12.01.2017 Drucksache 6/3286Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. Februar 2017 Wirtschaftsspionage in Thüringen Die Kleine Anfrage 1484 vom 19. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Auf seiner Homepage schreibt das Amt für Verfassungsschutz, dass die Prävention gegen Wirtschaftsspionage für den Thüringer Verfassungsschutz einen hohen Stellenwert habe. Man biete der gewerblichen Wirtschaft und der Wissenschaft einen vertrauensvollen Dialog an, um im Rahmen einer Sicherheitspartnerschaft zu informieren und die Bedarfsträger zu befähigen, Konzepte zum Schutz vor Spionage zu entwickeln . Namentlich genannt werden in diesem Zusammenhang China und Russland. Im letzten veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2013 heißt es: "Fremde Regierungen beauftragen ihre Nachrichtendienste daher mitunter auch, Know-how, Forschungsergebnisse oder Technologien zu beschaffen ... Gerade kleine und mittelständische Unternehmen unterschätzen häufig die durchaus reale Gefährdung ... Nachrichtendienste bedienen sich mitunter auch vorübergehend in Deutschland ansässiger Studenten , Praktikanten oder Austauschwissenschaftler, um illegal Know-how zu erwerben. ... Neben Themen wie Know-how-Schutz spielen die Sicherung sogenannter Kritischer Infrastrukturen (Einrichtungen von besonderer Bedeutung für das Gemeinwesen) oder auch die Möglichkeit, durch wirtschaftliche Betätigung ungewollt die Aufmerksamkeit politischer Extremisten auf sich zu ziehen und Ziel ihrer Aktionskampagnen zu werden, dabei eine Rolle." Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Sicherheitspartnerschaften hat das Amt für Verfassungsschutz in den letzten drei Jahren geschlossen (bitte für die Jahre 2014 bis 2016 jeweils differenziert nach gewerblicher Wirtschaft und Wissenschaft aufzeigen)? 2. Wie viele Fälle sind dem Amt für Verfassungsschutz in den letzten drei Jahren bekannt geworden, in denen Thüringer Unternehmen durch oder auf Initiative fremder Nachrichtendienste ihr Know-how, ihre Forschungsergebnisse oder ihre Technologien illegal entzogen worden (bitte für die Jahre 2014 bis 2016 jeweils differenziert nach großen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen aufzeigen)? 3. Wie viele Fälle sind dem Amt für Verfassungsschutz bekannt, in denen Thüringer Unternehmen oder Wissenschaftseinrichtungen von Wirtschaftsspionage betroffen waren, deren Ursprung oder deren Auftraggeber in China vermutet werden (bitte einzeln für die Jahre 2014 bis 2016 aufzeigen)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Walk (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3286 4. Wie viele Fälle sind dem Amt für Verfassungsschutz bekannt, in denen Thüringer Unternehmen oder Wissenschaftseinrichtungen von Wirtschaftsspionage betroffen waren, deren Ursprung oder deren Auftraggeber in Russland vermutet werden (bitte einzeln für die Jahre 2014 bis 2016 aufzeigen)? 5. Wie viele Fälle sind dem Amt für Verfassungsschutz bekannt, in denen sich ausländische Nachrichtendienste Studenten, Praktikanten oder Austauschwissenschaftler, die sich in Thüringen aufhielten, bedienten , um illegal Know-how zu erwerben (bitte einzeln für die Jahre 2014 bis 2016 aufzeigen)? 6. Wie viele Fälle sind dem Amt für Verfassungsschutz bekannt, in denen eine Gefahr für Kritische Infrastruktur in Thüringen bestand ( bitte einzeln für die Jahre 2014 bis 2016 aufzeigen)? 7. In wie vielen Fällen hat das Amt für Verfassungsschutz dabei mitgewirkt zu verhindern, dass Thüringer Unternehmen durch wirtschaftliche Betätigung ungewollt die Aufmerksamkeit politischer Extremisten auf sich zogen und Ziel ihrer Aktionskampagnen geworden sind (bitte einzeln für die Jahre 2014 bis 2016 aufzeigen)? 8. Wie viele der in Fragen 1 bis 7 beschriebenen Sachverhalte haben zur Abgabe an die Polizei geführt (bitte einzeln für die Jahre 2014 bis 2016 aufzeigen)? 9. Wie bewertet die Landesregierung die Gefährdung der gewerblichen Wirtschaft und der Wissenschaft Thüringens durch Wirtschaftsspionage? Welchen Stellenwert misst sie dem Wirtschaftsschutz aktuell bei? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 11. Januar 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Um Thüringer Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Institutionen im Hinblick auf die reale Gefährdung durch Wirtschaftsspionage zu sensibilisieren und sie bei der Bewältigung dieser Herausforderung zu unterstützen , bietet das Amt für Verfassungsschutz Informationsveranstaltungen zu Themen wie Schutz vor Ausspähung , IT-Sicherheit, Know-how-Schutz oder auch ein individuell zugeschnittenes Beratungsprogramm an. Hierbei steht es seit 2010 im ständigen Kontakt mit der Industrie- und Handelskammer Thüringen beziehungsweise ihren Teilstrukturen (unter anderem in Ostthüringen und Südthüringen). Im Bereich der Prävention haben zahlreiche Gespräche und Informationsvorträge stattgefunden, kürzlich auch beim TÜV Thüringen. Das Amt für Verfassungsschutz ist darüber hinaus bei zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen mit einem Informationsstand präsent. Bei diesen Veranstaltungen gab und gibt es vielfältige Kontakte mit Vertretern der Thüringer Wirtschaft. Zu 2.: Die von ausländischen Nachrichtendiensten gelenkte oder gestützte Ausforschung von Wirtschaftsunternehmen und Betrieben wird als Wirtschaftsspionage bezeichnet. Eine Fälle von Wirtschaftsspionage betreffende Analyse liegt der Landesregierung nicht vor. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben hierzu bislang keine Zahlen veröffentlicht, da die Angaben in hohem Umfang spekulativ wären. Zu 3. bis 5.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 6.: Für Wirtschaftsunternehmen besteht mit Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetzes am 25. Juli 2015 eine Meldepflicht , wenn diese Unternehmen in so genannten "kritischen Infrastrukturen - KRITIS" tätig sind beziehungsweise für die Sektoren Energie, Wasser, Ernährung, Informationstechnik und Telekommunikation mit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI- Kritisverordnung) am 3. Mai 2016. Zu solchen Angriffen auf Wirtschaftsunternehmen liegen keine statistischen Daten vor. Dem Amt für Verfassungsschutz sind keine konkreten Fälle bekannt, in denen eine Gefahr für die kritische Infrastruktur in Thüringen bestand. 3 Drucksache 6/3286Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Im Übrigen wurden nach Kenntnis der Thüringer Landesregierung im Jahr 2014 85.447 Ereignisse und im Jahr 2015 insgesamt 326.492 Ereignisse registriert, die als DoS (Denial of Service) - oder DDoS (Distributed Denial of Service) - Angriffsversuche gegen die IT-Infrastruktur der Thüringer Landesverwaltung bewertet wurden. Zu 7.: Der Landesregierung ist kein Fall im Sinne der Fragestellung bekannt. Das Amt für Verfassungsschutz weist jedoch regelmäßig im Rahmen von Veranstaltungen auf mögliche Risiken für Unternehmen hin. Zu 8.: Eine Abgabe von Sachverhalten über die Generalbundesanwaltschaft an die Polizei erfolgt durch die zentrale Auswertung von Spionagesachverhalten (einschließlich nachrichtendienstlich gesteuerter Wirtschaftsspionage ) des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Thüringenrelevante Sachverhalte waren im angefragten Zeitraum hiervon nicht betroffen. Zu 9.: Die deutsche Wirtschaft, ist eine der wissensintensivsten weltweit; ihre Erfolgsfaktoren sind Ideenreichtum, technische Innovation und deren kurzfristige Umsetzung sowie zukunftsweisende Forschung und Entwicklung. Vor diesem Hintergrund ist Wirtschaftsspionage gegen deutsche Unternehmen ein seit Jahren anhaltendes Phänomen. Die Thüringer Landesregierung misst wie die Bundesregierung dem Wirtschaftsschutz und seinem Ziel, deutsches Know-how als Wettbewerbsvorteil zu sichern, hohe Bedeutung bei. Auch in Thüringen ist von einer hohen Dunkelziffer betroffener Firmen auszugehen. Für die Bearbeitung von Sachverhalten der Wirtschaftsspionage ist bei der Thüringer Polizei das Landeskriminalamt zuständig. Es arbeitet dabei eng mit dem Amt für Verfassungsschutz und dem Bundeskriminalamt zusammen. Ferner vertritt es den Freistaat Thüringen als Ansprechpartner in der bundesweiten "Initiative Wirtschaftsschutz ", die unter anderem mit einer zentralen Internetplattform zum Wirtschaftsschutz* im Frühjahr 2016 gestartet wurde und den Informationsaustausch zwischen staatlichen Stellen und der Wirtschaft intensivieren sowie die unternehmerische Eigenverantwortung zum Know-how-Schutz stärken soll. In Vertretung Götze Staatssekretär Endnote: * Vergleiche: http:// www.wirtschaftsschutz.info. Wirtschaftsspionage in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. bis 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Endnote: