06.07.2016 Drucksache 6/2402Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. Juli 2016 Gewalt gegen weibliche Asylbewerber Die Kleine Anfrage 1079 vom 11. Mai 2016 hat folgenden Wortlaut: Laut einer Meldung der Ostthüringer Zeitung vom 7. April 2016 häufen sich die Fälle, dass weibliche Asylbewerber in Frauenhäuser flüchten müssen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Zahlen liegen der Landesregierung über die Belegung von Frauenhäusern im Freistaat Thüringen durch Asylantragstellerinnen seit dem 1. Januar 2015 bis heute vor (bitte nach Jahr, Frauenhaus, Religions- und Staatsangehörigkeit der Frauen, Anzahl der Frauen und Belegungsquote des Frauenhauses insgesamt aufschlüsseln)? 2. Wie viele Fälle von Gewalt gegen Frauen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und den Not- und Gemeinschaftsunterkünften des Landes gab es seit dem 1. Januar 2015 bis heute (bitte nach Jahren und der jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtung, Not- und Gemeinschaftsunterkunft aufschlüsseln)? 3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um solchen Fällen vorzubeugen? 4. Besteht ein Vorrang für weibliche Asylbewerber mit Kindern bei der Zuteilung von Wohnungen (der dezentralen Unterbringung)? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 4. Juli 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Zur Beantwortung der Frage wird auf die untenstehende Übersicht der Landesarbeitsgemeinschaft Thüringer Frauenhäuser verwiesen, die anlässlich der vorliegenden Kleinen Anfrage erstellt worden ist. Die hierin enthaltenen Angaben basieren auf freiwilliger Erfassung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Religionszugehörigkeit wird überwiegend nicht erfasst, vereinzelt ist sie mit "muslimisch" angegeben. Bei der Auswertung der Statistik ist zu berücksichtigen, dass in 2016 aufgenommene Frauen gegebenenfalls auch bereits in 2015, das heißt über den Jahreswechsel hinaus aufgenommen worden sein können. Eine Addition der absoluten Zahlen kommt daher nicht ohne Weiteres in Betracht. Auch ein Rückschluss auf die K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2402 Gesamtauslastung der Frauenhäuser ist vorliegend aufgrund fehlender Validität nicht möglich. Zudem sind die Aufnahmezahlen in den Häusern wenig kalkulierbaren Schwankungen im Jahresverlauf unterworfen. Darüber hinausgehende statistische Erhebungen im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor. Frauenhäuser Belegung von Frauenhäusern Jahr Anzahl weiblicher Asylsuchender prozentualer Anteil an der Gesamtbelegung Staatsangehörigkeit Frauenschutzwohnung Altenburg 2015 5 5 Prozent Türkei, Serbien bis einschließlich 25.05.2016 2 10,0 Prozent Syrien, Serbien Frauenschutzwohnung Bad Langensalza 2015 2 11,1 Prozent Syrien, Eritrea bis einschließlich 25.05.2016 1 10,0 Prozent Eritrea Frauenhaus Eisenach 2015 0 bis einschließlich 25.05.2016 0 Frauenhaus Erfurt 2015 5 6,4 Prozent Albanien, Syrien, Somalia , Mazedonien bis einschließlich 25.05.2016 4 13,8 Prozent Kosovo, Albanien, Syrien Frauenhaus Gera 2015 1 2,85 Prozent Afghanistan bis einschließlich 25.05.2016 4 20,0 Prozent Syrien, Afghanistan Frauenhaus Gotha 2015 0 bis einschließlich 25.05.2016 0 Frauenhaus Jena 2015 2 5,0 Prozent Afghanistan, Serbien bis einschließlich 25.05.2016 5 31,0 Prozent Afghanistan, Syrien Frauenhaus Meiningen 2015 8 18,0 Prozent bis einschließlich 25.05.2016 5 22,0 Prozent Frauenhaus Rudolstadt 2015 0 bis einschließlich 25.05.2016 0 Frauenhaus Sonderhausen 2015 1 2,4 Prozent Türkei bis einschließlich 25.05.2016 1 10,0 Prozent Syrien Frauenhaus Weimar 2015 2 4,0 Prozent Syrien bis einschließlich 25.05.2016 2 15,0 Prozent Afghanistan, Syrien Frauenschutzwohnung Leinefelde 2015 1 3,33 Prozent Syrien bis einschließlich 25.05.2016 0 Quelle: Landesarbeitsgemeinschaft Thüringer Frauenhäuser 3 Drucksache 6/2402Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 2.: Für das Jahr 2015 sind in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 69 Rohheitsdelikte (Raub- und Körperverletzungsdelikte , Straftaten gegen die persönliche Freiheit) und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zum Nachteil von Frauen und Mädchen in den Tatörtlichkeiten Asylbewerberunterkünfte und Ausländerwohnheime erfasst. Diese Handlungen richteten sich gegen Opfer mit ausländischer Nationalität, von denen elf Minderjährige und 58 Erwachsene betroffen waren. Es kann sich dabei sowohl um Bewohnerinnen als auch um Besucherinnen der Unterkünfte handeln. Darüber hinaus ist eine Aufschlüsselung nach Erstaufnahmeeinrichtungen, Not- und Gemeinschaftsunterkünften des Landes, kommunaler Gemeinschaftsunterkünfte sowie dem Aufenthaltsstatus nicht möglich. Die Auflistung erfolgt deshalb nach Gemeinden: Gemeinde Fälle Bad Lobenstein 3 Bornhagen 1 Breitenworbis 1 Eisenberg 2 Erfurt 12 Gera 14 Gotha 3 Greiz 1 Hildburghausen 1 Hörselberg-Hainich 2 Mühlhausen/Thüringen 1 Neustadt an der Orla 3 Obermehler 1 Rudolstadt 2 Saalfeld/Saale 7 Schmölln 3 Sonneberg 2 Suhl 7 Waltershausen 2 Weimar 1 Für das Jahr 2016 liegen statistische Daten der PKS noch nicht vor. Zu 3.: In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes werden nach Möglichkeit spezielle Frauen- und Familienbereiche geschaffen. Die Umsetzbarkeit dieser Bereiche ist unter anderem von örtlichen Gegebenheiten abhängig und konnte in der Vergangenheit nicht stets realisiert werden. Besteht ein Beratungsbedarf für von sexueller Gewalt betroffene Frauen in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen , wird dieser vor Ort durch eine qualifizierte soziale Betreuung von vorrangig weiblichen Sozialbetreuern gedeckt. Sollte dem Beratungsbedarf nicht hinreichend durch die Mitarbeiter der Sozialbetreuung entsprochen werden können, wird auf spezielle Einrichtungen verwiesen sowie der entsprechende Kontakt hergestellt. Erlangt das Betreuungs- und/oder Wachpersonal in den Erstaufnahmeeinrichtungen über die besondere Schutzbedürftigkeit einer Person Kenntnis, wird dieser im Rahmen der örtlichen Möglichkeiten Rechnung getragen. Des Weiteren hat die Thüringer Polizei Leitlinien "Polizeiliche Maßnahmen in Fällen häuslicher Gewalt" erarbeitet , die in einem gesonderten Abschnitt "Maßnahmen bei Menschen mit Migrationshintergrund als Opfer" thematisieren. Polizeiliche opferorientierte Maßnahmen zum Schutz von Frauen umfassen unter anderem die Trennung von Opfern und Tätern, eine Kontaktaufnahme zu Institutionen wie beispielsweise Interventionsstellen , Frauenhäusern und der Migrationsbeauftragten, Hinzuziehen eines Dolmetschers sowie die Ausgabe von Informationsmaterialien. Gegenüber Tätern richten sich gefahrenabwehrende Maßnahmen wie Platzverweise und/oder Kontaktverbote. Ferner steht der Thüringer Polizei ein mehrsprachiger Flyer 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2402 zum Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" mit Hinweis zu Dolmetscherleistungen zur Verteilung in Asyl- und Flüchtlingseinrichtungen zur Verfügung. Polizeibeamtinnen und -beamte können zudem auf aktuelle Informationen und Präventionsmaterial zurückgreifen und an themenbezogenen Schulungen teilnehmen. Zu 4.: Die Landkreise und kreisfreien Städte sind verpflichtet, die auf Basis der Thüringer Flüchtlingsverteilungsverordnung vom Land zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen. Nach § 2 Abs. 3 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes sind insbesondere Alleinstehende mit Kindern sowie Familien für die Unterbringung in Einzelunterkünften vorgesehen. Die Landesregierung schätzt ein, dass die Landkreise und kreisfreien Städte diese Vorgaben einhalten. Belastbare statistische Erhebungen hierzu liegen der Landesregierung nicht vor. In Vertretung Dr. Albin Staatssekretärin Gewalt gegen weibliche Asylbewerber Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: