25.05.2016 Drucksache 6/2205Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. Juni 2016 Zahnmedizinische Versorgung von Asylsuchenden in Thüringen - Teil 2 Die Kleine Anfrage 957 vom 10. März 2016 hat folgenden Wortlaut: Bereits im Jahr 2011 gab es in Thüringen nach diversen Medienberichten heftige Debatten rund um die Problematik der zahnmedizinischen Versorgung von Geflüchteten. Hintergrund waren Berichte darüber, dass Betroffenen wiederholt Zähne gezogen wurden, obgleich eine andere Behandlung angezeigt und erforderlich gewesen wäre. Dies wurde damals unter anderem von den Oppositionsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, der Fraktion der SPD und dem Flüchtlingsrat Thüringen e.V. als eine Form der Körperverletzung kritisiert. Der SPD-Abgeordnete Dr. Hartung hatte damals mehrere Kleine Anfragen dazu an die Landesregierung gestellt. Diese betrafen den Zeitraum von 2006 bis 2011. In der letzten Woche im Rahmen eines Fachgesprächs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen zur gesundheitlichen Versorgung von Flüchtlingen informierten Zahnärzte erneut über diese fragwürdige Praxis in Thüringen. Handlungsleitend für dieses Vorgehen seien auch Maßgaben der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen. Bezogen wurde sich hier unter anderem auf das Rundschreiben Nummer 3/2015 vom 18. Juni 2015. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie oft wurde seit dem Jahr 2012 die Bezahlung einer zahnmedizinisch indizierten Behandlung durch das zuständige Sozialamt mit jeweils welcher Begründung abgelehnt (bitte nach Landkreis, kreisfreier Stadt und Jahr aufschlüsseln)? 2. In welcher Form erfolgten die Ablehnungen? 3. Wie oft wurde seit dem Jahr 2012 gegen eine solche Ablehnung Widerspruch eingelegt (bitte nach Landkreis , kreisfreier Stadt und Jahr aufschlüsseln)? 4. Wie oft war seit dem Jahr 2012 dieser Widerspruch erfolgreich und welche Gründe führten zur Abhilfe (bitte nach Landkreis, kreisfreier Stadt, Jahr und Entscheidungsgrund aufschlüsseln)? 5. Wie oft wurde seit dem Jahr 2012 nach erfolgtem Widerspruch Klage eingereicht und aus welchen Gründen ? 6. Wie oft war seit dem Jahr 2012 diese Klage erfolgreich und mit welchen Gründen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2205 7. Wie oft wurden seit dem Jahr 2012 Zähne von Asylsuchenden infolge des geschilderten Verfahrens tatsächlich gezogen, obwohl der behandelnde Zahnarzt einen Zahnerhalt für indiziert gehalten hatte (bitte aufschlüsseln nach Landkreis, kreisfreier Stadt und Jahr)? 8. Wie hoch würden sich nach Auffassung der Landesregierung die zusätzlichen Kosten belaufen, wenn die Regel Zahnerhalt vor Zahnextraktion durchgehend auch bei Asylsuchenden eingehalten würde? 9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Landesregierung die Extraktionsraten bei Asylsuchenden in anderen Bundesländern? 10. Wie lange müssen nach Auffassung der Landesregierung Unterlagen zur medizinischen Versorgung von Asylsuchenden aufbewahrt werden und auf welche Rechtsgrundlage stützt sich diese Auffassung? 11. Wie kann man einen Entschädigungsanspruch nach einer Fehlbehandlung, der erst nach 30 Jahren verjährt (vergleiche §§ 194, 195 und 852 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]), prüfen und sollten die Unterlagen nicht wenigstens zehn Jahre (vergleiche § 852 BGB) aufbewahrt werden? 12. Was wird die Landesregierung für die betroffenen Asylsuchenden in ihrem Verantwortungsbereich unternehmen , um sicherzustellen, dass diese eine dem wissenschaftlichen Stand entsprechende Therapie erhalten? 13. Welche Schritte wird die Landesregierung unternehmen, um zukünftig eine Behandlung entsprechend dem wissenschaftlichen Standard auch für Asylsuchende zu garantieren? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. Mai 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Eine Verpflichtung, statistische Erhebungen im Sinne der Fragestellung durchzuführen, besteht nicht. Trotz mehrmaliger Nachfrage durch das Landesverwaltungsamt sah sich die Mehrheit der Landkreise und kreisfreien Städte nicht in der Lage, die nachgefragten Daten zuzuarbeiten. Acht kommunale Gebietskörperschaften teilten mit, in keinem Fall eine zahnmedizinische Behandlung abgelehnt zu haben. Zu 1. und 2.: Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes wurden im Landkreis Gotha im genannten Zeitraum zwei Zahnbehandlungen abgelehnt. Im Saale-Orla-Kreis wurde im genannten Zeitraum in sechs Fällen eine Zahnbehandlung abgelehnt, davon in fünf Fällen eine aufschiebbare prothetische Behandlung und eine kieferorthopädische Behandlung. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 3.: Widersprüche gegen Entscheidungen über zahnmedizinische Behandlungen wurden dem Landesverwaltungsamt im fraglichen Zeitraum nicht zur Entscheidung vorgelegt. Zu 4. bis 6.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Zu 7.: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Dem Landesverwaltungsamt sind zudem keine entsprechenden Fälle bekannt. Zu 8.: Mit den gesetzlichen Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes wird der Leistungsumfang für die zahnärztliche Versorgung beschrieben. Ob und welche zahnärztliche Behandlung erforderlich ist, ist im Einzelfall unter medizinischen Gesichtspunkten und anhand dieser Vorgaben zu entscheiden. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass die im Rahmen von §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz von Thüringer Zahnärzten erbrachten zahnmedizinischen Leistungen nicht qualitätsgerecht auf dem Niveau des wissenschaftlichen Standes erbracht werden. Zudem hat das Landesverwaltungsamt mit Schrei- 3 Drucksache 6/2205Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ben vom 27. Januar 2012 gegenüber den Landkreisen und kreisfreien Städten klargestellt, dass zahnerhaltenden Maßnahmen der Vorrang vor einer Extraktion einzuräumen ist, sofern nach zahnmedizinischer Einschätzung Zähne erhalten werden können. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 9.: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Zu 10.: Die ordnungsgemäße Dokumentation einer jeden zahnärztlichen Behandlung ist eine berufsrechtlich geregelte Pflichtaufgabe des Zahnarztes. Zahnärzte sind nach der Berufsordnung für die Thüringer Zahnärzte verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen fortlaufend und für jeden Patienten getrennt aufzuzeichnen . Zahnärztliche Aufzeichnungen, Krankengeschichten und Röntgenbilder, auch auf elektronischen Datenträgern, sind entsprechend den gesetzlichen oder vertraglichen Vorschriften aufzubewahren, entsprechende Aufzeichnungen über zahnärztliche Behandlung (Personaldaten, Befundaufnahme, zahnärztliche Leistungen, behandelte Zähne, Behandlungsdaten, diagnostische Unterlagen, Gutachten) nach § 630 f Abs. 3 BGB zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung. Die konkreten Aufbewahrungsfristen sind ebenfalls auf der Internetseite der Landeszahnärztekammer Thüringen eingestellt. Zu 11.: Hinsichtlich der Aufbewahrungsfristen wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. Beratungsleistungen und Hilfe in Streitfällen bei angenommenen beziehungsweise tatsächlich fehlerhaften Behandlungen bietet etwa die Patientenberatungsstelle der Landeszahnärztekammer Thüringen. Zu 12.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass die im Rahmen von §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes von Thüringer Zahnärzten erbrachten medizinischen Leistungen nicht qualitätsgerecht auf dem Niveau des wissenschaftlichen Standes erbracht werden. Zu 13.: Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen. Lauinger Minister Zahnmedizinische Versorgung von Asylsuchenden in Thüringen - Teil 2 Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1. und 2.: Zu 3.: Zu 4. bis 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: Zu 13.: