21.06.2016 Drucksache 6/2348Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 12. Juli 2016 Windkrafterlass und Schutz von Menschen und Tieren - Teil 2 Die Kleine Anfrage 1069 vom 28. April 2016 hat folgenden Wortlaut: Der von der Landesregierung vorgelegte Windkrafterlass führt nach wie vor zu erheblichen Diskussionen über das Verhältnis von finanziellem und energetischem Nutzen zu den Schädigungen von Mensch und Natur. Die Landesregierung verteidigt die geplanten Windkraftanlagen im Wald und ignoriert offenbar alle Folgen für Mensch, Tier und Landschaft. In der Thüringer Allgemeinen vom 9. März 2016 wurde auch über die Gefahren für Vögel durch die vorsätzliche Entfernung von Horsten von gefährdeten Vogelarten in verschiedenen Bundesländern und nun auch in Thüringen berichtet. Durch diese strafbaren Handlungen sollen Wald und Flur für den Bau von Windkraftanlagen "vorbereitet" werden. Denn wenn zum Beispiel der Rotmilan verschwunden ist, gibt es keinen Grund mehr, die Baugenehmigung für eine Windkraftanlage zu verweigern. In der Drucksache 6/1960 hat die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage zwar schon viele Fragen rund um die Folgen der Windkraft für die Avifauna beantwortet, dennoch bleiben Punkte offen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche konkreten Abstandsflächen, begründet durch welche gesetzlichen Regelungen, sollen oder müssen künftige Windkraftanlagen zum EU-Vogelschutzgebiet 4727-420 haben und werden dabei auch mögliche negative Effekte auf das benachbarte EU-Vogelschutzgebiet (für Eisvogel, Uhu, Schwarzstorch, Schwarzspecht, Grauspecht, Wespenbussard, Rotmilan und Neuntöter) berücksichtigt? 2. Wie viele Zielabweichungsverfahren für Wind-Vorranggebiete gab oder gibt es derzeit in Thüringen? Welche Ergebnisse wurden dabei erzielt? 3. Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung hinsichtlich Belastungen und/oder gesundheitlicher Schäden für Menschen, die in der Nähe von Windkraftanlagen wohnen? Teilt die Landesregierung die Auffassung von Ärzten nach einem Mindestabstand von mindestens der zehnfachen Höhe der jeweiligen Windkraftanlagen beziehungsweise etwa 4,5 Kilometer zur nächsten Wohnbebauung? Falls nein, weshalb nicht und liegen dafür anderslautende ärztliche Gutachten vor? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 20. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Errichtung raumbedeutsamer Windkraftanlagen richtet sich nach dem aktuell gültigen Regionalplan Nordthüringen. Das nächstgelegene W16-Vorranggebiet, in welchem Windkraftanlagen errichtet werden K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2348 können, liegt ca. 1,3 Kilometer vom EU-Vogelschutzgebiet 4727-420 entfernt. Änderungen der konkreten Abstände können sich zukünftig aus dem am 25. März 2015 beschlossen Verfahren zur Fortschreibung des Regionalplanes Nordthüringen auf Grundlage des neuen Landesentwicklungsprogramms 2025 (LEP 2025) ergeben. Wie bereits beim aktuellen Regionalplan sind für das EU-Vogelschutzgebiet die Vorschriften des § 33 ff. Bundesnaturschutzgesetz zu beachten. Zu 2.: In Bezug auf Wind-Vorranggebiete wurden nachstehende Zielabweichungsverfahren durchgeführt: • 1/2015: Abschluss des Zielabweichungsverfahrens Keula (Gemeinde Helbedündorf, Kyffhäuserkreis): Zulassung der Überschreitung der Höhenbegrenzung innerhalb des Vorranggebiets Windenergie W-4 • 11/2013: Antrag der Stadt Auma-Weidatal, Landkreis Greiz, wegen Höhenbegrenzung im Vorranggebiet Windenergie W-4; Verfahren wurde 2015 eingestellt wegen der gerichtlich festgestellten Unwirksamkeit der planerischen Steuerung der Windenergienutzung (Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 8. April 2014, Az. 1 N 676/12 bestätigt durch Bundesverwaltungsgericht vom 9. Februar 2015, Az. 4 BN 20/14) • 4/2013: Abschluss des Zielabweichungsverfahrens Saaleplatte (Weimarer Land): Zulassung der Überschreitung der Höhenbegrenzung im Vorranggebiet Windenergie W-6, südlicher Teil Zu 3.: Um Menschen vor schädlichen Lärmeinwirkungen zu schützen, gibt die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) einzuhaltende Immissionsrichtwerte vor. Die von Windkraftanlagen erzeugten Infraschallpegel in der Umgebung liegen deutlich unterhalb der menschlichen Hör- und Wahrnehmungsschwelle. Sie können nach heutigem Stand der Wissenschaft keine schädigenden Wirkungen bei Menschen hervorrufen. Thüringen hat wie andere Bundesländer hierzu ein "Faltblatt Windenergieanlagen und Infraschall"* veröffentlicht. Mögliche Beeinträchtigungen des Menschen durch Lichtimmission haben infolge des technischen Fortschritts bei Windkraftanlagen aus fachlicher Sicht an kritischer Bedeutung verloren. Die Befeuerung und Kennzeichnung der Anlagen im Rahmen der Anforderungen der Flugsicherung konnte ebenfalls in den vergangenen Jahren durch verschiedene Maßnahmen (Synchronisation, Abschirmung) optimiert werden, so dass sich deren mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen minimiert haben. Der künftig zu erwartende verstärkte Einsatz bedarfsgerechter Befeuerung wird zu einer zusätzlichen Verringerung der Lichtimmissionen beitragen. Eine weitere mögliche Beeinträchtigung für Menschen stellt die sogenannte bedrängende oder bedrückende Wirkung dar, die von Windkraftanlagen ausgehen kann. Die bedrängende Wirkung ist letztendlich nicht objektiv zu belegen, sondern von subjektiven Wahrnehmungen und Auffassungen abhängig. In dem Spannungsfeld der Definition geeigneter Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen und Bebauung sollte deshalb nach Auffassung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie nicht auf pauschale Abstandswerte zurückgegriffen werden. Die erforderlichen Abstände sollten anhand der Gegebenheiten im konkreten Planungsfall erörtert und abgewogen werden, was entscheidend für die Akzeptanz vor Ort sein kann. Anderslautende ärztliche Gutachten sind nicht bekannt. Siegesmund Ministerin Endnote Vergleiche http://www.thueringen.de/mam/th8/tlug/images/abt4/faltblatt_wea.pdf. Windkrafterlass und Schutz von Menschen und Tieren - Teil 2 Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Endnote