02.08.2016 Drucksache 6/2470Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. August 2016 Mehrwertsteuererstattung an private Arbeitsvermittler Die Kleine Anfrage 1175 vom 16. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil XI R 35/13 vom 29. Juli 2015 Steuererstattungsansprüche von privaten Arbeitsvermittlern neu definiert. Nach besagtem Urteil können Vermittlungsleistungen gegenüber Arbeitsuchenden mit einem sogenannten Vermittlungsgutschein durch private Arbeitsvermittler umsatzsteuerfrei erbracht werden. Die bisher zusätzlich zu zahlende Mehrwertsteuer muss von den Finanzämtern erstattet werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wann wird die Entscheidung des Bundesfinanzhofs nach Kenntnis der Landesregierung im Gesetz festgeschrieben und ist damit auch für die Finanzämter bindend? 2. Wieso besteht nach Kenntnis der Landesregierung eine so große Zeitdiskrepanz zwischen dem abschließenden Urteil aus dem Juli 2015 und der Umsetzung respektive Institutionalisierung im Gesetz? 3. Wann ist mit der Umsetzung des Urteils XI R 35/13 zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer für private Arbeitsvermittler in Thüringen zu rechnen? 4. Wie hoch sind die Kosten dieser Verzögerung für den Landeshaushalt? Das Thüringer Finanzministerium hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 1. August 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 29. Juli 2015, XI R 35/13, entschieden, dass eine private Arbeitsvermittlerin, die in den Jahren 2004 bis 2006 Vermittlungsleistungen an Arbeitsuchende mit einem Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III erbracht und ihr Honorar deshalb unmittelbar von der Bundesagentur für Arbeit erhalten hat, eine "anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter" ist und sich mangels Steuerbefreiung im deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) unmittelbar auf die Steuerbefreiung des EU- Rechts berufen kann. Seit 2015 kommt es auf diese Berufungsmöglichkeit nicht mehr an, weil Arbeitsvermittlungsleistungen an Arbeitsuchende nunmehr durch die Neuregelung im § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG als steuerfrei behandelt werden. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Finanzministeriums 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2470 Für die Jahre vor 2015 wird die oben angeführte BFH-Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf das nationale Umsatzsteuerrecht derzeit durch das Bundesfinanzministerium und die obersten Finanzbehörden der Länder erörtert und das weitere Verfahren abgestimmt. Dies beruht unter anderen darauf, dass sich zum 1. April 2012 die maßgeblichen sozialrechtlichen Regelungen im SGB III geändert haben und daher zu klären ist, wie sich die BFH-Rechtsprechung (Streitjahre 2004 bis 2006) auf die verschiedenen Zeiträume (vor und nach dem 1. April 2012) auswirkt. Hierbei wird auch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales mitwirken. Solange das Urteil noch nicht veröffentlicht worden ist, sind die Finanzämter an diese Rechtsprechung auch noch nicht gebunden (vergleiche dazu auch die Antwort zur Frage 2). Zu 2.: Über die amtliche Veröffentlichung von Urteilen des BFH im Bundessteuerblatt Teil II entscheiden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. Denn die Veröffentlichung hat zur Folge, dass die Finanzämter die Grundsätze des betreffenden Urteils auch in allen gleichgelagerten Fällen - also über den entschiedenen Einzelfall hinaus - anzuwenden haben. Bedeutsame Entscheidungen mit erheblichen Auswirkungen (wie hier im Falle der privaten Arbeitsvermittler) erfordern häufig eine umfangreichere Prüfung und Abstimmung, so dass die Entscheidung über die amtliche Veröffentlichung einige Zeit in Anspruch nimmt. Da - wie bereits in der Antwort zur Frage 1 dargestellt - eine umfassende Erörterung und Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern erforderlich ist, bedarf es hierfür naturgemäß auch eines längeren Zeitraums. Zu 3.: Für die Umsatzsteuer gelten bundeseinheitliche Grundsätze. Sobald die Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene abgeschlossen ist, wird das Ergebnis auch in Thüringen zur Anwendung kommen. Ein genauer Zeitpunkt kann noch nicht benannt werden. Zu 4.: Da es sich um ein übliches Erörterungs- und Abstimmungsverfahren auf Bund-Länder-Ebene handelt, kann von einer "Verzögerung" derzeit nicht gesprochen werden. Im Falle von Steuererstattungen gelten im Übrigen die Verzinsungsregelungen der Abgabenordnung. Ob und wenn ja, in welcher Höhe Zinsen anfallen, kann gegenwärtig nicht gesagt werden. Taubert Ministerin Mehrwertsteuererstattung an private Arbeitsvermittler Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: