08.02.2017 Drucksache 6/3411Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 23. Februar 2017 Familiennachzug von Flüchtlingen in Thüringen Die Kleine Anfrage 1746 vom 13. Dezember 2016 hat folgenden Wortlaut: Die Ostthüringer Zeitung berichtete am 10. Dezember 2016 unter der Überschrift "Diakonie hilft Flüchtlingen bei Nachzug", dass in diesem Jahr mit Mitteln des Flüchtlingsfonds der Diakonie Mitteldeutschland rund 500 Menschen aus den Krisenregionen nach Deutschland geholt werden konnten, darunter mehr als 300 Kinder. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung Initiativen zum Familiennachzug von Flüchtlingen und welche Auswirkungen auf den Freistaat sind damit verbunden? 2. Welche Auswirkungen hat das Engagement der Diakonie Mitteldeutschland auf den Familiennachzug von Flüchtlingen im Freistaat? 3. Wie viele Familiennachzüge gab es im Jahr 2016 nach Thüringen (Aufschlüsselung nach Nationalitäten, sowie Unterteilung nach Erwachsenen und Kindern - getrennt nach Geschlecht)? 4. Wie viele Familiennachzüge erwartet die Landesregierung im Jahr 2017 und wie ist der Freistaat darauf vorbereitet? 5. Inwieweit sind Thüringer Schulen und Kindergärten auf den Familiennachzug von Kindern vorbereitet? 6. Inwieweit sind genügend Platzkapazitäten in Thüringer Unterkünften, Schulen und Kindergärten für den Familiennachzug vorhanden? 7. Inwieweit steht in Thüringen genügend qualifiziertes Personal für die Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen im Rahmen des Familiennachzugs zur Verfügung? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 7. Februar 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung setzt sich für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlings- und Integrationspolitik ein. Vor diesem Hintergrund werden Initiativen zum Familiennachzug von Flüchtlingen begrüßt. So kann etwa K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3411 geflüchteten (unbegleiteten) Minderjährigen durch den Familiennachzug die Möglichkeit gegeben werden, im Kreise der Familie aufzuwachsen, was dem Kindeswohl am besten dient. Darüber hinaus können durch die Anwesenheit Personensorgeberechtigter jugendhilferechtliche Verfahren und Vormundschaften beendet werden. Im Falle eines erfolgreichen Familiennachzugs gelingt zudem in der Regel eine Integration in die Gesellschaft besser, da man seine engsten Angehörigen in Sicherheit weiß und eine gemeinsame Zukunftsperspektive hat. Zu 2.: Das Diakonische Werk Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland hat im Frühjahr 2014 beschlossen, einen Fonds zur Unterstützung von Flüchtlingen einzurichten. Erstes Ziel dieses Fonds ist es, die Zusammenführung der Familien von bereits als Flüchtlinge anerkannten Menschen in Sachsen-Anhalt und Thüringen zu ermöglichen und diese finanziell zu entlasten. So können aus dem Fonds zum Beispiel Zuwendungen für Flugtickets, Visagebühren oder Fahrten zur Botschaft der schon eingereisten oder noch einzureisenden Familienmitglieder gewährt werden. Darüber hinaus leistet der Fonds in besonders gelagerten Fällen auch Hilfe, um besondere soziale Härten zu mindern. Die Unterstützung durch das Diakonische Werk trägt dazu bei, die Familienzusammenführung schneller zu gewährleisten und zum Beispiel unbegleitete Minderjährige zeitnah wieder mit ihrer Familie zu vereinen. Zu 3.: Es wird auf die als Anlage beigefügte Tabelle verwiesen. Zu 4.: Eine konkrete Einschätzung der weiteren Entwicklungen in diesem Bereich ist derzeit nicht möglich, da der Familiennachzug von verschiedenen Faktoren abhängig ist, wie etwa der Bearbeitung von Asylanträgen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Der Freistaat Thüringen ist aufgrund der sowohl auf Landes- wie auch auf kommunaler Ebene ausgebauten Versorgungsstrukturen und der zahlreichen etablierten Initiativen und Netzwerke für die Integration von Flüchtlingen gut vorbereitet und arbeitet stetig weiter an der Ausdehnung dieser Angebote. Zu 5.: Thüringer Schulen haben Erfahrung in der Beschulung und Förderung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache. Sie erhalten dafür Unterstützung durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien und die Staatlichen Schulämter. Die Thüringer Kindertageseinrichtungen arbeiten entsprechend dem Thüringer Bildungsplan mit einem inklusiven Bildungsverständnis, das heißt, die pädagogischen Fachkräfte sind kompetent im Umgang mit Heterogenität und Vielfalt sowie in der Zusammenarbeit mit Eltern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Aufsicht über die Kindertageseinrichtungen im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport sowie die Fachberatung vor Ort unterstützen die Einrichtungen und Träger bei der Betreuung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien, etwa mit Qualifizierungsangeboten des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien. Speziell in Bezug auf die Integration von Kindern aus geflüchteten Familien hat das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport eine Handreichung für die Kindertageseinrichtungen erstellt, die fortlaufend aktualisiert wird. Für Eltern wurde eine mehrsprachige Broschüre "Miteinander im Kindergarten" (2. Auflage 2016) erarbeitet, die über das System der Kindertagesbetreuung in Thüringen informiert. Zu 6.: Die kommunalen Unterbringungskapazitäten für Flüchtlinge wurden mit Hilfe der durch das Land nach der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung ausgereichten Investitionspauschalen erheblich ausgebaut. Auch die Schulen und Kindergärten in Thüringen haben entsprechende Kapazitäten. Dies zeigt etwa der Bericht des Thüringer Landesamtes für Statistik, wonach in den 1.315 Thüringer Kindertageseinrichtungen mit Stichtag 1. März 2016 insgesamt 100.257 genehmigte Plätze für die insgesamt 91.138 betreuten Kinder zur Verfügung standen. 3 Drucksache 6/3411Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 7.: Für nachziehende Familienangehörige stehen insbesondere Beratungsangebote des Bundes wie etwa Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zuwanderer und Jugendmigrationsdienste vor Ort zur Verfügung. Daneben können diese Familienangehörigen an den vom Freistaat Thüringen geförderten vielfältigen Integrationsprojekten partizipieren. In Vertretung Dr. Albin Staatssekretärin 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3411 Anlage Landkreis/ kreisfreie Städte Nationalität Erwachsene Minderjährige weiblich männlich weiblich männlich Altenburger Land Afghanistan 1 0 0 0 Irak 1 0 2 1 Syrien 11 0 12 13 ungeklärt (syr.Mutter) 0 0 3 0 Eichsfeld Syrien 10 0 15 8 Eisenach Irak 3 0 4 5 Syrien 12 0 5 11 Erfurt Irak 8 2 2 1 Syrien 107 65 53 62 Staatenlos 15 8 6 4 Gera Syrien 28 10 25 19 Gotha 0 0 0 0 Greiz keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben Hildburghausen Syrien 2 4 2 Ilm-Kreis Syrien 8 3 8 8 staatenlos 0 0 1 0 Jena Irak 3 3 1 2 Libanon 1 0 0 0 Syrien 52 7 42 59 Kyffhäuserkreis Syrien 7 0 8 8 Nordhausen Syrien 9 0 13 17 Saale-Holzland-Kreis Syrien 1 1 3 Saale-Orla-Kreis Syrien 12 5 11 13 Saalfeld-Rudolstadt Syrien 10 0 12 14 Schmalkalden-Meiningen Syrien 15 1 9 20 Sömmerda Syrien 2 1 1 Sonneberg Afghanistan 0 0 1 0 Jordanien 1 0 0 0 Syrien 9 0 13 9 Staatenlose 1 0 0 1 Suhl Syrien 3 2 4 4 Unstrut-Hainich-Kreis Irak 1 0 2 2 Syrien 13 6 12 18 Ukraine 1 0 0 0 Wartburgkreis Syrien 2 0 2 1 Weimar Jordanien 0 0 1 0 Syrien 15 14 7 13 Weimarer Land Irak 4 1 6 5 Syrien 7 3 5 5 Summe: 375 131 290 329 Quelle: Thüringer Landesverwaltungsamt Familiennachzug von Flüchtlingen in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Anlage