16.03.2015 Drucksache 6/369Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. März 2015 Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit infolge steigender Asylverfahren Die Kleine Anfrage 145 vom 5. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Asylbewerberzahlen steigen bundesweit an. In diesem Jahr werden voraussichtlich 230.000 Menschen in Deutschland Obhut suchen und einen Asylantrag stellen. Für Thüringen werden in diesem Jahr zwischen 7.000 und 9.000 Flüchtlinge erwartet. Bund und Länder verfolgen das Ziel, die Dauer der Asylverfahren auf drei Monate zu begrenzen, damit die Asylsuchenden schnell Gewissheit darüber haben, ob sie in Deutschland bleiben dürfen oder nicht. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) personell verstärkt. Nicht alle Asylanträge werden jedoch positiv beschieden. Gegen einen ablehnenden Asylbescheid steht den Asylsuchenden der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten offen. Vor dem Hintergrund der steigenden Asylberwerberzahlen steht zu erwarten, dass auch die verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren zunehmen. Damit dürfte auch die Belastung an den Verwaltungsgerichten drastisch steigen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie entwickelte sich die Verfahrensdauer in Aslyverfahren vor den Verwaltungsgerichten bzw. dem Oberverwaltungsgericht in Thüringen seit 2011 bis heute (bitte getrennt nach den einzelnen Gerichten und Jahren aufschlüsseln)? 2. Wie entwickelten sich die Verfahrenszahlen in Asylangelegenheiten an den Verwaltungsgerichten bzw. dem Oberverwaltungsgericht in Thüringen seit 2011 bis heute (bitte getrennt nach den einzelnen Gerichten und Jahren aufschlüsseln)? 3. Wie entwickelte sich die Personalsituation (richterlicher und nicht richterlicher Bereich) an den Verwaltungsgerichten und dem Oberverwaltungsgericht in Thüringen seit 2011 bis heute (bitte getrennt nach den einzelnen Gerichten und Jahren aufschlüsseln)? 4. Gibt es bereits Pläne der Landesregierung die Verwaltungsgerichtsbarkeit personell und sächlich zu verstärken? Wenn ja, wie sehen die konkreten Unterstützungsmaßnahmen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus? Wenn nein, wieso hält die Landesregierung trotz der zu erwartenden steigenden Anzahl an verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren eine personelle und sächliche Unterstützung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht für angezeigt? 5. In wie vielen Fällen obsiegen die rechtsschutzsuchenden Asylbewerber, d.h., wie hoch ist in Thüringen die Erfolgsquote eines verwaltungsgerichtlichen Asylverfahrens? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Walsmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/369 Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. März 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Verfahrensdauern entwickelten sich ausweislich der Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik wie folgt: Thüringer Verwaltungsgerichte Asylkammern Hauptverfahren Verfahrensdauer in Monaten (bei Erledigung mit Urteil) Asylkammern Verfahren zur Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz Verfahrensdauer in Monaten (alle Erledigungsarten) Jahr 2011 2012 2013 2014 2011 2012 2013 2014 Verwaltungsgericht Weimar 13,2 14,9 13,5 12,0 0,7 0,6 1,9 1,2 Verwaltungsgericht Gera 18,6 6,0 2,6 1,4 1,1 0,5 0,7 0,4 Verwaltungsgericht Meiningen 9,0 17,9 17,2 18,3 0,9 0,6 0,8 2,0 Thüringer Oberverwaltungsgericht Asylsenate - Berufungsverfahren Verfahrensdauer* in Monaten Jahr 2011 2012 2013 2014 Verfahren ab Eingang beim Oberverwaltungsgericht (alle Erledigungsarten) 10,0 16,1 14,9 36,4 erledigte Verfahren ab Eingang in der 1. Instanz (alle Erledigungsarten) 35,4 45,2 34,0 71,4 durch Urteil erledigte Verfahren ab Eingang beim Oberverwaltungsgericht keine Urteile keine Urteile 40,0 63,0 durch Urteil erledigte Verfahren ab Eingang in der 1. Instanz keine Urteile keine Urteile 74,2 136,9 * Zu den durchschnittlichen Verfahrensdauern in Asylsachen beim Thüringer Oberverwaltungsgericht ist anzumerken , dass die Verfahrensdauern (insbesondere bei Erledigungen durch Urteil) infolge eines relativ geringen Verfahrensaufkommens überproportional von der Dauer von Einzelverfahren bestimmt werden. Der Verfahrensdauer der durch Urteil erledigten Verfahren ab Eingang in der 1. Instanz im Jahr 2014 lagen beispielsweise lediglich 20 Verfahren zu Grunde. Zu 2.: Die Verfahrenszahlen entwickelten sich ausweislich der Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik wie folgt: Verwaltungsgericht Weimar Hauptsacheverfahren Asylkammern 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 126 121 142 219 Neuzugänge 141 151 301 272 Erledigte Verfahren 146 130 224 273 Endbestand 121 142 219 218 3 Drucksache 6/369Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Verfahren zur Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz Asylkammern 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 3 1 51 27 Neuzugänge 48 100 174 189 Erledigte Verfahren 50 50 198 205 Endbestand 1 51 27 11 Verwaltungsgericht Gera Hauptsacheverfahren Asylkammern 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 66 97 140 74 Neuzugänge 90 267 151 491 Erledigte Verfahren 59 224 217 351 Endbestand 97 140 74 214 Verfahren zur Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz Asylkammern 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 7 27 55 3 Neuzugänge 85 217 99 343 Erledigte Verfahren 65 189 151 315 Endbestand 27 55 3 31 Verwaltungsgericht Meiningen Hauptsacheverfahren Asylkammern 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 214 342 279 291 Neuzugänge 304 194 238 247 Erledigte Verfahren 176 257 226 295 Endbestand 342 279 291 243 Verfahren zur Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz Asylkammern 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 4 2 3 14 Neuzugänge 67 24 51 147 Erledigte Verfahren 69 23 40 134 Endbestand 2 3 14 27 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/369 Thüringer Oberverwaltungsgericht Hauptsacheverfahren II. Instanz Asylsenate 2011 2012 2013 2014 Anfangsbestand 71 86 144 103 Neuzugänge 59 98 45 25 Erledigte Verfahren darunter 44 41 86 69 Berufungen 3 3 9 21 Anträge auf Zulassung der Berufung 41 38 77 48 Endbestand 86 143 103 59 Zu 3.: Die Personalsituation entwickelte sich ausweislich der Personalübersichten der Thüringer Verwaltungsgerichte wie folgt: Personalbestand nach Arbeitskraftanteilen am Gericht 31.12.2011 31.12.2012 31.12.2013 30.06.2014 VG Weimar richterlicher Dienst 17,80 18,80 16,80 15,80 nichtrichterlicher Dienst 14,25 14,25 15,35 15,68 VG Gera richterlicher Dienst 12,10 11,00 11,00 12,00 nichtrichterlicher Dienst 11,73 10,70 11,50 11,50 VG Meiningen richterlicher Dienst 11,50 12,00 12,50 12,50 nichtrichterlicher Dienst 10,00 9,25 8,65 8,81 ThürOVG richterlicher Dienst 10,50 12,00 12,00 13,00 nichtrichterlicher Dienst 24,02 25,04 16,01 16,96 Zu 4.: Ziel der Landesregierung ist es, im Rahmen der Haushaltsmöglichkeiten an allen Gerichten eine auskömmliche Personal- und Sachausstattung zu gewährleisten. Der Geschäftsanfall in der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird wie in allen übrigen Gerichtsbarkeiten daher beständig beobachtet. Um den konkreten personellen Bedarf bei den Gerichten einschätzen zu können, erfolgt mindestens jährlich eine Personalbedarfsberechnung auf der Grundlage des jeweils aktuellen Geschäftsanfalls. Die aktuelle Personalbedarfsberechnung mit den Entwicklungen im abgelaufenen Kalenderjahr 2014 wird derzeit erstellt. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Infolgedessen steht noch nicht konkret fest, ob und in welchem Umfang bei den jeweiligen Gerichten Veränderungsmaßnahmen erforderlich sind. Unter Bezugnahme auf die aus der Beantwortung der Frage 2 dargestellten Entwicklung ist aber bereits ersichtlich, dass die Entwicklung der verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren an den einzelnen Standorten unterschiedlich verläuft. Weiterhin kann die Entwicklung der Asylverfahren nicht isoliert von der Entwicklung der Verfahrenszahlen der allgemeinen Kammern der Verwaltungsgerichte betrachtet werden, weil diese ebenfalls einen maßgeblichen Anteil am erforderlichen Personalbedarf der Verwaltungsgerichte ausmachen. 5 Drucksache 6/369Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Von den vor den Thüringer Verwaltungsgerichten im Jahre 2014 mit Urteil, Gerichtsbescheid oder Beschluss mit einer Entscheidung in der Sache durch Stattgabe, teilweise Stattgabe oder Abweisung erledigten Hauptverfahren vor den Asylkammern, in denen eine Behörde beteiligt war, endeten 72 Prozent der Verfahren mit dem Obsiegen der Behörde, 12,7 Prozent mit teilweisem Obsiegen der Behörde und 15,3 Prozent mit dem Unterliegen der Behörde. Lauinger Minister