02.12.2016 Drucksache 6/3147Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 22. Dezember 2016 Erfassung und Kategorisierung von politisch motivierten Straftaten Die Kleine Anfrage 1586 vom 12. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Der brandenburgische Ministerpräsident Woidke erklärte im September 2016, dass es in Brandenburg Änderungen gegeben habe, wonach jeder Übergriff, bei dem nicht bewiesen ist, dass er keine rechtsextreme Motivation hat, in der Statistik zur Erhebung rechtsextremer Straftaten erfasst würde. Auch die Landesregierung in Thüringen strebt eine Änderung der Erfassung und Kategorisierung von politisch motivierten Straftaten an. Im Koalitionsvertrag der die Landesregierung bildenden Fraktionen heißt es, dass eine Pflichtprüfung in allen Fällen von Gewaltkriminalität erfolgen solle, "ob die Tatmotive aufgrund der Person des Opfers in einem rassistisch, antisemitisch, homophoben, antiziganistischen oder einem anderen politisch motivierten Hintergrund liegen könnten". Auch eine zwingende Dokumentation dieser Prüfung solle erfolgen. Außerdem sei eine "Verbesserung der Erfassung und Einordnung rechtsextrem und rassistisch motivierter Straftaten durch die Polizei" geplant. Ich frage die Landesregierung: 1. Wird in Thüringen jede Straftat, bei der nicht bewiesen ist, dass sie keine rechtsextreme Motivation hat, in der Statistik unter rechtsextremen Straftaten (Politisch motivierte Kriminalität - rechts) erfasst? Wenn ja, seit wann und mit welcher Begründung? 2. Findet in Thüringen in jedem Fall von Gewaltkriminalität eine Prüfung statt, ob "die Tatmotive aufgrund der Person des Opfers in einem rassistisch, antisemitisch, homophoben, antiziganistischen oder einem anderen politisch motivierten Hintergrund liegen könnten"? 3. Wenn eine Prüfung gemäß Frage 2 stattfindet: a) Seit wann wird sie durchgeführt und wie wird sie dokumentiert? b) Bezieht sich diese Prüfung nur auf mutmaßliche rechtsextremistische/fremdenfeindliche Tatmotive oder werden auch linksextremistische/islamistische Tatmotive oder solche der politisch motivierten Ausländerkriminalität geprüft? 4. Durch welche Maßnahmen (zum Beispiel innerhalb der Statistik zur Politisch motivierten Kriminalität) wurde eine "Verbesserung der Erfassung und Einordnung rechtsextrem und rassistisch motivierter Straftaten durch die Polizei" vorgenommen (bitte bei den Maßnahmen das Datum ihrer Umsetzung nennen und geplante Maßnahmen mit Datum aufführen)? 5. Soll eine Verbesserung der Erfassung und Einordnung bei Straftaten mit mutmaßlich linksextremistischer, islamistischer Motivation oder solcher der Ausländerkriminalität ebenfalls erfolgen? Wenn ja, wann und wie (bitte die Maßnahmen mit Datum ihrer Umsetzung nennen)? Wenn nein, warum nicht? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3147 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nein. Der Politisch motivierten Kriminalität -rechts- werden Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer "rechten" Orientierung zuzurechnen sind. Zu 2.: Die Thüringer Polizei prüft in allen Fällen von Gewaltkriminalität, für die die Zuständigkeit der Ermittlungen vorliegt, eine mögliche politische Tatmotivation. Zu 3. Die Erforschung von Straftaten beinhaltet unter anderem Prüfungen der Umstände der Tat, wie zum Beispiel die Bewegründe und die Ziele des Täters. Diese Prüfungen sind seit Jahrzehnten Bestandteil der Ermittlungsverfahren in Deutschland. Zu 4.: Die Bekämpfung von Kriminalität, einschließlich Politisch motivierter Kriminalität, unterliegt einer ständigen Prüfung. Eine der wesentlichsten Änderungen erfolgte im Jahr 2001. Von 1961 bis 2000 wurden Straftaten, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richteten, also einen extremistischen Hintergrund ausweisen , im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes Staatsschutz erfasst. Aufgrund phänomenologischer Entwicklungsprozesse war eine realitätskonforme Abbildung des Straftatenaufkommens auf der Basis der am Extremismusbegriff orientierten Erfassung nicht mehr gewährleistet. Dementsprechend beschlossen Bund und Länder zum 1. Januar 2001 die Erfassung und Bewertung nach dem Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität" vorzunehmen. Zur Verbesserung der Erfassung und Einordnung rechtsextrem motivierter Straftaten durch die Polizei wurde auf maßgebliche Initiative des Freistaats Thüringen mit der Einführung eines Themenfeldkatalogs zur Politisch motivierten Kriminalität bereits seit Jahren ein wichtiger Schritt zur bundesweit einheitlichen Auslegung und Erfassung getan. Dieser Themenfeldkatalog unterliegt einer regelmäßigen Prüfung und wird aktuellen Erfordernissen angepasst. Der 2. Untersuchungsausschuss ("Terrorgruppe nationalsozialistischer Untergrund") des Deutschen Bundestages , 17. Wahlperiode, und der Untersuchungsausschuss 5/1 ("Rechtsterrorismus und Behördenhandeln ") des Thüringer Landtages, 5. Wahlperiode, empfahlen unter anderem in Fällen von Gewaltkriminalität die Prüfung auf einen rassistisch oder anderen politischen Hintergrund und deren Dokumentation. Diese Empfehlungen wurden in der Thüringen Polizei umgesetzt. Mit Wirkung vom 1. September 2014 wurde die "Gemeinsame Dienstanweisung der Landespolizeidirektion und des Landeskriminalamtes Thüringen zur Pflichtprüfung einer möglichen politischen Tatmotivation in allen Fällen von Gewaltkriminalität" in Kraft gesetzt. Durch das Bekanntwerden der Straftaten des Nationalsozialistischen Untergrundes sowie Schulungen im Dienstunterricht und der Intensivierung in der Aus- und Fortbildung ist die Sensibilität bei den Ermittlungsdienststellen bezüglich der Tatmotivprüfung deutlich gestiegen. Die Empfehlungen der Untersuchungsausschüsse sowie der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus sowie deren Umsetzung in Bund und Ländern beeinflussen auch künftig maßgeblich die Arbeit der Thüringer Sicherheitsbehörden. Zu 5.: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 4 verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister Erfassung und Kategorisierung von politisch motivierten Straftaten Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. Zu 4.: Zu 5.: