24.01.2017 Drucksache 6/3351Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 7. Februar 2017 Fehlende Münzen auf Schloss Friedenstein Die Kleine Anfrage 1723 vom 8. Dezember 2016 hat folgenden Wortlaut: Berichten des MDR zufolge gibt es in der Münzsammlung auf Schloss Friedenstein Lücken im Bestand. Eine Begutachtung dessen läuft bereits seit längerer Zeit. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Münzen der Sammlung werden vermisst (bitte Einzelauflistung)? 2. Seit wann werden die Münzen vermisst? 3. Wie hoch wird der Marktwert der fehlenden Stücke veranschlagt (bitte Einzelauflistung)? 4. Sind einzelne Stücke auf der Liste der national wertvollen Kulturgüter? 5. Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um Klarheit über den Verbleib der Stücke zu erhalten? 6. Falls externes Personal zur Suche eingesetzt wird, welche Voraussetzungen bringen diese mit? 7. Falls externes Personal zur Suche eingesetzt wird, welche Kosten sind dadurch bisher entstanden und welche Kosten werden dafür künftig prognostiziert? 8. Warum wurde weder die Öffentlichkeit noch der zuständige Fachausschuss über das Fehlen informiert? 9. Wurden seit Bekanntwerden des Fehlens staatliche Ermittlungsbehörden einge schaltet? Wenn ja, welche , wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? 10. Wurden Maßnahmen ergriffen, um einen eventuellen Verkauf der bisher feh lenden Güter zu verhindern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? 11. In welchen zeitlichen Abständen werden in Kultureinrichtungen in Trägerschaft des Freistaats Inventuren über den Bestand durchgeführt? 12. Gibt es verbindliche Regeln zur Inventarisierung von Kulturgütern in Thüringen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kellner (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3351 13. Wie wird in Thüringen sichergestellt, dass ausgeliehene Kulturgüter wieder in den Bestand des Ausleihers zurückgelangen? 14. Sind Fälle in Thüringen bekannt, bei denen ausgeliehene Kulturgüter nicht wie der in den Bestand des Ausleihers zurückgelangt sind? Wenn ja, welche Einrich tungen waren mit welchem Bestand davon betroffen? Der Thüringer Minister für Kultur, Bundes und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. Januar 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Zunächst erlaube ich mir die Vorbemerkung, dass ein Fehlen von Münzen – wie es der Titel der Anfrage suggeriert – bislang nicht festgestellt werden konnte. Auch in dem Bericht des MDR, auf den in der Anfrage Bezug genommen wird, wird deutlich gemacht, dass von einem eventuellen Fehlen von Münzen erst ausgegangen werden kann, wenn nach Abschluss der zurzeit durchgeführten Generalrevision des Münzbestandes der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha Fehlfeststellungen getroffen werden sollten. Bislang wird davon ausgegangen, dass es lediglich zur versehentlichen Verlegung von Münzen kam. Auslöser der Generalrevision war die Feststellung vom 24. November 2015, dass zwei Münzen in der Dublettensammlung nicht an ihrem Platz lagen. Diese Münzen wurden inzwischen in einem benachbarten Münzschrank wieder aufgefunden. Auch die im Bericht des MDR beispielhaft erwähnten schwedischen Kupferpfennige wurden zwischenzeitlich an anderer Stelle aufgefunden. Insofern kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht von "Lücken im Bestand" gesprochen werden. Zu 1.: Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keine Aussage getroffen werden, ob Münzen vermisst werden, da die Revision noch nicht abgeschlossen ist. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 2.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 3.: Ein Museum erstellt keine Angaben zum Marktwert der ihm anvertrauten Objekte, da dies Aufgabe eines Gutachters ist. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 4.: Die Münzen- und Medaillensammlung der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha'schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft (ca. 16.000 Münzen und Medaillen), die bis 2015 zurückerworben und in die Münzsammlung der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha integriert wurde, steht auf der Liste der national wertvollen Kulturgüter . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 5.: Es wurde eine Generalrevision des gesamten Münzbestandes durch externes Personal eingeleitet. Dabei wird detailliert jede Münze mit dem bestehenden Inventar verglichen. Um diese Revision nicht unnötig zu verzögern, wurde der Besucherverkehr im Münzkabinett stark eingeschränkt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 6.: Entsprechend des Bestandes wurden mit befristeten Werkverträgen eine Archäologin und ein Historiker mit der Revision beauftragt. Zu 7.: Revisionen in größeren Zeitabständen sind bei umfangreichen Museumssammlungen wie derjenigen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha durchaus gängige Praxis der Museumsarbeit. Entsprechende Mittel sind im Wirtschaftsplan eingestellt. Es entstehen somit keine zusätzlichen Kosten. Im konkreten Fall wurden für die Werkverträge im Jahr 2016 18.900 Euro von der Stiftung verausgabt. Weitere 10.000 Euro werden im Jahr 2017 gezahlt werden. 3 Drucksache 6/3351Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 8.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 und die Vorbemerkung verwiesen. Zu 9.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Da derzeit kein Verdacht auf eine Straftat vorliegt, sind auch keine Ermittlungsbehörden eingeschaltet worden. Sollte nach Abschluss der Revision ein Fehlen festgestellt werden, wird dies umgehend an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Im Übrigen wurde die Polizei um eine Stellungnahme gebeten, ob die Münzen aus deren Sicht und im Hinblick auf die Sicherheit gut gelagert sind, was bestätigt wurde. Lediglich ein zusätzlicher Einbau von RC2- Türen wurde empfohlen. Da umfangreiche Baumaßnahmen in Schloss Friedenstein bevorstehen, bei denen das Münzkabinett verlagert werden soll, wird bei der baulichen Neugestaltung darauf zu achten sein. Zu 10.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Eine Meldung von verlegten Münzen an die entsprechenden Fachjournale – ein durchaus gebräuchliches Verfahren – könnte zu einer großen Irritation führen und evtl. den rechtmäßigen Verkauf von Münzen durch Dritte gefährden, da es sich bei Münzen nicht um Unikate handelt. Werden die entsprechenden Münzen dann wieder aufgefunden, wäre den Dritten so ein Schaden entstanden, für den gegebenenfalls die Stiftung haften müsste. Diese Meldung kann erst nach Abschluss der Revision erbracht werden, wenn ein Fehlen abschließend festgestellt werden sollte. Zu 11.: Im Archäologischen Landesmuseum erfolgt eine Inventur im Rahmen einer systematischen konservatorischen Durchsicht bzw. Nachkonservierung des Materials. Die Intervalle in den Spezialmagazinen und Massenmagazinen sind dabei unterschiedlich. Im Landesarchiv Thüringen erfolgt die Prüfung von Archivalien und Archivbeständen auf Vollständigkeit anlässlich der Rückgabe nach dem Ende einer Benutzung im Archiv oder einer Fernleihe, einer Neuverzeichnung von Beständen sowie von Umlagerungsarbeiten oder Behördenumzügen. Periodische Generalinventuren sind angesichts des Umfangs der im Landesarchiv verwahrten Bestände aus zeitlichen und personellen Gründen nicht möglich. Im Übrigen werden auch in musealen Einrichtungen, die sich nicht in Trägerschaft des Landes befinden (z.B. Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Klassik Stiftung Weimar, Wartburg-Stiftung, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora) regelmäßig Inventuren in unterschiedlichen zeitlichen Intervallen durchgeführt. Diese erfolgen für gewöhnlich anlassbezogen. Die Anlässe hierfür können sehr unterschiedlicher Natur sein: Umzugs- und Sanierungsmaßnahmen, Erarbeitung von Bestandskatalogen, digitale Bestandserfassung, Konzeption von Ausstellungen oder auch – wie im Falle der Stiftung Schloss Friedenstein – durch die Feststellung , dass sich ein Objekt nicht am richtigen Platz befindet. Zu 12.: Archivalien, die an den Archivstandorten des Freistaats Thüringen verwahrt sind, werden nach den für das Landesarchiv allgemein verbindlichen Erschließungsrichtlinien verzeichnet. Diese Richtlinien beruhen auf einem Beschluss der früheren Archivleiterkonferenz. Der Lagerortnachweis der Archivalien erfolgt mittels fachspezifischer Datenbanken. Die Aufgaben von Museen sowie deren Auftrag sind in der Bundesrepublik Deutschland nicht gesetzlich fixiert . Eine Inventarisierungspflicht, wie sie beispielsweise in der DDR mit der "Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds" bestand, existiert nicht1. Allgemein anerkannt ist jedoch der vom International Council of Museums (ICOM) verfasste "Code of Ethics for Museums" (zuletzt 2013 überarbeitet), auf dessen Grundlage der ICOM Deutschland und der Deutsche Museumsbund ein Grundsatzpapier "Standards für Museen" erarbeitet haben. In den Statuten des ICOM wird das Museum definiert als "gemeinnützige, auf Dauer angelegte und der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung , die das materielle und immaterielle Erbe der Menschen und ihrer Umwelt zum Zwecke der Bildung , Forschung und Unterhaltung erwirbt, erhält, erforscht, vermittelt und ausstellt"2. Damit sind die Kernaufgaben definiert, die sich beispielsweise in den Satzungen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha sowie der Klassik Stiftung Weimar wiederfinden ("bewahren, ergänzen, erschließen, erforschen, vermitteln"). Dies schließt die Dokumentation mit ein, die sich aus diesen Kernaufgaben ergibt bzw. deren Grundlage bildet. Auch hierfür gibt es in Deutschland keine verbindlichen Regeln, jedoch gab der Deutsche Museumsbund ei- 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3351 nen "Leitfaden für die Dokumentation von Museumsobjekten" heraus, der sich auch mit Fragen der Inventarisation vorhandener Bestände befasst. Dieser Leitfaden findet auch in den Thüringer Museen Anwendung. Im Übrigen besteht gemäß Nr. 4 der Allgemeinen Nebenbestimmungen, Anlagen 1 bis 3 zu Nr. 5.1 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Thüringer Landeshaushaltsordnung, die im Falle von Projekt- sowie institutionellen Förderungen Bestandteil des Bewilligungsbescheides sind, eine Inventarisierungspflicht für neu beschaffte Gegenstände ab einem Wert von 410 Euro. Zu 13.: Ausleihen erfolgen auf der Grundlage von Leihverträgen, die von den Institutionen überwacht werden und unter anderem auch Regelungen zu Rückgabefristen enthalten. Bei nationalen Kulturgütern gemäß § 6 Kulturgutschutzgesetz (KGSG) muss die Ausfuhr in Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Drittstaaten beim zuständigen Ministerium beantragt und genehmigt werden. Eine Genehmigung erfolgt gemäß § 22 KGSG nur dann, wenn der Antragsteller die Gewähr dafür bietet, dass das zur Ausfuhr bestimmte Kulturgut in unbeschadetem Zustand und fristgerecht in das Bundesgebiet wieder eingeführt wird. Weiterhin ist gegebenenfalls die Zollbehörde mit der Kontrolle betraut. Zu 14.: Im Jahr 1991/92 gingen Objekte (Nähnadeln, Webgewichte, Spinnwirtel) einer Ausstellung der 1980er Jahre im Nadelwerk Ichtershausen im Rahmen eines Konkursverfahrens und der Betriebsauflösung verloren. Nachforschungen blieben ergebnislos. Weitere Fälle sind nicht bekannt. Prof. Dr. Hoff Minister Endnoten: 1 Vgl. hierzu auch Pröstler, Viktor: Datenfeldkatalog zur Grundinventarisation. Ein Bericht der "Arbeitsgruppe Dokumentation" des Deutschen Museumsbundes, Karlsruhe 1993, S. 8. 2 http://icom.museum/the-organisation/icom-statutes/3-definition-of-terms: "A museum is a non-profit, permanent institution in the service of society and its development, open to the public, which acquires, conserves , researches, communicates and exhibits the tangible and intangible heritage of humanity and its environment for the purposes of education, study and enjoyment.” Fehlende Münzen auf Schloss Friedenstein Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: Zu 13.: Zu 14.: Endnoten: