08.06.2016 Drucksache 6/2253Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 29. Juni 2016 Rückbau von Solaranlagen in Thüringen Die Kleine Anfrage 1049 vom 22. April 2016 hat folgenden Wortlaut: Während der Betrieb von Photovoltaik- beziehungsweise Solaranlagen keine Emissionen produziert, ist bei der Entsorgung die Freisetzung chemischer und toxischer Stoffe nicht auszuschließen. Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz schreibt vor diesem Hintergrund zahlrei che Regelungen zur ordnungsgemäßen Rücknahme der Photovoltaik-Anlagen vor. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welchen Regelungen werden Photovoltaik-Anlagen in Thüringen entsorgt, die vor Inkrafttreten des neuen Elektro- und Elektronikgerätegesetzes installiert wurden? 2. Welche Kosten gehen für die Eigentümer mit der Entsorgung von Photovoltaik-Anlagen einher, die vor Inkrafttreten des novellierten Elektro- und Elektronikgerätegesetzes installiert wurden? 3. Welche Bestandteile der Photovoltaik-Anlagen lassen sich im Rahmen eines Recycling-Verfahrens nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz wiederverwerten? 4. Welche Stoffe der Photovoltaik-Anlagen lassen sich nicht wiederaufbereiten und müssen beseitigt werden? 5. Wo werden nichtwiederverwertbare Reststoffe der Photovoltaik-Anlagen im Falle einer Entsorgung durch Thüringer Firmen beseitigt beziehungsweise deponiert? 6. Verfügen alle Produzenten von Photovoltaik-Anlagen in Thüringen über eine Registrierung und insolvenzsichere Garantie nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz? 7. Wie erfolgt die behördliche Kontrolle des durch das Elektro- und Elektronikgerätegesetz eingeführten Rücknahmesystems in Thüringen? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 7. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Vorbemerkung: Entscheidend für einige Regelungen des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) ist nicht der Termin der Installierung, sondern der Zeitpunkt, wann die Photovoltaikmodule in Verkehr ge- K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2253 bracht wurden, also erstmalig in Deutschland auf dem Markt bereitgestellt wurden. Zu Abfall gewordene Photovoltaikmodule, die vor dem 24. Oktober 2015 in Verkehr gebracht wurden, sind nach § 3 Nr. 4 b Elektro G sogenannte "historische Altgeräte". Hinsichtlich der Regelungen, die die Art und Weise der Entsorgung betreffen, gibt es keine Unterschiede zwischen Photovoltaikmodulen, die vor oder nach dem Inkrafttreten des neuen Elektro- und Elektronikgerätegesetzes in Verkehr gebracht wurden. Das gilt insbesondere für die in den §§ 20 bis 23 ElektroG geregelten Behandlungs- und Verwertungspflichten. Private Haushalte im Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes können alle bei ihnen anfallenden Photovoltaikmodule unentgeltlich bei den Sammelstellen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) abgeben. Allerdings müssen diese nicht an allen Sammelstellen Photovoltaikmodule annehmen, sondern können dieses Angebot auf mindestens eine Sammelstelle in ihrem Gebiet beschränken, weshalb eine vorherige Anfrage sinnvoll ist. Außerdem sind Vertreiber, sofern sie über eine Laden- bzw. Lagergröße von mindestens 400 Quadratmetern verfügen, verpflichtet, beim Verkauf von neuen Photovoltaikmodulen alte Module von privaten Haushalten unentgeltlich zurückzunehmen. Beide Regelungen gelten auch für Module, die vor dem Inkrafttreten des neuen Elektro- und Elektronikgerätegesetzes in Verkehr gebracht wurden. Zu beachten ist, dass zu den "Altgeräten aus privaten Haushalten" im Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes definitionsgemäß (§ 3 Nr. 5 ElektroG) nicht nur die Altgeräte aus privaten Haushaltungen zählen, sondern auch "Altgeräte aus sonstigen Herkunftsbereichen", also beispielsweise Gewerbe, Verwaltung , Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Vereine, karitative Einrichtungen, soweit sie nach "Beschaffenheit und Menge" mit den üblicherweise in privaten Haushaltungen anfallenden Altgeräten vergleichbar ist. Nur wenn die Photovoltaikmodule bei "anderen Nutzern als privaten Haushalten" zu Abfall werden, das heißt in Mengen anfallen, die nicht mehr "haushaltsüblich" sind, kommt es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens an. In diesen Fällen, also zum Beispiel bei Solarparks u. ä., sind die Abfallbesitzer von "historischen Altgeräten " nach den Regelungen des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes selbst für die Entsorgung verantwortlich . Die in § 19 ElektroG näher geregelte Rücknahmeverpflichtung des Herstellers gilt in diesen Fällen nur für die nach Inkrafttreten des neuen Elektro- und Elektronikgerätegesetzes in Verkehr gebrachten Geräte. Zu 2.: Für Eigentümer, die zu den privaten Haushalten im (erweiterten) Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (vgl. Antwort zu Frage 1) zählen, fallen nur Kosten an für den Abbau und den Transport zur Sammelstelle des örE. Eigentümer, die nicht zu den privaten Haushalten in diesem Sinn zählen, also insbesondere Betreiber von Solarparks, sind - so wie bereits vor Inkrafttreten des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes - selbst für die Entsorgung verantwortlich, auch finanziell. Allerdings hatten sich einige Hersteller von Photovoltaikmodulen bereits frühzeitig auf privatrechtlicher Basis beim Verkauf der Module gegenüber den Käufern dazu verpflichtet , ihre Module kostenlos zurückzunehmen und zu entsorgen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) seit 1. Oktober 2010 im Rahmen ihres KfW-Programms "Erneuerbare Energien" bei der Finanzierung von Photovoltaik-Anlagen eine Vereinbarung mit dem Anlagenoder dem Modulhersteller zur kostenfreien Rücknahme und Entsorgung der gebrauchten Photovoltaikmodule verlangte. Welche konkreten Kosten auf die Eigentümer zukommen, die nicht zu den privaten Haushalten im Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes zählen und die auch nicht auf privatrechtliche Rücknahmeverpflichtungen zurückgreifen können, ist der Landesregierung nicht bekannt. Die Entsorgungskosten dürften insbesondere von der Art der Photovoltaikmodule abhängig sein. Nach Angaben aus der Entsorgungswirtschaft werden für die Verwertung von Solarzellen aus kristallinem Silizium (über 90 Prozent der bisher installierten Module) frei Verwertungsanlage zwischen 50 und 100 Euro Zuzahlung je Tonne verlangt, abhängig davon, ob das Material ordentlich verpackt und vollständig ist oder ob werthaltige Bestandteile (zum Beispiel Aluminiumrahmen) fehlen. Für Module mit Dünnschicht-Zellen (unter zehn Prozent der installierten Module) werden Entsorgungskosten von 100 bis 200 Euro je Tonne angegeben, ebenfalls abhängig vom Zustand der Materialien. 3 Drucksache 6/2253Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: In der Regel lassen sich alle Bestandteile verwerten. Zu 4.: Hier wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu 5.: Wie bereits dargelegt, dürften in der Regel alle Bestandteile von Photovoltaikmodulen einer Verwertung zugeführt werden. Sollten bei der Behandlung ausnahmsweise Abfälle zur Beseitigung anfallen, so hat die Behandlungsanlage , bei der sie anfallen, die Abfälle dem örtlich zuständigen örE zu überlassen (§ 17 Kreislaufwirtschaftsgesetz ). In Thüringen befinden sich nach Kenntnis der Landesregierung aktuell keine Behandlungsanlagen für Photovoltaikmodule . Zu 6.: Die Verpflichtungen betreffen nicht die Produzenten von Photovoltaikanlagen, sondern die Hersteller sowie Importeure von Photovoltaikmodulen. Zuständige Behörde für die Registrierung von Elektro- und Elektronikgeräten, seit Inkrafttreten des novellierten Elektro- und Elektronikgerätegesetzes also auch von Photovoltaikmodulen, ist die Stiftung Elektro -Altgeräte Register (Stiftung ear). Sie ist als "Gemeinsame Stelle der Hersteller" (§ 5 ElektroG) von der originär für die Registrierung zuständigen Behörde, dem Umweltbundesamt (§ 36 ElektroG), mit der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgabe der Registrierung betraut. Die gleiche Zuständigkeit gilt auch für den nach § 7 ElektroG geforderten Nachweis einer insolvenzsicheren Garantie für die Finanzierung der Entsorgung der bei den privaten Haushalten anfallenden Photovoltaikmodule . Soweit Hersteller glaubhaft machen, dass die hergestellten Photovoltaikmodule ausschließlich in anderen als privaten Haushalten genutzt werden, also zum Beispiel ausschließlich in Solarparks, sind sie allerdings von dem Nachweis einer insolvenzsicheren Finanzierungsgarantie befreit. Aufgrund fehlender eigener Zuständigkeit ist der Landesregierung eine eigene Überprüfung entsprechend der Fragestellung nicht möglich. Im Übrigen ist nicht jeder Produzent zwingend auch Hersteller im Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (vgl. § 3 Nr. 9 ElektroG). Die Stiftung ear hat ein Verzeichnis der registrierten Hersteller, mit aktuell über 23.000 Herstellern von Elektro - und Elektronikgeräten, darunter 89 Hersteller von Photovoltaikmodulen veröffentlicht*. Der Unternehmenssitz ist dort jedoch nicht ersichtlich. Zu 7.: Die Registrierung der Hersteller und die Anordnungen an die Hersteller zum Abholen und Verwerten der bei den kommunalen Sammelstellen abgegebenen Elektroaltgeräte erfolgt bundesweit durch die Stiftung ear als beliehener Behörde (vgl. Antwort zu Frage 6). Dort müssen sich auch Vertreiber registrieren lassen, die Elektroaltgeräte freiwillig oder aufgrund der Verpflichtung nach § 17 ElektroG zurücknehmen. Die Rücknahmepflicht der Vertreiber nach § 17 ElektroG unterliegt der Überwachung durch die unteren Abfallbehörden . Die Überwachung der örE im Hinblick auf deren Pflichten zur Sammlung von Elektroaltgeräten und deren Bereitstellung zur Abholung durch die Hersteller obliegt dem Landesverwaltungsamt. Dasselbe gilt für den Fall, dass die örE Entsorgungsträger die Entsorgung von Elektroaltgeräten selbst durchführen (§ 14 Abs. 5 ElektroG). Siegesmund Ministerin Endnote * https://www.ear-system.de/ear-verzeichnis/hersteller Rückbau von Solaranlagen in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Endnote