25.11.2016 Drucksache 6/3088Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 20. Dezember 2016 Einschränkung der Nutzung von Grundwasser in der Gemeinde Unterbreizbach im Umfeld einer Kalirückstandshalde Die Kleine Anfrage 1534 vom 27. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 33/2016 wurden die "Allgemeinverfügung des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Einschränkung der Nutzung von Grundwasser in der Gemeinde Unterbreizbach, Wartburgkreis" sowie die "Verordnung des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Regelung des Gemeingebrauches an dem Gewässer 2. Ordnung 'Wolfsgraben' in der Gemeinde Unterbreizbach, Wartburgkreis" veröffentlicht. Beide Anordnungen resultieren aus Beprobungen von Grundwasser und an der Oberfläche austretendem Quellwasser im Umfeld der von der K+S Kali GmbH betriebenen Rückstandshalde Hattorf. "Die beprobten Wässer zeigen neben hohen Salzkonzentrationen auch zum Teil Schwermetallkonzentrationen , die weit über den zur orientierenden Bewertung herangezogenen Geringfügigkeitsschwellen (GFS) gemäß LAWA-Publikation 2004 'Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser' liegen." Die Untersagung der Entnahme von Grundwasser und der erlaubnisfreien Gewässerbenutzungen (Gemeingebrauch ) werden mit Vorsorge vor der Verfrachtung in andere Umweltmedien sowie dem Schutz der Bevölkerung vor Kontakt oder einer indirekten Aufnahme der schwermetallbelasteten Wässer begründet. Einem Bericht zur Thematik in der "Hessenschau" am 25. September 2016 zufolge seien die im Grundwasser befindlichen Schwermetalle infolge des Herauslösens aus der Ton- und Lehmschicht unter der Halde verursacht worden. Dies sei den Thüringer Behörden bereits seit dem Jahr 2011 bekannt gewesen. Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchen Quellen stammen nach Kenntnis der Landesregierung die eingangs beschriebenen Schwermetalleinträge ? 2. Kann ausgeschlossen werden, dass Schwermetalle aus dem Versatz mit Filterstäuben in die Umwelt ausgetragen werden? 3. Auf welche Weise kann künftig die Weiterführung der belasteten Wässer über den "Wolfsgraben" in die Ulster vermieden werden? 4. Unter welchen Voraussetzungen können sowohl die eingangs erwähnte Allgemeinverfügung als auch die Verordnung, die offenbar "zeitweilig" beziehungsweise "vorübergehend" gelten sollen, wieder außer Kraft treten und welche Maßnahmen werden hierfür eingeleitet? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kummer (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3088 5. Welche Behörde kannte die Schwermetallbelastung seit wann und warum erfolgte die Allgemeinverfügung des Thüringer Landesverwaltungsamtes erst jetzt, obwohl den Thüringer Behörden diese Problematik nach dem Bericht in der "Hessenschau" am 25. September 2016 bereits seit dem Jahr 2011 bekannt gewesen sein soll? 6. Werden die Haldenabwässer über den zwischen Thüringen und Hessen bestehenden Laugenverbund mit entsorgt? 7. Worin können nach Kenntnis der Landesregierung die Gründe liegen, dass die enorme Schadstoffbelastung des Grundwassers nicht früher auftrat oder festgestellt wurde? 8. Können aus der Konzentration von einigen Schwermetallen (zum Beispiel Quecksilber, Cadmium, Kupfer , Nickel, Blei, Zink) im Abwasser aus der Halde Hattorf, welches in das Werk Werra verbracht wird und bei dem die Konzentrationen der oben genannten Schwermetalle um ein Mehrfaches höher sein sollen als im Vergleich dazu in den Abwässern des Werks Werra (vergleiche Drucksache 18/2619 des Hessischen Landtags), gegebenenfalls besondere Grundwasserbelastungen in Unterbreizbach resultieren und wie begründet die Landesregierung dies? 9. Wie stellt sich die Schadstoffbelastung im Umfeld der Halde Heringen, nahe der hessisch-thüringischen Grenze, dar? Müssen hierfür gegebenenfalls auch Vorkehrungen zum Schutz von Umweltgütern und der Bevölkerung getroffen werden und wenn ja, welche? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. November 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es liegen Analysenergebnisse für das gefasste Haldensickerwasser der Kalirückstandshalde Hattorf, die Quellaustritte auf Thüringer Seite der Halde und von Grundwasserbeobachtungsrohren (tiefer gelegener Hauptgrundwasserleiter und oberflächennaher schwebender Grundwasserleiter) vor. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungsergebnissen ist der Hauptgrundwasserleiter von einer Schwermetallbelastung nicht betroffen. Die Quellaustritte und die im schwebenden Grundwasserleiter verfilterten Grundwasserbeobachtungsrohre sind salzbelastet. Die Salzbelastung ist auf den Einfluss von Haldensickerwasser zurückzuführen. An den Messstellen des schwebenden Grundwasserleiters zeigt sich jedoch ein niedrigerer pH-Wert, verglichen mit dem gefassten Haldensickerwasser, welches unmittelbar am Haldenfuß gefasst wird und nicht durch den Untergrund gesickert ist. Das lässt darauf schließen, dass die in den Untergrund gelangenden salzhaltigen Haldensickerwässer die Schwermetalle aus den Bodenschichten durch Lösungsprozesse im Untergrund freisetzen könnten. Diese Zusammenhänge werden derzeit noch genauer untersucht. Zu 2.: Ja. Die genehmigte Verwertung von Abfällen als Versatz in der Grube Unterbreizbach fußt auf einem Langzeitsicherheitsnachweis , durch welchen der dauerhafte Abschluss dieser Abfälle von der Umwelt gutachterlich belegt ist. Zu 3.: Diese Wässer werden durch das Unternehmen mittlerweile vor dem Wolfsgraben gefasst. Sie fließen also nicht mehr der Ulster zu. Zu 4.: Die Nutzungseinschränkungen können ganz oder teilweise dann wieder aufgehoben werden, wenn die Beeinträchtigungen des Grundwassers und des Wolfsgrabens durch Haldensickerwasser abgestellt oder weitestgehend eingedämmt sind. 3 Drucksache 6/3088Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die hierzu eingeleiteten Maßnahmen sind • die punktuelle Fassung der Quellen 1, 3, 6, 7, 8 und 9 mit Abtransport der gefassten Wässer in die Fabrik Unterbreizbach zum Zwecke der Schwermetallbehandlung, • Vorbereitungsarbeiten zur Errichtung eines technischen Fassungssystems im östlichen Abstrom (Liniendrainage ), • Vorbereitung einer hydraulischen Sicherungsmaßnahme über 3 neue Brunnen im südlichen Ausbreitungspfad . Zu 5.: Erste auffällige Werte wurden Anfang 2010 bekannt, als die K+S KALI GmbH mit ihrem Jahresbericht 2009 die Ergebnisse einer orientierenden Untersuchung der Quellen 1, 2, 3 und 6 auf ausgewählte Schwermetalle den Thüringer Behörden (Thüringer Landesverwaltungsamt, Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie, Thüringer Landesbergamt) übersandte. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte die Ursachenforschung und Anpassung des Messnetzes und Parameterspektrums. Analysenergebnisse der Grundwassermessstellen hinsichtlich Schwermetalle liegen erstmalig vom Jahr 2012 vor, die im schwebenden Grundwasserleiter ebenso Schwermetallbelastungen aufzeigten. Mit Bescheid des Thüringer Landesbergamtes vom 01.07.2013 wurde das Unternehmen aufgefordert, den Eintrag von Sickerwasser ins Grundwasser zu unterbinden und unmittelbar im Haldenabstrom auftretende Wässer durch geeignete technische Maßnahmen zu fassen und so die Ausbreitung zu verhindern. Zudem wurde das Messstellennetz weiter verdichtet und die Entwicklung und Herkunft der Schwermetallbelastungen weiter untersucht. Mit Vorlage des Eigenkontrollberichtes für das Jahr 2015 im Jahr 2016 war behördlicherseits festzustellen , dass • die Salz-, Aluminium- und Schwermetallbelastung an den Quellen 1 und 3 sprunghaft angestiegen ist (bei Einzelparametern fand gegenüber dem Vorjahr eine Verdoppelung statt), • an den Grundwassermessstellen 9, 10 und 21 Höchststände der Salz-, Aluminium- und Schwermetallbelastung registriert wurden, • die an der Grundwassermessstelle 11 im 2. Halbjahr 2014 erreichten Höchststände der Salz-, Aluminium - und Schwermetallbelastung sich fundamentiert hatten. Darüber hinaus zeigten die im Juni 2016 übermittelten Analysenergebnisse der im Jahr 2015 neu aufgetretenen Quellen 7, 8 und 9 sofort hohe Salz-, Aluminium- und Schwermetallbelastungen. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Gewässerbeeinträchtigung wurden behördlicherseits (Thüringer Landesverwaltungsamt/Thüringer Landesbergamt) 1. präventive Nutzungseinschränkungen zum Schutz der Allgemeinheit verhängt, um Gefahren durch eine nicht vollständig auszuschließende Nutzung dieser Wässer zu verhindern, und 2. Sofortmaßnahmen im Rahmen der Gefahrenabwehr gegenüber dem Verursacher, der K+S KALI GmbH, verfügt. Zu 6.: Nein. Das Grabensystem um die Halde Hattorf führt die auf Thüringer Gebiet gefassten Haldenwässer in natürlichem Gefälle nach Hessen. Dort werden diese Wässer in das Betriebsregime des Werkes Hattorf genommen. Zu 7.: Die Schadstoffbelastung wurde nur im oberflächennahen schwebenden Grundwasserleiter und nicht im tiefer liegenden Hauptgrundwasserleiter festgestellt (siehe auch Antwort zur Frage 1). Das Messnetz zur Überwachung des Grundwassers (schwebender Grundwasserleiter und Hauptgrundwasserleiter ) wurde in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut (z. B. Neubau von zusätzlichen Grundwasserbeobachtungsrohren ). Dadurch konnten die Belastungen des Grundwassers sicherer ermittelt werden . Der allmähliche Anstieg der Salzbelastung der Quellaustritte (Quellen 1, 3 und 6) auf Thüringer Seite ist seit einigen Jahren zu beobachten. Die Schadstoffbelastungen selbst sind mit hoher Sicherheit auf Lösungsprozesse im Untergrund zurückzuführen . Gründe, warum die Schadstoffbelastung ab 2015 an einigen Stellen sprunghaft gestiegen ist, können derzeit nicht zweifelsfrei angegeben werden. Vermutet wird ein Zusammenhang mit dem Fortschritt der Aufhaldung der Rückstandshalde und den derzeit noch stattfindenden Setzungen des Haldenkörpers. Hierzu laufen noch weitere Untersuchungen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3088 Zu 8.: Aufgrund der ergriffenen Sofortmaßnahmen ist eine weitere Grundwasserbelastung in Unterbreizbach unwahrscheinlich . Das unmittelbar am Haldenfuß gefasste Haldensickerwasser wird gesammelt und in das Betriebsregime des Werkes Werra genommen (siehe Antwort zur Frage 6). Von dort wird es entweder in die Werra eingeleitet oder in den Untergrund auf hessischer Seite versenkt. Das aus den Quellen austretende, mit Schwermetallen belastete Haldensickerwasser wird im Rahmen der Sofortmaßnahmen an den Austrittsquellen gesammelt, in das Werk Unterbreizbach abtransportiert und dort entsorgt. Zur Ableitung des den Quellen auf Thüringer Seite zuströmenden Wassers ist vom Unternehmen die Errichtung einer Drainageanlage zwischen Haldenfuß und Quellaustritten vorgesehen. Nach der Fertigstellung der Drainageanlage wird das gesammelte Wasser in das Werksgelände des Werkes Werra abgefahren (LKW-Transport) und dort in Tanks zwischengestapelt. Parallel wird eine Fällungsanlage (chemische Fällung und Filtration) zur Entfernung der Schwermetalle errichtet. Zu 9.: Die Halde Heringen liegt vollständig auf hessischem Gebiet. Damit liegt die Zuständigkeit beim Land Hessen. Von den im Rahmen des Haldenmonitorings in Thüringen überwachten Messstellen zeigt eine Grundwassermessstelle (Hy Dankmarshausen 11/2012) Haldeneinfluss. Dieser führt zum Auftreten einer etwas erhöhten Mineralisation. Andere Parameter sind hingegen unauffällig. Über die Überwachung des Zustandes hinausgehende Vorkehrungen zum Schutz der Umwelt und der Bevölkerung sind auf Thüringer Territorium derzeit nicht erforderlich. Siegesmund Ministerin