26.11.2014 Drucksache 6/24Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 2. Dezember 2014 Gülleimporte nach Thüringen Die Kleine Anfrage 3 vom 14. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Organischer Dünger, der aus den Niederlanden stammt, wird jährlich in großen Mengen nach Deutschland importiert. Der Großteil der Gülle, 80 Prozent, wird nach Nordrhein-Westfalen eingeführt. Diese Importpraxis ist für Boden, Wasser und Menschen mehr als fragwürdig. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist nach Kenntnisstand der Landesregierung die Menge an organischem Dünger, der aus den Niederlanden nach Thüringen und nach Deutschland insgesamt exportiert wird? 2. Auf welcher Gesamtfläche und in welchen Landkreisen wurde in den letzten fünf Jahren welche Menge an organischem Dünger aus den Niederlanden in Thüringen ausgebracht? 3. Wie viele Tonnen Gülle aus den Niederlanden wurden im gleichen Zeitraum in Thüringen auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht? 4. Wird aus weiteren Ländern organischer Dünger nach Thüringen eingeführt? Wenn ja, um welche Länder und um welche Mengen handelt es sich jeweils (aufgeschlüsselt nach Art des organischen Düngers)? 5. Welche Maßnahmen unternimmt Thüringen, um Gefahren aufgrund von Antibiotika und Keimen in niederländischem Dünger zu begegnen? 6. Auf welche Stoffe wird der importierte Dünger von den staatlichen Stellen untersucht? 7. Wie erfolgt die Kontrolle der Ausbringung von Importdünger durch landwirtschaftliche Betriebe über die Thüringer Behörden? 8. Welche Position vertritt die Landesregierung bezüglich der Novellierung der Düngeverordnung? 9. Welchen Anpassungs- und Änderungsbedarf sieht die Landesregierung hinsichtlich der Novellierung der Düngeverordnung? Falls kein Anpassungs- und Änderungsbedarf besteht, wie begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Möller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/24 Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 25. November 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Entsprechend der Verordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdünger (Verbringungsverordnung ) vom 21. Juli 2010 (BGBl. I S. 1062) werden in den jeweiligen Bundesländern seit 2011 Daten über die Importe von organischen Düngestoffen aus anderen Mitgliedsstaaten erhoben. Die Daten für Thüringen liegen somit für die Jahre 2011 bis 2013 vor. Nach Thüringen wurde in den Jahren 2011 bis 2013 aus den Niederlanden insgesamt 12.206 Tonnen Frischmasse an Hühnertrockenkot, Hähnchenmist, Hühnerkot, Geflügeltrockenkot, Putenmist und Pelztierkot importiert. Eine statistische Gesamterfassung für Deutschland erfolgt nicht. Zu 2.: Der Flächenumfang der Ausbringung von organischen Düngestoffen aus den Niederlanden ist weder für Thüringen noch für die Landkreise bekannt. Nach § 4 der Verbringungsverordnung müssen nur die Mengen der Düngerlieferung durch den Empfänger an die zuständige Landesbehörde gemeldet werden. Die aus den Niederlanden nach Thüringen importieren Mengen an organischen Düngestoffen sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich: Kalenderjahr Wirtschaftsdüngerart Kyffhäuserkreis Wartburgkreis Schmalkalden-Meiningen 2011 Hühnertrockenkot 616 Pelztierkot 1.237 608 Summe 2011: 1.853 608 2012 Geflügeltrockenkot 508 Hähnchenmist 416 Hühnerkot 391 Hühnertrockenkot 1.497 554 Pelztierkot 1.324 Summe 2012: 3.628 508 554 2013 Hähnchenmist 288 Hühnerkot 644 Hühnertrockenkot 1.518 62 Pelztierkot 1.131 Putenmist 1.411 Summe 2013: 4.992 62 Gesamtsumme: 10.473 1.116 616 Tabelle: Wirtschaftsdünger aus den Niederlanden (Menge in Tonnen Frischmasse) Zu 3.: Gülle aus den Niederlanden wurde nicht auf Flächen in Thüringen verbracht. Zu 4.: Nach Thüringen erfolgten keine weiteren Importe von organischen Düngestoffen aus anderen Ländern. Zu 5.: Gülle (gilt auch für Geflügel- und Pelztierkot) ist nach den Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 als Material der Kategorie 2 eingestuft. Das gilt auch für diese Düngemittel, die Rückstände von zugelassenen Stoffen (z. B. Antibiotika) enthalten. Entsprechend Artikel 48 Absatz 1 bedarf die Verbringung aber der Zustimmung des Bestimmungsmitgliedsstaates durch die zuständige Behörde, in Thüringen durch das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz. Das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz entscheidet, unter welchen Bedingungen solche Düngemittel verbracht werden dürfen. Die grundlegenden Anforderungen an das Material ergeben sich aus Anhang XI der Verordnung (EU) Nr. 142/2011. 3 Drucksache 6/24Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Im Rahmen einer Genehmigung werden u. a. nachfolgende Auflagen erteilt, um die Gefahr der Einschleppung von Infektionserregern zu minimieren: - Das Verbringen von Geflügel- und Pelztierkot darf nur unter der Bedingung erfolgen, dass beim Transport jeder Einzelsendung (z. B. LKW-Transport) ein vollständig ausgefülltes Handelspapier sowie eine vollständig ausgefüllte Veterinärbescheinigung entsprechend Anhang XI Kapitel 1 Abschnitt 1 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 mitgeführt wird. - Vor jedem Transport ist die Versendung vom Absender unter Nutzung des Standardformulars gemäß XVI Kapitel III Abschnitt 10 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 rechtzeitig per E-Mail beim Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz anzumelden. Letzterer Punkt stellt sicher, dass bei Ausbruch einer Krankheit im Herkunftsbetrieb bzw. -gebiet der Transport umgehend verhindert werden kann. Gülle und ähnliche Düngestoffe, die z. B. nicht zugelassene Arzneimittel enthalten würden, wären gemäß Artikel 8 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 als Material der Kategorie 1 einzustufen und zwingend im Land der Entstehung unschädlich zu beseitigen (Artikel 12). Zu 6.: Im Rahmen der Amtlichen Düngemittelverkehrskontrolle (DVK) werden durch die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft in Absprache mit dem Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz Importe von Wirtschaftsdüngern beprobt. Gemäß Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (Düngemittelverordnung - DüMV) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2482) erfolgt die Untersuchung der folgenden Parameter: - Hauptnährstoffe: Stickstoff, einschließlich Ammonium- und Nitratanteil, Phosphor, Kali, Magnesium - Spurennährstoffe: Kupfer, Zink, Eisen, Mangan, Molybdän, Kobalt, Bor - Salmonellen und Schadstoffe: Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Nickel, Quecksilber, Thallium Zu 7.: Die Kontrollen werden auf der Grundlage eines jährlichen Kontrollprogramms durch Mitarbeiter der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft durchgeführt. Diese Kontrollen erfolgen in der Regel bei Anlieferung der Düngemittel bei den Landwirten, also vor Ausbringung der Düngemittel. Zu 8.: Die Novellierung der Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung - DüV) vom 10. Januar 2006 in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 2007 (BGBl. I S. 221) wird seit 2013 auf Arbeitsebene intensiv diskutiert. Deshalb haben bereits Arbeitsgruppen unter Leitung des Thünen-Instituts beraten und Vorschläge zur Novellierung erarbeitet. Im Herbst 2013 wurde ein Evaluierungsbericht des Thünen-Instituts dem zuständigen Bundesministerium vorgelegt. Die KOM fordert bei einer Novellierung der Düngeverordnung die Verlängerung der Sperrfristen, größere Abstandsregelungen bei Ausbringung von Düngemitteln an Oberflächengewässern, eine Erweiterung der Lagerkapazitäten und eine Reduzierung der betrieblichen Bilanzsalden. Aufgrund der Forderungen der KOM (Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegenüber der Bundesrepublik ) und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ist eine Novelle der Düngeverordnung aus Sicht der Landesregierung erforderlich. Zu 9.: Zurzeit liegt kein abgestimmter Regierungsentwurf vor. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/24 Nach dem jetzigen Kenntnisstand werden weitreichende Änderungen für eine novellierte Düngeverordnung erwartet. Das können folgende Regelungen sein: - Verlängerung der Sperrzeiten, - Erweiterung der Lagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger, - Verbesserung der Ausbringetechnik, - Verbreiterung der Gewässerrandstreifen ohne Düngung und - neuer Ansatz zur Düngebedarfsermittlung. Aufgrund der verkürzten Ausbringungsmöglichkeiten im Herbst und der daraus erforderlichen Erweiterung der Lagerkapazitäten wird ein erhöhter Investitionsbedarf beim Bau von Lagerraum notwendig sein. Auch die Anschaffung neuer Technik mit emissionsmindernden Ausbringegeräten wird für die landwirtschaftlichen Unternehmen als Investitionsschwerpunkt der nächsten Jahre erforderlich sein. Reinholz Minister Gülleimporte nach Thüringen Ich frage die Landesregierung: