28.10.2016 Drucksache 6/2919Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 24. November 2016 Betreuung von Kindern mit Förderbedarf in Thüringer Schulhorten Die Kleine Anfrage 1471 vom 15. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Viele Schülerinnen und Schüler mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf sind auf die Hilfe von Integrationshelfern, auch Schulbegleiter genannt, angewiesen, um den Schulalltag zu meistern. Dabei handelt es sich um einen individuellen Rechtsanspruch, der sich gegen den örtlichen Sozialhilfeträger oder gegen den örtlichen Jugendhilfeträger richtet. Während die Leistungen der Integrationshelfer im Unterricht gesetzlich geregelt sind, ist eine Unterstützung während des Aufenthalts im Schulhort nicht verbindlich vorgesehen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist die Betreuung von Kindern mit Förderbedarf in Thüringer Schulhorten geregelt? 2. Welche Qualifikationsanforderungen werden für die Betreuung von Kindern mit Förderbedarf an das Hortpersonal gestellt? 3. Inwieweit können beziehungsweise werden im Hort Integrationshelfer/Schulbegleiter für Kinder mit Förderbedarf eingesetzt? 4. Liegen der Landesregierung Informationen über Probleme bei der Betreuung von Kindern mit Förderbedarf im Hort vor und wenn ja, welche Veränderungen sind geplant? 5. Welche entsprechenden Ausbildungs- beziehungsweise Weiterbildungsmaßnahmen für das Hortpersonal werden angeboten und durchgeführt? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Gemäß § 10 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz besteht für Grundschulkinder ein Anspruch auf Förderung in einem Hort an einer Grundschule oder Gemeinschaftsschule. Der Besuch der Horte ist freiwillig. Dieses Angebot an Ganztagesbetreuung an den Grund- oder Gemeinschaftsschulen verfolgt das Ziel, eine ergänzende und unterrichtsunterstützende Bildung, Betreuung und Förderung der Kinder anzubieten. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2919 Zu 2.: Spezifische Qualifikationsanforderungen gibt es nicht. Die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher in Thüringen ist als Breitbandausbildung angelegt mit dem Ziel, sie für verschiedene sozialpädagogische Tätigkeitsfelder zu qualifizieren. Auf die Beantwortung der Frage I.14 der Großen Anfrage der Fraktion der CDU "Kinder und Jugendliche in Thüringen" (Drucksache 6/2051) wird verwiesen. Zu 3.: Der Einsatz von Integrationshelfern/Schulbegleitern ist als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung eine Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII oder SGB XII. In Abhängigkeit der Behinderungsart können bei Vorliegen der individuellen Voraussetzungen Integrationshelfer/Schulbegleiter eingesetzt werden: • wesentliche geistige und körperliche Behinderung: § 53 Abs. 1 SGB XII; Zuständigkeit: Sozialhilfeträger • Seelische Behinderung: § 35a SGB VIII; Zuständigkeit: Jugendhilfeträger Der Einsatz eines Integrationshelfers/Schulbegleiters ist nur möglich, wenn 1. neben dem Vorliegen einer Behinderung bzw. drohenden Behinderung i. S. v. §§ 53 SGB XII und § 35a SGB VIII und 2. auch die gesellschaftliche Teilhabe beeinträchtigt ist. Diese Einschränkung der gesellschaftlichen Teilhabe wird ausschließlich durch den jeweils zuständigen Sozialleistungsträger (Jugend- oder Sozialamt) festgestellt. Ein (sonderpädagogischer) Förderbedarf stellt keine Behinderung im Sinne des SGB XII bzw. SGB VIII dar. Insofern kann durchaus ein sonderpädagogischer Förderbedarf bestehen, ohne dass ein Eingliederungshilfebedarf nach dem SGB XII und SGB VIII besteht. Bei Vorliegen der individuellen Voraussetzungen kann gegenüber dem Jugend- bzw. Sozialhilfeträger ein Anspruch auf Kostenübernahme für den Einsatz eines Integrationshelfers während des Hortbesuchs bestehen. Die Inanspruchnahme eines Integrationshelfers/Schulbegleiters während eines Hortbesuchs gehört in der Regel nicht zur Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, da ein Hortbesuch nicht erforderlich ist, damit ein Schüler eine angemessene Schulbildung erreichen kann. In begründeten Einzelfällen - insbesondere bei medizinischer Indikation - kann ein Hortbesuch jedoch auch erforderlich sein, um eine angemessene Schulbildung zu erreichen. Die Inanspruchnahme eines Integrationshelfers während des Hortbesuchs kann eine Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftliche und kulturellen Leben sein, soweit diese Maßnahme geeignet und erforderlich ist, die Begegnung und den Umgang des Hilfeempfängers mit nicht behinderten Menschen zu fördern (§§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 58 SGB IX bzw. § 35a SGB VIII i. V. m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 58 SGB IX). Allerdings werden seitens des Sozialhilfeträgers diese Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben nur einkommens- und vermögensabhängig gewährt. Es wird geprüft, inwieweit dem Hilfeempfänger die Übernahme der Kosten aus eigenen Mitteln zugemutet werden kann. Im Rahmen der Jugendhilfe erfolgt keine Kostenheranziehung der Eltern. Zu 4.: Der Landesregierung liegen keine konkreten Informationen vor. Zu 5.: Zur Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher in Thüringen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. Im Rahmen der Qualifizierungsoffensive "Inklusive Bildung" bietet das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung , Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) für staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher einen Zertifikatskurs* "Förderung im Kontext Inklusion" an, der zu professionellem Handeln im Gemeinsamen Unterricht befähigt. Sowohl die Inhalte des Kurses als auch die didaktisch-methodische Gestaltung orientieren sich an den Bedarfen des Gemeinsamen Unterrichts. Das bedeutet insbesondere, dass der Kurs die Handlungsoptionen der Erzieher im Kontext eines inklusiv gestalteten Unterrichts in den Blick nimmt. Der Kurs ist modularisiert und umfasst 90 Veranstaltungstage, welche sich je zur Hälfte in Theorie- und Praxisteile gliedern. Die Seminare finden als zentrale Veranstaltungen am ThILLM statt; die Übungen werden 3 Drucksache 6/2919Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode in Kleingruppen an den Einsatzschulen vor Ort absolviert, sodass auf diese Weise eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis entsteht. Explizit für die Erzieherinnen im Bereich der frühkindlichen Bildung (Kindertageseinrichtungen und Grundschulen ) wurden folgende Veranstaltungsreihen durchgeführt und werden weiterhin angeboten: • Arbeit mit traumatisierten Kindern/Familien • DIVERSITY-Training:Welche Herausforderungen und Zugewinne bringen soziale Vielfalt und Diversität mit sich? • Entspannungspädagogik Ziel des Kurses ist die Sensibilisierung, das Erlernen und die Umsetzung eines langfristigen und effektiven Selbstmanagements, um körperlicher und emotionaler Anspannung entgegenzuwirken und dabei die sozialen Bedürfnisse von Pädagogen sowie von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in Kindertageseinrichtungen und Schulen in den Blick zu nehmen und wertzuschätzen. Dr. Klaubert Ministerin Endnote: * detaillierte Informationen zum Qualifizierungskonzept und zu Modulen unter: http://www.schulportal-thueringen.de/ gemeinsamer_unterricht/qualifizierungsoffensive