11.04.2017 Drucksache 6/3737Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 28. April 2017 Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und daraus resultierende Folgen für Aufgabenkommunalisierungen auf der Grundlage von Personalgestellungen des Freistaats Thüringen Die Kleine Anfrage 1957 vom 24. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: In seiner derzeit geltenden Fassung erstreckt sich der Geltungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unter anderem auch auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern, die juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden. Dies hatte und hat im Falle der Übertragung von Landesaufgaben und des diese Aufgaben wahrnehmenden Landespersonals auf kommunale Gebietskörperschaften die Folge, dass eine dauerhafte Personalgestellung ohne Arbeitnehmerwechsel in den kommunalen Bereich rechtlich unzulässig ist. Ein Arbeitnehmerwechsel, zum Beispiel durch Versetzung, führt jedoch derzeit zwangsläufig dazu, dass der Freistaat Thüringen für die dadurch entstehende Ausgliederung der von ihm in der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versicherten Angestellten der VBL nach § 23b VBL-Satzung einen nicht unerheblichen anteiligen Gegenwert zu erstatten hätte. So hätte zum Beispiel der anteilige Gegenwert für eine Ausgliederung der 1.832 pflichtversicherten Horterzieherinnen und Horterzieher des Landes am Stichtag 1. August 2015 circa 63 Millionen Euro betragen. Auch aus diesem Grund sind Aufgabenkommunalisierungen in Verbindung mit Personalkommunalisierungen für das Land in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden, die sinnvolle, effektive Kommunalisierungen deutlich erschweren. Ich frage die Landesregierung: 1. Gab es in der Vergangenheit Initiativen der Landesregierung im Bundesrat, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz so ändern zu lassen, dass es für die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden, nicht mehr gilt und wie hat der Bund gegebenenfalls darauf reagiert? 2. Welche Möglichkeiten eröffnen sich im Hinblick auf eventuelle Aufgaben- und Personalkommunalisierungen in Thüringen, wenn der Bundesgesetzgeber die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden, aus dem Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ausnimmt und wie bewertet die Landesregierung diese Möglichkeiten und die daraus resultierenden Folgen? 3. Welche größeren kommunalisierungsgeeigneten Aufgaben oder Aufgabenblöcke des Landes (mit jeweils mindestens zehn Vollbeschäftigtenäquivalenten) könnte die Landesregierung unter der Voraussetzung einer Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in oben angeführtem Sinne ohne Kostensteigerungen auf kommunale Gebietskörperschaften übertragen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Huster (DIE LINKE) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3737 4. Welche Aufgaben oder Aufgabenblöcke des Landes mit im Einzelfall mindestens zehn Vollbeschäftigtenäquivalenten hält die Landesregierung und welche halten nach Kenntnis der Landesregierung die kommunalen Spitzenvertretungen in Thüringen für kommunalisierungsgeeignet, um die Kommunen nachhaltig zu stärken? 5. Wird die Landesregierung eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im vorbezeichneten Sinne zum Anlass nehmen, die in Thüringen (als einzigem Bundesland) nicht vollzogene Kommunalisierung der Grundschulhorte und der dort beschäftigten Horterzieherinnen und Horterzieher nochmals zu prüfen und gegebenenfalls im Zuge der Funktionalreform zu ändern? Die Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 10. April 2017 wie folgt beantwortet: Vorab wird darauf hingewiesen, dass gemäß der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) eine Versetzung nur "innerhalb" desselben öffentlichen Arbeitgebers möglich ist. Bei einer Versetzung spielt daher die Zahlung eines anteiligen Gegenwertes keine Rolle. Zu 1.: Initiativen der Landesregierung im Bundesrat, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) so ändern zu lassen, dass es für die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden, nicht mehr gilt, gab es in der Vergangenheit nicht. Der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei hatte jedoch - in Abstimmung mit den für Arbeit und Bildung zuständigen Ressorts der Thüringer Landesregierung - bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales mit Schreiben vom 7. September 2015 eine entsprechende Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erfolgreich angeregt. Der Bundestag hat am 21. Februar 2017 das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze beschlossen (BGBl. I S. 258), mit dessen Artikel 1 Nr. 1 Buchst. d Doppelbuchst. cc in § 1 Abs. 3 nach Nr. 2a durch Einfügung der Nummern 2b und 2c das AÜG (mit Ausnahme des § 1b Satz 1, des § 16 Abs. 1 Nr. 1b und Abs. 2 bis 5 sowie der §§ 17 und 18) nicht auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern anzuwenden ist, wenn - Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und aufgrund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes a) das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und b) die Arbeitsleistung zukünftig bei dem anderen Arbeitgeber erbracht wird, - diese juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes oder Regelungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften anwenden. Gemäß Artikel 7 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetzes vom 21. Februar 2017 trat dieses Gesetz am 1. April 2017 in Kraft. Zu 2.: Durch die vorstehend beschriebenen Rechtsänderungen können nunmehr Arbeitnehmer des Freistaats Thüringen im Wege der dauerhaften Personalgestellung, das heißt gegebenenfalls auch bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst, ihrer bisherigen Arbeitsaufgabe folgen, wenn diese vom Land auf kommunale Gebietskörperschaften übertragen wird. Gleiches gilt im Übrigen auch für Aufgabenübertragungen und Personalgestellungen von kommunalen Gebietskörperschaften auf das Land. Im Falle von Aufgabenkommunalisierungen ist wegen der nunmehr möglichen Anwendung des Rechtsinstituts der dauerhaften Personalgestellung ein Arbeitgeberwechsel zwischen dem bisherigen und dem neuen Aufgabenträger nicht mehr erforderlich. Ein fehlender Arbeitgeberwechsel führt auch zum Entfall der Pflicht des bisherigen Arbeitgebers zur Erstattung eines zumeist nicht unerheblichen anteiligen Gegenwerts an die Zusatzversorgungskasse des bisherigen Arbeitgebers. Durch Personalkommunalisierungen in Folge von Aufgabenkommunalisierungen entstehen also für das Land keine unabdingbaren Kostenfolgen mehr. Die dadurch praktisch erhöhten Möglichkeiten zur Aufgaben- und Personalkommunalisierung werden von der Landesregierung grundsätzlich begrüßt. Die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung bleibt davon jedoch unbenommen . 3 Drucksache 6/3737Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3. und 4.: Bezüglich der Frage, welche größeren Aufgaben oder Aufgabenblöcke des Landes (mit jeweils mindestens zehn Vollbeschäftigtenäquivalenten) kommunalisierungsgeeignet sind, ist die Meinungsbildung der Landesregierung noch nicht abgeschlossen. Erst danach ist in einem zweiten Schritt in jedem Einzelfall zu prüfen, ob durch die Aufgaben- und gegebenenfalls Personalkommunalisierung Kostensteigerungen für das Land entstehen, die auch in der Vergangenheit nicht nur durch die frühere Fassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes mittelbar bedingt waren. Bereits im September 2016 hat der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei die kommunalen Spitzenverbände schriftlich um Mitteilung gebeten, welche Aufgaben des Landes die kommunalen Spitzenverbände für kommunalisierungsgeeignet halten, um die Kommunen zu stärken. Diese Schreiben sind bis zum heutigen Tage unbeantwortet geblieben, so dass die Landesregierung nach wie vor keine Kenntnis über die Auffassung der kommunalen Spitzenverbände zur Kommunalisierungseignung von Landesaufgaben hat. Zu 5.: Auf die Antwort zu den Fragen 3 und 4 wird verwiesen. In Vertretung Krückels Staatssekretär Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und daraus resultierende Folgen für Aufgabenkommunalisierungen auf der Grundlage von Personalgestel-lungen des Freistaats Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. und 4.: Zu 5.: