03.03.2017 Drucksache 6/3539Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 23. März 2017 Ausbildungsberuf des Pferdewirts Die Kleine Anfrage 1826 vom 19. Januar 2017 hat folgenden Wortlaut: Aktuell wird der Beruf des Pferdewirts in Rudolstadt ausgebildet. Für den Erhalt dieses Berufszweigs ist eine weitere Ausbildung im Freistaat dringend erforderlich. Doch durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wurde dies im vergangenen Jahr in Frage gestellt. Nach der Entscheidung des Verwal tungsgerichts Gera soll die Beschulung in Rudolstadt in den beiden kommenden Jahren ohne Rücksicht auf Mindestschülerzahlen nun doch fortgeführt werden. Mit Beginn des Schuljahres 2018/2019 muss der Landkreis als Schulträger wichtige Gründe geltend machen, die es rechtfertigen, auch bei wenigen Schü lern die Beschulung dort weiterzuführen. Diesbezüglich erscheint zur Stärkung des Ausbildungsgangs in Rudolstadt ein neuer Ausbildungszweig des Pferdepflegers sinnvoll. Derzeit gibt es diese Ausbildung nur an wenigen Standorten in Deutschland. Durch diese Ausbildung könnte auch leistungsschwächeren Jugendlichen oder jungen Menschen mit schlechte ren Deutschkenntnissen eine Ausbildung mit Pferden ermöglicht werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung die Ausbildungssituation von Pferdewirten ein? 2. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung der weiteren Ausbildung von Pferdewirten in Thüringen bei? Wie bewertet sie insbesondere die Zukunft dieses Berufszweigs im Freistaat, wenn eine Ausbildung zukünftig nur außerhalb Thüringens stattfinden würde? 3. Welche wichtigen Gründe könnten eine weitere Ausbildung auch bei wenig Schülern im Schuljahr 2018/2019 möglich machen? 4. Wie schätzt die Landesregierung die Schaffung eines zweijährigen Ausbildungsgangs des Pferdepfle gers ein? 5. Welche Erfahrungen liegen dazu in anderen Bundesländern vor? 6. Welche Chancen misst die Landesregierung der Ausbildung von Pferdepflegern insbesondere für leis tungsschwächere Jugendliche oder junge Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen zum Zugang zu einem Beruf mit Pferden bei? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Bühl (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3539 Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 2. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Auszubildende im Beruf Pferdewirt, deren Ausbildungsbetrieb in Thüringen gelegen ist, absolvieren in der Regel ihren Berufsschulunterricht in der Landesfachklasse "Pferdewirt und Pferdewirtin" am Staatlichen Be rufsbildungszentrum des Landkreises SaalfeldRudolstadt. Die Überbetriebliche Ausbildung für diesen Be ruf als zusätzlicher Baustein der Berufsausbildung erfolgt in Kooperation mit dem Freistaat Sachsen in der Sächsischen Gestütsverwaltung Moritzburg. Damit bestehen für die Auszubildenden alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung. Die Zahl der Auszubildenden im Beruf Pferdewirt liegt seit mehreren Jahren unterhalb von zehn Auszubil denden je Ausbildungsjahr. Im Jahr 2017 werden voraussichtlich sechs Auszubildende ihre Berufsausbil dung zum Pferdewirt abschließen. Zu 2.: In Thüringen werden über 23.000 Pferde gehalten. Neben der Vielzahl von Einzelzüchtern und Reit und Fahrvereinen sind vor allem die bestehenden pferdehaltenden Landwirtschaftsbetriebe (schätzungswei se 200) potentielle Bedarfsträger für ausgebildete Pferdewirte. Auch in Thüringen stellt das Pferd mit Reit sport und Reittourismus einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Insbesondere die in der jeweiligen Regi on ansässigen Betriebe aus nahezu allen Wirtschaftszweigen profitieren von der Pferdehaltung (Tierärzte, Schmiede, Landwirte, Einzelhandel, Hotel und Gastronomie, Baugewerbe et cetera). Statistisch betrach tet schaffen beziehungsweise sichern vier Pferde direkt oder indirekt einen Arbeitsplatz. Insbesondere im ländlichen Raum können damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor geschaffen wer den. So wird aktiv der Abwanderung junger Menschen entgegengewirkt, der Zuzug junger Familien begüns tigt und die Attraktivität der Gemeinden gesteigert. Mitglieder in Reitervereinen und Mitarbeiter in Zuchtbe trieben sind sehr häufig im Gemeindeleben aktiv, die Reitvereine und Pferdebetriebe stellen insofern einen bedeutenden Mehrwert für das Gemeindeleben dar. Sehr häufig werden Pferde auch im therapeutischen Bereich zur Behandlung und Rehabilitation kranker und behinderter Menschen eingesetzt. Ein Großteil der aktiven Pferdesportler sind unter 21 Jahre alt. Sie treiben Sport, lernen Verantwortung für ein ihnen anver trautes Tier zu übernehmen und betätigen sich aktiv in der Gemeinschaft über alle sozialen, ethnischen und religiösen Grenzen hinweg. In Anbetracht dieser Rahmenbedingungen ist aus Sicht der Landesregierung auch ein entsprechender Be darf an einer Ausbildung zum Pferdewirt zu konstatieren, der nach Möglichkeit in Thüringen abgedeckt werden sollte. Denn die Praxis zeigt, dass die räumliche Nähe des Ausbildungsbetriebes zum Standort der Berufsschule für Ausbildungsplatzsuchende ein wichtiges Auswahlkriterium darstellt. Gerade für Auszubil dende führen dauerhafte Belastungen, sowohl in finanzieller aber auch in zeitlicher Hinsicht (Reisekosten, Unterkunft, Freizeit), wie sie bei einer Beschulung in einem anderen Bundesland zu erwarten wären, zur Suche nach einem Ausbildungsbetrieb in Berufsschulnähe oder sogar zu einer anderen Berufswahl. Inso fern kommen die entsprechenden Ausbildungsbetriebe zu der Einschätzung, dass eine Verlagerung des Berufsschulstandortes außerhalb der Landesgrenzen des Freistaats Thüringen zu einem Erliegen der Aus bildung zum Pferdewirt in Thüringen führen könnte. Die Landesregierung teilt die Sorgen und Bedenken des Berufsstandes, macht sich allerdings die Prog nosen zur vollständigen Einstellung der Ausbildung nicht zu Eigen. Auch in anderen Berufen mit einer ge ringen Zahl an Auszubildenden führt die Durchführung der Berufsschule in anderen Bundesländern nicht zwangsläufig zum Erliegen der Ausbildung. Zu 3.: Die weitere Fortführung der Beschulung in der Landesfachklasse wird angesichts der geringen Anzahl von sechs bis acht Schülern kritisch gesehen. Die einschlägigen Vorgaben (Richtlinie zur Schulnetzplanung der staatlichen berufsbildenden Schulen beziehungsweise die Verwaltungsvorschrift zur Organisation des Schuljahres) sehen für die Errichtung von Klassen der Berufsschule grundsätzlich eine Mindestgröße von 15 Schülerinnen und Schülern vor. Diese Größe erreicht die Fachklasse in Rudolstadt seit vielen Jahren nicht. Bemühungen des Thüringer Mi nisteriums für Bildung, Jugend und Sport, durch die Vergrößerung des Einzugsbereichs (Öffnung für andere Länder) die Schülerzahl nachhaltig zu erhöhen, führten mangels Interesse nicht zum Erfolg. Mithin besteht 3 Drucksache 6/3539Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Handlungsbedarf, um ordnungsgemäße Strukturen beispielsweise für einen effizienten Personaleinsatz zu gewährleisten. Derzeit wird erörtert, ob und unter welchen Umständen minderjährige unbegleitete Flücht linge eine Ausbildung zum Pferdewirt machen können. Dies könnte zu einer Erhöhung der Auszubilden denzahlen beitragen. Zu 4.: Pferdepfleger ist eine nichtstaatliche Qualifizierungsmöglichkeit in der Pferdewirtschaft. Die Teilnehmer an einer solchen Qualifikation erhalten ein Zeugnis der deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), das zur Füh rung der Bezeichnung "FN-geprüfter Pferdepfleger" berechtigt. Die Etablierung und Umsetzung in Thürin gen obliegt der privatwirtschaftlichen Initiative der Pferdewirtschaft beziehungsweise der Berufsverbände. Zu 5.: Der Landesregierung liegen keine Kenntnisse zu Erfahrungen aus anderen Bundesländern bezüglich der Qualifizierung zum Pferdepfleger vor. Zu 6.: Mit der nichtstaatlichen Qualifizierung zum Pferdepfleger können für diese Personengruppe Vorteile für eine spätere Beschäftigung im Bereich der Pferdewirtschaft verbunden sein. In dem Zusammenhang ist jedoch auch auf die Möglichkeiten des nach § 66 Berufsbildungsgesetz aner kannten Ausbildungsberufs "Fachpraktiker/in in der Pferdewirtschaft" hinzuweisen. Dies ist ein Ausbildungs beruf für Menschen mit Behinderung, für die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht in Betracht kommt. In Thüringen sind für den Helferberuf eines/ einer "Fachpraktikers/in in der Pferdewirtschaft" bisher noch keine Ausbildungsregelungen getroffen wor den, da bislang kein entsprechender Bedarf angemeldet wurde. Vereinzelte Anfragen von Ausbildungsbe trieben in der Vergangenheit zu diesem Ausbildungsgang scheiterten stets an den nötigen sozialpädagogi schen Zusatzqualifizierungen, die die betrieblichen Ausbilder nachweisen müssen. In Thüringen besteht für Menschen mit Behinderungen bereits die Ausbildungsmöglichkeit zum Landwirtschaftshelfer, mit der auch die Grundlagen für eine Tätigkeit im Bereich Pferdewirtschaft vermittelt werden. Hinsichtlich der Zielgruppe "junge Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen" wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Keller Ministerin Ausbildungsberuf des Pferdewirts Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: