30.01.2017 Drucksache 6/3379Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. Februar 2017 Förderung der Prävention und Deradikalisierung im Bereich des Rechtsextremismus und Islamismus aus Landesmitteln Die Kleine Anfrage 1698 vom 25. November 2016 hat folgenden Wortlaut: Im Freistaat Thüringen bestehen zahlreiche landesgeförderte sogenannte Präventions- und Deradikalisierungsangebote im Bereich des Rechtsextremismus. Was Islamismus-Prävention angeht, ist noch in diesem Jahr ein Präventionszentrum zur Gründung vorgesehen (vergleiche Thüringer Allgemeine vom 19. November 2016), dessen Aufgaben Aufklärungsarbeit an Schulen, die Koordination zwischen Behörden und Kommunen sowie die Ausstiegsberatung sein sollen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Beratungsfälle hat es beim Thüringer Beratungsdienst - Ausstieg aus Rechtsextremismus und Gewalt (Trägerverein Drudel 11 e. V.) in den Jahren 2015 und 2016 gegeben? Wie viele waren erfolgreich (bitte nach folgenden Klientelgruppen aufschlüsseln: Ausstiegswillige; Eltern/Angehörige; Klienten mit Weisung/Auflage; Fachpersonal und die Gesamtzahl angeben)? 2. Wie viele Stellen waren beziehungsweise sind beim Thüringer Beratungsdienst - Ausstieg aus Rechtsextremismus und Gewalt (Trägerverein Drudel 11 e. V.) im Zeitraum von 2012 bis 2016 besetzt (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 3. Wie hat sich die Finanzierung des Thüringer Beratungsdienstes - Ausstieg aus Rechtsextremismus und Gewalt (Trägerverein Drudel 11 e. V.) im Zeitraum von 2012 bis 2016 entwickelt (bitte nach Jahresscheiben sowie nach Bundes- und Landesmitteln unter Nennung des jeweiligen Bundes- beziehungsweise Landesprogramms aufgliedern)? 4. Wie viele Anrufe hat es beim Kontakttelefon für ausstiegswillige Rechtsextremisten des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz im Zeitraum von 2010 bis 2016 gegeben (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 5. Wie viele Anrufe hat es beim Kontakttelefon für Hinweise mit Bezug zum Islamismus/islamistischen Terrorismus des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz im Zeitraum von 2010 bis 2016 gegeben (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 6. Wie viele Mitarbeiter des Amtes für Verfassungsschutz betreuen a) das Kontakttelefon für ausstiegswillige Rechtsextremisten; b) das Kontakttelefon für Hinweise mit Bezug zum Islamismus/islamistischen Terrorismus K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Brandner (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3379 (bitte gemäß der Fragestellung aufgliedern und jeweils angeben, ob die Mitarbeiter ausschließlich für die Betreuung des jeweiligen Kontakttelefons verwendet werden)? 7. Welche Gründe sprechen nach Ansicht der Landesregierung für die Einrichtung eines Präventionszentrums Islamismus (bitte vor dem Hintergrund der bisherigen präventiven und repressiven Maßnahmen gegen den Islamismus in Thüringen darstellen und die Aufgaben, Tätigkeitsfelder und Partner [Nichtregierungsorganisationen , Behörden et cetera] des Präventionszentrums aufführen)? 8. Wann wird das Präventionszentrum Islamismus seine Arbeit aufnehmen? 9. Wie viele Mitarbeiter sollen beim Präventionszentrum Islamismus ab wann arbeiten? 10. Wie viele Landesmittel (bitte Haushaltstitel angeben) sollen für das Präventionszentrum Islamismus in den Jahren 2016 und 2017 ausgegeben werden (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 11. Wer soll der Träger des Präventionszentrums Islamismus werden? Hat es eine diesbezügliche Ausschreibung gegeben? Wenn ja, wie viele Organisationen haben sich daran beteiligt? Wenn nein, warum nicht? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 26. Januar 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Landesregierung ist sich der besonderen Bedeutung des Frage- und Informationsrechts des Thüringer Landtags bewusst. Dieses Recht unterliegt jedoch verfassungsrechtlichen Grenzen. So kann von einer Beantwortung unter anderem dann abgesehen werden, wenn gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse oder schutzwürdige Interessen einzelner, insbesondere des Datenschutzes, entgegenstehen (vgl. Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen). Zu 1.: Jahr 2015: Kliententyp Anzahl Fälle davon abgeschlossen in 2015 Ausstiegswillige 15 3 Klienten mit Auflage/Weisung 5 3 Eltern/ Angehörige 2 1 Fachpersonal 7 3 Gesamt 29 10 Jahr 2016 (erstes bis drittes Quartal): Im Jahr 2016 wurde eine neue Kategorie/Zielgruppe aufgenommen - "Distanzierungsangebot". Teilmenge dieser Kategorie ist die ehemalige Kategorie "Klienten mit Auflage/Weisung". Die Fälle der Ausstiegswilligen wurden im ersten Quartal 2016 durch eine Fallrevision auf ihre Kategorisierung geprüft. Nach dem Anlegen der neuen Kriterien wechselten 6 Fälle der Kategorie "Ausstiegswillige" in die Kategorie "Distanzierungsangebot". Kliententyp Anzahl der Fälle (I.- III. Quartal Gesamt 2016) davon abgeschlossen davon laufend(Stand 30.09.2016) Ausstiegswillige 9 davon neu hinzugekommen 1 3 davon erfolgreich abgeschlossen 3 6 3 Drucksache 6/3379Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Kliententyp Anzahl der Fälle (I.- III. Quartal Gesamt 2016) davon abgeschlossen davon laufend(Stand 30.09.2016) Distanzierungsangebot 9 davon neu hinzugekommen 3 3 davon erfolgreich abgeschlossen 3 6 Eltern/Angehörige 7 davon neu hinzugekommen 6 5 davon erfolgreich abgeschlossen 5 2 Fachpersonal 14 davon neu hinzugekommen 10 12 davon erfolgreich abgeschlossen 12 2 Zu 2.: Dem Thüringer Beratungsdienst standen von 2012 bis 2016 folgende Personalstellen zu Verfügung: Jahr/Zeitraum Stellen 2012 3,25 Januar bis Juni 2013 4,0 Juli bis Dezember 2013 3,25 2014 3,25 Januar bis Oktober 2015 3,25 November bis Dezember 2015 4,0 2016 4,0 Zahlreiche Umstände (etwa die Jährlichkeit der Projektfinanzierung, der Wechsel der Förderprogramme, Elternzeiten u. a.) verursachen eine erhöhte Personalfluktuation, weshalb die Anzahl der besetzten Stellen nach Jahresscheiben schwierig zu ermitteln ist. Die Projektleitung des Beratungsdienstes ist bemüht, die zur Verfügung stehenden Personalstellen adäquat zu besetzen. Zu 3.: Fördermittel 2012 in Euro 2013 in Euro 2014 in Euro 2015 in Euro 2016 in Euro Land/Landesprogramm 25.244,31 17.749,31 (bis 06/2013) 90.293,50 (ab 07/2013) 80.033,17 Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Toleranz und Weltoffenheit 113.100,43 Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Toleranz und Weltoffenheit 148.204,10 Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Toleranz und Weltoffenheit Bund/ Bundesprogramm 16.887,96 BMAS 11.832,87 BMAS 100.000 Toleranz fördern - Kompetenz stärken 85.500 Demokratie Leben! 81.000 Demokratie Leben! EU/EU-Programm 135.584,31 ESF/XENOS – Sonderprogramm "Ausstieg zum Einstieg " 90.354,32 ESF/XENOS – Sonderprogramm "Ausstieg zum Eins t i e g " ( b i s 06/2013) Insgesamt 177.716,58 210.230 180.033,17 198.600,43 229.204,10 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3379 Zu 4.: Die Anrufe von ausstiegswilligen Rechtsextremisten unterliegen – gerade auch auf Wunsch der Betroffenen – der Vertraulichkeit. Sie werden daher nicht aufgezeichnet und auch statistisch nicht erfasst. Es handelt sich um ein ergänzendes Angebot des Verfassungsschutzes zu anderen Ausstiegsinitiativen. Jährlich bewegt sich die Anzahl der Anrufe schätzungsweise im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich. Zu 5.: Im Gegensatz zum Kontakttelefon für ausstiegswillige Rechtsextremisten handelt es sich beim Angebot im Bereich des Islamismus um ein Hinweistelefon. Dieses Angebot richtet sich grundsätzlich an alle Personen , die Hinweise über islamistische Bestrebungen geben können, die dann im Amt für Verfassungsschutz ausgewertet werden. Die Gespräche werden nicht aufgezeichnet und auch statistisch nicht erfasst. Jährlich bewegt sich die Anzahl der Anrufe schätzungsweise im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich. Zu 6.: Es ist sichergestellt, dass die vorhandenen Angebote für den jeweiligen Personenkreis bedarfsgerecht betreut werden. Im Übrigen kann unter Verweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen eine weitergehende Beantwortung der gestellten Frage nicht erfolgen. Einzelheiten der personellen Ausstattung des Amtes für Verfassungsschutz beim Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales unterliegen generell der Geheimhaltung. Zu 7.: Der international agierende islamistische Terrorismus stellt derzeit eine der größten Bedrohungen für unsere freien Gesellschaften und die Sicherheitslage dar. In den letzten Jahren ist die islamistische Szene sowohl bundesweit als auch im Freistaat Thüringen quantitativ gewachsen, auch wenn festgefügte islamistische Strukturen in Thüringen bisher nicht bekannt sind. Umfangreiche Präventionsangebote und Ausstiegshilfen sowie insbesondere eine einheitliche behördenbzw . trägerübergreifende Präventions- oder Deradikalisierungsstrategie im Bereich Islamismus/Salafismus bestehen in Thüringen bisher nicht. Die Landesregierung denkt deshalb darüber nach, einen ganzheitlichen Ansatz von Prävention, Repression und Ausstiegshilfe zu verwirklichen. Aufgabe des Kompetenzzentrums wäre es, die Fachexpertise verschiedenen Kooperationspartner zu bündeln, zu koordinieren und weiterzuentwickeln. In diesem Sinne soll sich das Kompetenzzentrum als Schnittstelle zwischen zivilgesellschaftlichen Trägern, muslimischen Gemeinden und den Sicherheitsbehörden verstehen. Es wird außerdem daran gedacht für radikalisierte Personen und deren Angehörige eine Beratungsstelle einzurichten, die Hilfestellungen zum Umgang mit den Radikalisierten aufzeigen sowie den Weg aus dem Extremismus begleiten sollen. Zu 8.: Die Planung für ein Präventionszentrum sind noch nicht abgeschlossen. Zu 9.: Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Zu 10.: Im Jahr 2016 wurden keine Landesmittel für das "Kompetenzzentrum gegen islamistischen Extremismus in Thüringen" eingesetzt. Ob und in welcher Höhe im Jahr 2017 Landesmittel für ein "Kompetenzzentrum gegen islamistischen Extremismus in Thüringen" ausgegeben werden, lässt sich noch nicht prognostizieren. Zu 11.: Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister Förderung der Prävention und Deradikalisierung im Bereich des Rechtsextremis-mus und Islamismus aus Landesmitteln Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: