03.08.2016 Drucksache 6/2473Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 16. August 2016 Entwicklung der Thüringer Kultur- und Kreativwirtschaft - Teil 1 Die Kleine Anfrage 1167 vom 8. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein nicht zu vernachlässigender wirtschaftlicher und kreativer Sektor für Thüringen. Sie bedeutet Innovation und Fortschritt, da durch kreative Herangehensweisen komplexe Problemstellungen gelöst werden können. Mit den in der Vergangenheit entwickelten Maßnahmen, Strategien und Handlungsempfehlungen sollte die Kreativwirtschaft weiter gestärkt und entwickelt werden. Diese wurden in dem im Jahr 2009 veröffentlichten "1. Kulturwirtschaftsbericht Thüringen" und dem von der Landesregierung im Jahr 2011 in Auftrag gegebenen Bericht "Kreativwirtschaft in Thüringen - Lage, Ansatzpunkte, Empfehlungen" entwickelt und erarbeitet. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung und Stellung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Thüringen ? 2. Wie hat sich die Beschäftigtenzahl in den einzelnen Teilmärkten der Thüringer Kultur- und Kreativwirtschaft in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte einzeln auflisten, wenn möglich)? 3. Welche Alleinstellungsmerkmale beziehungsweise standortspezifischen Stärken der Thüringer Kulturund Kreativwirtschaft sieht die Landesregierung und wie können diese stärker befördert werden? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Maßnahmen und Handlungsoptionen aus dem Bericht: "Kreativwirtschaft in Thüringen - Lage, Ansatzpunkte, Empfehlungen" und ihren Umsetzungsstand (bitte einzeln auflisten, wenn möglich)? 5. Wie bewertet die Landesregierung die Maßnahmen und Handlungsempfehlungen aus dem "1. Kulturwirtschaftsbericht Thüringen" und ihren Umsetzungsstand (bitte einzeln auflisten, wenn möglich)? 6. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Landesregierung hilfreich, die Kultur- und Kreativwirtschaft besonders im ländlichen Raum sowie abseits der Städte Erfurt, Weimar und Jena zu stärken? 7. Konnte die regionale, nationale und internationale Außenwahrnehmung der Thüringer Kreativwirtschaft durch eine mögliche Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus den Berichten erhöht werden? An welchen Kriterien macht die Landesregierung das fest und wie wird diese Entwicklung bewertet? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Mitteldorf (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2473 Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 1. August 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Unter der Bezeichnung Kultur- und Kreativwirtschaft werden in der Wirtschaftspolitik diejenigen erwerbswirtschaftlich orientierten Unternehmen zusammengefasst, die kulturelle bzw. kreative Güter oder Leistungen herstellen und/oder verbreiten. Die Zuordnung erfolgt dabei nicht in jedem Fall eindeutig. Vielmehr verbleiben zahlreiche Bezüge zu anderen Wirtschaftsbranchen. Charakteristisch für die Kultur- und Kreativwirtschaft ist auch die enge Verbindung der Unternehmen zu anderen Branchen als Bestandteil von Wertschöpfungsbeziehungen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche resultiert nicht zuletzt aus dieser engen Einbeziehung in Wirtschaftssysteme und Wertschöpfungszusammenhänge. Die Bedeutung der Branche innerhalb der Thüringer Wirtschaft ergibt sich deshalb auch nicht allein aus den unmittelbar aus den branchenangehörigen Unternehmen ableitbaren Daten zu Umsatz und Beschäftigung, sondern insbesondere aus den Wertschöpfungsbeiträgen , welche die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft mit ihren Produkten und Dienstleistungen für andere Unternehmen ermöglichen. Zu 2.: Daten zur Zahl der Beschäftigten in den der Kultur- und Kreativwirtschaft zugeordneten Unternehmen werden durch die Landesregierung nicht kontinuierlich erhoben. Der Potenzialanalyse für die Kreativwirtschaft in Thüringen, die im Jahr 2011 angefertigt wurde, lagen vollständige Datensätze für das Jahr 2008 zugrunde. Demnach stellte sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (ohne geringfügig Beschäftigte) wie folgt dar: Musikwirtschaft: 325 Buchmarkt: 555 Kunstmarkt: 61 Filmwirtschaft: 425 Rundfunkwirtschaft: 117 Markt für Darstellende Kunst: 302 Designwirtschaft: 913 Architektenmarkt: 1.235 Pressemarkt: 1.994 Werbemarkt: 1.155 Software-/Games-Industrie: 2.824 Zu 3.: Wirtschaftlich relevante Schwerpunkte bilden die Bereiche Software, Medien (Print und audiovisuelle Medien) und Gestaltung. Standortspezifische Stärken ergeben sich insbesondere dort, wo Unternehmen aus der Kultur - und Kreativwirtschaft Leistungen (Produkte, Dienstleistungen) im Kontext der Digitalisierung erbringen. Befördert werden können diese Dienstleistungs- und Wertschöpfungsbeziehungen vor allem durch die Vernetzung von Unternehmern unterschiedlicher Branchen bei der gemeinsamen Erarbeitung von Produkten bzw. Erbringung von Dienstleistungen. Hier setzt die Arbeit des von der Landesregierung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Landesmitteln geförderten Projekts "Thüringer Agentur für Kreativwirtschaft " maßgeblich an, indem für Unternehmen Angebote zur branchenübergreifenden Vernetzung geschaffen und das Leistungsspektrum kreativwirtschaftlicher Unternehmen transparent gemacht werden. Den Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft wurde zudem Zugang zu allen relevanten Förderangeboten im Bereich der einzelbetrieblichen Wirtschaftsförderung eröffnet. Zu 4.: In der im Jahr 2011 vorgestellten "Potenzialanalyse Kreativwirtschaft in Thüringen" wurde festgestellt, dass im Zeitpunkt der Erstellung des Berichts bei den der Branche zugeordneten Unternehmen nur ein geringes Branchenbewusstsein ausgeprägt war. Zudem wurde dem Standort Kreativitätspotenzial, aber noch keine kritische Masse in einem bestimmten Teilbereich der zur Kultur- und Kreativwirtschaft zusammengefass- 3 Drucksache 6/2473Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ten Wirtschaftsfelder festgestellt, die im Rahmen einer Wachstumsstrategie weiter gehoben werden könnte . Deshalb wurde in der Potenzialanalyse für die Kreativwirtschaft zunächst eine sogenannte Seed-Phase vorgeschlagen, die dem Experiment und der Identifizierung von künftigen Schwerpunkten dienen sollte. Auf diese erste Phase der Stärkung der Branche zielten die fünf vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen: 1. Gründung einer Thüringer Agentur für die Kreativwirtschaft, 2. Räume schaffen für die Kreativwirtschaft, 3. Wettbewerbe initiieren und neue Marktzugänge eröffnen, 4. Thüringer Kreativ-Scouts als Maßnahme zur Einbindung von Studierenden, 5. ein kreativwirtschaftliches Expertentreffen initiieren. Die Maßnahmen wurden wie folgt umgesetzt: Zu Nummer 1: Es wurde eine Thüringer Agentur für die Kreativwirtschaft als Projekt eingerichtet. Nach einer Modellprojektphase vom 1. Dezember 2011 bis 30. Juni 2015 wurde nunmehr für den Zeitraum vom 1. September 2015 bis 30. Juni 2019 ein Projekt eingerichtet, das aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert wird. Zu Nummer 2: Es werden durch die Thüringer Agentur für die Kreativwirtschaft Initiativen beratend begleitet, die sich mit der Schaffung von Arbeitsräumen für Akteure der Branche beschäftigen. Darüber hinaus wurde mit der Errichtung der Bauhaus FACTORY Weimar ein Gewerbe- und Gründerzentrum geschaffen, dass speziell auf die Bedürfnisse von jungen Unternehmen aus dem Bereich der Kreativwirtschaft zugeschnitten ist. Zu Nummer 3: Es wurde mit dem Thüringer Kreativradar ein Wettbewerbsformat entwickelt, mit dem insbesondere die Sichtbarkeit der Branche verbessert werden soll. Zudem wurde die einzelbetriebliche Außenwirtschaftsförderung für die Unternehmen der Branche geöffnet und mit dem Thüringer Gemeinschaftsstand auf der Frankfurter Buchmesse Unternehmen aus dem Verlags- und Medienbereich eine Teilnahme an der weltweit größten Branchenmesse eröffnet. Zu Nummer 4: Die Handlungsempfehlung wurde nach Prüfung nicht zur Umsetzung übernommen. Zu Nummer 5: Die Landesregierung fördert das Projekt digital bauhaus summit. Die international orientierte Veranstaltung hat sich als Expertentreffen zu Fragen der kreativen Ökonomie und ihren Bezügen zur Gesellschaft entwickelt. Zu 5.: Mit dem ersten Kulturwirtschaftsbericht ging es in Thüringen um eine Ortsbestimmung der Kulturwirtschaft im Kontext der öffentlich geförderten Kultur. Für diese Untersuchung wurde das "Drei- bzw. Vier-Sektoren- Modell" des Kultursektors herangezogen. Darüber hinaus wurden als Thüringer Besonderheiten das Kulturtourismuspotenzial der Residenzstadtkultur sowie die Entwicklung zum Kindermedienland untersucht. Vor diesem Hintergrund und der damit verbundenen Fragestellungen wurde der erste Kulturwirtschaftsbericht Thüringen strukturiert. Die Maßnahmen und Handlungsempfehlungen folgen dieser Struktur. Zum Umsetzungsstand ist festzustellen: Stärkung der Kulturwirtschaft Zur Umsetzung der Empfehlungen zur Stärkung der Kulturwirtschaft wurde als ein grundlegender Schritt die Zuständigkeit für die Kultur- und Kreativwirtschaft sowie die notwendigen Verwaltungsstrukturen im Wirtschaftsressort verortet. Damit konnte, wie im Kulturwirtschaftsbericht empfohlen, zugleich die Voraussetzung geschaffen werden, um die spezifischen kulturwirtschaftlichen Erfordernisse in Bezug auf Wirtschaftsförderinstrumente , Branchennetzwerke, teilmarktbezogene Orientierungs- und Einsteigerveranstaltungen, Existenzgründungen, Coachings oder die Unterstützung auf Auslands- und Inlandsmessen gezielt aufeinander abstimmten und weiterentwickeln zu können. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2473 Stärkung der öffentlich geförderten Kultureinrichtungen durch Anerkennung ihrer wirtschaftlichen Bedeutung Als essentieller Beitrag und wesentliche Grundlage zur weiteren positiven Entwicklung der Kulturwirtschaft in Thüringen, konnte das hohe Niveau der Kulturförderung in Thüringen gehalten bzw. verstärkt und damit einer zentralen Feststellung und Empfehlung des ersten Kulturwirtschaftsberichtes Rechnung getragen werden. Entsprechend der durch den 1. Kulturwirtschaftsbericht bestätigten hohen Tourismusrelevanz von Kultureinrichtungen und Kulturangeboten, die über ihre Kernrelevanz hinaus, auch für die Tourismuswirtschaft bedeutsam sind, zählt die Kultur nunmehr im Rahmen des Landestourismuskonzeptes zu den Topthemen mit eigener Kulturtourismuskonzeption. Das Prinzip der kulturellen Leuchttürme als Frequenzerzeuger nimmt darin eine zentrale Stellung ein. Zum Beispiel nehmen die Einrichtungen der Klassik Stiftung Weimar und der Stiftung Schloss Friedenstein inzwischen die Funktion als kulturtouristische Netzknoten wahr, über die andere Kultureinrichtungen im Rahmen der entsprechenden Marketings vom Kosmos Weimar und Universum Gotha profitieren. Die Entwicklung von Kulturportalen soll diese Möglichkeiten künftig noch verstärken und erweitern. Thüringer Residenzstädte: nachhaltige bundesweite kulturtouristische Positionierung möglich Die Empfehlungen, dem Kulturtourismus einen vergleichbaren Stellenwert wie dem Natur- und Erholungstourismus einzuräumen, ihn stärker mit dem Naturtourismus zu vernetzen und Vermarktungsstrategien zur Förderung des Kulturtourismus zu entwickeln, wurden mit dem Kulturtourismuskonzept für Thüringen aufgegriffen und weiterentwickelt. Die Empfehlung, die Thüringer Residenzstadtkultur als städtetouristische Marke zu positionieren, wurde in ihrer Engführung auf Thüringer Residenzstädte dagegen nicht weiterverfolgt, sondern im Rahmen der Kulturtourismuskonzeption in das breiter angelegte Kernthema Kultur und Städte einbezogen. Die kulturtouristischen Angebote der Residenzstädte gehen in den Thüringer Städtetourismus ein bzw. wie oben beschrieben im Leuchtturmprinzip auf. Thüringen auf dem Weg zum Kindermedienstandort Europas Den Empfehlungen, die Kreativen im Medienbereich stärker an Thüringen zu binden und die Erschließung zur Nutzung der Ausbildungspotenziale, wurde durch die Erweiterung der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln des Freistaats Thüringen zur kulturellen Filmförderung und zur Medienförderung im audio-visuellen Bereich zum 1. Januar 2015 Rechnung getragen. Hierdurch werden nun stärker als zuvor crossmediale Projekte, von der Drehbucherstellung bis hin zur Webbetreuung der Angebote, in die Förderung einbezogen. Auch wurden die Kategorien des Kindermedienfestivals "Goldener Spatz" entsprechend der neuen Entwicklungen am Kindermedienmarkt angepasst, um auch dem Games-Sektor und dem Bereich der Kinderwebseiten entsprechenden Raum zu bieten. Weiterhin werden attraktive Weiterbildungsangebote von Thüringer Hochschulen und von Firmen sowohl finanziell als auch redaktionell unterstützt. Für das Standortmarketing ist besonders die Initiative "Fernsehen aus Thüringen" hervorzuheben. Hierbei wird seit 2014 die Entwicklung von Kinderserienformaten unterstützt, deren Umsetzung an den Standort Thüringen gebunden ist. Die in Erfurt ansässige und ebenfalls durch die oben genannte Richtlinie geförderte Außenstelle der MDM Film Kommission leistet einen wichtigen Beitrag, um die geeigneten Sets für geplante Projekte in Thüringen zu finden. Für den Ausbau der europäischen Märkte wird weiterhin mit ausgewählten Veranstaltungen in Europa zusammen gearbeitet, um den Thüringer Standort weiter bekannt zu machen. Zu 6.: Die Unternehmen, die der Kultur- und Kreativwirtschaft zugerechnet werden können, sehen sich als Unternehmen den gleichen Herausforderungen gegenüber, die auch Unternehmen anderer Branchen zu bewältigen haben. Die Öffnung der bestehenden Wirtschaftsförderprogramme für die Unternehmen der Kulturund Kreativwirtschaft war deshalb ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Branche. Im Übrigen bestehen die Herausforderungen für die jeweiligen Unternehmen ungeachtet des Unternehmenssitzes . Außerhalb der urbanen Zentren in Thüringen kommt es für die Unternehmen insbesondere auf einen ausreichenden Zugang zu Infrastrukturen an, wozu inzwischen auch ein Zugang zu hochbitratigen Internetanschlüssen gehört. Der von der Landesregierung geförderter Ausbau der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum ist deshalb auch ein Beitrag zur Unterstützung der Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft. 5 Drucksache 6/2473Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 7.: Dazu wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Die Möglichkeit zur Förderung von Teilnahmen an Auslandsmessen und an internationalen Messen im Inland, der Thüringer Gemeinschaftsstand auf der Frankfurter Buchmesse sowie der digital bauhaus summit als international orientiertes Format zielen darauf ab, die Außenwahrnehmung der Branche zu verbessern. Der digital bauhaus summit wird ausweislich der Teilnehmer und der nachweisbaren medialen Resonanz national und international wahrgenommen und sorgt für eine besondere Standortwahrnehmung. In Vertretung Hoppe Staatssekretär Entwicklung der Thüringer Kultur- und Kreativwirtschaft - Teil 1 Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: