02.12.2016 Drucksache 6/3146Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 23. Dezember 2016 Wandel des Bestattungswesens in Thüringen Die Kleine Anfrage 1566 vom 30. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Das Bestattungswesen in Deutschland befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch. Um dem wachsenden Bedürfnis in der Bevölkerung nach einer naturnahen Bestattung Rechnung tragen zu können, hat die Lan desregierung im Mai 2016 einen Gesetzentwurf zur Änderung bestattungsrechtlicher und waldrechtlicher Vorschriften in den Landtag eingebracht. Im Rahmen der Anhörung zu diesem Gesetzesvorhaben wurde auf verschiedene Risiken hingewiesen, die mit dem Ausbau naturnaher Bestattungsformen einhergehen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Friedhöfe gibt es aktuell in Thüringen und wie hat sich die Anzahl seit dem Jahr 2011 entwi ckelt (bitte nach Jahresscheiben seit dem Jahr 2011 aufschlüsseln)? 2. Welche Friedhofsträger sind neben Kommunen in Thüringen zugelassen (bitte nach einzelnen Religi ons- und Weltanschauungsgemeinschaften und Jahresscheiben seit dem Jahr 2011 aufschlüsseln)? 3. Welche Bestattungsformen sind in Thüringen bekannt? 4. Welche Kosten verursachen nach Kenntnis der Landesregierung die verschiedenen Bestattungsformen? 5. Welche Gebühren erheben nach Kenntnis der Landesregierung die verschiedenen zugelassenen Fried hofsträger und welchem Kostendeckungsgrad entsprechen diese (bitte nach einzelnen Kommunen und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften aufschlüsseln)? 6. Welchen Pflegeaufwand erfordern nach Kenntnis der Landesregierung die verschiedenen Bestattungs formen? 7. Wie beurteilt die Landesregierung die ökologischen Konzepte der privaten Betreiber? 8. Zu welchen Konsequenzen führt der Ausfall (zum Beispiel Insolvenz) eines privaten Friedhofsbetreibers? 9. Wie beurteilt die Landesregierung das Risiko der Abwanderung von traditionellen Friedhöfen und die da mit einhergehende Vernachlässigung dieser Orte? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Liebetrau (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3146 10. Wie beurteilt die Landesregierung die Auswirkungen des Ausbaus naturnaher Bestattungen auf lokale Arbeitsmärkte (Steinmetze, Grabpfleger et cetera)? 11. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr von Umweltbelastungen durch Waldbestattungen? 12. Sieht die Landesregierung einen Konflikt zwischen Waldfriedhöfen und dem Jagdrecht? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 30. November 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In Thüringen gibt es nach Angaben der Landkreise und kreisfreien Städte insgesamt 1.975 Friedhöfe. Davon sind 1.389 in kommunaler Trägerschaft, 561 in Trägerschaft der evangelischen und 23 in Träger schaft der katholischen Kirche. Darüber hinaus gibt es zwei Friedhöfe der Herrnhuter Brüdergemeine und einen in Betrieb befindlichen jüdischen Friedhof. Außerdem bestehen landesweit 34 verwaiste jüdische Friedhöfe. Deren Pflege und Erhaltung wird im Rah men einer besonderen BundLänderVereinbarung durch die örtlichen Kommunen gewährleistet. Seit dem Jahr 2011 wurden zwei Friedhöfe neu angelegt. Einer wurde im Jahr 2014 in kommunaler Träger schaft und einer im Jahr 2016 von der evangelischen Kirche angelegt. Insgesamt erfolgten seit 2011 insgesamt sechs Schließungen und drei Aufhebungen von Friedhöfen. Zu 2.: Neben den Kommunen können nach § 26 Abs. 1 Thüringer Bestattungsgesetz (ThürBestG) nur Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, Friedhofsträger sein. Gem. § 37 Abs. 6 ThürBestG gelten darüber hinaus alle Friedhöfe, die zum Zeitpunkt des InKraftTretens dieses Gesetzes (28. Mai 2004) rechtmäßig bestanden, im Rahmen des bis dahin verfolgten Zwecks als genehmigt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 3.: Gem. § 19 Abs. 1 ThürBestG kann die Bestattung als Erdbestattung oder als Feuerbestattung mit anschlie ßender Beisetzung der Asche durchgeführt werden. Zu 4.: Dazu liegen hier keine Erkenntnisse vor. Zu 5.: Das Bestattungswesen ist eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinden (§ 2 Abs. 2 Thüringer Kom munalordnung -ThürKO-). Der Friedhofsträger kann die Ordnung, Benutzung und Gestaltung der Friedhö fe sowie die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten auf dem Friedhof durch eine Satzung (Friedhofsordnung) regeln (§ 33 Abs. 1 ThürBestG). Gemäß §§ 10 in Verbindung mit 12 Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) können die Gemeinden für die Nutzung ihrer Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Die se Satzungen sind der Rechtsaufsicht nach § 2 Abs. 5 ThürKAG anzuzeigen. Die Bestimmungen über die Befugnisse der Rechtsaufsicht nach der ThürKO bleiben unberührt. Gebührenordnungen der Friedhöfe von Religions und Weltanschauungsgemeinschaften bedürfen nach § 33 Abs. 2 ThürBestG der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, die für die Gemeinde zuständig ist, auf deren Gebiet sich der Friedhof befindet. Die Genehmigung darf nur wegen Verstoßes gegen den Gleich heitsgrundsatz sowie wegen Kostenüberdeckung versagt werden. Die Kosten eines Friedhofs sind vor allem aus dem Gebührenaufkommen zu decken (gebührenrechtliches Kostendeckungsprinzip). 3 Drucksache 6/3146Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Erkenntnisse zur Art und Umfang der Gebührenerhebung der zahlreichen Friedhofsträger liegen hier nicht vor. Zu 6.: Dazu liegen hier keine Erkenntnisse vor. Zu 7.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 8.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 9.: Das Risiko der Abwanderung von traditionellen Friedhöfen wegen der Inanspruchnahme naturnaher Bei setzungen wird insgesamt als gering angesehen. Inzwischen werden auch auf vielen traditionellen Fried höfen naturnahe Beisetzungen, sogenannte Baumbestattungen, angeboten. Zu 10.: Erhebliche Auswirkungen auf lokale Arbeitsmärkte, insbesondere Nachteile zum Beispiel für Steinmetz- oder Gärtnereibetriebe, sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten. Darüber hinaus liegt die Inanspruchnah me dieser Beisetzungsform in Deutschland bei circa fünf Prozent. Zu 11.: Gemäß § 27 des Thüringer Bestattungsgesetzes bedürfen die Anlegung und Erweiterung eines Friedhofs einer Genehmigung. Diese ist insbesondere dann zu versagen, wenn eine Verunreinigung oder eine sons tige nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers oder des Wassers oberirdischer Ge wässer zu besorgen ist oder eine schädliche Bodenveränderung hervorgerufen wird. Diese Anforderungen, die in jedem Einzelfall zu prüfen sind, stellen ein ausreichendes Schutzniveau zur Verhinderung möglich erscheinender Umweltbeeinträchtigungen, die von Friedhöfen ausgehen können, dar. Von den genannten rechtlichen Anforderungen sind auch die Waldbestattungen erfasst. Die Gefahr der Umweltbelastung, wie zum Beispiel durch Verunreinigung des Waldes, Anreicherung von Schadstoffen im Boden und Gewässer oder baulichen Eingriff in das natürliche Bodengefüge, ist infolge von Waldbestattungen nach jetzigem Kenntnisstand äußerst gering. Zu 12.: Nein, die Landesregierung sieht hierin keinen Konflikt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Thüringer Jagdgesetzes (ThJG) sind Friedhöfe befriedete Bezirke, in denen - wie in § 6 des Bundesjagdgesetzes vorgesehen - die Jagd ruht und für die nach § 6 Abs. 3 ThJG die untere Jagdbehörde eine beschränkte Ausübung der Jagd gestatten kann. Dr. Poppenhäger Minister Wandel des Bestattungswesens in Thüringen Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: