12.10.2016 Drucksache 6/2804Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. Oktober 2016 Situation von Rechtsreferendaren in Thüringen Die Kleine Anfrage 1329 vom 16. August 2016 hat folgenden Wortlaut: Durch das von den regierungstragenden Fraktionen initiierte Gesetz zur Änderung der Rechtsverhältnisse im juristischen Vorbereitungsdienst wurde die Ausbildungsvergütung der Thüringer Rechtsreferendare massiv gekürzt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Anzahl der Rechtsreferendare seit dem Jahr 2008 entwickelt (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 2. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung über die Höhe der Ausbildungsvergütung von Rechtsreferendaren in anderen Bundesländern vor (bitte Vergütungen der anderen Bundesländer einzeln auflisten)? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Höhe der Vergütung, die den Rechtsreferendaren in Thüringen im Vergleich zu Rechtsreferendaren in anderen Bundesländern gewährt wird? 4. Welche Prognosen liegen der Landesregierung zum Fachkräftebedarf von Juristen in den nächsten fünf Jahren vor? 5. Wie hoch wird nach Ansicht der Landesregierung der Bedarf an Juristen in den nächsten fünf Jahren sein (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 6. Welche Prognosen liegen der Landesregierung zu dem Bedarf an Rechtsreferendaren vor, um die Absicherung des Fachkräftebedarfs im Öffentlichen Dienst und wenn möglich darüber hinaus in den nächsten fünf Jahren in Thüringen gewährleisten zu können? 7. Wie hoch wird nach Ansicht der Landesregierung die Anzahl von benötigten Rechtsreferendaren in den nächsten fünf Jahren sein, um den Fachkräftebedarf im Öffentlichen Dienst und wenn möglich darüber hinaus in Thüringen decken zu können (bitte nach Jahresscheiben auflisten)? 8. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Bedarf an Rechtsreferendaren im Öffentlichen Dienst zu decken? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Muhsal (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2804 9. Wie beurteilt die Landesregierung die Attraktivität des Freistaats Thüringen für Rechtsreferendare? Welche Standortvor- und -nachteile für Rechtsreferendare sieht die Landesregierung jeweils (bitte getrennt voneinander auflisten)? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 12. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Entwicklung der Zahl der Rechtsreferendare ist folgender Übersicht zu entnehmen: Einstellungsjahr Zahl der Einstellungen 2008 89 2009 99 2010 135 2011 102 2012 101 2013 128 2014 77 2015 82 2. Mai 2016 25 1. November 2016 27 vorgesehen Zu 2.: Thüringen hatte im Rahmen einer Länderumfrage um Mitteilung der jeweiligen Nettobeträge für unverheiratete , kinderlose Rechtsreferendare ohne Kirchensteuerpflicht gebeten. Die von den Ländern daraufhin mitgeteilten Daten ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle (Stand: 19.08.2016): Land Unterhaltsbeihilfe brutto in Euro Unterhaltsbeihilfe netto in Euro Zuschläge in Euro: (Art und Höhe des Zuschlags) Baden- Württemberg 1.182,51 1.010,69 (ledig, kinderlos, ohne Kirchensteuerpflicht, wobei unterstellt wird, dass ein zusätzlicher Beitragssatz zur Krankenversicherung von ein Prozent abgeführt wird) ehebezogener Teil des Familienzuschlags : 136,85 kinderbezogener Teil des Familienzuschlags : für das 1. und 2. Kind jeweils 119,66 für das 3. und jedes weitere Kind jeweils 361,26 Bayern 1.232,08 1.043,49 (LStKl I, konfessionslos und AN-Anteil an KK von 8,50 Prozent) a) Verheiratetenzuschlag: 129,08 brutto b) Kinderzuschlag für das 1. und 2. Kind: 110,38 brutto Berlin 1.138,50 Erhöhung der Beträge um 2,8 Prozent ab 1. August 2016 circa 975,00 Familienzuschlag Stufe 1: 120,30 Familienzuschlag 1. und 2. Kind: 102,90 Familienzuschlag ab 3. Kind: 320,64 Brandenburg 1.288,89 Höhe der Abzüge nicht bekannt (kein Zuschlag bei Heirat) Familienzuschläge nur noch für Kinder: erstes und zweites Kind: je 145,66 drittes und jedes weitere Kind: je 333,13 Bremen 1.163,61 987,00 (LStKl I) Zuschlag bei Verheirateten: 128,96 Zuschlag bei einem Kind: 110,28 3 Drucksache 6/2804Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Land Unterhaltsbeihilfe brutto in Euro Unterhaltsbeihilfe netto in Euro Zuschläge in Euro: (Art und Höhe des Zuschlags) Hamburg 988,38 866,- (abhängig von der Höhe der Krankenkassenbeiträge ) Kinderzuschlag: Stufe 1: 126,68 Stufe 2: 235,00 Zweites Kind: +108,32 ab 3. Kind: +334,73 Hessen 1.030,00 908,33 (LStKl I) Familienzuschlag für Verheiratete : 105,28 Kinderbezogener Familienzuschlag für ein Kind: 90,05 Mecklenburg- Vorpommern 950,00 (ab 1. September 2016: Erhöhung um zwei Prozent ) 838,33 (LStKl I) Fam.zuschl. Stufe 1: 123,94 Stufe 2: 229,97 weiteres Kind: +106,03 ab 3. Kind: +271,46 Niedersachsen 1.139,77 1.010,98 (LStKl I, fiktiv AN-Anteil KK 8,5 Prozent ) RV entfällt wegen Gewährleistung der Versorgung Familienzuschläge: Stufe 1: 129,20 brutto (verheiratet, Ehegatte nicht im öffentl. Dienst; zur Hälfte, wenn Ehegatte im öffentl . Dienst) Stufe 2: +110,47 brutto jeweils für das 1. und 2. Kind +302,50 brutto jeweils für das 3. und jedes weitere zu berücksichtigende Kind Nordrhein-Westfalen 1.155,17 (ab 1. August.2016) 987,03 (LStKl I einschl. Kirchensteuer, ledig, 25 Jahre, kleinere Unterschiede je nach gewählter Krankenkasse) Familienzuschlag: Stufe 1: 128,46 Stufe 2: 238,29 bei mehr als einem Kind Erhöhung des Familienzuschlags für das 2. zu berücksichtigende Kind um 109,83, für das 3. und jedes weitere zu berücksichtigende Kind um 342,23 Rheinland-Pfalz 1.133,23 976,32 (LStKl I, je nach gewählter Krankenkasse ) Familienzuschlag Partner 63,94 Stufe 1: 243,33 Stufe 2: 422,72 Stufe 3: 774,82 (ab dem 3. Kind Steigerungsbetrag 352,10, vorher 179,39 pro Kind) Saarland 1.091,26 942,44 (LStKl I) Zuschläge für Familie und Kinder (Höhe nicht bekannt) Sachsen 1.265,20 959 (abhängig von der gewählten Krankenkasse) Familienzuschlag: 128,96 Kind Stufe 2: 142,53 Sachsen-Anhalt 1.141,75 Nettobeträge ohne Kirchensteuer (wird beeinflusst durch die Frage, ob die jeweilige Krankenkasse einen Zusatzbeitragssatz erhebt oder nicht): 894,83 bei AOK Sachsen-Anhalt, bei der der o.a. Satz 0,3 Prozent beträgt887,98 bei den meisten anderen Kassen, bei denen der o.a. Satz 0,9 Prozent beträgt Familienzuschlag Stufe 1: 128,96 Stufe 2: 239,24 zweites Kind: 110,28 ab drittem Kind: 343,59 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2804 Land Unterhaltsbeihilfe brutto in Euro Unterhaltsbeihilfe netto in Euro Zuschläge in Euro: (Art und Höhe des Zuschlags) Schleswig-Holstein 1.164,79 994,72 (LStKl I, evangelisch ) kindbezogener Zuschlag 109,20 pro Kind, wenn Anspruch zu 100 Prozent besteht; ggf. nur 50 Prozent Anspruch, wenn zweiter Elternteil ebenfalls Anspruch hat Thüringen 1.100,00 860,00 (LStKl I) Kinderzuschlag:erstes und zweites Kind je 118,63 (ab 1. September 2016 je 121,12) drittes und jedes weitere Kind je 357,73 (ab 1. September 2016 je 365,24) Zu 3.: Die von den Ländern mitgeteilten Nettobeträge sind nicht immer vergleichbar, zumal diese je nach gewählter Krankenkasse unterschiedlich sind, und weil sie sich zum Teil auf konfessionslose Rechtsreferendare und zum Teil auf Referendare mit Kirchensteuerpflicht beziehen. Es ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, sämtliche "Nettobetragsvarianten" oder gar einen Durchschnittswert für jedes Land zu ermitteln. Die relativ hohe Differenz in Höhe von circa 240,00 Euro zwischen dem Brutto- und dem Nettoeinkommen in Thüringen ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass Rechtsreferendare in Thüringen nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI rentenversicherungspflichtig sind. Eine Gewährleistungsentscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 4 SGB VI wurde in Thüringen im Gesetzgebungsverfahren bewusst nicht getroffen , sodass keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Bei einem unverheirateten kinderlosen Rechtsreferendar werden monatlich circa 114 Euro Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Zu 4.: Der voraussichtliche Bedarf an Volljuristen für das Ressort des TMMJV in den nächsten fünf Jahren beläuft sich auf 105 Volljuristen. Über den Geschäftsbereich des TMMJV hinaus können keine Prognosen getroffen werden. Zu 5.: Für die nächsten fünf Jahre werden im Bereich des Thüringer Justizdienstes folgende Bedarfe prognostiziert: 2017: 15 Volljuristen, 2018: 25 Volljuristen, 2019: 15 Volljuristen, 2020: 30 Volljuristen, 2021: 20 Volljuristen. Über den Geschäftsbereich des TMMJV hinaus können keine Prognosen getroffen werden. Zu 6.: Zum Bedarf an Rechtsreferendaren liegen keine Prognosen vor, da zur Absicherung des Fachkräftebedarfes auf Bewerber des gesamten Bundesgebietes zurückgegriffen wird. Neben Assessoren, die ihr Referendariat gerade absolviert haben, greift die Justizverwaltung bei Neueinstellungen auch auf Bewerber zurück, die schon über eine gewisse Berufspraxis (etwa als Rechtsanwalt) verfügen. Zu 7.: Siehe hierzu die Antwort 6 Zu 8.: Gemäß § 5 DRiG müssen alle Rechtsreferendare nach einem zweijährigen Vorbereitungsdienst (§ 5b DRiG) eine zweite Staatsprüfung erfolgreich ablegen, um Volljurist zu werden. Eine der Pflichtstationen im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes ist die Verwaltungsstation. Die Leiter der Arbeitsgemeinschaf- 5 Drucksache 6/2804Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ten klären die Rechtsreferendare darüber auf, dass es möglich ist, die Verwaltungsstation in der Thüringer Landesregierung zu absolvieren. Zu 9.: Der Landesregierung sind keine Standortnachteile bekannt. Die hervorragende Infrastruktur, die Lage in der Mitte Deutschlands und Europas sowie eine exzellente Forschungs- und Hochschullandschaft machen Thüringen mehr und mehr zu einem attraktiven Investitionsstandort , was Unternehmen aus aller Welt bereits zu schätzen wissen. Aber auch durch seine reizvolle und vielfältige Kultur, attraktive familienfreundliche Städte und Gemeinden sowie seine einzigartige Landschaft bietet Thüringen ein hohes Maß an moderner Lebensqualität - Gründe, bereits während der Ausbildung hier Fuß zu fassen. Die gute Ausbildung und die hervorragenden Ausbildungsbedingungen sprechen dafür, das Referendariat in Thüringen zu machen, zudem das ansprechende Umfeld im Freistaat Thüringen. Rechtsreferendare werden von qualifizierten Ausbildern mit hohem Engagement auf die Ansprüche des späteren Berufslebens vorbereitet . Die Gruppengröße in den Arbeitsgemeinschaften ist relativ gering. Das Thüringer Justizprüfungsamt legt zudem Wert auf moderne, zeit- und praxisgerechte Ausbildungsmittel. So steht allen Thüringer Rechtsreferendaren sowohl ein Zugang zur Online-Datenbank JURIS als auch zu einem internetgestützten Lernprogramm , ELAN-REF, zur Verfügung. Neben der regelmäßigen Ausbildung werden zusätzlich Fortbildungsveranstaltungen angeboten, so ein Europarechtslehrgang, der die Kompetenz angehender Juristen im Hinblick auf die Einflüsse des Europarechts auf das nationale Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht stärken soll, oder besondere Veranstaltungen zum strafrechtlichen Revisionsrecht. Lauinger Minister Situation von Rechtsreferendaren in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: