01.02.2017 Drucksache 6/3386Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 17. Februar 2017 Erfrorene Männer in Arnstadt Die Kleine Anfrage 1733 vom 6. Dezember 2016 hat folgenden Wortlaut: Der Presse ist zu entnehmen, dass die beiden am 5. Dezember 2016 in einem Abrisshaus in Arnstadt tot aufgefundenen Männer erfroren sind. Nach Kenntnis des Fragestellers handelt es sich bei dem Abrisshaus um einen Treffpunkt für Obdachlose. Vor dem Hintergrund, dass auch bedeutend größeren Menschengruppen ein Dach über dem Kopf angeboten werden kann, besteht die Notwendigkeit, das Angebot für Obdachlose genauer zu beleuchten. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Möglichkeiten gibt es nach Kenntnis der Landesregierung für Obdachlose in Arnstadt und Umgebung zur Unterbringung und auch in den Nachtstunden? Welche finanziellen Mittel stellte dazu die Stadt Arnstadt in den letzten fünf Jahren bereit? 2. Ist es angedacht, zukünftig auch die Betreuung von Obdachlosen im Rahmen von Kooperationen, ähnlich den Vereinen und Verbänden, welche aus sozialen Trägerschaften gefördert werden, zu übernehmen? 3. Welche Räumlichkeiten und welches Personal stehen nach Kenntnis der Landesregierung für die Betreuung von Obdachlosen zur Verfügung (bitte für den Bereich Arnstadt beziehungsweise den Ilm-Kreis auflisten)? Gibt es Sanierungs- und Renovierungsbedarf in den zur Verfügung stehenden Unterkünften? 4. Wie ist die derzeitige zahlenmäßige Belegung in den Gemeinschaftsunterkünften der Stadt Arnstadt (bitte auflisten nach Geschlecht, Nationalität und bisheriger Aufenthaltsdauer)? 5. Sofern sich aus der Belegung ein Leerstand ergibt, inwieweit ist eine Unterbringung von Obdachlosen rechtlich zu bewerten, gerade im Hinblick auf die sinkenden Einwanderungszahlen? 6. Welche finanziellen Mittel stellt die Landesregierung bereit, um der Gruppe der Obdachlosen eine warme Unterkunft und Essen zur Verfügung zu stellen? 7. Welche Aktionen sind seitens der Landesregierung thüringenweit geplant, um tote Obdachlose in den Wintermonaten zu verhindern? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3386 Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 30. Januar 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Beim Fundort der beiden am 5. Dezember 2016 tot aufgefundenen männlichen Personen handelte es sich nicht um ein "Abrisshaus", sondern um ein - allerdings stark heruntergewirtschaftetes - Wohnhaus, dessen Wohnungen teilweise vermietet waren. Der Fundort stellt keinen "Treffpunkt für Obdachlose" im Bereich der Stadt Arnstadt dar. Nach Auskunft der Ermittlungsbehörden soll es sich bei den beiden Personen nicht um Obdachlose handeln . In dem Wohnhaus, in dem die beiden Männer gefunden wurden, war einer der Männer Mieter der Wohnung. Hinsichtlich des Status des zweiten Mannes liegen keine Erkenntnisse vor. Zu 1.: Die Stadt Arnstadt hält eine angemietete Wohnung zwecks Unterbringung obdachloser Personen vor. Die Wohnung dient als Gemeinschaftsnotunterkunft. Die maximale Bettenzahl beträgt acht. Eine Trennung der Bewohner/-innen nach Geschlecht ist möglich, eine Unterbringung während der Nachtstunden ebenfalls. Zu weiteren Obdachlosenunterkünften in der Umgebung von Arnstadt liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Hierzu existieren keine entsprechenden Erhebungen. Soweit die ordnungsrechtlichen Zuständigkeiten betroffen sind, obliegt die Aufgabe der Bekämpfung unfreiwilliger Obdachlosigkeit nach § 4 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG) der jeweiligen Gemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft. Ob diese eine Unterkunft vorhält oder eventuell mittels einer Zweckvereinbarung die Obdachlosenunterkunft einer anderen Gemeinde nutzt, bleibt der Gemeinde überlassen. Bei eventuell erst drohender Obdachlosigkeit ist auch die Wiedereinweisung in die betreffende Wohnung oder auch die Beschlagnahme einer anderen Wohnung möglich. Die finanziellen Aufwendungen (Unterkunft und Betreuung) betrugen im Jahre 2016 insgesamt 152.513,97 Euro. In den Jahren 2012 bis 2015 fand die Unterbringung obdachloser Personen in einer städtischen Immobilie statt. Jährliche Betreuungskosten sind während dieses Zeitraumes in Höhe von etwa 141.000 Euro entstanden. Die angegebenen Kosten beinhalten zum einen die Personalkosten für die Betreuungspersonen, zum anderen Mietkosten für zwei Wohnungen. Davon dient eine der Unterbringung von Obdachlosen, wie oben ausgeführt, und die andere zur Unterbringung von Betreuern (siehe Antwort zur Frage 3). Bereits seit längerer Zeit lebt keine obdachlose Person mehr in den als Notunterkunft zur Verfügung stehenden Räumen. Zu 2.: Es ist nicht angedacht, die Obdachlosenbetreuung durch die Stadt Arnstadt auf private Träger oder Verbände zu übertragen. Zu 3.: Bei der Stadt Arnstadt stehen zurzeit drei Vollzeitstellen (VbE) - besetzt mit vier Beschäftigten der Stadtverwaltung - für die Betreuung von obdachlosen Personen in zwei angemieteten Wohnungen (Unterkunft für Obdachlose, siehe Antwort zur Frage 1; Unterkunft für Betreuer) im gleichen Gebäude auf dem gleichen Flur zur Verfügung. Es gibt keinen Sanierungs- oder Renovierungsbedarf in den zur Verfügung stehenden Unterkünften. Zu 4.: Nach Mitteilung des Thüringer Landesverwaltungsamtes waren Gemeinschaftsunterkünfte in Arnstadt zum Stichtag 15. Dezember 2016 wie folgt belegt: 3 Drucksache 6/3386Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Gemeinschaftsunterkunft Ichtershäuser Straße Gemeinschaftsunterkunft Prof.-Frosch-Straße Gemeinschaftsunterkunft Karl-Liebknecht-Straße Kapazität 90 127 159 Belegung 0 68 52 Nationalitäten - Afghanistan 11, Albanien 2, Armenien 1, Aserbaidschan 1, Eritrea 22, Irak 13, Russ. Föd. 3, Serbien 3, Somalia 8, staatenlos 2, Syrien 2 Afghanistan 21, Eritrea 5, Ghana 1, Irak 9, Kambodscha 2, Pakistan 1, Somalia 2, Syrien 11 Geschlecht* männlich - 51 47 weiblich - 13 5 Darüber hinaus liegen keine statistischen Angaben vor, insbesondere wird die Aufenthaltsdauer untergebrachter Flüchtlinge nicht erfasst. Zu 5.: Nach Mitteilung des Landratsamtes des Ilm-Kreises war zum Stichtag 15. Dezember 2016 eine Gemeinschaftsunterkunft in Arnstadt leerstehend. Diese soll künftig nicht mehr zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden. Zur weitergehenden Verwendung der Liegenschaft durch den Landkreis liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 6. und 7.: Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Die Umsetzung des Achten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) - Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten - obliegt in Thüringen den Landkreisen und kreisfreien Städten als örtliche Träger der Sozialhilfe. Sie führen die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsaufgabe aus (§ 1 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch). Existenzsicherende Bedarfe einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung werden im Regelfall als laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie der Sozialhilfe berücksichtigt. Diese Mittel zur Daseinssicherung werden beispielsweise an Personen ohne festen Wohnsitz bei den jeweiligen Leistungsträgern (Jobcenter, Sozialamt) bar als Tagespauschale ausgereicht. Zusätzlich setzen Leistungen nach Kapitel 8 SGB XII unter anderem ein, wenn eine Unterkunft gesichert oder beschafft werden muss. Das Leistungsspektrum umfasst dabei finanzielle Zuwendung - insbesondere bei Mietschuldenproblematik -, Dienstleistung, Beratung bis hin zu aufsuchender Straßensozialarbeit, Vermittlung , Unterbringung, Zuweisung in Notunterkünfte und dergleichen. Die Ausgestaltung der Hilfeleistungen variiert auf kommunaler Ebene. Erkenntnisse der Landesregierung dazu resultieren punktuell aus Petitionen und Anliegen und konzentrieren sich auf die Landeshauptstadt. Grundsätzlich ist jedoch bei allen örtlichen Sozialhilfeträgern ein System zur Erbringung der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten verankert. Sofern Leistungen und Einrichtungen nicht durch die Kommunen selbst vorgehalten werden, existieren Vereinbarungen mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege , welche Beratungsstellen, Notunterkünfte und ähnliches betreiben. Nach Kenntnis der Landesregierung sind flächendeckende, ausreichende Unterkunftsmöglichkeiten, auch auf kleingliedriger gemeindlicher Ebene, vorhanden, welche betreffenden Personen einen menschenwürdigen Aufenthalt gewährleisten. Von diesen Angeboten wird aus verschiedenen Gründen, wie zum Beispiel. einem Abstinenzgebot der Einrichtung für die Dauer der Anwesenheit, nicht immer Gebrauch gemacht. Zur Gefahrenabwehr können Obdachlose auch nach dem Ordnungsbehördengesetz untergebracht werden. Werner Ministerin Endnote: * Personen ab 18 Jahren Erfrorene Männer in Arnstadt Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 6. und 7.: Endnote: