10.08.2016 Drucksache 6/2498Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 25. August 2016 Ortung mehrerer Kampfmittelverdachtspunkte im Jonastal Die Kleine Anfrage 1163 vom 15. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: Wie aus dem Thüringen Journal vom 10. Mai 2016 und der Thüringer Allgemeinen vom 11. Mai 2016 zu entnehmen ist, ist das Thema Atombomben im Jonastal wieder aktuell. Ein beratender Ingenieur für Kampfmittel , Altlasten und Sicherheit hat mit einem neuen Messverfahren (Bodenradar- und Geoelektronikmessungen ) und aufgrund historischer Daten nun fünf Kampfmittelverdachtspunkte in einer Tiefe von 18 Metern aufgefunden. Diese liegen alle im Trinkwasserschutzgebiet der Stadt Arnstadt. Selbst wenn es sich hierbei nur um Ölfässer á 200 Liter handeln sollte, so wäre ein Verrosten des Stahlmantels verheerend für die Trinkwasserversorgung von Arnstadt und Umgebung. Wenn radioaktives Material in das Trinkwasser gelangen sollte, so würde die Gesundheit tausender Bürger gefährdet, die mit diesem Wasser versorgt werden. Dieser Fund wurde nach meiner Kenntnis dem Freistaat Thüringen zu Händen Herrn Minister Dr. Poppenhäger bereits am 23. Januar 2015 schriftlich angezeigt. Weiterhin wurden nach meiner Kenntnis gemäß § 2 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel vom 26. September 1996 die Polizeistation Arnstadt am 12. Januar 2016, die Ordnungsbehörde des Ilm-Kreises am 13. Januar 2016, das Ordnungsamt der Stadt Arnstadt am 13. Januar 2016 und das Landesverwaltungsamt am 17. Januar 2016 schriftlich mit entsprechenden Unterlagen informiert. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Entscheidungen hat die Landesregierung bisher getroffen, um hier diesen Verdachtsmomenten nachzugehen beziehungsweise das Risiko der Gefährdung von Leib und Leben ausschließen zu können (diese bitte auflisten nach Datum und Umfang der Aktivität)? 2. Welche Aktivitäten in diesem Zusammenhang haben die anderen Behörden entwickelt, welche der Landesregierung bekannt sind (diese bitte auflisten nach Behörde, Datum und Umfang der Aktivität)? 3. Üblicherweise werden in anderen Bundesländern Störkörper dieser Art nach vier bis sechs Stunden geborgen , identifiziert und entschärft. Warum ist dies bisher in Thüringen noch nicht passiert? 4. Warum wurde von Seiten des Ministeriums bisher noch kein Vororttermin am direkten Fundort mit dem Diplom-Ingenieur für Kampfmittel durchgeführt? 5. Welche Sprengkraft haben die georteten Objekte? Sofern die Landesregierung von keiner Sprengkraft ausgeht, wie kommt es zu dieser Entscheidung? 6. Welche Spezialfirmen wurden bisher wann beauftragt, um hier eine Prüfung vorzunehmen (bitte auflisten)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2498 7. Nach welchen Kriterien/Qualifikation wurden die beauftragten Spezialfirmen ausgewählt beziehungsweise sind diese in der Lage, eine Überprüfung bis in 18 Meter Tiefe vorzunehmen (bitte auflisten)? 8. Welche Ergebnisse wurden nach der Untersuchung des Fundorts durch die Spezialfirmen der Landesregierung zur Entscheidungsfindung vorgelegt (bitte auflisten)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 9. August 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkungen: Der Kleinen Anfrage liegt, wie auch der Kleinen Anfrage 1159, eine umfängliche Medienberichterstattung zugrunde. Demnach sei von privaten Sondengängern aufgrund historischer Analysen und Bodenkartierungen der Nachweis erbracht worden, dass am Standort Jonastal fünf "nukleare Sprengsätze" (in den Presseberichterstattungen als "Atombomben" bezeichnet) vorhanden seien. In zeitlich größeren Abständen wird dem Standort Jonastal eine Nuklearhistorie nachgesagt, wobei die agierenden Personen stets die gleichen sind. Aus Sicht des für Atomrecht zuständigen Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz, entbehren diese Behauptungen allesamt jeglicher Grundlage. So unterrichtete bereits im Jahr 2008 die Landesregierung die Mitglieder des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt, dass es sich bei angeblichen Restkontaminationen von Kernwaffenversuchen in der Zeit der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft im Gebiet Ohrdruf um Radiocäsium aus der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gehandelt hat und keineswegs um Restkontaminationen aus Kernwaffenversuchen früherer Zeit. Damals war die Behauptung , Kernbrennstäbe lägen offen und frei zugänglich im Waldgebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes verstreut. Die bekannte Historie zum Versuch der Kernwaffenentwicklung in der Zeit von 1933 bis 1945 schließt das Vorhandensein von nuklearem Material bzw. daraus entwickelten Sprengsätzen am Standort Jonastal sicher aus. Daher wurden auch nicht die für den Fund einer IND (IMPROVISED NUCLEAR DEVICE) notwendigen nationalen und internationalen Prozeduren eingeleitet. Obgleich das Vorhandensein nuklearen Materials im Jonastal mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, führen die zuständigen Behörden bei entsprechenden Anzeigen eine Gefahrenbewertung auf der Grundlage der entsprechenden Rechtsvorschriften hinsichtlich eines möglichen nichtnuklearen Kampfmittelverdachts durch. Zu 1.: Nach § 2 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG) haben die Ordnungsbehörden die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr von Gefahren und durch Unterbindung und Beseitigung von Störungen aufrechtzuerhalten. Zuständig für die Ausübung der Befugnisse der Ordnungsbehörden ist grundsätzlich die Gemeinde, Verwaltungsgemeinschaft oder erfüllende Gemeinde, soweit sich nicht aus anderen Vorschriften eine andere Zuständigkeit ergibt (§ 4 Abs. 1 OBG). Der Umgang mit Kampfmittelfunden wird in Thüringen durch die Ordnungsbehördliche Verordnung über die Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel vom 26. September 1996 (KampfMGAVO) geregelt. Gemäß § 2 Abs. 2 KampfMGAVO sind Fund- oder Lagerstätten von Kampfmitteln durch die Ordnungsbehörden , bei Gefahr in Verzuge durch die örtlich zuständigen Polizeidienststellen, unverzüglich durch geeignete Sicherheits- und Absperrmaßnahmen als Gefahrenbereiche ausreichend zu kennzeichnen. Die Kampfmittelräumung (Entschärfung, Transport, Lagerung und Vernichtung von Kampfmitteln) obliegt aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausschließlich einem damit beauftragten Unternehmen (§ 4 Abs. 2 KampfMGAVO). Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 2.: Anhand der Auskünfte des Anzeigenerstatters hat das zuständige Ordnungsamt unter Einbeziehung einer Fachfirma unverzüglich eine Gefahrenbewertung vorgenommen. Der Kampfmittelverdacht bestätigte sich 3 Drucksache 6/2498Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode nicht. Aufgrund nachgereichter Informationen zur Lage der Kampfmittelverdachtspunkte führt das zuständige Ordnungsamt gegenwärtig eine weitere Gefahrenbewertung durch. Vom Ergebnis dieser Bewertung hängt es ab, ob und wann gegebenenfalls weitere Maßnahmen durch die Grundstückseigentümerin zu veranlassen sind. In der Angelegenheit erfolgte und erfolgt ein Informationsaustausch mit dem zuständigen Ordnungsamt, mit der ordnungsrechtlichen Fachaufsichtsbehörde, der zuständigen Polizeidienststelle und der Grundstückseigentümerin . Das für die Fachaufsicht über die Grundstückseigentümerin zuständige Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft ist ebenso unterrichtet. Darüber hinaus wurde rein vorsorglich und vollständigkeitshalber vor dem Hintergrund der bereits in der Vergangenheit geäußerten Vermutung "es gebe radioaktives Material im Jonastal" das für Atomrecht zuständige Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz über den Sachverhalt informiert. Zu 3.: Eine Bergung von Kampfmitteln innerhalb von kürzester Zeit ist zu veranlassen, wenn es sich um aufgefundene offenliegende Kampfmittel handelt, welche eine unmittelbare Gefahr darstellen. Kampfmittel wurden bislang im Rahmen der bisherigen Maßnahmen noch keine festgestellt. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 sowie auf die Vorbemerkungen im Übrigen verwiesen. Zu 4.: Am 15. April 2016 fand auf Initiative der zuständigen Ordnungsbehörde ein Ortstermin statt, an dem der Anzeigenerstatter teilnahm. Dabei verweigerte der Anzeigenerstatter die Benennung der genauen Kampfmittelverdachtspunkte . In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es keine Berufsbezeichnung "Diplom-Ingenieur für Kampfmittel" gibt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 5.: Da die Gefahrenbewertung noch nicht abgeschlossen ist, kann keine Aussage zu einer Sprengkraft vermuteter Kampfmittel getroffen werden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen und die Antworten zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. Zu 6.: Bisher hat die zuständige Ordnungsbehörde in die Gefahrenbewertung die Fa. Tauber Delaborierung GmbH einbezogen. Es handelt sich hierbei um eine Fachfirma, welche als Mitglied der Güteschutzgemeinschaft Kampfmittelräumung Deutschland e.V. die Qualifikationen nach dem Stand der Technik erfüllt. Diese Firma ist vom Land mit dem Transport, der Entschärfung, der Lagerung und der Vernichtung von Kampfmitteln beauftragt . Zur Wertung der im Januar 2016 vorgelegten Unterlagen des Anzeigenerstatters wurde auch ein in der Firmengruppe Tauber beschäftigter Geophysiker einbezogen. Zu 7.: Für Arbeiten im Rahmen der Kampfmittelbeseitigung sind Qualifikationen und Erlaubnisse nach dem Sprengstoffgesetz (§§ 7, 9, 20 SprengG) erforderlich. Eine fachgerechte Auswertung der Messdaten einer Georadar - und einer Geomagnetik-Messung ist durch einen Geophysiker zu leisten. Zu 8.: Zunächst wird auf die Vorbemerkungen und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die zuständige Ordnungsbehörde hat zu den ersten vermeintlichen Verdachtspunkten keine Gefahren durch Kampfmittel festgestellt. Die später unter anderem vom Anzeigenerstatter benannten Verdachtspunkte werden von der zuständigen Ordnungsbehörde noch bewertet, hierzu liegen noch keine Ergebnisse vor. Dr. Poppenhäger Minister Ortung mehrerer Kampfmittelverdachtspunkte im Jonastal Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkungen: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: