24.08.2016 Drucksache 6/2570Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. September 2016 Interkulturelles Abendessen anlässlich des Ramadanfestes Die Kleine Anfrage 1241 vom 8. Juli 2016 hat folgenden Wortlaut: Ministerpräsident Bodo Ramelow und der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei, Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, haben laut Medieninformation 139/2016 am 7. Juli 2016 zu einem interkulturellen Abendessen anlässlich des Ramadanfests eingeladen. Zu der Veranstaltung erwarteten sie Vertreter aller in Thüringen vertretenen Religionsgemeinschaften. Genannt werden: die muslimischen Gemeinden, die christlichen Kirchen und die Jüdische Landesgemeinde. Ministerpräsident Bodo Ramelow warb in der Meldung dafür, dass "ein friedliches Miteinander der abrahamitischen Religionen " auch bei uns gelingen kann. Minister Hoff wertete den Empfang nach der Medieninformation als Geste des Willkommens für die Vertreter der muslimischen Gemeinden in Thüringen. Wörtlich äußerte der Staatskanzleiminister: "Der Abend soll als ein interreligiöser und interkultureller Dialog für ein modernes weltoffenes Thüringen, für Toleranz und Verständigung stehen." Der Fastenmonat Ramadan gehört zu den sogenannten fünf Säulen des Islams. Er erinnert in islamischen Religionssystemen an die Offenbarung Allahs an Muhammad, die sich dann im Koran niedergeschlagen habe. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kirchen und Religionsgemeinschaften in Thüringen sind der Landesregierung bekannt? 2. Nach welchen Kriterien wurde der Kreis der Einzuladenden bestimmt? 3. Wurden ausschließlich Vertreter der als abrahamitisch abgegrenzten Religionsgemeinschaften eingeladen ? 4. Wenn ja, warum? 5. Wurden alle christlichen Kirchen in Thüringen eingeladen, die in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland organisiert sind? 6. Welche muslimischen Gemeinden erhielten eine Einladung zu diesem interkulturellen Abendessen? 7. Welche der eingeladenen Gemeinden gehörten den schiitischen und sunnitischen oder weiteren Ausprägungen des Islam an? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Herrgott (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2570 8. Vertreter wie vieler religiöser Gemeinschaften in Thüringen lud die Staatskanzlei insgesamt ein und wie viele Gemeinschaften waren tatsächlich beim interkulturellen Abendessen vertreten? 9. Falls es Absagen gab, wie wurden sie begründet? 10. Plant die Landesregierung weitere interkulturelle Veranstaltungen mit den in Thüringen vertretenen Kirchen und Religionsgemeinschaften zu Tagen oder Anlässen, die in deren jeweiligen Selbstverständnis von besonderer heilsgeschichtlicher Bedeutung sind? 11. Falls nicht, warum? 12. Ist es aus Sicht der Landesregierung mit dem Gebot weltanschaulich-religiöser Neutralität vereinbar, ein ausschließlich religiös begründetes Fest durch eine staatliche Veranstaltung am Sitz der Landesregierung besonders herauszustellen? 13. Ist es aus Sicht der Landesregierung mit dem Gebot weltanschaulich-religiöser Neutralität vereinbar, als Gastgeber eines interreligiösen Dialogs in der Staatskanzlei aufzutreten? 14. Versteht sich die Landesregierung als Teil dieses interreligiösen Dialogs und wie klassifiziert sie ihre in diesem Dialog zum Ausdruck gebrachten Positionen unter dem Gebot einer Trennung von Religion und Politik? 15. Ist aus Sicht der Landesregierung die Vermischung politischer und religiöser Inhalte und Formate ausgerechnet unter Bezug auf den Feiertag einer Religion sinnvoll, zu deren oft beklagten aufklärerischen Defiziten die Trennung von Religion und Politik gehört? Der Thüringer Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 22. August 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Religionsgemeinschaften einschließlich derjenigen, die die Bezeichnung Kirche im Namen führen, und die als solche gegenüber dem Land in Erscheinung getreten sind, sind der Landesregierung bekannt. Eine systematische Erfassung findet nicht statt. Zu 2. bis 5.: Zweck des interkulturellen Abendessens, das am 7. Juli 2016 in der Staatskanzlei auf Einladung des Herrn Ministerpräsidenten stattfand, war es, eine offizielle Begegnung zwischen der Landesregierung und den in Thüringen beheimateten islamischen Religionsgemeinden erstmalig durchzuführen. Die zum Teil seit Langem in Thüringen ansässigen islamischen Gemeinden, die im Zusammenhang mit dem Flüchtlingszuzug starken Zulauf erfahren haben, sind als religiöse Minderheit und als heute relevante gesellschaftliche Gruppen wahrzunehmen. Die teils heftig geführten Auseinandersetzungen um die Moscheebauabsicht einer islamischen Religionsgemeinschaft, der eine dieser Erfurter Religionsgemeinden angehört, zeigen, dass hier eine wichtige gesellschaftspolitische Integrationsaufgabe gestellt ist. Auch die Gewährleistung von Religionsfreiheit , zu der das Land gegenüber jedermann rechtlich verpflichtet ist, ist auf ein gesellschaftliches Klima der Toleranz bestehender religiöser und weltanschaulicher Vielfalt angewiesen, das es zu fördern gilt. Deshalb sind alle der Landesregierung bekannten, in Thüringen aktuell bestehenden islamischen Gemeinden zu diesem interkulturellen Abendessen eingeladen worden. Insofern kann im Einzelnen auf die Antwort zu den Fragen 6 bis 9 verwiesen werden. Der Kreis der Eingeladenen wurde gesellschaftlich um Vertreter von Verbänden und Einrichtungen sowie um Abgeordnete des Thüringer Landtags erweitert und ergänzt durch die Vertreter der Evangelischen und Römisch -Katholischen Kirche sowie der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Diese Religionsgemeinschaften wurden ungeachtet einer bestehenden Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ausgewählt, weil das Land mit ihnen in einem besonderen vertragsstaatskirchenrechtlichen Verhältnis steht. 3 Drucksache 6/2570Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 6. bis 9.: Einladungen erhielten in: Eisenach: Internationales Islamisches Kulturzentrum Eisenach e.V. Erfurt: Deutsch-Arabisch-Orientalischer Verein e.V. Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland K.d.ö.R., Gemeinde Erfurt Internationales Islamisches Kulturzentrum Erfurter Moschee e. V. Gera: Verein Moschee Gera e. V. Ilmenau: Ilmenauer Moschee Jena: Islamischer Kulturverein Jena e. V. Islamisches Zentrum Jena e. V. Mühlhausen: Internationales Islamisches Kulturzentrum Mühlhausen e.V. Nordhausen: Internationales Islamisches Kulturzentrum Nordhausen e. V. Weimar: Haus des Orients e. V. Außer der Mühlhausener Gemeinde haben sämtliche Gemeinden an der Veranstaltung teilgenommen. Wegen der Teilnahme anderer Religionsgemeinschaften wird auf die Antwort zu Frage 2 bis 5 verwiesen. Weder von islamischen Gemeinden noch seitens der anderen Religionsgemeinschaften sind Absagen erfolgt. Die Einladung erfolgte unbesehen etwaig vorhandener innerislamischer Bekenntnisbindungen dieser Gemeinden . Vertreten sein sollte die in Thüringen tatsächlich bestehende Vielfalt islamischen Lebens. Zu 10. und 11.: Eigene Veranstaltungen der Landesregierung mit interkulturellem Charakter sind gegenwärtig nicht geplant. Dem Selbstverständnis religiöser Gemeinschaften zufolge religiös konnotierte Anlässe sind nicht geeignet, das Handeln der Landesregierung zu bestimmen. Zu 12.: Die Veranstaltung wurde nach Abschluss des religiösen Fastenmonats Ramadan durchgeführt. Die Terminierung hatte den durch religiöse Pflichten eingeschränkten terminlichen Möglichkeiten des Adressatenkreises Rechnung zu tragen. In dessen Wahrnehmung als wesentlich religiös bestimmte gesellschaftliche Minderheit ist eine unzulässige Identifikation des Staates mit einer bestimmten Religion nicht begründet. Zu 13. bis 15.: Stattgefunden hat eine interkulturelle Veranstaltung. Die Landesregierung war und ist weder Veranstalter noch Teilnehmer eines interreligiösen Dialogs. Religionsverfassungsrechtlich gesehen besteht kein Gebot einer Trennung von Religion und Politik, wohl aber das der Trennung der Kirche vom Staat. Eine unzulässige Durchbrechung des in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht bestehenden Neutralitätsgebotes durch diese Veranstaltung hat nicht stattgefunden. Prof. Dr. Hoff Minister Interkulturelles Abendessen anlässlich des Ramadanfestes Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2. bis 5.: Zu 6. bis 9.: Zu 10. und 11.: Zu 12.: Zu 13. bis 15.: