30.08.2016 Drucksache 6/2603Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. September 2016 Politisch Motivierte Kriminalität (PMK): Schusswaffenbesitz und -einsatz Die Kleine Anfrage 1110 vom 24. Mai 2016 hat folgenden Wortlaut: Der legale Privatbesitz und die Führung von Schusswaffen sind nicht per se gefährlich. Demgegenüber stellen Schusswaffen im Besitz von Extremisten eine Gefährdung der inneren Sicherheit dar. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Rechtsextremisten/Linksextremisten/Islamisten verfügen über eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenschein (bitte nach Zuordnung zum Rechtsextremismus/Linksextremismus/Islamismus, gegebenenfalls mit Angabe der Organisationszugehörigkeit sowie der Art des Waffenscheins und der Waffenbesitzkarte nach dem Waffengesetz sowie nach Jahresscheiben seit dem Jahr 2010 aufschlüsseln)? 2. In wie vielen Fällen wurde die Waffenbesitzkarte oder der Waffenschein Personen aus den in Frage 1 genannten Gruppen entzogen (bitte analog Frage 1 aufschlüsseln)? 3. Bei wie vielen Straftaten, die der PMK-rechts/PMK-links/PM-Ausländerkriminalität (insbesondere Islamismus ) zugeordnet wurden, wurden Schusswaffen gebraucht (bitte nach Jahresscheiben seit dem Jahr 2010 sowie nach der PMK-Zuordnung aufschlüsseln)? 4. Wie viele der im Zusammenhang mit den Straftaten beschlagnahmten Schusswaffen waren illegal (keine Waffenbesitzkarte/kein Waffenschein)? 5. Aus welchen Staaten (Land des Herstellers, Land des Vorbesitzers, Land des Händlers) stammen die illegalen Schusswaffen? 6. Falls Rechts-, Linksextremisten oder Islamisten im Besitz von Schusswaffen sind beziehungsweise zum Führen von Schusswaffen berechtigt sind: Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung bezüglich dieses Sachverhalts vor dem Hintergrund der steigenden Gewaltbereitschaft der genannten Extremisten? 7. Über welche Erkenntnisse verfügt die Landesregierung hinsichtlich von Schießübungen von Rechtsextremisten , Linksextremisten sowie Islamisten mit Schusswaffen (bitte nach Jahresscheiben seit dem Jahr 2010, Ort und Art der Schießübung sowie verwendeten Schusswaffen aufschlüsseln)? 8. Wie viele nicht genehmigte Schießstätten gab es nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen (bitte nach Ort und Zeitraum der Nutzung aufschlüsseln)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2603 9. Wird im Rahmen der Erteilung einer Waffenbesitzkarte, eines Waffen- oder Erlaubnisscheins die Parteizugehörigkeit (Mitgliedschaft in einer Partei) überprüft (bitte die Rechtsgrundlage nennen)? 10. Wenn die Frage 9 mit Ja beantwortet wird: Seit wann findet eine solche Überprüfung statt und wie vielen Personen mit welcher Parteizugehörigkeit wurde aufgrund der Überprüfung eine Waffenbesitzkarte, ein Waffen- oder Erlaubnisschein nicht erteilt? 11. Findet eine Prüfung der Parteizugehörigkeit (Mitgliedschaft in einer Partei) von Personen statt, die bereits eine Schusswaffe besitzen, führen oder mit ihr schießen dürfen (bitte die Rechtsgrundlage nennen)? 12. Wenn die Frage 11 mit Ja beantwortet wird: Seit wann findet eine solche Überprüfung statt und wie vielen Personen mit welcher Parteizugehörigkeit wurde aufgrund der Prüfung eine Waffenbesitzkarte, ein Waffen- oder Erlaubnisschein entzogen? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 30. August 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkungen: Der Umgang mit Waffen ist gefährlich und wird daher umfänglich unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Regelungen des Waffengesetzes eingeschränkt. Die Vorschriften des Waffengesetzes sind notwendige Schutzvorkehrungen gegen die insbesondere von Schusswaffen ausgehenden Gefahren. Der Umgang mit Schusswaffen bedarf regelmäßig einer waffenrechtlichen Erlaubnis, es sei denn, dass das Waffengesetz bestimmte Arten des Umgangs mit Schusswaffen von der Erlaubnispflicht freistellt. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt immer voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung besitzt. Art und Umfang der von den Waffenbehörden durchzuführenden Zuverlässigkeitsprüfung bestimmen § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Waffengesetz (WaffG) sowie § 5 Abs. 5 WaffG vom 11. Oktober 2002. § 5 Abs. 1 und 2 WaffG nennen abschließend die Kriterien, wonach Personen waffenrechtlich als unzuverlässig gelten. Unzuverlässigkeitskriterien des § 5 WaffG können sowohl einzeln als auch kumulativ vorliegen , zum Beispiel bestimmte begangene Straftaten, der nicht ordnungsgemäße Umgang mit Waffen und Munition oder die aktuelle Mitgliedschaft bzw. eine Mitgliedschaft in den vergangenen zehn Jahren in einem verbotenen Verein oder einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 Bundesverfassungsgerichtsgesetz festgestellt hat. Auch extremistische Aktivitäten eines Waffenbesitzers können zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führen (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG). Danach sind Personen regelmäßig waffenrechtlich unzuverlässig, wenn sie Bestrebungen verfolgen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 30. September 2009 (Az.: 6 C 29/08) dazu festgestellt, dass diese Vorschrift auch auf Mitglieder und Anhänger nicht verbotener politischer Parteien anwendbar ist. Das Gericht hat aber auch einschränkend ausgeführt, dass der Begriff des "Verfolgens" verfassungsfeindlicher Bestrebungen auch in der kollektiven Fallvariante "als Mitglied" immer an eine aktive individuelle Betätigung anknüpfen soll. Es lässt offen, ob ein langjähriger Waffenbesitz, bei dem sich keine Beanstandungen ergeben haben, die Vermutung der Unzuverlässigkeit widerlegen kann. Zu 1.: Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sind oder waren 17 Personen, die dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden, im Besitz von Waffenbesitzkarten gemäß § 10 Abs. 1 WaffG. Von einer weitergehenden Aufschlüsselung wird aus datenschutzrechtlichen Gründen (informationelle Selbstbestimmung ) gemäß Art. 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen abgesehen. Für die Phänomenbereiche Linksextremismus und Islamismus liegen keine solche Erkenntnisse vor. 3 Drucksache 6/2603Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 2.: In sieben Fällen wurden seit dem Jahr 2012 die waffenrechtlichen Erlaubnisse von Personen, die dem rechtsextremistischen Spektrum zugerechnet werden, widerrufen. In einem Fall wurde die waffenrechtliche Erlaubnis versagt. Einige Widerrufsentscheidungen sind inzwischen bestandkräftig geworden, gegen andere sind Klagen anhängig. In weiteren Fällen wurden die Widerrufsentscheidungen durch ein verwaltungsgerichtliches Urteil aufgehoben. Von einer weitergehenden Aufschlüsselung wird aus datenschutzrechtlichen Gründen (informationelle Selbstbestimmung ) gemäß Art. 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen abgesehen. Zu 3.: Es wurden seit 2010 im Freistaat Thüringen in vier Fällen Schusswaffen bei Delikten der Politisch motivierten Kriminalität -rechts- (PMK -rechts-) gebraucht. Deliktart 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 (Stand 31.Mai 2016) Schusswaffengebrauch bei Delikten der PMK-rechts- 0 2 0 1 1 0 0 In den Phänomenbereichen Politisch motivierte Kriminalität -links- und Politisch motivierte Ausländerkriminalität wurden keine Delikte registriert, bei denen Schusswaffen gebraucht wurden. Zu 4.: Zu den oben genannten zwei Fällen im Jahr 2011 sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Wegen der laufenden Ermittlungsverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden wird daher gemäß Art. 67 Abs. 3 Satz1 Nr. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen von weiteren Informationen abgesehen. In den Fällen der Jahre 2013 und 2014 wurden keine erlaubnispflichtigen Schusswaffen beschlagnahmt. Zu 5.: Dazu wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Zu 6.: Das deutsche Waffenrecht normiert den Umgang mit Schusswaffen und wird regelmäßig sowie anlassbezogen auf seine Wirksamkeit geprüft. Die Landesregierung sorgt für eine konsequente Anwendung der waffenrechtlichen Vorschriften. Dadurch wird verhindert, dass Personen, die waffenrechtlich als unzuverlässig gelten, Zugang zu erlaubnispflichtigen Waffen erhalten und denen gegebenenfalls auch der Umgang mit erlaubnisfreien Waffen verboten wird. Das damalige Thüringer Innenministerium hat im Jahr 2012 veranlasst, dass die Waffenbehörden auf Grundlage des § 14 Abs. 1 Nr. 3 Thüringer Verfassungsschutzgesetz in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG eine Anfrage an das Landesamt für Verfassungsschutz richten, inwieweit Tatsachenfeststellungen für Betroffene vorliegen, die eine Unzuverlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG stützen, wenn den Behörden entsprechende Erkenntnisse vorliegen oder solche im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung bekannt werden. Können insbesondere auf der Grundlage der Auskünfte des Amtes für Verfassungsschutz Tatsachenfeststellungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG getroffen werden, ist die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis zu versagen bzw. sind die erteilten Erlaubnisse zu widerrufen. Zu 7.: Die Antragsteller und Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse müssen ihr Bedürfnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG gegenüber der zuständigen Behörde nachweisen. Ein solches Bedürfnis wird insbesondere bei Sportschützen nur dann anerkannt, wenn der Schießsport regelmäßig betrieben wird. Dafür ist der Nachweis entsprechender Schießübungen erforderlich, der insbesondere durch persönliche Schießbücher erfolgt. Der Landesregierung liegen Erkenntnisse vor, dass in zwei Fällen eventuell illegale Schießübungen stattgefunden haben. Wegen der laufenden Ermittlungsverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden wird da- 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2603 her gemäß Art. 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen von weiteren Informationen abgesehen . Zu 8.: Im Freistaat Thüringen wurde im Jahr 2014 eine nicht genehmigte Schießstätte festgestellt. Die Ermittlungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Wegen der laufenden Ermittlungsverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden wird daher gemäß Art. 67 Abs. 3 Satz1 Nr. 1 Verfassung des Freistaats Thüringen von weiteren Informationen abgesehen. Zu 9.: Im Rahmen der Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfolgt keine Prüfung hinsichtlich einer Parteizugehörigkeit des Antragstellers. Ergeben sich im Rahmen der von der Waffenbehörde gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 5 WaffG vorzunehmenden Zuverlässigkeitsprüfung Hinweise, dass der Antragsteller Mitglied einer extremistischen Partei ist, hat die Waffenbehörde diesen Sachverhalt bei der Prüfung der Zuverlässigkeit zu würdigen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 10.: Zunächst wird auf die Vorbemerkungen und die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Die Gründe, warum Anträge auf eine waffenrechtliche Erlaubnis von den Waffenbehörden abgelehnt werden , werden statistisch nicht erfasst. Zu 11.: Eine Prüfung hinsichtlich einer Parteizugehörigkeit eines Erlaubnisinhabers findet nicht statt. Ergeben sich im Rahmen der von der Waffenbehörde gemäß § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 5 WaffG regelmäßig vorzunehmenden Zuverlässigkeitsprüfung anlassbezogen Hinweise, dass ein Erlaubnisinhaber Mitglied einer extremistischen Partei ist, hat die Waffenbehörde erneut die Zuverlässigkeit zu prüfen und den Sachverhalt zu würdigen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 12.: Dazu wird auf die Vorbemerkungen und die Antworten zu den Fragen 2, 6 und 11 verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister Politisch Motivierte Kriminalität (PMK): Schusswaffenbesitz und -einsatz Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkungen: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: