01.06.2016 Drucksache 6/2222Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. Juni 2016 Werbepost der Bundeswehr an Minderjährige Die Kleine Anfrage 1001 vom 6. April 2016 hat folgenden Wortlaut: Mir liegen Schreiben vor, mit denen das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr auch in Thüringen für den freiwilligen Wehrdienst wirbt. Gerichtet sind die Schreiben an minderjährige Jugendliche , die nur beschränkt geschäftsfähig sind. Im Datenschutzhinweis des Schreibens wird Bezug auf § 58c des Soldatengesetzes genommen, demzufolge die kommunalen Meldebehörden Vornamen, Familiennamen und Anschrift übermittelt haben. Allerdings teilt die Bundeswehr den Paragraphen nur unvollständig mit, da auf die Möglichkeit der Löschung der Daten auf Verlangen nicht hingewiesen wird. Ebenso wird nicht darauf hingewiesen, dass im Vorfeld die Möglichkeit bestanden hätte, der Datenübermittlung gemäß § 36 Abs. 2 des Bundesmeldegesetzes zu widersprechen. Diesen Widerspruch hätten aber statt der Adressaten , laut Gesetz "Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im nächsten Jahr volljährig werden", also Minderjährige, deren Sorgeberechtigte vornehmen müssen. Das Bundesamt nutzt hier offensichtlich eine Regelungslücke zuungunsten der Minderjährigen aus. So sind die Schreiben persönlich an die minderjährigen Jugendlichen adressiert, ohne dass sie sich mangels vollständiger Geschäftsfähigkeit in eigener Sache dagegen wehren konnten. Ich frage die Landesregierung: 1. Liegen der Landesregierung Informationen darüber vor, wie viele solcher Werbebriefe die Bundeswehr an Empfänger in Thüringen in diesem Jahr bereits verschickt hat? 2. Wie wird seitens der Landesregierung und durch die Kommunen sichergestellt, dass die kommunalen Meldebehörden keine Datensätze von Personen weitergeben, die gemäß § 36 Abs. 2 Bundesmeldegesetz der Weitergabe ihrer Daten widersprochen haben? 3. Sieht die Landesregierung einen Bedarf, das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr auf die unvollständige Angabe der entsprechenden Bestimmungen des Soldatengesetzes hinsichtlich der Löschung der Daten hinzuweisen und auf ein entsprechendes Schreiben des Bundesamtes an alle aktuellen Empfänger der Schreiben hinzuwirken? Wenn nein, warum nicht? 4. Sieht die Landesregierung grundsätzlichen Änderungsbedarf an den rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Vorgänge beziehungsweise deren Umsetzung und wenn nein, wie begründet sie dies? 5. Wie sieht die Landesregierung angesichts der Tatsache, dass durch die Bundeswehr Werbebriefe für den freiwilligen Wehrdienst größtenteils an minderjährige Adressaten versendet werden, den Kinderund Jugendschutz gewahrt? 6. Welche Vereine, Institutionen oder Verbände haben in den letzten zwei Jahren Datensätze von Minderjährigen von den kommunalen Meldeämtern erbeten? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2222 7. Mit welcher Begründung wurden diese entweder herausgegeben oder aber nicht weitergereicht? 8. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass insbesondere Eltern und deren minderjährige Kinder darüber informiert werden, dass sie ein Recht darauf haben, der Datenweitergabe durch Meldebehörden zu widersprechen? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 1. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse zur Anzahl vor. Zu 2.: Die Widerspruchsmöglichkeit ist bundesgesetzlich geregelt. Die Meldebehörden vermerken den Widerspruch im Melderegister. Bei einem eingetragenen Widerspruch gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 Bundesmeldegesetz werden die Daten nicht übermittelt. Zu 3.: Ein solcher Bedarf wird nicht gesehen. Die Informationen zur Widerspruchsmöglichkeit erfolgen jährlich durch öffentliche Bekanntmachung der zuständigen Meldebehörden. Entsprechend § 58c Soldatengesetz darf das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr die Daten nur zur Übersendung von Informationsmaterial verwenden und hat diese Daten spätestens nach Ablauf eines Jahres nach der erstmaligen Speicherung zu löschen. Es erfolgt auch keine erneute Übermittlung durch die Meldebehörden. Zu 4.: Es handelt sich bei § 58c Abs. 1 Soldatengesetz, § 36 Abs. 2 Bundesmeldegesetz und § 4 der Zweiten Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung um bundesgesetzliche Regelungen. Die Betroffenen haben danach das Recht, der Datenübermittlung zu dem genannten Zweck zu widersprechen. Zu den Betroffenen gehören nur Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Die Betroffenen dürfen selbst widersprechen. Personen zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr üben die Meldepflicht persönlich aus, vergleiche Nummer 17.3 AllgemeineVerwaltungsvorschriftzur Durchführung des Bundesmeldegesetzes. Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind uneingeschränkt meldepflichtig, obwohl sie nach bürgerlichem Recht nur beschränkt geschäftsfähig sind. Eine Zustimmung der Sorgeberechtigten ist nicht erforderlich. Zu 5.: Bei den Normen des § 58c Abs. 1 Soldatengesetz und § 36 Abs. 2 Bundesmeldegesetz handelt es sich um bundesrechtliche Normen. Insofern obliegt die entsprechende Bewertung der Bundesregierung. Die Landesregierung sieht in den oben genannten bundesrechtlichen Regelungen keinen Verstoß gegen Artikel 6 des Grundgesetzes. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2 bis 4 und Frage 8 verwiesen. Zu 6.: In den kommunalen Meldeämtern gehen monatlich sehr viele Anfragen ein. Aufgrund der offenen Fragestellung wäre für die Überprüfung der vergangenen zwei Jahre ein unverhältnismäßig hoher Arbeitsaufwand notwendig, der die Funktionsfähigkeit der Landesregierung nicht nur geringfügig beeinträchtigen würde. Aus diesem Grund ist gemäß Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen hiervon abgesehen worden. Zu 7: Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 8: Die Betroffenen werden entsprechend der Vorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 2 Bundesmeldegesetz bei der Anmeldung auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen. Zusätzlich wird der Hinweis auf das Widerspruchsrecht spätestens im Oktober jeden Jahres ortsüblich (zum Beispiel in Amtsblättern) bekanntgemacht. Dr. Poppenhäger Minister Werbepost der Bundeswehr an Minderjährige Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7: Zu 8: