02.06.2016 Drucksache 6/2234Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. Juni 2016 Amadeu Antonio Stiftung - Finanzierung aus Landesmitteln Die Kleine Anfrage 1027 vom 14. April 2016 hat folgenden Wortlaut: Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine im Jahr 1998 gegründete gemeinnützige Stiftung. Sie selbst gibt als Ziel an "eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet."1 Die Stiftungsvorsitzende machte im vergangenen Jahr mit Äußerungen auf sich aufmerksam, als sie in einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" behauptete, "im Osten" gäbe es "gemessen an der Bevölkerung noch immer zu wenig Menschen, die sichtbar Minderheiten angehören, die zum Beispiel schwarz sind."2 Eigenen Angaben zufolge erhielt die Stiftung zwischen den Jahren 2010 und 2014 rund 4.391.020 Euro als "Zuschüsse". Ich frage die Landesregierung: 1. Wurde die Amadeu Antonio Stiftung seit ihrer Gründung im Jahr 1998 aus Mitteln des Landeshaushalts finanziell unterstützt? 2. Wenn ja: Welche konkreten Projekte wurden in welchem Zeitraum und in welcher Höhe unterstützt (bitte aufschlüsseln nach Projekt und Jahr und Zuwendungshöhe)? 3. Wurden etwaige Projekte sowohl aus Mitteln der Amadeu Antonio Stiftung als auch aus Mitteln des Landeshaushalts gemeinsam finanziert ("Kofinanzierung")? Wenn ja, welche, in welchem Zeitraum und in welcher Höhe (bitte aufschlüsseln nach Projekt und Jahr)? 4. Besteht im Rahmen des "Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit" oder anderer Programme der Landesregierung beziehungsweise des Freistaats Thüringen eine Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Thüringen und der Amadeu Antonio Stiftung? Wenn ja, in welcher Form? 5. Besteht derzeit oder bestand seit der Gründung der Amadeu Antonio Stiftung eine Zusammenarbeit zwischen Thüringer Ministerien - insbesondere dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales und dem Landesamt für Verfassungsschutz - und der Amadeu Antonio Stiftung? Wenn ja, in welcher Form? 6. Wurden Projekte der Amadeu Antonio Stiftung gefördert, welche sich explizit gegen im Thüringer Landtag vertretene Parteien richten? Wenn ja, welche und in welcher Höhe? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Brandner (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2234 7. Ist der Landesregierung eine eventuelle Tätigkeit der Stiftungsvorsitzenden als informelle Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit und der Umfang ihrer Verstrickung, wie es sich aus den genannten einschlägigen Veröffentlichungen ergibt, bekannt? Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung daraus im Hinblick auf eine mögliche Förderung aus dem Landesprogramm "Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit" und anderen Programmen? 8. Was versteht die Landesregierung unter dem Begriff "Zivilgesellschaft"? Was unter dem Begriff "demokratische Zivilgesellschaft"? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 1. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nein Zu 2.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 3.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Aktuell liegt ein Antrag der Stiftung auf Förderung vor, über den im Programmbeirat noch entschieden werden muss. Zu 5.: Im Rahmen des in diesem Jahr vom Amt für Verfassungsschutz auszurichtenden gemeinsamen Symposiums der Verfassungsschutzbehörden Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen -Anhalt und Thüringen (Thema: Migration und Sicherheit - Wie Extremisten Flüchtlingsbewegungen zu instrumentalisieren versuchen) wurde ein Vertreter der Stiftung zu dem Komplex "Migration und Rechtsextremismus " als Referent gewonnen. Darüber hinaus treten zwei weitere Referenten aus dem universitären und behördlichen Bereich auf. Das Veranstaltungsformat dient dem interdisziplinären Meinungsaustausch zu sicherheitsrelevanten Themen . Es richtet sich an Multiplikatoren aus Verwaltung, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Zu 6.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 7.: Die eventuelle Tätigkeit ist bekannt. Über Förderung aus dem Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Toleranz und Weltoffenheit wird aufgrund vorliegender Förderanträge im zuständigen Gremium (Programmbeirat ) entschieden. Zu 8.: Zwar ist es nicht Aufgabe der Landesregierung politikwissenschaftliche Begriffe zu erläutern, gleichwohl soll mit nachfolgender Skizze der Begriff kurz beleuchtet werden. Die Zivilgesellschaft ist ideengeschichtlich basiert und hat heute im Nachklang der Kommunitarismus-Liberalismus -Debatte eine normativ-appellative Funktion in Richtung auf mehr Gemeinschaftlichkeit, jedoch im Sinne einer deliberativen politischen Gesellschaft. Ein liberales Konzept der Zivil- oder Bürgergesellschaft im Rahmen westlicher Demokratien hat zuerst Ralf Dahrendorf entwickelt. Hiernach soll in der Bürgergesellschaft jeder seine Anrechte verwirklichen und seine Lebenschancen nutzen. Die Kategorie der Zivilgesellschaft bezieht sich dabei auf eine Vielfalt freiwilliger , authentischer und demokratischer Assoziationen, in denen ein allgemeiner Bürgerstatus gewährleistet ist. Die einzelnen zivilgesellschaftlichen Formen und Ausprägungen gründen auf Pluralität, Autonomie und Zivilität, das heißt, es sollen sich Bürgersinn, Toleranz, Partizipation, Zivilcourage, Responsivität und Empathie entfalten können. Neben Optionen geht es aber immer auch um Ligaturen, um Wertbindungen, die sich auf die Ermöglichungs- und Stabilisierungsbedingungen einer offenen Gesellschaft beziehen. Der To- 3 Drucksache 6/2234Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode pos der Zivilgesellschaft ist im heutigen Diskussionskontext eingebettet in Bemühungen um eine angemessene und komplexe Theorie der Gerechtigkeit und um die institutionelle Grundstruktur gemeinwohlorientierten guten Lebens. Generell benötigt die auf bürgerschaftlichen Engagement beruhende Zivilgesellschaft den Rahmen eines demokratischen Rechts- und Sozialstaats und die Anerkennung des sozialpolitischen Pluralismus mitsamt eines Basiskonsenses, um funktionstüchtig zu sein. Zu einer Zivilgesellschaft gehört, ohne Angst im Habitus und Status sowie im Betroffenheitsgrad verschieden sein zu können und dies innerhalb einer mobilitätsoffenen, liberal-institutionellen Grundstruktur ausleben zu dürfen. Zitiert nach Waschkuhn, Grundlegung der Politikwissenschaft, Oldenbourg 2002, S. 378-380 Dr. Klaubert Ministerin Endnote: 1 Vergleiche http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wir-ueber-uns/. 2 Vergleiche http://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlinge-in-deutschland-es-ist-zeit-fuer-einen-neuen-aufbauost /12062620.html; https://de.wikipedia.org/wiki/ (Stand: 20. April 2016). Amadeu Antonio Stiftung - Finanzierung aus Landesmitteln Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Endnote: