18.05.2016 Drucksache 6/2190Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. Juni 2016 NPD in Thüringen: Aktuelle Entwicklungen im Kontext des Verbotsverfahrens Die Kleine Anfrage 962 vom 15. März 2016 hat folgenden Wortlaut: Am 1. März 2016 hat das Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht begonnen. In diesem Kontext ist die Landesregierung aufgefordert, umfassend ihre Position über die Erfolgswahrscheinlichkeit des Verbotsverfahrens sowie ihre Abwägung von Pro- und Contra-Argumenten im Hinblick auf ein NPD-Verbot zu erörtern. Nicht zuletzt sollten die möglichen sicherheitspolitischen Auswirkungen eines NPD- Verbots auf Thüringen, wie zum Beispiel die Stärkung der freien Kameradschaften, analysiert werden. Auch die aktuell zu beobachtende Aktivierung der NPD in Thüringen (zwischen dem 15. März und dem 2. April 2016 sind nach meiner Kenntnis allein acht Freiluftveranstaltungen in Thüringer Städten geplant) und ihre Einordnung durch die Landesregierung sind vom Interesse. Ich frage die Landesregierung: 1. Für wie wahrscheinlich hält die Landesregierung eine mögliche Radikalisierung der NPD-Mitglieder nach einem möglichen Verbot der Partei (zum Beispiel Beitritt zu freien Kameradschaften)? 2. Welche Gründe sprechen allgemein laut der Landesregierung für und welche gegen ein NPD-Verbot? 3. Welche taktischen oder strategischen Überlegungen verfolgt die NPD nach Auffassung der Landesregierung durch die vermehrte Durchführung von Veranstaltungen in Thüringen (auch im Kontext des Verbotsverfahrens )? 4. Wie viele Mandatsträger hat die NPD in Thüringen auf kommunaler Ebene (Mitglieder der Gemeinde-/ Stadträte, der Kreistage, [Ober-] Bürgermeister)? 5. Wie viele Mandatsträger haben andere rechtsextremistische Parteien in Thüringen (Der Dritte Weg, Die Rechte und andere; bitte gemäß Frage 4 aufschlüsseln)? 6. Welche Netzwerke, organisatorische, logistische, finanzielle und personelle Verknüpfungen bestehen zwischen der NPD in Thüringen und anderen rechtsextremistischen Parteien und Organisationen? 7. Wie schätzt die Landesregierung das Gewaltpotential von NPD-Mitgliedern und Anhängern ein? a) In wie vielen Fällen waren NPD-Mitglieder oder Anhänger an Brandstiftungen von Unterbringungseinrichtungen für Asylbewerber beteiligt (bitte für die Jahre 2010 bis 2016 aufschlüsseln sowie das Datum und den Ort der Brandstiftung nennen)? b) In wie vielen Fällen haben NPD-Mitglieder oder Anhänger Angriffe auf Wahlkreis-, Parteibüros, Anhänger und Mitglieder anderer Parteien, politische Veranstaltungen (Demonstrationen, Kundgebun- K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2190 gen) begangen (bitte für den Zeitraum von 2010 bis 2016 gemäß der Fragestellung aufschlüsseln sowie Datum und Ort des Vorfalls nennen)? c) In wie vielen Fällen haben NPD-Mitglieder oder Anhänger Angriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund begangen (bitte wie in b aufschlüsseln)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 17. Mai 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesregierung liegen zu dieser hypothetischen Fragestellung keine eigenen Erkenntnisse vor. Zu 2.: Nach Auffassung der Landesregierung sind die Ziele der NPD mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Daher erachtet es die Landesregierung als unabdingbar, dass die Länder gemeinsam diese freiheitliche demokratische Grundordnung schützen und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit die NPD ihr Ziel nicht erreichen kann. Ein Verbot der NPD, das auch ein Verbot von Nachfolgeorganisationen beinhaltet, wäre ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen rechtsextremistische Aktivitäten . Gleichwohl kann ein Parteiverbot die anderen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus nicht ersetzen. Im Übrigen bleibt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Verbotsantrag abzuwarten. Zu 3.: Nach Einschätzung des Amtes für Verfassungsschutz stellen die angesprochenen Veranstaltungen der NPD im März/April 2016 keine Trendwende oder strategische Neuausrichtung der Aktivitäten der Partei in Thüringen dar. Der Landesverband führte in der Vergangenheit immer wieder Kampagnen mit zeitlicher Bündelung von Veranstaltungen durch, um eine breitere Wahrnehmung zu erzielen. Bei der aktuellen Kampagne spielte wahrscheinlich auch die Notwendigkeit des Zeigens von Aktivitäten eine Rolle, zumal der Thüringer Landesverband seit der Landtagswahl 2014 öffentlich kaum wahrnehmbar war. Die Teilnehmerzahlen an den Veranstaltungen blieben aber relativ gering. Zu 4.: Die NPD in Thüringen hat derzeit auf kommunaler Ebene 47 Mandatsträger, wobei einige von ihnen gleichzeitig Kreistags- als auch Stadt- oder Gemeinderatsmandate innehaben. Insgesamt verfügt die NPD über 33 Mandate in Stadt-, Gemeinde oder Ortsteilräten sowie 25 Mandate in Kreistagen (Stand: 20. April 2016). Zu 5.: Die Partei "Die Rechte" verfügt infolge eines Mandatswechsels seit Oktober 2015 über ein Mandat in einem Ortsteilrat. Zu 6.: Derzeit gibt es ein relativ offenes Zusammenspiel von rechtsextremistischen Strömungen in Thüringen. Dies schließt die NPD ein. Die Zusammenarbeit mit Vertretern anderer rechtsextremistischer Gruppierungen gehört inzwischen zur Normalität. So treten Redner verschiedener rechtsextremistischer Parteien bei öffentlichen Veranstaltungen auf. Abgrenzungsbestrebungen zwischen rechtsextremistischen Parteien sind in den Hintergrund getreten. Dies zeigt auch die Zusammenarbeit von Vertretern unterschiedlicher Strömungen in der rechtsextremistischen Initiative "Thüringen gegen die Islamisierung des Abendlandes" (THÜGIDA). Bislang wurden jedoch keine durch feste Regeln und Hierarchien geprägten Bündnisse bekannt. Die aktuellen Vernetzungsbestrebungen scheinen auf lockeren persönlichen Absprachen zu beruhen. Zu 7.: Die NPD versucht in Thüringen seit längerem, den Eindruck einer "normalen", wählbaren Partei zu erwecken . Hierzu gehört auch, dass sie nicht mit Gewalttätigkeiten in Verbindung gebracht werden will. Zur Beantwortung der einzelnen Fragen (Buchstaben a bis c) liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, da in polizeilichen und justiziellen Statistiken die Parteizugehörigkeit von Straftätern nicht erfasst wird. Dr. Poppenhäger Minister NPD in Thüringen: Aktuelle Entwicklungen im Kontext des Verbotsverfahrens Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: