05.03.2015 Drucksache 6/335Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. März 2015 Polizeieinsatz beim Drittligaspiel Rot-Weiß Erfurt gegen Hansa Rostock am 13. Dezember 2014 Die Kleine Anfrage 80 vom 18. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Am Samstag, dem 13. Dezember 2014 fand in Erfurt ein Heimspiel zwischen den Drittligavereinen RotWeiß Erfurt und Hansa Rostock statt. Im Zusammenhang mit diesem Fußballspiel waren von zirka 12:00 Uhr bis zirka 17:00 Uhr weite Teile der Erfurter Südstadt von der Polizei abgeriegelt, so dass Bürgerinnen und Bürger ganze Straßenzüge weder befahren noch begehen konnten. Das Erreichen von Wohnungen und Fahrzeugen war nur noch unter Inkaufnahme weiter Umwege und eines erheblichen Zeitaufwands möglich . Über Stunden war im gesamten Südstadtbereich bis in die Innenstadt der Straßenbahnverkehr eingestellt . Am dritten Adventswochenende, als Zehntausende den Weihnachtsmarkt besuchten, führte dies zu außerordentlich belastenden Verhältnissen für Besucher und Bürger der Stadt, die ihre samstäglichen Besorgungen machten. Ich frage die Landesregierung: 1. Ist es aus Sicht der Landesregierung verhältnismäßig, dass am dritten Adventswochenende über große Teile der Innenstadt von Erfurt der polizeiliche Ausnahmezustand verhängt wird und tausende rechtstreue Bürger in ihrer Freizügigkeit beschränkt werden, um zirka 400 mit dem Zug angereiste Fußballfans aus Rostock vom Bahnhof zum Stadion hin und vom Stadion zurück zu begleiten? 2. Wie viele Polizeibeamtinnen und -beamte - in Uniform und Zivil - waren im Einsatz - direkt und indirekt - und welche Personal- und Sachkosten sind für diesen Einsatz dem Freistaat Thüringen entstanden? 3. Wie werden die Beamtinnen und Beamten auf einen solchen Einsatz vorbereitet, bei dem tausende Bürger durch polizeiliche Maßnahmen gehindert werden, sich frei zu bewegen und bei dem Hemmungen bei Bürgern bestehen, die in schwarz gekleideten und schwer bewaffneten Polizisten um Auskünfte zu bitten? 4. Beruht die Einstellung des Straßenbahnverkehrs auf einem Verlangen der Polizei gegenüber der Erfurter Verkehrsbetriebe AG und welche polizeilichen Gründe sprechen aus Sicht der Landesregierung dafür? 5. Erlaubt es die Rechtslage, dass aufgrund polizeilicher Anordnung die potentiellen Störer an einem Bahnhof im Umfeld von Erfurt aussteigen müssten, von dort zum Stadion gefahren und nach Spiel auch wieder dorthin zurücktransportiert würden, um so Straftaten zu verhindern und die weit reichenden Absperrmaßnahmen sowie die Teilstilllegung des Straßenbahnverkehrs zu vermeiden? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Rosin (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/335 6. Beabsichtigt die Landesregierung, die erheblichen und den ohnehin angespannten Landeshaushalt belastenden Kosten eines solchen Polizeieinsatzes ganz oder teilweise - wie zum Beispiel im Land Bremen - dem Veranstalter des Fußballspiels, der im Geschäftsjahr 2013/2014 einen Gewinn von rund 850.000 Euro erzielt hat, in Rechnung zu stellen, wenn nicht, mit welcher haushaltsrechtlichen Begründung lehnt dies die Landesregierung ab? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 4. März 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Mit Blick auf die Frage 1 der Fragestellung wird vorab darauf hingewiesen, dass durch die Polizei am 13. Dezember 2014 anlässlich des Fußballspieles FC Rot-Weiß Erfurt gegen den FC Hansa Rostock kein "Ausnahmezustand über große Teile der Innenstadt" von Erfurt verhängt wurde. Im Zusammenhang mit der Begleitung der Fußballfans aus Rostock kam es am 13. Dezember 2014 von 11:52 bis ca. 14:00 Uhr und von 15:27 bis 16:35 Uhr im Bereich des Willy-Brandt-Platzes, der Unterführung in der Bahnhofstraße, der Schillerstraße und der Windhorststraße zu polizeilichen Maßnahmen, die u.a. teilweise zeitlich begrenzte Absperrmaßnahmen beinhalteten sowie zur zeitweisen Einschränkung des Straßenbahnverkehrs durch die Erfurter Verkehrsbetriebe führten. Die Dauer der jeweiligen polizeilichen Absperrmaßnahmen bzw. die Unterbrechung des Straßenbahnverkehrs war aufgrund der unterschiedlichen und zudem verspäteten Ankunftszeiten der Züge, mit denen die Rostocker Fans anreisten, sowie der im Weiteren fußläufigen Begleitung der Rostocker Fans zum Stadion bzw. zurück zum Bahnhof erforderlich. Darüber hinaus waren am 13. Dezember 2014, von 08:00 bis 18:00 Uhr, die Johann-Sebastian-Bach-Straße , die Jürgen-Fuchs-Straße, die Beethovenstraße und die Mozartallee aufgrund einer verkehrsrechtlichen Anordnung der Stadt Erfurt gesperrt. Das Fußballspiel war durch den Deutschen Fußballbund als Spiel mit "erhöhtem Risiko" eingestuft. Die Brisanz der Begegnung ergab sich insbesondere aus dem "Ost-Derby-Charakter", dem feindschaftlichen Verhältnis beider Fanszenen zueinander und der Anzahl der insgesamt bis zu 2.000 Fans, die allein aus Rostock erwartet wurden. Die Art und der Umfang der polizeilichen Maßnahmen waren unter Berücksichtigung der vorgelegenen Gefährdungserkenntnisse zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, auch im Interesse der Bewohner sowie Besucher von Erfurt, unumgänglich und verhältnismäßig. Die Thüringer Polizei war bei der Umsetzung der polizeilichen Maßnahmen stets bemüht, die Einschränkungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Zu 2.: Zur Absicherung des Fußballspieles kamen insgesamt 652 Polizeibeamtinnen und -beamte des Freistaats Thüringen und der Länder Brandenburg sowie Mecklenburg-Vorpommern zum Einsatz. Dem Freistaat Thüringen entstanden Sachkosten in Höhe von 21.076,90 Euro. Vom Land Brandenburg liegt eine Kostenrechnung über 22.905,35 Euro vor. Seitens des Landes Mecklenburg -Vorpommern wurde bislang noch keine Kostenrechnung übersandt. Eine Erhebung von Personalkosten für eigene Einsatzkräfte bei Einsätzen in Thüringen erfolgt nicht. Zu 3.: Die Vorbereitung der Beamtinnen und Beamten auf derartige Einsätze erfolgt in Schulungen und bei Übungen . Darüber hinaus werden die Einsatzkräfte im Vorfeld des jeweiligen Einsatzes im Rahmen einer Einsatzeinweisung auf die konkret anstehende Lage vorbereitet. Anlässlich des Fußballspieles am 13. Dezember 2014 waren als Ansprechpartner für Bürger und Fans an Schwerpunkten acht Kommunikationsbeamte im Einsatz, die Überziehwesten mit der Aufschrift "Polizei Kommunikationsteam" trugen. Unabhängig davon konnten zu jeder Zeit Auskunftsersuchen grundsätzlich an alle Polizeibeamten vor Ort gerichtet werden. 3 Drucksache 6/335Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Festlegung zur zeitweiligen Einstellung des Straßenbahnverkehrs erfolgte im Rahmen einer Sicherheitsbesprechung im Einvernehmen mit den Erfurter Verkehrsbetrieben. Hintergrund der zeitweiligen Einstellung des Straßenbahnverkehrs waren einerseits die geschlossene fußläufige Begleitung der Fans vom Bahnhof zum Stadion und zurück sowie andererseits das notwendige Abschalten der stromführenden Leitungen , um einen sofortigen Einsatz des Wasserwerfers, der die Fans begleitete, zu ermöglichen. Zu 5.: Eine derartige Anordnung würde das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen. Ein bloßer Gefahrenverdacht (potenzielle Störer) oder eine abstrakte Gefahr, die in der Regel im Vorfeld dieser Veranstaltungen vorliegen, reichen für einen derartigen Eingriff nicht aus. Unbeschadet dessen wäre eine derartige Verfahrensweise möglich, wenn alle Betroffenen mit diesem Verfahren , z. B. im Rahmen einer durch den Gastverein bzw. dessen Fanclubs organisierten Anreise mit einem Sonderzug, einverstanden sind. Zu 6.: Alle im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz aus Anlass des Fußballspieles FC Rot-Weiß Erfurt gegen den FC Hansa Rostock am 13. Dezember 2014 durchgeführten Maßnahmen erfolgten als polizeiliche Aufgaben gemäß § 2 Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei im überwiegenden öffentlichen Interesse und ergingen bislang grundsätzlich kostenfrei. Unbeschadet dessen wurden und werden immer dann Kosten erhoben, wenn eine Amtshandlung auf das individualisierbare Verhalten eines konkreten Störers zurückzuführen ist. Dr. Poppenhäger Minister