06.12.2016 Drucksache 6/3174Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. Januar 2017 Entwicklung von Dörfern im ländlichen Raum unter Beachtung des demografischen Wandels Die Kleine Anfrage 1550 vom 5. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Das Landratsamt Ilm-Kreis hat im Jahr 2015 beim Bundeswettbewerb "Kommune innovativ" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erfolgreich ein Projekt zum Thema "Kooperativ Orte managen im Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald" (KOMET) eingereicht. Grundlage bildet das Regionalbudgetprojekt einer Erfurter Firma, wo Brachflächen in den Gemeinden Neustadt am Rennsteig, Großbreitenbach , Gillersdorf, Wildenspring, Böhlen, Altenfeld, Gehren und Friedersdorf aufgenommen wurden. Diese Ergebnisse finden unmittelbar Eingang in das KOMET-Projekt und bilden dort eine aktuelle, verlässliche Datengrundlage . Das Projekt hat zum Ziel, in einem Modellraum mehrerer benachbarter Kommunen im Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald, die in besonderem Maße von demografischen Veränderungen betroffen sind, einem gemeinsamen Leerstands- und Brachflächencheck durchzuführen, in der Region einen innovativen Prozess zu initiieren, um den demografiefesten Umbau der Siedlungen und der Infrastruktur durch innovative Maßnahmen zu gestalten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung das vorgenannte Projekt ein und welche Schlüsse zieht sie daraus? Welche Strahlkraft auf Thüringen wird diesem Projekt beigemessen? 2. Wie hilft die Landesregierung Kommunen bei der Weiterentwicklung von Brachflächen, bei denen die Besitzverhältnisse nicht klar sind? 3. Welche Förderprogramme gibt es für die Kommunen zur Brachflächenbereinigung? 4. Welche Konzepte entwickelt die Landesregierung, um leergewordenen Wohnraum in von demografischen Prozessen stark betroffenen Gemeinden einer neuen Nutzung zuzuführen? 5. Welche Ansätze verfolgt die Landesregierung zur Revitalisierung von Orten mit einem hohen Altersdurchschnitt ? Welche Strategien verfolgt die Landesregierung insbesondere, um mehr Menschen zum Umzug von der Stadt auf das Land zu bewegen? 6. Wie hat sich der Leerstand von Häusern und Wohnungen im ländlichen Raum im Zeitraum von 2009 bis 2016 entwickelt (bitte nach Kreisen aufgeschlüsselt)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Bühl (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3174 7. Wie will die Landesregierung zusätzliche durch regierungsseitig angestoßene Reformbestrebungen bedingte Effekte, wie den Abzug von Einrichtungen der Daseinsvorsorge (Landratsämter, Gemeindeverwaltungen , Gerichtsstandorte, mögliche Schließungen von kommunalen Krankenhausstandorten oder Sparkassenstandorten) ausgleichen, um den ländlichen Raum nicht unattraktiver zu gestalten? 8. Wie will die Landesregierung zum Erhalt ehrenamtlicher Strukturen beitragen, die durch regierungsseitig angestoßene Reformbestrebungen unattraktiver werden (zum Beispiel weitere Fahrtstrecken, größere Strukturen bei der ehrenamtlichen Arbeit, weniger direkte Mitbestimmung)? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Projekt wird von der Landesregierung positiv eingeschätzt. Die Erhebung von Flächenpotenzialen (Baulücken, Brachflächen, leer stehende Gebäude, geringfügig genutzte Flächen, Restnutzungen etc.) ist mit Inkrafttreten der "Richtlinie zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung und der Revitalisierung von Brachflächen" (FR ILE/REVIT) am 22. Oktober 2015 obligatorischer Inhalt des als Voraussetzung für die Anerkennung als Förderschwerpunkt der Dorferneuerung und Dorfentwicklung zu erarbeitenden Gemeindlichen Entwicklungskonzepts. Insofern sieht die Landesregierung sich in der Ausrichtung der entsprechenden Förderung bestätigt und erwartet, nicht zuletzt durch die wissenschaftliche Begleitung des Projektes, Aufschlüsse für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Förderung, aber auch Impulse für die ländliche Entwicklung generell. Zu 2.: Für eine Förderung der Revitalisierung von Brachflächen ist der Eigentumsnachweis durch den jeweiligen Antragsteller zu erbringen. Die Klärung von Eigentums- oder Besitzverhältnissen ist rein privatrechtlicher Natur und muss somit durch die Betroffenen erbracht werden. Zu 3.: Im Operativen Programm EFRE Thüringen 2014 - 2020 ist die Förderung der Beräumung und Revitalisierung von Flächen im Siedlungszusammenhang verankert (Investitionspriorität 6 e). Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der Thüringer Städtebauförderungsrichtlinien (Abschnitt 30). Die Förderung richtet sich an Zentrale Orte, die sich im Zuge des vom TMIL im Jahr 2015 ausgelobten EFRE-Wettbewerbs als Förderkommunen qualifiziert haben. Weiterhin fördert der Freistaat Thüringen mit Unterstützung des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) Maßnahmen zur integrierten ländlichen Entwicklung und zur Revitalisierung von Brachflächen. Mit den in der entsprechenden Richtlinie (FR ILE/REVIT)" verankerten Maßnahmen "Revitalisierung von Brachflächen", "Dorferneuerung und -entwicklung" sowie "LEADER" können Vorhaben finanziell unterstützt werden, die geeignet sind, brach gefallene Flächen bzw. Gebäude einer nachhaltigen Entwicklung zuzuführen und dabei die Infrastruktur bzw. Basisdienstleistungen in ländlichen Gebieten, einschließlich Freizeit und Kultur, zu verbessern. Zu 4.: Bezüglich leerstehenden Wohnraums sind maßgeblich die Gemeinden und Akteure der Wohnungswirtschaft gefragt. Das TMIL kann hierbei die Eigentümer mit Wohnraumfördermitteln unterstützen, wenn sie die Zuwendungsvoraussetzungen nach der Richtlinie für die Modernisierung von Mietwohnungen erfüllen. Im Wohneigentumsbereich ist insbesondere der Sanierungsbonus zu nennen. Dieser wird durch die Förderprogramme der Thüringer Aufbaubank ergänzt. Die Förderung der Dorferneuerung und -entwicklung erfolgt vorwiegend in anerkannten Förderschwerpunkten auf der Grundlage von gemeindlichen Entwicklungskonzepten. Für deren Erstellung ist ein so genannter "Vitalitätscheck" gefordert. Inhalt ist unter anderem, dass sowohl die Bestandsanalyse als auch die Bedarfsermittlung zur Wohnraumsituation in das Entwicklungskonzept mit einfließen. 3 Drucksache 6/3174Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Erklärtes Ziel der Thüringer Landesregierung ist es, die Lebens-, Wohn-, Arbeits- und Erholungsbedingungen in allen Landesteilen zu sichern bzw. wenn nötig zu schaffen bzw. die lokalen Akteure bei deren Herstellung zu unterstützen. Im Mittelpunkt steht dabei eine stabile und zukunftsfähige öffentliche Daseinsvorsorge , die den ländlichen Raum für alle Generationen attraktiver macht. Damit soll insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und einer nachhaltigen und den regionalen Bedürfnissen angepassten Entwicklung die Bewältigung gemeinsamer Interessen- und Problemlagen ermöglicht werden. Zu 6.: Eine Statistik zur Erfassung des Leerstandes von Häusern liegt der Landesregierung nicht vor. Die jahresaktuellen Leerstände, gesplittet nach Mietwohnungen einerseits und selbstgenutztem Wohneigentum andererseits, werden vom Thüringer Landesamt für Statistik nicht erfasst. Das TMIL fragt bei der Thüringer Wohnungswirtschaft den Wohnungsleerstand jährlich ab. Hierbei erfolgt die Rückmeldung auf freiwilliger Basis und für nur circa 250.000 Wohnungen, so dass damit insgesamt nur ein relativ kleiner Teil der leerstehenden Wohnungen erfasst wird. Die entsprechenden Daten ergeben sich aus der beigefügten Anlage*. Zu 7.: Der Abzug von allgemeinen Einrichtungen der Daseinsvorsorge in den ländlichen Räumen ist kein neues Phänomen und findet als Auswirkung des demografischen Wandels schon seit Jahren statt. Um diesen Defiziten zu begegnen gibt es von Seiten der Landesregierung verschiedene Fördermöglichkeiten . Hierzu wird unter anderem auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Ein Abzug von Einrichtungen der Daseinsvorsorge im Bereich der Krankenhausversorgung ist jedoch nicht festzustellen. So ist insbesondere eine Schließung von Krankenhausstandorten nicht beabsichtigt. Vielmehr sollen mit dem 7. Thüringer Krankenhausplan alle Standorte, insbesondere die kommunaler Krankenhäuser , erhalten bleiben. Ungeachtet dessen sind die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche öffentliche Träger maßgeblich verantwortlich für die Infrastruktur im Bereich der Sozial-, Gesundheits- und Jugendhilfe. Sie sind weiterhin verantwortlich für erhebliche Teile der Bildungsinfrastruktur, die ihrerseits in engem Wirkungszusammenhang mit der sozialen Infrastruktur steht. Die landesseitig koordinierende und begleitende Sozialplanung ist ein Instrument zur Unterstützung der Steuerung der Kommunen. Ziel ist die Entwicklung bedarfsgerechter Angebote und die Unterstützung der Entscheidungsträger in den Verwaltungen und gewählten Volksvertretungen auf kommunaler Ebene. Auf Basis der Analyse der sozialen Lage und Entwicklungen im jeweiligen kommunalen Sozialraum werden Vorschläge für Ziele und Kennzahlen der kommunalen Sozialpolitik formuliert und Empfehlungen für Maßnahmen abgeleitet. Zu 8.: Ehrenamtliches Engagement findet üblicherweise im sozialen Nahraum statt. Aufgabe einer lokalen Engagementpolitik ist es, fördernde Rahmenbedingungen für Engagementangebote im sozialen Nahraum zu entwickeln. Das Bürgerschaftliche Engagement hat durch die politisch gewollte Etablierung von organisatorisch -formellen Strukturen, wie der Thüringer Ehrenamtsstiftung, eine wesentliche Basis erhalten, die der Bedeutung bürgerschaftlicher Arbeit für die Gesellschaft gerecht wird und sich auch den Herausforderungen des demografischen Wandels und den soziogeografischen Bedingungen Thüringens, insbesondere den Erfordernissen des ländlichen Raums in der bisherigen und künftigen Arbeit erfolgreich stellt. Die Anzahl der ehrenamtlich Engagierten in Thüringen entwickelt sich positiv. Von einer abnehmenden Attraktivität kann aus der Sicht der Landesregierung daher nicht gesprochen werden kann. Keller Ministerin 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3174 A nl ag e Entwicklung von Dörfern im ländlichen Raum unter Beachtung des demografischen Wandels Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Anlage