06.04.2017 Drucksache 6/3716Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 24. April 2017 Belastung der Thüringer Polizei durch die Verfolgung von Verkehrsverstößen Die Kleine Anfrage 1833 vom 13. Januar 2017 hat folgenden Wortlaut: In einem online abrufbaren Zeitungsbericht der Thüringer Allgemeinen vom 31. Dezember 2016 beschreibt Polizist Michael H. folgenden Sachverhalt: "In Vorgaben ist festgelegt, wie viele Anzeigen geschrieben werden müssen, wie viel Verwarngeld herausspringen muss." Weiterhin wird geschildert: "H. schüttelt den Kopf und äußert, dass die Jagd nach Knöllchen doch nicht bedeutender sein dürfe als die Überführung von Straftätern ." Im Thüringer Landeshaushalt findet sich der Haushaltstitel Geldbußen, Verwarnungsgelder und Zwangsgelder mit jährlich steigenden Plansummen. Dies verstärkt die Befürchtung dessen, was der von der Thüringer Allgemeinen zitierte Polizist beschreibt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Stunden verbringen die Beamten im Rahmen der üblichen Ausführung der Dienstgeschäfte (im Durchschnitt) mit der Anzeigenaufnahme (auf der Dienststelle) und wie viele Stunden verbringen die Beamten zu Fuß in ihrer Streifentätigkeit? 2. Gibt es eine prozentuale Einschätzung (nachweisbar im Rahmen eines Einsatztagebuchs, ähnlich dem Einsatzleitsystem) wie viele Einsätze der Thüringer Polizei im Gefahrenabwehrbereich und wie viele Einsätze ausschließlich der Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfolgung stattgefunden haben? 3. Kontrolliert die Thüringer Polizei im Rahmen ihrer erfolgten Verwarn- und Bußgeldtätigkeiten ausschließlich den fließenden Verkehr oder ebenso den ruhenden Verkehr und wie ist die Aufteilung der Arbeitszeit und des Aufgabengebiets in Prozent? 4. In welchem Verhältnis stehen die Ordnungsbehörden im Rahmen ihrer originären Zuständigkeit zu den Zuständigkeiten der Beamten der Thüringer Polizei? 5. Gibt es eine EDV-gestützte Überprüfung der erteilten Verwarn- und Bußgelder, möglicherweise basierend auf bereits erhobenen Daten bei der Aufnahme von Unfällen im Einsatzleitsystem (ELS) oder in der elektronischen Unfalltypensteckkarte (EUSKA)? 6. Wie viele Bußgeldbescheide werden von den Bürgern durchschnittlich rechtlich angefochten und wie viele dieser Anfechtungen sind vor Gericht erfolgreich (bitte nach Jahren ab dem Jahr 2010 aufschlüsseln)? 7. Wie hoch ist der finanzielle Aufwand in Summe pro Jahr, um angefochtene Verwarn- und Bußgeldbescheide zwangsweise durchzusetzen beziehungsweise zu versuchen, diese Gelder beizutreiben? 8. In welchem Verhältnis steht dieser Aufwand pro Jahr zu den so vereinnahmten Verwarn- und Bußgeldern? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3716 9. Welche Anpassungen hinsichtlich der Personalstruktur bei der Thüringer Polizei mit Blick auf die Belastungsgrenze der Polizeibeamten, in Verbindung mit der veränderten Sicherheitslage sind vorgesehen (bitte begründen)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 5. April 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Jahr 2016 wurden insgesamt 127.245 Stunden als Fußstreife erfasst. Weitere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 2.: Eine diesbezügliche Erfassung erfolgt nicht. Zu 3.: Die Thüringer Polizei kontrolliert den fließenden Verkehr mit dem Ziel der positiven Beeinflussung des Verhaltens der Verkehrsteilnehmer. Die Kontrolle des ruhenden Verkehrs erfolgt im Rahmen der Streifentätigkeit mit dem primären Ziel der Beseitigung von Gefahren, z.B. durch Behinderung von Rettungswagen etc., nach dem Opportunitätsprinzip. Eine differenzierte Erfassung der Kontrollen im fließenden und ruhenden Verkehr erfolgt nicht. Zu 4.: Gemäß §§ 2 und 3 Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Ordnungsbehörden haben die Ordnungsbehörden die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch Abwehr von Gefahren und durch Unterbindung und Beseitigung von Störungen aufrechtzuerhalten. Dabei haben Maßnahmen der Ordnungsbehörden nach diesem Gesetz Vorrang gegenüber Maßnahmen der Polizei. § 3 des Thüringer Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei beschreibt, dass die Polizei nur tätig wird, soweit die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint . Davon ausgenommen sind die vorbeugende Bekämpfung und die Vorsorge zur Verfolgung von Straftaten sowie Vorbereitungen zur künftigen Gefahrenabwehr. Zu 5.: Es gibt keine EDV-gestützten Überprüfungen zu erteilten Verwarn- und Bußgeldern. Zu 6.: Im Durchschnitt wurden etwa 20 Prozent der Bußgeldbescheide angefochten. Die Anzahl der Bußgeldverfahren, die eine im Straßenverkehr begangene Ordnungswidrigkeit betrafen und letztlich erfolgreich vor einem Amtsgericht angefochten wurden, ergibt sich aus der nachstehenden Übersicht . Die Erledigungen erfolgten durch Freispruch, Einstellung oder Zurücknahme. Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 20161 Anzahl 4845 3728 3060 2920 2567 2229 1625 Zu 7.: Angefochtene, noch nicht rechtskräftige Verfahren unterliegen nicht der Zwangsvollstreckung. Zu 8.: Auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Zu 9.: Die Maßnahmen der Landesregierung hinsichtlich der Personalstruktur bei der Thüringer Polizei umfassen u. a. die Erhöhung der Einstellungszahlen in den kommenden drei Jahren auf jeweils 200 Anwärter. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der veränderten Sicherheitslage. Ein ursächlicher Sachzusammenhang zum Thema dieser Kleinen Anfrage besteht jedoch nicht. Dr. Poppenhäger Minister Endnote: 1 Erstes bis drittes Quartal. Belastung der Thüringer Polizei durch die Verfolgung von Verkehrsverstößen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Endnote: