21.07.2016 Drucksache 6/2438Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 5. August 2016 Solidaritäts- und Unterstützeraktivitäten für den NSU in Thüringen? (Teil V) Die Kleine Anfrage 1116 vom 24. Mai 2016 hat folgenden Wortlaut: Seit der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 kommt es auch in Thüringen immer wieder zu Solidaritäts - und Unterstützeraktionen durch die rechte Szene für das Kerntrio und ihre Helfer. Besonders der ehemalige Jenaer NPD-Vorsitzende Ralf Wohlleben, welcher in München wegen Beihilfe zum Mord angeklagt ist und in Untersuchungshaft sitzt, rückt dabei immer wieder in den Fokus. Die Partei "DIE RECHTE" plante am Ort des "NSU-Prozesses", dem Oberlandesgericht München, am 3. März 2015 eine Solidaritätskundgebung unter dem Titel "Schluß mit dem 'NSU'-Schauprozeß - Freiheit für Ralf Wohlleben!". Wohlleben wird auch durch das neonazistische Netzwerk "Gefangenenhilfe" unterstützt, welches in Thüringen für ihn bereits Veranstaltungen durchführte und Gelder sammelte. Die Landesregierung hat bereits in den Drucksachen 5/4847, 5/5513, 5/6760 und 5/7705 Stellung zu Solidaritäts- und Unterstützeraktionen in Thüringen genommen, zuletzt in der Antwort auf eine Kleine Anfrage "Erneut NSU-Unterstützeraktivitäten in Thüringen ? (IV)", vergleiche Drucksache 5/7705 vom 25. April 2014. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche weiteren Unterstützungs- beziehungsweise Solidaritätshandlungen für den NSU beziehungsweise dessen mutmaßliche Unterstützer sind der Landesregierung in Thüringen seit der Drucksache 5/7705 vom 25. April 2014 bekannt geworden (bitte tabellarische Einzelauflistung nach Datum, Ort und Aktion; sofern bekannt Verantwortliche, gegebenenfalls Anzahl der Beteiligten und bei Propagandaaktionen , Transparenten, Graffitis et cetera grober Inhalt)? 2. Sind der Landesregierung zwischenzeitlich weitere entsprechende Äußerungen beziehungsweise Solidaritätsaufrufe für den NSU beziehungsweise dessen mutmaßliche Unterstützer mit Thüringenbezug im Internet (Webseiten, Soziale Netzwerke, E-Mail-Rundschreiben, Twitter et cetera) bekannt geworden? Wenn ja, um welche handelt es sich (bitte tabellarische Einzelauflistung)? 3. Welche weiteren Kenntnisse hat die Landesregierung seit der Drucksache 5/7705 vom 25. April 2014 zu Ermittlungsverfahren aufgrund von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Solidaritäts - und Unterstützeraktionen der neonazistischen Szene für Angehörige des NSU oder mutmaßlichen Unterstützern? 4. Liegen der Landesregierung darüber hinaus Hinweise zu geplanten Aktivitäten in Thüringen vor, die als Unterstützungs- oder Solidaritätsaktionen für den NSU und dessen mutmaßliche Helfer gewertet werden können, wenn ja, um welche handelt es sich? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2438 5. Welche Informationen liegen der Landesregierung zu den Hintergründen einer Brandstiftung vom 7. September 2013 in Ichtershausen vor, die nach Angaben der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 18/2166 im Zusammenhang mit dem NSU eingeordnet wurde? 6. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung über die Vereinigung "Gefangenenhilfe" vor, die auch in Thüringen aktiv wird, insbesondere zu Veranstaltungen, Spendensammlungen und möglicherweise aus Thüringen stammende Verantwortungsträger? 7. Welche Aktivitäten der "Gefangenenhilfe" für mutmaßliche NSU-Helfer sind der Landesregierung bekannt? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregandesregierung wie folgt: Zu 1.: Die in der Anlage* aufgeführten Aktivitäten werden als "herausgehobene" Unterstützungs- beziehungsweise Solidaritätshandlungen im Sinne der Fragestellung gewertet. Darüber hinaus sind weitere Solidaritätshandlungen erfolgt. So wurden im angefragten Zeitraum eine Vielzahl von Solidaritätsbekundungen in den sozialen Medien, wie z. B. bei Facebook und Twitter, bekannt, die sich im Wesentlichen der bekannten "Freiheit-für-Wolle"- Kampagne bedienen. Ebenso konnten wiederholt im Rahmen rechtsextremistischer Aktivitäten T-Shirts mit dem "Freiheit-für-Wolle"-Slogan bei Szeneangehörigen festgestellt werden. Des Weiteren kam es bei verschiedenen rechtextremistischen Konzertveranstaltungen und Liederabenden zu Spendensammlungen für "inhaftierte Kameraden" oder sie wurden direkt als Solidaritätsveranstaltungen zum Zweck einer Spendensammlung beworben. Bei einigen war auch für Ralf Wohlleben bzw. seine Angehörigen gesammelt worden. Bei anderen Aktivitäten war dieser Bezug nicht unmittelbar erkennbar. Zu 2.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Eine statistische Aufbereitung dieser Solidaritätsbekundungen erfolgte jedoch nicht. Zu 3.: Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Zu 4.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Darüber hinaus liegen derzeit keine weiteren Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Zu 5.: Der betreffende Vorfall ereignete sich am 6. oder 7. September 2013 in der Gemeinde Amt Wachsenburg, Ortsteil Bittstädt. Dort wurde ein Plakat der Partei DIE LINKE in Brand gesetzt und auf einem geparkten Fahrzeug abgelegt. Am Fahrzeug entstand kein Sachschaden. Die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung führten nicht zur Feststellung von Tatverdächtigen. Daraufhin wurde das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Erfurt am 4. November 2013 eingestellt. Das Fahrzeug wurde durch ein Mitglied des Thüringer Landtags und des Thüringer Untersuchungsausschusses 5/1 "Rechtsterrorismus und Behördenhandeln " (NSU-Untersuchungsausschuss) genutzt. Zu 6.: Bei der Vereinigung "Gefangenenhilfe", welche sich unter einer gleichnamigen Internetseite präsentiert, handelt es sich um einen in Schweden eingetragenen Verein. Die "Gefangenenhilfe" sieht sich als Plattform zur "Vorbeugung, Betreuung, Direkthilfe und Wiedereingliederung" von Häftlingen. Ziel ist es nach eigenen Angaben, Familien während der Haftzeit zu betreuen sowie auch den Häftlingen selbst in der Haftanstalt Unterstützung anzubieten. Die "Gefangenenhilfe" betreibt regelmäßig Informationsstände bei rechtsextremistischen Veranstaltungen, insbesondere bei Konzerten. Im Rahmen dieser Stände werden auch Spenden gesammelt. Eigene Veranstaltungen der "Gefangenenhilfe" in Thüringen sind bislang nicht bekannt geworden. 3 Drucksache 6/2438Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Es ist bekannt, dass Rechtsextremisten aus Thüringen mit der "Gefangenenhilfe" sympathisieren und sich auch für den Verein engagieren. Es liegen jedoch keine Erkenntnisse vor, dass diese Personen als "Verantwortungsträger " innerhalb der Organisation agieren. Zu 7.: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 6 verwiesen. In Vertretung Götze Staatssekretär Anlage 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2438 Anlage zur Antwort auf die Kleine Anfrage 1161 der Abgeordneten König (DIE LINKE) "Solidaritäts- und Unterstützeraktivitäten für den NSU in Thüringen (Teil V)" Datum Ort Aktion Verantwortliche 27.02.2014 München Laut Presseberichten nahmen mehrere Neonazis aus Kahla als Zuschauer an dem NSU-Prozess teil. Einer habe unter der Jacke ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Freiheit für Wolle" getragen. Rechtsextremisten 01.03.2014 vermutlich Region Saalfeld-Rudolstadt Der "Gefangenenhilfe-Freundeskreis" bei Facebook berichtete, dass "Kameraden aus Thüringen" einen "Geburtstagsballadenabend für unseren inhaftierten Freund W." organisierten. Die Musiker spielten demnach ohne Gagen und "für den guten Zweck". Es sei "fleißig" Geld für den Inhaftierten und seine Familie gesammelt worden . Zudem habe es eine Versteigerung speziell bedruckter Tragetaschen gegeben. Rechtsextremisten (vermutlich "Gefangenenhilfe ") 17.05.2014 Kirchheim Konzert mit 225 Teilnehmern: Die von einem Thüringer Rechtsextremisten organisierte Veranstaltung stand unter dem Motto: "Aftershow-Party - Support the POWs!!!". Die Gesamtumstände deuten auf eine Solidaritätsveranstaltung u. a. für Ralf Wohlleben hin. Rechtsextremisten 21.06.2014 Jena Laut Internetverlaufsbericht wurde bei der Sonnenwendfeier eine Schweigeminute durchgeführt. Dabei soll an die "Ahnen, an die verstorbenen Kämpfer für ein besseres Deutschland, wie etwa Rieger und Priebke" gedacht worden sein. "Natürlich auch eingeschlossen war unser Kamerad Wolle, der leider nicht bei uns sein konnte." Freies Netz Jena 22.06.2014 Internet Das FN Jena berichtet auf seiner Homepage unter der Überschrift "Märchenstunde in Jena - Vertuschung der wahren Probleme " über die vom 19. bis 27.Juni 2014 in der FSU Jena aufgebaute Ausstellung "Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen". Das FN Jena fordert darin : "FREIHEIT FÜR WOLLE!" Freies Netz Jena 06.12.2014 Internet Das FN Jena veröffentlichte auf seiner Homepage einen Artikel unter der Überschrift "Vergesst die inhaftierten Kameraden nicht!" Darin wird an das bevorstehende "Julfest" erinnert, welches nicht alle im Kreis ihrer Familie verbringen könnten. Es gäbe "viele Mitstreiter und Kameraden, die diese Zeit in den Kerkern dieses Unrechtsstaates sitzen…." Am Ende des Artikels wird u. a Ralf Wohlleben genannt. Freies Netz Jena 5 Drucksache 6/2438Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Datum Ort Aktion Verantwortliche 21.12.2014 Raum Jena/Kahla Laut Eigenangabe auf der Homepage des FN Jena fand eine Wintersonnenwendfeier mit über 20 Kameraden statt. Bei der Schweigeminute für "unsere gefallenen Soldaten beider Kriege" habe man "natürlich " auch den inhaftierten Kameraden, Freunden und Familienmitgliedern gedacht . In diesem Zusammenhang sei der Ruf "Freiheit für Wolle!" erneuert worden. Freies Netz Jena 09.01.2015 München Das FN Jena veröffentlichte am 9. Januar 2015 auf seiner Homepage einen Aufruf der Partei "Die Rechte" zu einer Protestkundgebung am 3. März 2015 in München. Freies Netz Jena 21.06.2015 "Umland von Jena" (vermutlich Kahla) Laut dem auf der Homepage des FN Jena eingestellten Verlaufsberichts zur Sommersonnenwendfeier sei u.a. des inhaftierten "Wolle" gedacht worden. Freies Netz Jena 16.12.2015 Internet Das FN Jena twitterte "#Freiheit für #Wolle !" und verlinkte dazu einen Artikel eines Ostthüringer Rechtsextremisten auf dessen blog.1 Darin wirft er den Mitangeklagten Feigheit vor und steht nach wie vor voll und ganz hinter WOHLLEBEN. Er beendet seine Ausführungen mit den Worten: "UN- SERE SOLIDARITÄT IST SEIN SCHILD! - SEINE TREUE SEIN SCHWERT! FREI- HEIT FÜR WOLLE!!!" Rechtsextremist, Freies Netz Jena 26.02.2015 Jena Das FN Jena führte laut Eigenangabe eine Flugblattaktion anlässlich Wohllebens Geburtstag durch und gratulierte ebenfalls via Twitter. Freies Netz Jena 12.03.2016 Kirchheim Im Veranstaltungsraum eines Konzertes in Kirchheim befand sich ein Banner mit der Aufschrift "Freiheit für Wolle!" Rechtsextremist Juni 2016 Internet Der Germaniaversand bietet im Internet das schwarze "Freiheit-für-Wolle"-T-Shirt zum Kauf an. Es wird beworben mit "Solidarität ist eine Waffe! Freiheit für Wolle!" Germaniaversand Endnote: 1 Vergleiche http://abger79.blogspot.de/2015/12/der-wahrheit-eine-gasse.html. Solidaritäts- und Unterstützeraktivitäten für den NSU in Thüringen? (Teil V) Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Anlage Endnote: