02.11.2016 Drucksache 6/2931Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. November 2016 Armut bekämpfen - Armutsprävention stärken 1. Die Landesregierung wird gebeten zu berichten: a) über das Ausmaß von Armut in Thüringen und die Lebenslagen der davon betroffenen Bevölkerung, insbesondere zur Kinder- und Jugendarmut einschließlich der Inanspruchnahme des Bildungsund Teilhabepaketes sowie zur Altersarmut und zur Situation von Ein-Eltern-Familien, b) über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der Personengruppen und der regionalen Entwicklungen, c) über die Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung atypischer Beschäftigungsformen, d) über die Lohnentwicklungen unter Berücksichtigung der Lohnunterschiede von Frauen und Männern und der Entwicklung seit Einführung des Mindestlohnes, e) über die Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktförderung, insbesondere der Landesprogramme, bei der Integration in Arbeit und Bekämpfung von Armut, f) über die Schwerpunkte innerhalb der operationellen Programme der europäischen Strukturfonds, insbesondere des ESF, zur Armutsprävention und Armutsbekämpfung und deren Umsetzung, g) über die im Bundesrat ergriffenen Initiativen zur Armutsbekämpfung , insbesondere zur Angleichung der Ostrenten an die Westrenten , zur Verbesserung des Rentensystems und zur Verbesserung des gesetzlichen Krankenschutzes, h) über die im Bereich der Bildung und der Kinder- und Jugendhilfe bestehenden Angebote zur Armutsprävention und Armutsbekämpfung und deren Wirksamkeit, i) über die im Bereich der Wohnungsbauförderung, Städtebauförderung und Dorferneuerung ergriffenen Maßnahmen zur Sicherung von preiswertem Wohnraum und der Gewährleistung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, j) wie im Thüringer Bildungssektor die Personal- und Mittelzuweisung an Sozialindikatoren sowie an sozialen Bedarfen orientiert werden kann, k) wie Schulabstinenz und Schulabbrüche aufgrund individueller sozialer Rahmenbedingungen vermieden werden können und welche Programme und Initiativen der Landesregierung erfolgreich sind, l) welche direkten finanziellen Leistungen für Kinder und Jugendliche an Eltern gezahlt werden und wie diese zur Abwendung von Armut von Kindern und Jugendlichen beitragen, m) welche Handlungsansätze zur Vermeidung von Kinderarmut sich aus Sicht der Landesregierung ergeben. A n t r a g der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/2931 2. Die Landesregierung wird gebeten sich einzusetzen: a) die Arbeitsmarktförderung des Landes in enger Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit kontinuierlich zu evaluieren und die Zielgruppen weiterhin verstärkt zu fördern, die in besonderem Maße am Arbeitsmarkt benachteiligt sind - insbesondere Langzeitarbeitslose , Alleinerziehende, benachteiligte junge Menschen, ältere Arbeitnehmer und Migranten, b) die familienunterstützende Infrastruktur in den Kommunen mit dem Ziel zu fördern, für familiengerechte und vergleichbare Lebensbedingungen zu sorgen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere angesichts der demographischen Entwicklungen zu verbessern und damit zur Fachkräftesicherung beizutragen , das Zusammenleben der Generationen zu stärken, gesellschaftliche Teilhabe unabhängig vom Einkommen und Alter und das Altern in Würde im gewohnten Umfeld zu ermöglichen, und insbesondere Alleinerziehende zu unterstützen, c) die Kommunen beim Aufbau und der Weiterentwicklung einer integrierten Sozialplanung zur Sicherung einer bedarfsgerechten Jugend-, Bildungs-, Gesundheits-, Pflege- und Sozialinfrastruktur und bei der Entwicklung von Armutspräventionsstrategien zu fördern und zu unterstützen, d) zur Vermeidung von Lohndumping alle Förder- und Vergabemaßnahmen des Landes mit dem Ziel zu überprüfen, Mindeststandards guter, tarifvertraglich geregelter Arbeit zu regeln - zum Beispiel durch Verankerung von Mindestentlohnungen, e) zur Vermeidung von Lohndumping im Bereich der Sozialwirtschaft bei der Vergabe von Dienstleistungen an freie Träger beim Land und den Kommunen im Rahmen des sogenannten Subsidiaritätsgebotes darauf zu achten, dass die Vergabe nicht im Sinne eines Schlechterstellungsgebotes missbraucht wird, f) für den flächendeckenden Ausbau der Thüringer Gemeinschaftsschule als leistungsstarke und sozial gerechte Schulart sowie der schulbezogenen Jugendsozialarbeit, g) für die personellen, sächlichen und räumlichen Voraussetzungen sowohl für den Ausbau von Ganztagsangeboten in der Primar - und Sekundarstufe an den Thüringer Schulen, als auch für die Weiterentwicklung des Schulwesens in Thüringen hin zu einem inklusiven Schulwesen. 3. Die Landesregierung wird gebeten, auf Bundesebene aktiv zu werden: a) für ein bundeseinheitliches Rentensystem, welches nachhaltig, generationengerecht und armutsfest ist, b) für die Einführung einer aus dem Bundeshaushalt finanzierten Mindestrente, um sicherzustellen, dass Geringverdienende, Erwerbstätige in Teilzeit oder mit unterbrochenen Erwerbsbiografien als langjährig Versicherte im Alter ein armutsfestes Einkommen erhalten, c) für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Blick auf die besonderen Bedürfnisse von Alleinerziehenden einen Anspruch auf befristete Teilzeit zu schaffen, eine finanzielle geförderte Familienarbeitszeit einzuführen und ein Lohngerechtigkeitsgesetz für die Entgeltgleichheit zu schaffen, d) für die Verbesserung der Unterhaltssituation für Alleinerziehende und ihren Kindern, in dem die Altersgrenze von derzeit zwölf auf 18 Jahre ausgeweitet wird und die zeitliche Befristung des Unterhaltsvorschusses von maximal 72 Monaten entfällt, diese Erweiterungen der Leistungen sollen vollständig und nachhaltig vom Bund getragen werden, 3 Drucksache 6/2931Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode e) für die Einführung eines Umgangsmehrbedarfes für Kinder getrennt lebender Eltern im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, um Nachteile für Alleinerziehende zu verhindern sowie f) um die positiven Errungenschaften des Mindestlohns zu verstärken . Begründung: Mehr als 350.000 Menschen in Thüringen leben an oder unterhalb der Armutsschwelle. In den vergangenen Jahren hat sich die Armutsquote in Thüringen damit auf hohem Niveau stabilisiert. Thüringen liegt im bundesweiten Vergleich der Länder mit der Armutsquote an 11. Stelle und weist unter den jungen Bundesländern die geringste Armutsquote auf. In den Thüringer Regionen stellt sich die Armutsentwicklung unterschiedlich dar. Am stärksten von Armut bedroht sind die Alleinerziehenden , die Erwerbslosen, sowie Rentnerinnen und Rentner. Die Landesregierung wird gebeten, über die bisher ergriffenen und eingeleiteten , die künftig geplanten Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und Armutsprävention in Thüringen sowie über die Initiativen auf Bundesebene zu berichten. Zudem wird die Landesregierung gebeten, sich mittels konkreter Vorhaben im Bereich Arbeit, Familienunterstützung, integrierter Sozialplanung und Bildung für Armutsbekämpfung und -prävention einzusetzen. Auch auf Bundesebene sind konkrete Maßnahmen notwendig, um der Armut entgegenzuwirken. Deshalb wird die Landesregierung gebeten, auf Bundesebene aktiv zu werden. Für die Fraktion DIE LINKE: Für die Fraktion der SPD: Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Blechschmidt Marx Rothe-Beinlich Armut bekämpfen - Armutsprävention stärken 1. Die Landesregierung wird gebeten zu berichten: 2. Die Landesregierung wird gebeten sich einzusetzen: 3. Die Landesregierung wird gebeten, auf Bundesebene aktiv zu werden: Begründung: