23.06.2016 Drucksache 6/2355Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. Juli 2016 Bekämpfung des Drogenhandels in Thüringen Die Kleine Anfrage 1065 vom 2. Mai 2016 hat folgenden Wortlaut: Bereits am 29. April 2015 berichtete die Thüringische Landeszeitung1 über die anhaltende Problematik des Konsums von Crystal Meth in Thüringen. Die Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e. V. betont im Rahmen des Artikels die zwingende Notwendigkeit eines "landesweiten Maßnahmenplans" gegen die "Modedroge ". Für den 22. Juni 2015 sei ein Runder Tisch für Thüringen einberufen worden. Am 18. Januar 2016 berichtet die Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e. V. im Rahmen einer Pressemeldung: Die "Gefahren durch die Designerdroge Crystal Meth haben in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. In den Beratungsstellen steigt die Zahl der Hilfesuchenden stark an. In Erfurt melden sich jetzt doppelt so viele Abhängige wie noch vor einem Jahr." In Drucksache 6/1560 berichtete die Landesregierung zudem, dass die Einfuhr des Crystal Meth nachweislich überwiegend aus Tschechien erfolge: Die nahezu "gesamte Crystal Meth Wertschöpfungskette, von der Grundstoffbeschaffung über die Produktion bis hin zum Verkauf" befinde sich im grenznahen Bereich der Tschechischen Republik. Dem Fragesteller liegen überdies Beschwerden und Mitteilungen aus der Thüringer Polizei und einigen Staatsanwaltschaften vor, die eine effektive Bekämpfung des Drogenhandels derzeit als fraglich erscheinen lassen. Die Zahl der damit befassten Beamten habe deutlich abgenommen, die notwendige Technologie, zum Beispiel zur Standortermittlung der Drogenhändler nach § 100i Strafprozessordnung (StPO), sei gar nicht vorhanden oder veraltet; es drohe aufgrund des starken Konsums in Thüringen und den daraus resultierenden gesundheitlichen Langzeitfolgen zudem, dass eine "ganze Generation verloren gehen könnte". Ich frage die Landesregierung: 1. Liegt der von der Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e.V. geforderte Maßnahmenplan mittlerweile vor? Wenn ja, wie lauten die Inhalte dieses Maßnahmenplans? 2. Waren zum für den 22. Juni 2015 geplanten Runden Tisch Vertreter der Landesregierung anwesend? Wenn ja, welche und wie lauten die Ergebnisse dieser Beratung? 3. Welche konkreten Belege liegen der Landesregierung für die Herkunft der in Thüringen verkauften Drogen vor? 4. Sind der Landesregierung außer der Tschechischen Republik weitere Hochburgen der Produktion von Crystal Meth bekannt? Wenn ja, welche? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Brandner (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2355 5. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung im Bereich der Polizei und des Landeskriminalamts zur Bekämpfung des Drogenhandels, insbesondere des sogenannten Crystal Meth, in Thüringen unternommen? 6. Wie viele Polizeibeamte und sonstige Mitarbeiter der Exekutive sind derzeit spezifisch mit der Bekämpfung des Drogenhandels beauftragt und wie viele davon operativ? 7. Wie viele waren es jeweils in den Jahren seit 2010 und wie erklärt sich diese Entwicklung (bitte aufschlüsseln nach Jahr)? 8. Welche Software beziehungsweise sonstige Technologie wird vom Landeskriminalamt für die Fahndung, insbesondere die nach § 100i StPO, verwendet? Wann wurde diese angeschafft? 9. Wie viele Tatverdächtige nach § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) wurden seit dem Jahr 2010 in Thüringen gestellt (bitte aufschlüsseln nach Menge und Art der aufgefundenen Betäubungsmittel, aktueller und gegebenenfalls vorherigen Staatsangehörigkeit/-en, Lebensalter, Geschlecht und Bundesland beziehungsweise Staat des Hauptwohnsitzes)? Wie wurden die Verfahren jeweils abgeschlossen? 10. Wie viele Tatverdächtige nach § 29 BtMG mit (Haupt-)Wohnsitz in Thüringen wurden seit dem Jahr 2010 in anderen Bundesländern gestellt (bitte aufschlüsseln nach Menge und Art der aufgefundenen Betäubungsmittel , aktueller und gegebenenfalls vorherigen Staatsangehörigkeit/-en, Lebensalter, Geschlecht)? Wie wurden die Verfahren jeweils abgeschlossen? 11. Welche Kooperationsvereinbarungen im Rahmen der Bekämpfung des Drogenhandels bestehen zwischen der Thüringer Landespolizei und anderen Landespolizeien, der Bundespolizei oder ausländischen Polizeien beziehungsweise Strafverfolgungsbehörden? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Forderungen der Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e.V. nach einem "Maßnahmenplan" wurden im März 2015 in einem Forderungspapier zum Thema "Crystal Meth und Stimulanzien - Eine Herausforderung nicht nur für die Suchtkrankenhilfe?!" zusammengefasst. Das Forderungspapier stellt eine eigenständige Positionierung der Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e.V. Insbesondere ist anzumerken, dass die Thüringer Landesregierung nur eine von vielen Adressatinnen des Papiers ist. Für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 wurden die Haushaltsansätze für die Suchtprävention im Vergleich zum Haushaltsjahr 2015 um je 71.000 Euro erhöht. Ein bedeutender Teil dieses Aufwuchses ist für Maßnahmen zur Prävention und Behandlung bei Crystal-Meth-Konsum vorgesehen. So veranstaltet das Thüringer Ministerium für Arbeit , Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Kooperation mit der Thüringer Fachstelle Suchtprävention mehrmals jährlich Netzwerktagungen, die auch die Thematik Crystal Meth zum Gegenstand haben. Ein in Reaktion auf das Forderungspapier durch alle dort benannten Adressatinnen erstellter Maßnahmenplan im Sinne eines einheitlichen Dokuments liegt hingegen der Landesregierung nicht vor. Zu 2.: Frau Ministerin Werner nahm an dem Termin "Runder Tisch Crystal Meth" am 22. Juni 2015 teil. Weitere 40 Teilnehmende kamen aus den Bereichen der Politik, Krankenkassen, Rentenversicherung, Freien Träger der Suchthilfe, Selbsthilfeverbände der Suchthilfe, Kommunalen Spitzenverbände, Sozialpsychiatrischen Dienste, Thüringer Krankenhausgesellschaft, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Thüringen sowie der Thüringer Polizei. Zudem waren Mitglieder der Thüringer Landesstelle für Suchtfragen und Landesärztekammer anwesend. Als Impulsgeber informierte ein Vertreter der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren zum Umsetzungsstand des 10-Punkte-Plans zur Prävention und Bekämpfung des Crystal-Konsums in Sachsen. Die Vertreterinnen verschiedener Thüringer Suchthilfezentren brachten ihre Praxiserfahrung in die Diskussion ein. Frau Ministerin Werner stellte den kurz zuvor veröffentlichten Thüringer Leitfaden zum Thema "Crystal Meth" vor, welcher in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden soll. 3 Drucksache 6/2355Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Im Ergebnis fand eine thematische Untergliederung statt, welche die Grundlage für mögliche Arbeitsgruppen darstellen sollte. Als Themenschwerpunkte wurden die folgenden Bereiche festgelegt: 1. Prävention ist unverzichtbar 2. Besondere Zugangsmöglichkeiten für bestimmte Zielgruppen 3. Alternative Angebote für niederschwellige Maßnahmen für Hilfesuchende 4. Crystal-Meth Konsumierende brauchen zusätzliche Zugänge zur Arbeit 5. Konsumierende Mütter/Väter 6. Nachbesserung der Datenlage 7. Crystal-Meth-Konsumierende als Teilbereich der Suchtkrankenhilfe und der Psychiatrie Die Unterarbeitsgruppe "Crystal-konsumierende Mütter/Väter" hat Ende 2015 getagt. Zu 3.: Die Erkenntnisse zur Herkunft der in Thüringen verkauften Drogen resultieren aus den durchgeführten Ermittlungen . Zu 4.: Es ist bekannt, dass in Mexiko große Mengen dieser Droge produziert werden. Ein Thüringenbezug kann jedoch nicht festgestellt werden. Zu 5.: In der Thüringer Polizei wurden zur Bekämpfung von Drogenkriminalität entsprechende Konzeptionen bzw. Strategiepapiere erlassen. Sie beinhalten polizeiliche Maßnahmen zum Informationsmanagement, zur Erhöhung des Kontrolldrucks, zur Führung von Ermittlungsverfahren, zur Prävention sowie zur Zusammenarbeit mit Justiz, Zoll, Bundespolizei, Ordnungsbehörden sowie anderen Bundesländern im Rahmen der Sicherheitskooperation . Zu 6.: Die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität ist Aufgabe aller Polizeibeamtinnen und -beamten und wird neben weiteren Aufgabenstellungen unter Ausschöpfung der gesetzlichen Befugnisse und konzeptionellen Vorgaben wahrgenommen. Die Bearbeitungszuständigkeit von Rauschgiftdelikten obliegt den Polizeiinspektionen und Inspektionsdiensten , den Kriminalpolizeiinspektionen und -stationen sowie dem Landeskriminalamt. Im Landeskriminalamt ist für die Bekämpfung und Verfolgung der schweren und organisierten Rauschgiftkriminalität, u. a. die Ermittlungen von Strukturen bzw. Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrschmuggel aus dem Ausland der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) zuständig. Entsprechend dem Vertrag über die Einrichtung der GER setzt sich diese aus zehn Beamten des Landeskriminalamts und acht Beamten des Zollfahndungsamtes (ZFA) Dresden zusammen. Von den zehn Dienstposten des Landeskriminalamtes sind neun Dienstposten besetzt. Zwei Dienstposteninhaber versehen jedoch gegenwärtig Dienst im Bereich des polizeilichen Staatsschutzes. In den Kriminalpolizeiinspektionen ist je ein Dienstposten Sachbearbeiter Rauschgiftkriminalität ausgewiesen . Darüber hinaus sind in den Polizeiinspektionen und -inspektionsdiensten, den Kriminalpolizeiinspektionen und -stationen lageangepasst nichtfunktionsgebundene Mitarbeiter/-innen und Sachbearbeiter/-innen zur Bearbeitung von Rauschgiftkriminalität zugewiesen. Statistische Erhebungen hierzu liegen nicht vor. Zu 7.: Statistische Erhebungen hierzu liegen nicht vor. Zu 8.: Zur Erhebung der Daten gemäß § 100i Abs. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung (StPO) werden im Thüringer Landeskriminalamt weder Technik noch Software vorgehalten. Erforderliche Technik und das dazugehörige Personal werden im Rahmen der Sicherheitskooperation von anderen Bundesländern bereitgestellt. Zur Realisierung von Maßnahmen nach § 100i Abs. 1 Nr. 2 StPO erfolgt der Zugriff auf das Portal der Firma Netzing Solutions AG, Dresden. Dieses wurde im Jahr 2010 beschafft. Die Auswertung der Daten erfolgt durch die 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2355 Auswertesoftware SIC (Syborg Interception Center) der Firma Syborg Informationssysteme Bexbach, welche im Jahr 2006 beschafft wurde. Zu 9.: Statistische Daten zu Menge und Art der Betäubungsmittel im Sinne der Fragestellung sowie zu den Verfahrensabschlüssen liegen nicht vor. Im Weiteren wird auf die Anlagen 1 bis 18 verwiesen. Zu 10.: Die Beantwortung der Frage ist nicht möglich. Die Polizeiliche Kriminalstatistik erfasst von der Polizei registrierte Fälle, deren Tatort ausschließlich in Thüringen liegt. Liegt der Tatort in einem anderen Bundesland, werden diese Straftaten im betroffenen Bundesland gezählt und ausgewertet. Zu 11.: Im Rahmen der Sicherheitskooperation der Freistaaten Sachsen und Thüringen sowie der Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt wurde eine Projektgruppe mit dem Ziel der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität im Zusammenhang mit Crystal eingerichtet. Deren 1. Sitzung fand am 28. November 2012 statt. Zwischenzeitlich ist dieser Kooperation auch Berlin beigetreten. Anlassbezogen beteiligt sich auch der Freistaat Bayern. Bereits seit dem Jahr 2000 besteht darüber hinaus eine deutsch-tschechische Arbeitsgruppe "Crystal" (AG "Crystal"), die seit 2012 als Unterarbeitsgruppe der "Ministeriellen Arbeitsgruppe zur Fortentwicklung der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollkooperation" (U)AG Crystal geführt wird. Die (U)AG Crystal setzt sich derzeit aus den Ländern Deutschland, [BKA, ZKA und die Freistaaten Bayern, Sachsen, Thüringen sowie den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg], Polen [CBS], Österreich [BKA] und der Tschechischen Republik [NPC und GRC] zusammen und trifft sich lageangepasst, mindestens einmal jährlich, um sich mit dem Phänomen Crystal auseinanderzusetzen. Das 13. Arbeitstreffen der AG Crystal, zugleich 5. Arbeitstreffen der (U)AG Crystal, fand unter Beteiligung zweier Vertreter des Landeskriminalamtes Thüringen am 13./14. April 2016 in Breslau statt. Dr. Poppenhäger Minister Anlagen2 Endnote: 1 Vergleiche "Crystal Meth ist wie ein Superman-Kostüm", in: Thüringische Landeszeitung vom 29. April 2015, Seite 10. 2 Hinweis Auf den Abdruck der Anlagen wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlagen erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Bekämpfung des Drogenhandels in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Endnote: