zielrichtung - so zuletzt öffentlich nachzulesen in der medialen Begleitung des 25. Kongresses des Bundes der in der DDR Zwangsausgesiedelten, welcher am 23. Januar 2016 im Thüringer Landtag stattfand und zu dem auch Ministerpräsident Ramelow als erster Thüringer Ministerpräsident der Einladung folgte und dort eine Rede hielt. Ferner sollen die Landesbeauftragten auf ihrer Konferenz1 weitere Vorschläge für eine Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und des Bundesversorgungsgesetzes gemacht haben. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie steht die Landesregierung zur Ablehnung von höheren Entschädigungen für die Opfer von Zwangsaussiedelungen durch die Landesbeauftragten für Aufarbeitung? 2. Wird die Landesregierung an ihrem erklärten Ziel, Verbesserungen bei der Entschädigung für die Opfer von Zwangsaussiedelungen zu erreichen, festhalten und wie ist ihr Vorgehen? 3. Sieht die Landesregierung im Hinblick auf eine mögliche Bundesratsinitiative Änderungsbedarf beim § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, insbesondere hinsichtlich der 180 Tage-Mindest- Haft-Dauer? Wenn nein, warum nicht? 4. Welche anderen Hilfsmöglichkeiten für Haftopfer sieht die Landesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit , gegebenenfalls auch in Bezug auf den Vorschlag der Konferenz der Landesbeauftragten für Aufarbeitung ? 5. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung zur Unterstützung der Opfer, die als Kinder politisch verfolgter Eltern in der DDR in Kinderheime eingewiesen wurden, auch hinsichtlich der Umsetzung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. März 2015 (Az.: 4 StR 525/13) dazu? 6. Sieht die Landesregierung im Hinblick auf eine mögliche Bundesratsinitiative Änderungsbedarf beim Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, insbesondere dessen § 8, und wie bewertet sie den Vorschlag der Konferenz der Landesbeauftragten für Aufarbeitung dazu? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2185 7. Schließt sich die Landesregierung der Ansicht der Konferenz der Landesbeauftragten für Aufarbeitung hinsichtlich der Ausgleichsleistungen für in der DDR verfolgte Schülerinnen und Schüler an oder verfolgt sie gegebenenfalls andere Ziele, wenn ja, welche? 8. Wie steht die Landesregierung zum Vorschlag der Konferenz der Landesbeauftragten zu den Opfern von Zersetzungsmaßnahmen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit oder sieht sie andere Wege der Rehabilitation beziehungsweise Wiedergutmachung? 9. Wird sich die Landesregierung im Rahmen einer Bundesratsinitiative für die Entfristung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze einsetzen? 10. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit, gesundheitliche Haftschäden einfacher anzuerkennen? 11. Sieht die Landesregierung weitere Notwendigkeiten zur Anpassung von gesetzlichen Regelungen zur Rehabilitierung, Anerkennung von Schäden, Entschädigung für Opfergruppen der SED-Diktatur, wenn ja, welche? 12. Wie wird sich die Landesregierung im Sinne der obigen Aussagen engagieren und welche Maßnahmen wurden bereits mit welchem Erfolg eingeleitet? Die Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. Mai 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Frage bezieht sich offensichtlich auf die am 16. Februar 2016 unter anderem auf der Internet-Seite des Thüringer Landesbeauftragten veröffentlichten Ergebnisse der Konferenz der sechs Landesbeauftragten für Aufarbeitung in den neuen Bundesländern. Dort heißt es unter Ziffer 2.1 hinsichtlich der Personengruppe der Zwangsausgesiedelten: "Die Konferenz sieht zurzeit keinen weitergehenden Handlungsbedarf." Wie sich aus dem Einleitungstext und der Überschrift zu Abschnitt 2 der Erklärung ergibt, bezog sich diese Feststellung allerdings auf die Frage der Notwendigkeit eines etwaigen Nachjustierens im Regelungsbereich des Verwaltungsrechtlichen und Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG und BerRehaG). Hier wurde keine Notwendigkeit einer Veränderung allein mit Blick auf die Opfergruppe der Zwangsausgesiedelten gesehen. Für den Regelungsbereich des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes und Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes ist dieser Ansicht nicht zu wiedersprechen. Hinsichtlich der Anregungen der Landesbeauftragten zu Änderungen im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, die allen Opfergruppen und somit auch den Zwangsausgesiedelten zugutekommen würden, wird auf die Antworten zu Frage 6, 7, 8, 9 und 11 verwiesen. Hinsichtlich der Haltung der Landesregierung zu Art und Umfang von Folgeansprüchen, insbesondere im Zusammenhang mit Eingriffen in Vermögenswerte und bei gesundheitlichen Schädigungen von Zwangsausgesiedelten , die sich aufgrund entsprechender gesetzlicher Verweisung (vergleiche §§ 2, 7 und 8 Vw- RehaG) aus vermögensrechtlichen Vorschriften und dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ergeben und nicht durch die Beauftragten thematisiert wurden, wird auf die Antwort zu Frage 2 Bezug genommen. Zu 2.: Opfer des DDR-Unrechts zu unterstützen ist Kernbestandteil der Arbeit der Landesregierung. Es steht deshalb außer Frage, dass die Landesregierung an den hierzu vereinbarten Zielen festhält. Dies gilt auch für die Opfer von Zwangsaussiedlungen u. a. im Rahmen der als rechtsstaatswidrig anerkannten Aktionen "Ungeziefer " und "Kornblume" an der innerdeutschen Grenze 1952 und 1961. Der Bund der in der DDR-Zwangsausgesiedelten e. V. (BdZ) sieht das Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung für nicht rückübertragbare Grundstücke nach dem Entschädigungsgesetz (EntschG) als unzureichend an. Die hiernach berechneten Entschädigungen stünden in keinem Verhältnis zu dem von der Gruppe der Zwangsausgesiedelten erlittenen Schicksal und etwaigen gesundheitlichen Folgeschäden. 3 Drucksache 6/2185Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die Vorschriften des Entschädigungsgesetzes gelten für alle vermögensrechtlichen Fallgestaltungen, in denen eine Rückgabe von in der ehemaligen DDR enteignetem Vermögen an den Berechtigten ausgeschlossen ist oder vom Berechtigten die Entschädigung gewählt wurde. Danach bestimmt sich die Höhe der Entschädigung nach der sogenannten Bemessungsgrundlage, von der gegebenenfalls Verbindlichkeiten, erhaltene Gegenleistungen oder Entschädigungen sowie progressiv gestaffelte Kürzungsbeträge abzuziehen sind. Maßgebend für die Bemessungsgrundlage ist wiederum der vor der Schädigung zuletzt festgestellte Einheitswert , der je nach Grundstücksart im Schädigungszeitpunkt mit einem Multiplikator vervielfältigt wird. Dabei trifft es zu, dass, wie vom BdZ kritisiert, im Ergebnis der Entschädigungsberechnung auf der Grundlage der maßgeblichen Bewertungsgrundlagen die Entschädigungshöhe in zahlreichen Verfahren mit "0,- Euro" festgestellt wurde (sogenannte Nullbescheide). Dies betrifft vorrangig die Entschädigung ehemaliger Landwirtschaftsbetriebe , bei denen ein Teil der enteigneten Grundstücke zurückübertragen wurde. Deren Wert ist nach den Vorschriften des Entschädigungsgesetzes von der Bemessungsgrundlage abzuziehen und mindert insoweit die Entschädigung. Ein Abzugsposten ist zudem auch die aus Anlass der Enteignung an die Betroffenen gezahlte DDR-Entschädigung. In diesem Zusammenhang wird die wohl teilweise in den Bescheiden anzutreffende Formulierung, dass bereits erhaltene anrechenbare Leistungen "zu Gunsten des Betroffenen" nicht zurückgefordert werden, dabei als zynisch empfunden, zumal der Entschädigungsbescheid auf das individuelle Schicksal nicht mehr eingehe. Zutreffend ist, dass das Entschädigungsgesetz und damit auch die auf dieser Grundlage ergangenen Bescheide auf das individuelle Verfolgungsschicksal nicht mehr eingehen, da dies im zugrundeliegenden Feststellungsbescheid nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz erfolgt. Soweit Nullbescheide als zynisch empfunden werden, will die Landesregierung darauf hinwirken, dass dem Schicksal der Betroffenen Rechnung tragende, angemessenere Formulierungen gewählt werden. Dies ändert an dem Grundanliegen des BdZ, eine höhere Entschädigung zu erreichen, allerdings nichts. Dem stehen jedoch die vom Entschädigungsgesetz vorgeschriebenen Berechnungsmodalitäten entgegen. Die vom BdZ kritisierten Modalitäten gelten für alle in der ehemaligen DDR Geschädigten gleich, unabhängig davon, durch welche Schädigungsmaßnahmen der Vermögensverlust eingetreten ist. Es ist durch die Rechtsprechung grundsätzlich geklärt, dass die Entschädigungsberechnung auf der Grundlage des zum Schädigungszeitpunkt maßgebenden Einheitswertes, multipliziert mit einem von der Grundstücksart abhängigen Faktor, verfassungsgemäß ist.2 Der Gesetzgeber ist bei der Wiedergutmachung früheren, von einer anderen Staatsgewalt zu verantwortenden Unrechts zwar an den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Grundgesetz - GG - und das sich hieraus ergebende Willkürverbot gebunden, aber nicht verpflichtet, sich bei der Höhe der Entschädigung am Verkehrswert des verlorenen Vermögens zu orientieren. Insbesondere ist das Willkürverbot nicht verletzt, wenn eine "faktische Ungleichbehandlung" aus sachgerechten Gesichtspunkten heraus erfolgt. So durfte der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung auch fiskalpolitische Gesichtspunkte eines "sich nicht leisten Könnens" sowie andere Kompensationen von Unrechtshandlungen an Freiheit, Gesundheit oder Vermögen Geschädigte in sein Wiedergutmachungskonzept einbeziehen. Ob und inwieweit Verbesserungen für vermögensbezogene Entschädigungsleistungen für Zwangsausgesiedelte erreicht werden können, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. In jedem Fall ist festzustellen , dass es hierfür zumindest der Unterstützung der ostdeutschen Länder bedarf. In einem ersten Schritt wurde der hierfür gezogene Handlungsrahmen ermittelt. Insoweit gilt, dass mit dem 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz und dem darin enthaltenen Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz die in der DDR Zwangsausgesiedelten als SED-Opfergruppe anerkannt und die Zwangsaussiedlungen ausdrücklich als mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbare hoheitliche Maßnahmen definiert sind. Für die daraus resultierenden vermögensrechtlichen Folgeansprüche hat der Bundesgesetzgeber keine speziell für die Opfergruppe der Zwangsausgesiedelten geltenden Regelungen getroffen, sondern das Vermögensgesetz und das Entschädigungsgesetz für anwendbar erklärt. Ein voller Schadenersatz sollte nach dem Willen des Bundesgesetzgebers aber nicht erfolgen; vielmehr sollte die Rückgabe oder Entschädigung einen unter sozialen Aspekten gewährten Ausgleich darstellen.3 Mit der Anwendbarkeit des Entschädigungsgesetzes auch für die Opfer von Zwangsaussiedlungen wurden diese mit den anderen Betroffenen hinsichtlich der Berechnung der Entschädigungsleistung gleichgestellt und darüber hinaus hinsichtlich erlittener beruflicher und soziale Nachteile im Zusammenhang mit der Zwangsaussiedlung in das Gesamtsystem des Nachteilsausgleichs einbezogen. Hiernach haben Zwangsausgesiedelte aktuell auf Antrag 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2185 • bei Vermögensverlusten einen Anspruch auf Rückgabe oder Entschädigung nach dem Vermögensgesetz, dem Investitionsvorranggesetz und dem Entschädigungsgesetz auf der Grundlage der ihnen zu erteilenden verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsbescheinigung (vergleiche § 1 Abs. 3, §§ 2, 7 VwRehaG), • bei beruflichen Benachteiligungen im Zusammenhang mit der Zwangsaussiedlung (§ 8 VwRehaG) Ansprüche nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG - (Rentenausgleich), • bei gesundheitlichen Folgen im Zusammenhang mit der Zwangsaussiedlung (§ 3 VwRehaG) Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz. Entsprechende Anträge sind noch bis zum 31. Dezember 2019 möglich. Da die genannten Leistungen bei ihrer Einführung in den 1990-er Jahren erst allmählich griffen, errichtete Thüringen als einziges Land zur ergänzenden Unterstützung der Opfer die Stiftung "Zwangsausgesiedelten -Hilfe Thüringen", die zwischen 1997 bis 2000 bestand. An die Zwangsausgesiedelten aus dem Thüringer Grenzgebiet wurde eine einmalige Zuwendung in Höhe von 4.000 Deutsche Mark gezahlt. Insgesamt wurden in den drei Jahren 2.430 Anträge bearbeitet und davon 2.044 bewilligt. Damit wurden rund 8,2 Millionen Deutsche Mark an die Betroffenen ausgezahlt. 386 Anträge wurden abgelehnt, insbesondere weil die Antragsteller nicht Thüringer Zwangsausgesiedelte waren. Im Übrigen wird hier auch auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 518 in Drucksache 6/1246 verwiesen. Ziel ist, bis spätestens Dezember 2017 durch die Untersuchung und transparente Bewertung von Vergleichsgruppen etwaige Gerechtigkeitslücken im aktuellen Anerkennungs- und Entschädigungssystem herauszuarbeiten und zu einer länderübergreifenden Positionierung zu kommen. Hierauf zielte auch der Vorstoß Thüringens auf der Ministerpräsidentenkonferenz-Ost am 13. April 2016. Thüringen wurde gebeten, diesbezüglich ergänzend auszuführen. Ein Ansatz wird sein zu ermitteln, ob etwa Vermögensverluste im ländlichen Raum signifikant zu mehr Nullbescheiden geführt haben als im städtischen Raum. Zudem wird für Thüringen die gewährte Zwangsausgesiedeltenhilfe mit in den Blick zu nehmen sein, die auf die Berechnung der Entschädigungsleistungen keine Anrechnung gefunden hat. Darüber hinaus wird ebenfalls bis Dezember 2017 angestrebt, mit den Betroffenen bei Gesundheitsstörungen , insbesondere bei verfolgungsbedingten (Re-)Traumatisierungen, auch über Fragen zu Verfahrenserleichterungen und angemessenen psychologischer/psychiatrischer Begleitungen in einen Dialog einzutreten. Zu 3.: Nach §17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) wird neben einer besonderen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage eine bestimmte Schwere der politischen Verfolgung für die Auszahlung der sogenannten SED-Opferrente vorausgesetzt. Der Gesetzgeber hat hierfür eine Mindesthaftdauer von 180 Tagen festgelegt. Die Frage, ob eine solche Mindesthaftdauer insoweit ein richtiges Maß darstellt, ist nur schwer zu beantworten. Insbesondere auch deshalb, da schon vier oder fünf Monate Haft nicht nur eine zum damaligen Zeitpunkt gravierende und ungerechtfertigte Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit darstellten, sondern auch bis heute Folgewirkungen entfalten können. Diese Abgrenzungsschwierigkeiten hatte der Bundesgesetzgeber offenbar im Blick, als er zugleich mit der SED-Opferrente die Unterstützungsleistungen nach § 18 StrRehaG einführte. Eine solche Unterstützung ist möglich, wenn die Dauer der Freiheitsentziehung insgesamt weniger als 180 Tage betragen hat und der Berechtigte in seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt ist. Die Unterstützungsleistungen werden von der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge bewilligt und ermöglichen eine wertende Einzelfallprüfung, wie sie im Hinblick auf kürzere Haftdauern als 180 Tage in besonderem Maße erforderlich ist. Die Mindesthaftdauer von 180 Tagen kann danach als vertretbare Festlegung erscheinen. Eine diesbezügliche Veränderung wird nicht angestrebt. Ziel ist es hier dafür Sorge zu tragen, dass bei Haftdauern unter 180 Tagen die Häftlingsstiftung mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet ist, um weiterhin die Betroffenen im Einzelfall zu unterstützen. Zu 4.: Damit ein großer Teil der ehemaligen politischen Häftlinge der SED-Diktatur auch in Zukunft finanziell tatsächlich entlastet wird, hält es die Landesregierung für erforderlich, dass die SED-Opferrente in angemessenen Abständen erhöht wird. Eine regelmäßige Anpassung an die Inflationsrate - wie es die Konferenz der Landesbeauftragten für die Aufarbeitung vorgeschlagen hat - wird zurzeit nicht verfolgt. Hier ist zu berücksichtigen , dass die SED-Opferrente im Vergleich zu den Leistungen nach den Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht der Existenzsicherung dient. Aus 5 Drucksache 6/2185Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Sicht der Landesregierung besteht für eine Erhöhung der SED-Opferrente zurzeit kein Handlungsbedarf, da diese zu Beginn des vergangenen Jahres um 50 Euro auf 300 Euro erhöht wurde. Zu 5.: Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25. März 2015 (Az.: 4 StR 525/13) festgestellt, dass die Heimunterbringung von Kindern politisch verfolgter Eltern nicht in jedem Fall als politische Verfolgung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG anzusehen ist. Insbesondere gelte dies dann nicht, wenn die Eltern des Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren und eine andere Unterbringung (zum Beispiel bei Verwandten) nicht möglich war. Um dem Leid derjenigen Kinder Rechnung zu tragen, die allein aufgrund der politischen Verfolgung ihrer Eltern von diesen getrennt und in einem Heim untergebracht wurden, prüft die Landesregierung die Möglichkeiten einer Änderung des § 2 StrRehaG. Damit könnte eine solche Heimeinweisung ebenfalls rehabilitiert und infolge dessen Ansprüche auf soziale Ausgleichsleistungen begründet werden. Hier wird auch betrachtet , dass aufgrund der Aktenlage Beweise für den Zusammenhang einer Unterbringung aufgrund der politischen Verfolgung der Eltern nicht beizubringen sind und Zeugen, insbesondere die Eltern, nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies führt in Einzelfällen zu tiefer Verzweiflung und Depressionen. Insbesondere wenn die Betroffenen in den gerichtlichen Anerkennungsverfahren an Stasi-Akten und Beschlüssen der Jugendhilfeorgane gescheitert sind, führt dies zu empfundenen "nachwendebedingtem Folgeunrecht". Zu 6.: Die von der Konferenz der Landesbeauftragten für Aufarbeitung vorgeschlagene Anhebung der Ausgleichsleistungen auf monatlich 250 Euro sowohl für bedürftige Rentner (derzeit 153 Euro) als auch für bedürftige Erwerbstätige (derzeit 214 Euro) in wirtschaftlich schwieriger Lage erscheint aus Sicht der Landesregierung problematisch. Zum einen wurden mit dem "Fünften Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR" die Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG ab 1. Januar 2015 monatlich um jeweils 30 Euro erhöht und damit die wirtschaftliche Situation der berechtigten Rentner und Erwerbstätigen bereits verbessert. Zum anderen würde die einheitliche Anhebung zu einer Ungleichgewichtung zwischen bedürftigen Altersrentnern und bedürftigen Erwerbstätigen führen, da letztere vor der Altersrente keinen Ausgleich für erlittene berufliche Benachteiligungen erhalten. Altersrentnern wird unabhängig von ihrer Bedürftigkeit gemäß §§ 10 ff. BerRehaG über die Gewährung zusätzlicher Rentenentgeltpunkte für die anerkannte berufliche Verfolgungszeit ein Ausgleich gezahlt. Eine Erhöhung auf pauschal 250 Euro wird nach Vorgesagtem seitens der Landesregierung als bundespolitisch kaum durchsetzbar eingeschätzt. Berücksichtigt man allerdings, dass aktuell der Ausgleichsbetrag für den bedürftigen Erwerbstätigen von 214 Euro auf 153 Euro abgesenkt wird, wenn er bei Erreichen des Rentenalters eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus eigener Versicherung bezieht (vergleiche § 8 Abs. 1 Satz 2 BerRehaG), ist nicht zu vermitteln, wenn der Bedürftige am Ende weniger an Leistung erhält als vor dem Renteneintritt. Insoweit beabsichtigt die Landesregierung jedenfalls für diese Fallgestaltung die Möglichkeit einer länderübergreifenden Positionierung zu prüfen. Soweit von der Konferenz der Landesbeauftragten vorgeschlagen wurde, die Bemessungsgrenze zur Feststellung der besonderen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BerRehaG (das Doppelte der Regelbedarfsstufe 1 = 808 Euro) an die in § 17a Abs. 2 StrRehaG (das Dreifache der Regelbedarfsstufe 1 = 1.212 Euro) anzugleichen, wird durch die Landesregierung keine Veränderung angestrebt. Im Hinblick auf das bestehende differenzierte und abgestufte System der Rehabilitierungsleistungen wird der Erwägung gefolgt, dass die Beeinträchtigungen der persönlichen Freiheit durch rechtsstaatswidrige Haft als gravierender einzuschätzen sind, als die den Ansprüchen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz zugrundeliegenden Beeinträchtigungen. Dies rechtfertigt in den Fällen der Haft sowohl eine höhere Ausgleichsleistung als auch eine großzügigere Regelung zur Freilassung von Einkommen und Vermögen. Zu 7.: Der Vorschlag der Konferenz der Landesbeauftragten für Aufarbeitung, "verfolgte Schüler" in den Anwendungsbereich des § 8 BerRehaG, also die Gewährung von Ausgleichsleistungen für Verfolgte, die in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind, in Höhe von 214 Euro/Monat beziehungsweise 6 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2185 153 Euro/Monat für Rentner, einzubeziehen, wird im Rahmen der Erwägungen der Landesregierung zu länderübergreifenden Initiativen einbezogen. Verfolgte Schüler, die daran gehindert waren, zum Beispiel die Polytechnische Oberschule bis zum Abschluss zu besuchen bzw. diejenigen, die auf dem Weg zum Abitur oder zum Studium Opfer einer politischen Verfolgungsmaßnahme geworden sind, haben nur Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach dem zweiten Abschnitt des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes. Dies sind nach § 6 BerRehaG im Wesentlichen Förderungen zur beruflichen Weiterbildung oder auch der Erlass der im Rahmen der BAFöG-Förderung geleisteten Darlehensbeträge. Einen Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung nach den Vorschriften des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes und Ausgleichsleistungen für Bedürftige können verfolgte Schüler nicht geltend machen. Insoweit wird die Einschätzung geteilt, dass die im bestehenden System der Rehabilitierungsgesetze die diesem Personenkreis gewährten Entschädigungsleistungen dem erlittenen Schicksal nur eingeschränkt gerecht werden. Hierbei ist vor allem zu bedenken, dass durch den Abbruch schulischer Laufbahnen dauerhaft wirksame Einschränkungen beruflicher Entfaltung erfolgt sein können. Dies wurde schon in früheren Gesetzgebungsverfahren diskutiert. Der Bundesgesetzgeber hielt allerdings an der Annahme fest, dass verfolgte Schüler auf Grund der getroffenen Regelungen in die Lage versetzt würden, ihre versäumte Ausbildung nachzuholen. Dies erscheint insbesondere in Fällen, in denen die schulische Ausbildung Jahre, mitunter Jahrzehnte, zurücklag, illusorisch. Selbst wenn ein 40-Jähriger sein Abitur und anschließend ein Studium nachholt, muss die Frage gestellt werden, welche Aussichten er auf dem Arbeitsmarkt hat. Der Vorschlag der Landesbeauftragten, den betroffenen Personen nach dem Vierten Abschnitt des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes einen Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung - 0,1 Rentenpunkte je angefangenes Jahr der Verfolgung, bis zu 4 Rentenpunkten - zu gewähren, erscheint demgegenüber weniger zielführend und wird deshalb zurzeit nicht verfolgt. Dies gilt zunächst einmal, weil die tatsächliche Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen und das Verfahren für den rentenrechtlichen Ausgleich erheblich komplizierter sind als bei der Ausgleichsleistung nach § 8 BerRehaG. Davon abgesehen handelt es sich um einen relativ geringen Betrag. Ein Rentenpunkt (Ost) hat zurzeit den Wert von 27,05 Euro. Da die für den rentenrechtlichen Ausgleich erforderlichen Verfolgungszeiten spätestens mit Ablauf des 2. Oktober 1990 enden, wird eine Verfolgungszeit von mehr als 20 Jahren - die nach der Vorstellung der Landesbeauftragten einen Rentenausgleich von 54,10 Euro bewirken würde - in eher wenig Fällen festzustellen sein. Zu 8.: Eine Umsetzung des Vorschlags der Konferenz der Landesbeauftragten für Aufarbeitung nach einer weitergehenden Rehabilitierung von Zersetzungsopfern ist nach Auffassung der Landesregierung nicht realistisch. Die vollständige Gleichsetzung der Opfer von Haftmaßnahmen mit denen von Zersetzungsmaßnahmen ist im Zusammenhang mit den Beratungen zum Fünften SED-Unrechtsbereinigungsgesetzt bereits gescheitert (vergleiche Entschließungsantrag Bündnis 90/Die Grünen in Bundestagsdrucksache 18/3453 vom 3. Dezember 2014). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber nicht den Anspruch erhoben hat, einen vollständigen Ausgleich bzw. gegebenenfalls Schadenersatz für jegliches durch staatliche Maßnahmen der DDR erlittenes Unrecht zu schaffen. Vielmehr sollte ein Ausgleich für besonders gravierende und zielgerichtete , unmittelbar der politischen Verfolgung dienende Eingriffe bzw. Folgen gewährt werden, und zwar insbesondere dann, wenn auch sozialstaatliche Gesichtspunkte dies im Hinblick auf in der Gegenwart fortbestehende Folgen in besonderem Maße gebieten. Insoweit haben nach aktueller Rechtslage auch Opfer von Zersetzungsmaßnahmen einen Anspruch auf verwaltungsrechtliche Rehabilitierung nach § 1 oder § 1a VwRehaG, wenn sie vom Ministerium für Staatssicherheit aufgrund eines politischen DDR-Strafparagraphen (vergleiche § 1 Abs. 1 Nr. 1 StrRehaG) verfolgt wurden und zudem gegebenenfalls auch Folgeansprüche nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz oder Bundesversorgungsgesetz, sofern die Zersetzungsmaßnahmen berufliche Beeinträchtigungen oder Gesundheitsschäden zur Folge hatten. Dabei ist einzuräumen, dass insbesondere der Nachweis beruflicher Benachteiligung im Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes als Folge einer Zersetzungsmaßnahme leicht zu führen ist. Ähnlich problematisch sind die Fälle, in denen soziale Beziehungen durch Zersetzungsmaßnahmen zerstört wurden oder ein permanenter Verfolgungsdruck erlitten wurde. Hier ist nicht nur der erforderliche Nachweis schwer zu erbringen. Entschädigungsleistungen sind zudem nur dann möglich, wenn dadurch Gesundheitsschä- 7 Drucksache 6/2185Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode den verursacht wurden. Auch in diesen Fällen ist aber zumindest eine moralische Anerkennung des Verfolgungsschicksals durch die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit "in sonstigen Fällen" nach § 1a Vw- RehaG möglich. Sofern die Überschreitung der Schwelle der vorgenannten Beeinträchtigungen nicht nachzuweisen ist, sieht das bestehende System der Rehabilitierungsmaßnahmen keine Leistungsansprüche für Zersetzungsopfer vor. Eine Erweiterung auf immaterielle Beeinträchtigungen, die unterhalb der Schwelle der Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit liegen, ist in Ermangelung greifbarer Abgrenzungskriterien und der bereits im bestehenden Regelungssystem schwierigen Beweisfragen nicht darstellbar. Eine andere, noch nicht abschließend zu beantwortende Frage ist, wie mit der wiederholt auftretenden Einlassung der Betroffenen umzugehen ist, dass ihrer Darlegung von Zersetzungsmaßnahmen in den Verfahren nicht hinreichende Bedeutung beigemessen wurde und ihrer Bitte auf (behördliche) Unterstützung bei Beweisnot nicht hinreichend Gehör geschenkt wurde. Ziel der Landesregierung ist hier sich zunächst einen Überblick zu den Fallgestaltungen und den daraus für die Betroffenen eingetretenen Konsequenzen zu machen. Hierzu sind insbesondere Gespräche mit den Opferverbänden und den Beratungsnetzwerken erforderlich, die zu diesem Themenkreis ab Ende 2016 geplant sind. Zu 9.: Seit dem Inkrafttreten der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze sind die Fristen zur Antragstellung in den verschiedenen Rehabilitierungsgesetzen mehrfach verlängert worden, zuletzt mit dem "Vierten Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR" vom 2. Dezember 2010 bis zum 31. Dezember 2019. Die Verlängerung der Antragsfristen wurde auch von Thüringen in der Vergangenheit betrieben. Nach dem Willen des Bundesgesetzgebers handelt es sich jedoch um eine letztmalige Verlängerung der Antragsfristen. Dementsprechend wurde auch in diesem Gesetzgebungsverfahren der geforderten Entfristung der Gesetze nicht entsprochen (vergleiche Bundestagsdrucksache 17/3233, Seite 6 und 7). Ein erneuter Vorstoß ist hier wenig erfolgversprechend, zumal aktuell alle Verfahren zu Folgeansprüchen aus verwaltungs- und strafrechtlicher Rehabilitierung entschieden und zudem auch die Zahl der Antragstellungen bei den eigentlichen Rehabilitierungen rückläufig ist. Die notwendige Unterstützung aus anderen Bundesländern ist demgemäß nicht zu erwarten. Von Opferverbänden wird allerdings immer wieder darauf hingewiesen, dass sich Menschen aufgrund von Traumatisierungen immer noch nicht in der Lage sehen, Anträge zu stellen. Ziel der Landesregierung ist, die Zeit bis 2019 aktiv zu nutzen, um zusammen mit dem Thüringer Beratungsnetzwerk und den Opferverbänden Möglichkeiten der aktiven Unterstützung zur Antragstellung zu finden. Zu 10.: Im Zusammenhang mit der Frage zur erleichterten Anerkennung von gesundheitlichen Haftschäden ist eine abschließende Aussage noch nicht möglich. Im Zentrum diesbezüglicher Erwägungen steht die Frage des Maßstabes für die Qualität von Darlegung und Beweismittel, wobei der konsequenten Anwendung der im Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sowie im Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung bestehenden Beweiserleichterungen erhebliche Bedeutung zukommen. Grundsätzlich ist der Nachweis, dass heute noch bestehende Gesundheitsschäden auf erlittene Repressalien durch das SED-Unrechtsregime zurückzuführen sind, zunehmend sehr schwer zu führen. Ursache für die Probleme hinsichtlich dieser Kausalitätsprüfung ist unter anderem der beträchtliche Zeitraum zwischen schädigendem Ereignis und heute bestehenden Gesundheitsstörungen. Darüber hinaus treten Krankheitssymptome teilweise erst nach einer Latenzzeit auf. Zudem haben sich Betroffene auch nach einer Haftverbüßung auf Grund der Verhältnisse in der ehemaligen DDR nicht immer in entsprechende therapeutische, auch psychotherapeutische, Behandlungen begeben. Seit 1999 werden in Thüringen im Bereich haft- und verfolgungsbedingter psychischer Gesundheitsschäden mit der Problematik vertraute und erfahrene Gutachter eingesetzt. Diese wurden von der "Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft" als beispielgebend angesehen. Darüber hinaus wurden zwischen dem zuständigen Ministerium und der Thüringer Versorgungsverwaltung Maßnahmen zur Gewähr- 8 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2185 leistung von Begutachtungen auf einem den neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechenden Niveau vereinbart. Danach dürfen die von den Versorgungsdienststellen erstellten versorgungsärztlichen Stellungnahmen zu Gutachten über psychische Gesundheitsschäden nur von Versorgungsärztinnen und -ärzten erarbeitet werden, die über besondere Kenntnisse im Hinblick auf diese Problematik verfügen. Gleichwohl vermissen Betroffene regelmäßig die notwendige menschliche Hinwendung in den verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren, wenn es um die Anerkennung ihrer gesundheitlichen Haftschäden geht. Ziel ist es hier, mit den Betroffenen, zuständigen Behörden und Justiz in einen vertieften Dialog zu treten. Dies gilt gerade auch hinsichtlich der Fragen einer verfolgungsbedingten (Re-)Traumatisierung und angemessenen psychologischen/psychiatrischen Begleitung in den Verfahren. Es wird angestrebt in diesem Themenbereich bis Mitte 2018 zu belastbaren Ergebnissen zu kommen. Zu 11.: Der Koalitionsvertrag vom 20. November 2014 enthält unter Ziffer 3.8 "Opfer des DDR-Unrechts unterstützen " als Ziel die Forderung "eine echte und uneingeschränkte Entschädigungsleistung ohne Bedürftigkeitsregelung zu erreichen" (Seite 28 des Vertrags). Soweit u.a. von Thüringen das Ziel, auf eine Bedürftigkeitsprüfung bei den Anspruchsberechtigten vollständig zu verzichten, bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde (vergleiche auch Entschließungsantrag Bündnis 90/Die Grünen in Bundestagsdrucksache 18/3453 vom 3. Dezember 2014) und gescheitert ist, wird sich die Landesregierung zunächst bei der Bedürftigkeitsprüfung dafür einsetzen, dass die maßgebliche Regelung aus dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in das Berufliche Rehabilitierungsgesetz übernommen wird. Nach § 8 Abs. 1 BerRehaG werden Ausgleichsleistungen (Erwerbstätige: 214 Euro/Monat, Rentner: 153 Euro/Monat) nur dann an beruflich Rehabilitierte gezahlt, wenn diese in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind. Deshalb werden Einkommensüberprüfungen durch die zuständigen Behörden (zwingend ) nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit durchgeführt. Die anerkannten Opfer des SED-Regimes empfinden es häufig als erniedrigend, sich ständig für den Leistungsanspruch "rechtfertigen zu müssen". Nach § 17a Abs. 4 Satz 3 StrRehaG wird die ebenfalls an die wirtschaftlich Lage anknüpfende SED-Opferrente für ehemalige Inhaftierte (300 Euro/Monat) ausdrücklich nicht an eine turnusmäßige und anlassunabhängige Einkommensüberprüfung geknüpft. Zu 12.: Hierzu wird auf die Beantwortung von Frage 2 verwiesen. Prof. Dr. Hoff Minister Endnote: 1 Konkret nachlesbar seit dem 16. Februar 2016 auf der Homepage des Thüringer Beauftragten unter: http://www.thla -thueringen.de/index.php/417-konferenz-der-landesbeauftragten-vorschlaege-fuer-eine-novellierung-der-sed-unrechtsbereinigungsgesetze -und-des-bundesversorgungsgesetzes. 2 Vergleiche BVerfG, Urt. v. 22.11.2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - BVerfGE 102, 254-346, auch juris; sowie BVerwG, Beschl . v. 29.10.2013 - 5 B 71/13 -, juris. 3 Vergleiche Begründung zum Entwurf des 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes, Bundestagsdrucksache 12/4994. Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze und weitere Entschädigungs-leistungen - Ablehnung von höheren Entschädigungen durch die Landesbeauftragen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: