17.08.2016 Drucksache 6/2552Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 12. September 2016 Anfrage von Mitarbeitern eines Erfurter Möbelhauses zur Samstagsarbeit Die Kleine Anfrage 1162 vom 14. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach dem Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG) dürfen Arbeitnehmer in Verkaufsstellen an mindestens zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Die Intention des Gesetzgebers ist es, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Sinne des Beschäftigten besser gewährleistet werden kann. Im Handelssektor gibt es jedoch Geschäftsbereiche, die auf provisionsbasierten Gehaltsmodellen basieren. Dort haben die Mitarbeiter ein hohes Eigeninteresse daran , an besonders verkaufsstarken Tagen arbeiten zu dürfen. Insbesondere der Samstag ist dabei der verkaufsstärkste Tag. Hierzu richteten die Beschäftigten eines Erfurter Möbelhauses, nach Kenntnis des Fragestellers , eine dringende Bitte an die Landesregierung, für provisionsbasierte Arbeitsverträge, bei denen die Mitarbeiter und der Betriebsrat ausdrücklich öfter als zweimal monatlich samstags arbeiten wollen, eine solche Ausnahme zuzulassen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Arbeitnehmer sind nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen von der Regelung der Samstagsarbeit betroffen? Wie viele davon arbeiten provisionsbasiert? 2. Wie positioniert sich die Landesregierung zur in Rede stehenden Anfrage, insbesondere im Hinblick darauf , dass der Betriebsrat der Samstagsarbeit positiv gegenübersteht? 3. Welche Antwort haben die Mitarbeiter des Möbelhauses von den angeschriebenen Ministerien (Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft sowie Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie) erhalten? 4. Hat bereits ein Treffen der Landesregierung mit den Mitarbeitern des Möbelhauses stattgefunden beziehungsweise wann wird dieses Treffen unter Teilnahme welcher Mitglieder der Landesregierung stattfinden? 5. Sieht die Landesregierung Spielraum für eine Ausnahmeregelung nach § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG? Wie könnte eine solche Regelung aussehen? 6. Wie will die Landesregierung Gehaltsausfälle von Mitarbeitern kompensieren, die durch den Verlust von Verkaufsprovisionen ohne eigenes Verschulden schlechter gestellt werden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Bühl (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2552 Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 16. August 2016 beantwortet. Die Landesregierung hat nach Zuleitung der Antwort die Bitte übermittelt, die Anlagen 2 und 3 vor der Veröffentlichung hinsichtlich des Namens und der Anschrift des Erfurter Möbelhauses, dessen Mitarbeiter sich wegen der Samstagsarbeit an die Landesregierung gewandt hatten, im Hinblick auf schutzwürdige Interessen im Sinne des Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen zu anonymisieren. Dieser Bitte wird entsprochen . Der Fragesteller und die Fraktionen haben jeweils ein Exemplar der Antwort der Landesregierung auf die vorgenannte Kleine Anfrage mit den Anlagen 2 und 3 in der nicht anonymisierten Fassung erhalten. Die Anlagen 2 und 3 zu der Antwort der Landesregierung werden in der anonymisierten Fassung veröffentlicht. Zu 1.: Das Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG) regelt die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen und das gewerbliche Anbieten von Waren außerhalb von Verkaufsstellen und dient dem Schutz der Sonn- und Feiertage sowie dem Arbeitnehmerschutz. Insofern sind von der Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 dieses Gesetzes auch alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel in Thüringen betroffen. Zur Ermittlung der Zahl der Beschäftigten im Einzelhandel wurden das Thüringer Landesamt für Statistik (TLS) und die Bundesagentur für Arbeit - Statistik-Service Ost - (BA-Ost) kontaktiert. Die aktuellen Zahlen für Thüringen sind zurzeit nur zu den Stichtagen 30. September 2014 beziehungsweise 30. September 2015 verfügbar. Anlage 1 gibt als Auszug die Zahlen wider. Die reine Beschäftigtenstatistik des TLS beinhaltet neben den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und geringfügig Beschäftigten auch die selbständigen Unternehmer. Die Statistik der BA-Ost bezieht sich zwar auf die sozialversicherungspflichtigen und geringfügig entlohnten Beschäftigten in Thüringen. Die dargestellten Verkaufsberufe bilden dabei nicht nur die Zahl der in Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab, sondern schließen Tätigkeiten außerhalb von Verkaufsstellen (zum Beispiel Internethandel) oder im Großhandel mit ein. Die verfügbaren statistischen Zahlen können daher nur zur Abschätzung der Größenordnung dienen. Zur provisionsbasierten Entlohnung ist bekannt, dass sie in einigen größeren Thüringer Einrichtungen der Möbelverkaufsbranche zur Anwendung kommt. Um sich hierzu einen genaueren Überblick zu verschaffen, bedürfte es einer gezielten Umfrage bei den einzelnen Verkaufseinrichtungen. Eine solche Umfrage ist kurzfristig nicht durchführbar und erscheint auch wegen dem damit verbundenen Aufwand derzeit nicht angezeigt. Eine Nachfrage beim Handelsverband Thüringen - Der Einzelhandel e. V. hat ergeben, dass auch dort nur die Zahlen der BA verfügbar sind. Zu 2.: Das Schreiben an das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMAS- GFF) vom 17. Mai 2016 wurde unterzeichnet mit "Die Mitarbeiter …" und ihm wurde eine Unterschriftsliste mit ca. 60 Namen beigelegt. Inwieweit das Schreiben der Belegschaft des Einrichtungshauses von dem Betriebsrat der betroffenen Einrichtung veranlasst, unterstützt oder unterzeichnet wurde, bleibt offen. Die Landesregierung unterstützt grundsätzlich die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG. Arbeitsfreie Wochenenden mit zwei zusammenhängenden freien Tagen nehmen in der Regel positiven Einfluss auf die Regeneration der Arbeitskraft. Es werden hierbei deutlichere Effekte erreicht als nur bei einem arbeitsfreien Tag. Das regelmäßige arbeitsfreie Wochenende stellt einen wichtigen Ausgleich zu den gestiegenen Arbeitsbelastungen im Einzelhandel dar, wie sie von den Arbeitnehmervertretungen beschrieben wurden. Die Regelung ermöglicht den Beschäftigten aber auch planbare Familienfreizeit und gibt Gelegenheit , am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und sich ehrenamtlich zu engagieren. Ein zusammenhängend freies Wochenende kommt insbesondere Familien zugute und kann zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf beitragen. Von der Arbeitnehmerseite wird nach Einschätzung der Landesregierung die Beschäftigungsbeschränkung an Samstagen gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG überwiegend begrüßt. So betonten Vertreter von verschiedenen Betriebsräten bei einer Anhörung, dass die zwei freien Samstage im Monat einen großen Gewinn darstellen, der sowohl dem Gesundheitsschutz als auch sozialen Belangen zugutekommt. Die 3 Drucksache 6/2552Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode praktische Umsetzung der Bestimmung wäre problemlos möglich gewesen. An der Regelung solle unbedingt festgehalten werden. Auch gibt es immer wieder Beschwerden von Beschäftigten u. a. auch aus Möbelhäusern, die keine zwei arbeitsfreien Samstage im Monat erhalten. Bei Ladenöffnungszeiten bis 19:00 Uhr an Samstagen wären ein Familienleben, Veranstaltungen, Feiern und Sonstiges an diesen Tagen undenkbar. Anderseits zeigen das Schreiben der Mitarbeiter, auf das sich die Anfrage hier bezieht, und die Petition E-631/15, dass nicht alle Beschäftigten mit der Regelung einverstanden sind. Darin wird u. a. als Beweggründe genannt, dass neben dem Vergütungskonzept mit Provision die Tätigkeit an Samstagen, wenn viele Kunden in die Möbelgeschäfte kommen, Freude bereitet und den individuellen Modellen, Familie und Beruf miteinander in Vereinbarung zu bringen, entgegenkommen würde. Es ist nachvollziehbar, dass ein Interesse an einer Beschäftigung zu umsatzstarken Zeiten besteht, wenn das Einkommen zu einem wichtigen Teil aus Provisionen besteht. Die Anfrage spiegelt aber nicht zwingend das Anliegen von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Verkaufsstellen des Möbeleinzelhandels wider. Es wird auch nicht davon ausgegangen, dass das Schreiben von Mitarbeitern eines Erfurter Möbelhauses und die Ausführungen in zwei Petitionen das Meinungsbild der Beschäftigten im Thüringer Einzelhandel vollständig wiedergibt. Zu 3.: Es wird auf die als Anlagen 2 und 31) beigefügten Schreiben des TMASGFF und des Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG) verwiesen. Zu 4.: Ein Treffen der Landesregierung mit den Mitarbeitern des Möbelhauses hat noch nicht stattgefunden. Aufgrund des dargestellten Spannungsfeldes werden die Gespräche mit den Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen derzeit fortgeführt. Mit dem Betriebsrat des betreffenden Möbelhauses ist ein zeitnahes Gespräch in der Thüringer Staatskanzlei vereinbart. Sobald sich ein Lösungsansatz abzeichnet, wird zu einer Diskussionsrunde mit anderen Arbeitnehmervertretungen und Betriebsräten eingeladen, um gemeinsam die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung auszuloten. In die Gespräche sind aber auch die Einzelhandelsunternehmen einzubeziehen. Konkrete Termine dafür lassen sich noch nicht benennen. Zu 5.: Bei § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG handelt es sich um eine auf Empfehlung der Ausschüsse zur Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 16. Dezember 2011 gemäß Antrag der Fraktionen von CDU und SPD zur Änderung des Gesetzentwurfes der Landesregierung (Drucksache 5/3191) beschlossene Regelung. Die Landesregierung hatte bereits Anfang 2012 Vorschläge zu einer Ausnahmeverordnung unterbreitet, zu denen aber im zuständigen Ausschuss des Landtags kein Einvernehmen erzielt wurde. Der Spielraum für eine Ausnahmeregelung ist daher nicht nur mit den Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen , sondern auch mit den Fraktionen im Thüringer Landtag auszuloten. Für eine Ausnahmeregelung wird nur dann eine Chance gesehen, wenn eine einseitige Benachteiligung für bestimmte Gruppen von Beschäftigten vermieden sowie ein ausgeglichener Kompromiss unter Berücksichtigung der Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreicht werden kann. Ein Mindestmaß des angestrebten Schutzes muss erhalten bleiben. Die Samstagsarbeit generell zuzulassen oder an einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu knüpfen, würde beispielsweise dem Anliegen nicht gerecht. Zu 6.: Die Gestaltung der Entlohnung ist eine arbeitsrechtliche Frage, die von den Bestimmungen des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes nicht berührt wird. Nachteilige Folgen einer solchen Entlohnung auszugleichen, kann daher nicht die Angelegenheit der Landesregierung sein. Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit zur Kompensation von Gehaltsausfällen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2552 Wäre mit der Freistellung an zwei Samstagen kein besonderer Verdienstverlust verbunden, wäre auch eine andere Einsatzmotivation und Einsatzplanung des Personals zu erwarten. Darauf wird im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerfG) vom 14. Januar 2015 (Az. 1 BvR 931/12) zur Verfassungsbeschwerde gegen § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG hingewiesen. Werner Ministerin Anlagen2) Hinweis 1) Die Anlagen 2 und 3 zu der Antwort der Landesregierung werden in anonymisierter Fassung veröffentlicht. Der Fragesteller und die Fraktionen haben jeweils ein Exemplar der Antwort der Landesregierung auf die vorgenannte Kleine Anfrage mit den Anlagen 2 und 3 in der nicht anonymisierten Fassung erhalten. 2) Auf den Abdruck der Anlagen wurde verzichtet. Ein Exemplar mit (den anonymisierten) Anlagen erhielten - wie üblich - jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen .de eingesehen werden. Anfrage von Mitarbeitern eines Erfurter Möbelhauses zur Samstagsarbeit Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: