26.09.2016 Drucksache 6/2735Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. Oktober 2016 Beabsichtigte Ankäufe von Grundstücken in von Talsperren überstauten Bereichen durch die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) Die Kleine Anfrage 1321 vom 12. August 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach meinen Informationen erhielten mehrere Fischereigenossenschaften und Grundstückseigentümer in den letzten Monaten Schreiben der Thüringer Fernwasserversorgung, in denen mitgeteilt wurde, dass eine "Regelung der Rechtsverhältnisse zu überstauten/überstaubaren Grundstücken an Stauanlagen der TFW" beabsichtigt ist. Als Begründung dafür wird angeführt, dass sich aus ungleichen Eigentums- und Nutzungsverhältnissen von Talsperren und in ihrem Staubereich liegenden Grundstücken zusätzliche Risikopotenziale ergeben würden. Zur Regelung derartiger Nutzungsverhältnisse sei das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz anzuwenden, wonach der Kaufpreis mit 20 Prozent des Bodenwerts eines in gleicher Lage gelegenen Grundstücks bestimmt wäre. Ich frage die Landesregierung: 1. Bei welchen der Thüringer Fernwasserversorgung gehörenden Stauanlagen sind Eigentums- und Nutzungsverhältnisse identisch? 2. Bei welchen der Thüringer Fernwasserversorgung gehörenden Stauanlagen ist ein Flächenankauf vorgesehen ? Wie wird diesbezüglich die Notwendigkeit begründet? 3. Bei welchen Stauanlagennutzungen ergeben sich zusätzliche Risikopotenziale durch unterschiedliche Eigentums- und Nutzungsverhältnisse? Wie werden diese begründet? 4. In welchem Umfang verlangten bisher Grundstückseigentümer den Ankauf ihrer überstauten beziehungsweise überstaubaren Grundstücke von der Thüringer Fernwasserversorgung? 5. Wie soll der Grundstücksankauf durch die Thüringer Fernwasserversorgung finanziert werden? 6. Kann die Thüringer Fernwasserversorgung statt 20 Prozent des Bodenwerts auch den vollen Bodenwert zahlen, um damit die Bereitschaft der Eigentümer zur Regelung der Rechtsverhältnisse im Sinne des Schreibens der Thüringer Fernwasserversorgung zu erhöhen? 7. Beabsichtigt die Thüringer Fernwasserversorgung, die vorgesehene Regelung der Rechtsverhältnisse an Talsperren auch gegenüber betroffenen Grundstückseigentümern, die kein Interesse an einem Verkauf haben, durchzusetzen? Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kummer (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2735 Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 22. September 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die TFW berichtet dazu, dass sie derzeit insgesamt 66 Stauanlagen zu unterhalten, zu betreiben und für die entsprechenden Nutzungen zu erhalten hat, um die ihr zugewiesenen Aufgaben gemäß § 4 Thüringer Gesetz über die Fernwasserversorgung (ThürFWG) zu erfüllen. Zu den sechs versorgungswirksamen Talsperren für die Bereitstellung von Rohwasser zur Trinkwasseraufbereitung (Leibis/Lichte, Ohra, Schönbrunn, Erletor, Scheibe-Alsbach, Neustadt), den fünf für die Bereitstellung von Rohwasser zur Trinkwasseraufbereitung außer Betrieb genommenen Talsperren (Lössau, Weida, Zeulenroda, Tambach-Dietharz, Schmalwasser), den 20 Hochwasserrückhaltebecken (Iberg, Straußfurt, Luhne-Lengefeld, Camburg, Meerchen/Gößnitz, Großstöbnitz , Ratscher, Ammerbach, Spichra, Gera-Langenberg, Berka v. d. H., Asbach, Bischofroda I, Bischofroda II, Hohlbach, Grimmelshausen, Watzdorf, Mengelrode, Angelroda, Schkölen/Kiefengrund) sowie an elf Brauchwassertalsperren (Lütsche, Noßbach, Krebsbach, Greiz-Dölau, Roth II, Engerda, Triptis, Hohenleuben , Auma/Eisenhammer, Haina, Buchenhof) liegen identische Eigentums- und Nutzungsverhältnisse vor. Zu 2.: Die TFW berichtet dazu, dass an 24 Brauchwassertalsperren fremdes Grundeigentum im Stauraum beansprucht und ein Aufkauf angestrebt wird. An den Talsperren Dachwig, Tüngeda/Wangenheim und dem Speicher Friemar wird im Rahmen bereits angeordneter Flurbereinigungsverfahren die Fremdinanspruchnahme aller überstauten Grundstücke durch den Flächenankauf der betroffenen Grundstücke geregelt. Zur Talsperre Heyda wird nach Vorliegen der Voraussetzungen mit der Anordnung eines Flurbereinigungsverfahrens noch in 2016 gerechnet. Für die Talsperren Wechmar, Frohndorf und Seebach ist der Antrag auf Flurbereinigung beim zuständigen Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gotha (ALF) gestellt. Aufgrund fehlender Kapazitäten war und ist das ALF auch in den nächsten Jahren nicht in der Lage, die Anträge zu bearbeiten. Dennoch wird auch zu den Talsperren Hopfgarten, Vippachedelhausen (teilweise), Bachra und den Speichern Lauter und Jüchsen aufgrund des hier hohen Flächenbedarfs der Antrag auf Flurbereinigung gestellt werden. Weiterhin liegen die Talsperren Großbrembach, Vieselbach, Vippachedelhausen (teilweise), Großengottern und Schwickershausen im Verfahrensgebiet von Flurbereinigungsverfahren, die durch Dritte im Rahmen von Verkehrsprojekten beantragt wurden. In diesem Zusammenhang kommen auch die nicht identischen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse fremd beanspruchter überstauter beziehungsweise überstaubarer Flächen ganz oder teilweise zur Regelung. Unabhängig von Flurbereinigungsverfahren wurden seitens der TFW zuletzt zu den überstauten beziehungsweise überstaubaren Flächen der Speicher Schwerstedt, Greußen, Heßberg, Neuhof, Westhausen, Römhild und Eckardts der beabsichtigte Aufkauf gegenüber den Grundstückseigentümern erklärt. Zum Speicher Roth I ist der Rückbau vorgesehen. Der Einstau des Beckenraumes ist bereits seit Jahren eingestellt. Über einen Flächenaufkauf wird im Zuge der Bauvorhabenplanung entschieden. Die TFW sieht eine grundlegende Notwendigkeit der Regelung der Eigentums- und Nutzungsverhältnisse fremd beanspruchter überstauter beziehungsweise überstaubarer Flächen. Diese sei nicht nur bezogen auf eine bestimmte Stauanlage. Sind Eigentums- und Nutzungsverhältnisse ungleich, birgt dies ein Risikopotenzial für die TFW, etwa bei der Durchsetzung des vorgegebenen Stauregimes, bei der Durchführung notwendiger Bauvorhaben an der Stauanlage und hinsichtlich der ansonsten nicht beeinflussbaren Entwicklung einer ungeregelten Naherholung. Der Aufkauf wird seitens der TFW favorisiert, weil damit die höchste Sicherheit gegeben ist, die nach dem ThürF- WG übertragenen Aufgaben uneingeschränkt zu erfüllen und die Belange, insbesondere die Erhaltung der Sicherheit der Stauanlagen durchsetzen zu können. Gerade die Sicherheitsaspekte werden nicht selten durch die weiteren Nutzer an den Gewässern der Stauanlagen missachtet. 3 Drucksache 6/2735Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Gemäß der Antwort zur Frage 2 handelt es sich um ein grundlegendes, bei allen genannten Anlagen vorhandenes Risikopotenzial. Ein darüber hinausgehendes zusätzliches Risikopotenzial an einzelnen Talsperren kann nicht abgegrenzt werden. Ansonsten wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. Die TFW betont jedoch, dass wegen der allen Talsperren zukommenden Bedeutung im Hochwasserfall fehlende Zugriffsmöglichkeiten durchgängig ein besonders hohes Risikopotenzial darstellen. Zu 4.: Die TFW berichtet, dass bisher 22 Grundstückseigentümer zu 39 Grundstücken mit einer Fläche von insgesamt 18,433 Hektar den Aufkauf verlangt haben. Zu 5.: Die hier in Rede stehenden Stauanlagen werden gänzlich nach § 17 Abs. 2 ThürFWG vom Freistaat Thüringen finanziert. Der jährliche Finanzbedarf wird über die Wirtschaftsplanungen aufgenommen und entsprechend § 17 Abs. 2 ThürFWG vom Freistaat Thüringen zur Verfügung gestellt. Zu 6.: Bereits das Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz selbst sieht mit den Regelungen des § 13 Abs. 1 die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen vor. Für den freiwilligen Grundstücksankauf finden diese gesetzlichen Regelungen jedoch ohnehin keine Anwendung. Die TFW ist als Anstalt öffentlichen Rechts hinsichtlich der Höhe möglicher Grundstückserwerbszahlungen uneingeschränkt den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie dem Gleichbehandlungsprinzip unterworfen. Zu 7.: Die TFW berichtet, dass sie nicht beabsichtigt, eine Regelung der Rechtsverhältnisse an den Talsperren auch gegenüber Grundstückseigentümern, die kein Interesse an einem Verkauf haben, durchzusetzen. Die Neuregelung des Eigentums im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren bleibt hiervon unberührt. Siegesmund Minsterin Beabsichtigte Ankäufe von Grundstücken in von Talsperren überstauten Bereichen durch die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: