23.06.2016 Drucksache 6/2359Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 20. Juli 2016 Bürgergutachten zur Gebietsreform Die Kleine Anfrage 1094 vom 12. Mai 2016 hat folgenden Wortlaut: Laut mehrerer Pressemitteilungen (zum Beispiel Osterländer Volkszeitung vom 11. Mai 2016, "Thüringen will mit Bürgern über Gebietsreform reden") will die Landesregierung zur geplanten Gebietsreform ein Bür gergutachten durchführen. Dafür sollen bis zu 50 repräsentativ ausgewählte Bürger bei vier Regionalkon ferenzen mit Experten diskutieren. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welchen Kriterien werden die repräsentativen Bürger ausgewählt? 2. Wer trifft diese Auswahl? 3. Welche Experten dienen den Bürgern als Gesprächspartner? 4. Anhand welcher Kriterien werden die Experten ausgewählt? 5. Wie und an welchen konkreten Stellen wurden die Ergebnisse der bisher durchgeführten Regionalkon ferenzen in den Gesetzgebungsprozess einbezogen? 6. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung dem Bürgergutachten bei: Mehr oder weniger als den bisher durchgeführten Regionalkonferenzen oder gleichviel wie diesen? 7. Werden die Anregungen des Bürgergutachtens in den Gesetzesprozess einbezogen? Wenn ja, wie? 8. Hält die Landesregierung die Anregungen von bis zu 200 Bürgern des Landes für ein ausreichendes Stimmungsbild der Bevölkerung und wie begründet sie diese Beurteilung? 9. Welche Kosten entstehen durch das geplante Bürgergutachten? 10. Durch welchen Haushaltstitel werden die geplanten Ausgaben gedeckt? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kellner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2359 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 21. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Das Bürgergutachten wird in Planungszellen erarbeitet, die in den vier Thüringer Planungsregionen statt finden sollen. Mit der Vorbereitung und Durchführung der Planungszellen sowie der Zusammenführung der Ergebnisse der Planungszellen im Bürgergutachten soll ein unabhängiges, externes, wissenschaftlich ar beitendes Institut/Büro beauftragt werden, das die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Planungszellen durch eine repräsentative Zufallsauswahl bestimmt. Die Methodik wird im Einzelnen von dem beauftragten Institut/Büro bestimmt. Kriterien sind zum Beispiel das Geschlecht, das Alter und die regionale Herkunft. Zu 3.: Die Auswahl der Expertinnen und Experten ist von dem beauftragten Institut/Büro vorzunehmen. Zu 4.: Die Expertinnen und Experten müssen das erforderliche Fachwissen im Kontext des Reformvorhabens ha ben und die Gewähr dafür bieten, ihr Fachwissen nach objektiven Maßstäben zu vermitteln. Zu 5.: Die fünf Regionalkonferenzen zu dem Entwurf des kommunalen Leitbildes "Zukunftsfähiges Thüringen" mit Eckwerten vom 22. September 2015 haben in den Monaten Oktober bis Dezember 2015 stattgefunden. Die Ergebnisse sind zunächst in das von der Landesregierung am 22. Dezember 2015 beschlossene Leit bild "Zukunftsfähiges Thüringen" und später in den Entwurf für das Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform und in den Entwurf für das Gesetz über die Grundsätze von Funktional und Verwaltungs reformen eingeflossen. Ein wesentliches Beispiel ist die in den Regionalkonferenzen thematisierte Frage nach einem Identitäts und Demokratieverlust in größeren Gemeindegebietsstrukturen. Diese Frage ist konkret berücksichtigt worden, indem das Leitbild und der Entwurf für das Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform eine wei tergehende Stärkung des Ortsteil und Ortschaftsrechts der Gemeinden vorsehen. Ebenso wurden Aussagen des Leitbilds zur Funktional und Verwaltungsreform in Auswertung der Regio nalkonferenzen erweitert und in den Entwurf für das Gesetz über die Grundsätze von Funktional und Ver waltungsreformen übernommen. Bei der Mindesteinwohnergröße von selbstständigen kreisangehörigen Gemeinden wurde nach den Regi onalkonferenzen nicht mehr der zunächst vorgesehene Korridor von 6.000 bis 8.000 Einwohnern, sondern eine Mindesteinwohnergröße von 6.000 für sachgerecht gehalten. Das hat sich zunächst im Leitbild und dann im Entwurf für das Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform niedergeschlagen. Daneben hat die Landesregierung die Ergebnisse der Regionalkonferenzen, die keinen Eingang in die be absichtigten gesetzlichen Regelungen gefunden haben, berücksichtigt, indem sie die Aussagen des Leit bilds und die Begründung zum Entwurf für das Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform erwei tert und konkretisiert hat. Zu 6.: Die Landesregierung misst sowohl den Regionalkonferenzen als auch dem Bürgergutachten als Formen der Bürgerbeteiligung im Prozess der Verwaltungs, Funktional und Gebietsreform einen hohen Stellen wert bei. Die Regionalkonferenzen bedeuteten einen Schritt zur Intensivierung des öffentlichen Diskussi onsprozesses. In den zum Teil kontroversen Diskussionen haben überwiegend die kommunalen Vertreter die Gelegenheit genutzt, ihre Standpunkte zu dem Entwurf des kommunalen Leitbildes "Zukunftsfähiges Thüringen" mit Eckwerten vom 22. September 2015 darzulegen. Dieser Diskussionsprozess hat sich auf der Grundlage des Leitbilds und des Entwurfs für das Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform in zahlreichen Gesprächen und Podiumsdiskussionen fortgesetzt. Mit einem Bürgergutachten soll nun ein weiterer Schritt zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in den Prozess der Verwaltungs, Funktional und Gebietsreform gegangen werden. Zu 7.: In den Planungszellen werden Themen rund um die Verwaltungs, Funktional und Gebietsreform in Thü ringen behandelt. Das jeweilige Thema wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einzeln bewertet und in Gruppen beraten, nachdem die Expertinnen und Experten in das Thema eingeführt haben. Die Er 3 Drucksache 6/2359Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode gebnisse der Einzelbewertung und der Gruppenarbeit werden zunächst in der Planungszelle zusammen geführt. Die Ergebnisse der Planungszellen werden wiederum in dem Bürgergutachten zusammengeführt. Abschließend wird das Bürgergutachten der Landesregierung übergeben und veröffentlicht. So kann das Ergebnis von allen an der Reform Beteiligten in den Reformprozess eingeführt werden. Zu 8.: Durch die repräsentative Zufallsauswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Planungszellen wird bei der Bewertung der Themen zur Verwaltungs, Funktional und Gebietsreform ein möglichst repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung erreicht. Zu 9. und 10.: Für das Bürgergutachten sind Ausgaben in Höhe von 150.000 Euro eingeplant. Die Ausgaben werden durch den Haushaltstitel 03 01 526 02 gedeckt. Dr. Poppenhäger Minister Bürgergutachten zur Gebietsreform Ich frage die Landesregierung: Zu 1. und 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9. und 10.: