05.09.2016 Drucksache 6/2639Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. September 2016 Überwachung jugendlicher Islamisten Die Kleine Anfrage 1252 vom 13. Juli 2016 hat folgenden Wortlaut: Aufgrund von Vorfällen in jüngster Zeit sieht es der Präsident des Amts für Verfassungsschutz als alterna tivlos an, künftig auch Islamisten und Extremisten unter 16 Jahren zu überwachen beziehungsweise deren Daten zu speichern. In Thüringen dürfe der Nachrichtendienst die Daten Minderjähriger unter 16 Jahren bislang nur erfassen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine terroristische Straftat vorlägen (vergleiche Ostthüringer Zeitung vom 7. Mai 2016). Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der aktuelle Sachstand (organisatorisch, rechtlich und faktisch) hinsichtlich der Überwachung und Speicherung von Daten Minderjähriger unter 16 Jahren? 2. Welche Position vertritt die Landesregierung im Zusammenhang mit der Überwachung und Speicherung von Daten von Islamisten und anderen Extremisten unter 16 Jahren? 3. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, jugendliche Extremisten zu überwachen beziehungsweise deren Daten zu erheben? 4. Sind hier Veränderungen der aktuellen Rechtslage geplant? 5. Falls ja, welcher Art und wann sollen diese in Kraft treten? 6. Falls keine Änderungen geplant sind, wie begründet die Landesregierung dies? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 2. September 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die rechtlichen Voraussetzungen für die Speicherungen von Daten Minderjähriger unter 16 Jahren durch die Thüringer Sicherheitsbehörden finden sich in den für ihre Aufgabenstellung maßgeblichen Gesetzen. Für die Thüringer Polizei bestimmen Rechtsvorschriften wie das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Thüringer Polizei (PAG), die Strafprozessordnung (StPO), weitere Strafrechtsneben- und Ordnungswid rigkeitengesetze die Grundsätze, den Umfang, die Zweckbindung und die Dauer der Erhebung und Spei K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Walk (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2639 cherung personenbezogener Daten zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung. Die Thüringer Verordnung über Prüflisten bei vollzugspolizeilicher Datenspeicherung regelt die Fristen, nach denen zu prüfen ist, ob eine weitere Speicherung der personenbezogenen Daten von der Thüringer Polizei erforderlich ist. Daraus ergeben sich keine gesonderten Bestimmungen für Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) sowie Heranwach sende (18 bis unter 21 Jahre) und somit auch nicht für Minderjährige im Sinne der Anfrage. Anders verhält es sich beim Thüringer Verfassungsschutz. Hier gelten für die Speicherung von personen bezogenen Daten von Minderjährigen besondere Regelungen. Zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben gemäß § 4 Thüringer Verfassungsschutzgesetz (ThürVerfSchG) darf das Amt für Verfassungsschutz Daten von Minderjährigen entsprechend den Regelungen der §§ 7, 13 ThürVerfSchG und §§ 6, 10, 11 Bundes verfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) erheben und speichern. Gemäß § 13 Abs. 4 ThürVerfschG dürfen hierbei Daten über Minderjährige, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet haben, in zu ihrer Person geführten Akten nur gespeichert, verändert und genutzt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige eine der in § 3 des Artikel 10-Geset zes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. In Amtsdateien ist eine Speicherung von Daten Minderjähriger, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unzulässig. Dies gilt nicht für Minder jährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, wenn nach den Umständen des Einzelfalls nicht ausge schlossen werden kann, dass die Speicherung zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben ei ner Person erforderlich ist. Soweit gemeinsame Dateien der Verfassungsschutzbehörden (sog. Verbunddateien) betroffen sind und der Bundesgesetzgeber eine bundesrechtliche Regelung getroffen hat, gehen die Regelungen des BVerfSchG den Vorschriften des ThürVerfSchG zur Speicherung von Daten von Minderjährigen vor. Zu 2.: Die vorhandenen Befugnisse der Sicherheitsbehörden sind zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages aus zuschöpfen. Darüber hinaus sind die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung und Speicherung von Daten minderjähriger Extremisten fortlaufend auf ihre Angemessenheit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Hierbei ist den sich verändernden Sach- bzw. Gefährdungslagen im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben erfüllung der Sicherheitsbehörden Rechnung zu tragen. Zu 3.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 4. bis 6.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4 bis 6 gemeinsam beantwortet. Mit dem am 30. Juli 2016 in Kraft getretenen Gesetz zum besseren Informationsaustausch bei der Be kämpfung des internationalen Terrorismus (BGBl. Jahrgang 2016, Teil I Nr. 37, S. 1818 ff) wurden bundes rechtliche Grundlagen für die Speicherung von Daten Minderjähriger durch den Verfassungsschutz geän dert (§ 11 BVerfSchG). Die Neuregelung im Bundesverfassungsschutzgesetz kommt über § 6 Abs. 2, §§ 10 und 11 BVerfSchG aufgrund der für die Ausgestaltung von länderübergreifenden Verbunddateien bestehenden gesetzgeberi schen Bundeskompetenz auch für die praktisch weit überwiegend bedeutsamen Speicherungen des Amtes für Verfassungsschutz in der Verbunddatei NADIS zur Anwendung. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraus setzungen sind jetzt Speicherungen von Daten Minderjähriger in der vorgenannten Datei zu einem frühe ren Zeitpunkt (ab dem 14. Lebensjahr) möglich. Die technischen und organisatorischen Umsetzungen infolge der Neuregelung auf bundesgesetzlicher Ebe ne dauern derzeit an. § 13 ThürVerfSchG bleibt für Speicherungen in der Amtsdatei des Amtes für Verfassungsschutz (ARGOS) weiterhin maßgeblich. Dr. Poppenhäger Minister Überwachung jugendlicher Islamisten Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4. bis 6.: