19.04.2017 Drucksache 6/3768Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 5. Mai 2017 Die Entwicklung von Digitalradio in Thüringen Die Kleine Anfrage 1976 vom 24. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Mit der Einführung von Digitalradio, das heißt der Übertragung von Hörfunkprogrammen mit digitalen Sendeverfahren , kann deutlich mehr Programmen ein störungsfreier Empfang sowie eine verbesserte Wiedergabequalität ermöglicht werden. Digital Audio Broadcasting (DAB) stellt einen digitalen Übertragungsstandard für den terrestrischen Empfang von Digitalradio dar. Bei DAB Plus dagegen handelt es sich um eine Weiterentwicklung des DAB-Standards, der sämtliche Funktionen von DAB übernimmt und zugleich zusätzliche Vorteile bietet. Während sich in Thüringen für die privaten Anbieter der Einstieg in die digital-terrestrische Radiowelt sehr schwierig gestaltet, nimmt in anderen Bundesländern die Vielfalt an privaten Sendern, die über DAB Plus zu empfangen sind, zu. Da in absehbarer Zeit in Deutschland der mobile DAB-Plus- Empfang sowie entsprechende DAB-Plus-taugliche Geräte einen hohen Verbreitungsgrad erreichen dürften , wird ein konkreter, gemeinsamer Abschalt-Zeitpunkt der analogen UKW-Verbreitung immer wahrscheinlicher und zwingt damit auch die privaten Radioanbieter in Thüringen zum Handeln. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung die bisherige Entwicklung des Digitalradios in Thüringen ein? Wo steht Thüringen nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Bundesländern? 2. Welche speziellen Probleme sind der Landesregierung im Zusammenhang mit der Einführung von DAB Plus im Bereich der privaten Radioanbieter in Thüringen bekannt? Haben die privaten Programm-anbieter in Thüringen ein Interesse daran, ihre Programme auch über DAB Plus zu verbreiten? 3. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung bei der Weiterentwicklung von Digitalradio privater Anbieter in Thüringen, insbesondere bei der Einführung von DAB Plus? Welche Unterstützungsmaßnahmen plant die Landesregierung? 4. Welche Strategien und Unterstützungsmaßnahmen verfolgen nach Kenntnis der Landesregierung andere Bundesländer in Deutschland, um die DAB-Plus-Entwicklung voranzutreiben? 5. Sind der Landesregierung Programme zur Förderung von DAB Plus in anderen Bundesländern bekannt? Falls ja, welchen Umfang haben diese Programme? 6. Welche Fördermöglichkeiten der Europäischen Union für DAB Plus könnten genutzt werden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wucherpfennig (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3768 7. Wie hoch schätzt die Landesregierung den künftigen finanziellen Bedarf für die DAB-Plus-Entwicklung bei Privatsendern in Thüringen ein? Wofür müssten diese finanziellen Mittel ausgegeben werden? 8. Welche privaten Radioanbieter in Thüringen haben nach Kenntnis der Landesregierung ein Interesse daran, ein neues, zusätzliches Programm digital-terrestrisch zu starten? 9. Wie viele Mittel hat der Freistaat Thüringen bereits von der ihm zugewiesenen Summe (circa 17 Millionen Euro) aus der "Digitalen Dividende II" verbraucht? Falls noch Restmittel vorhanden sind, wofür sind diese eingeplant? Die Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 18. April 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Seit dem 1. August 2011 wird DAB+ in Deutschland bundesweit zur Verbreitung nationaler öffentlich-rechtlicher wie privater Sender genutzt. Die Entwicklung war und ist nicht unproblematisch. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde im Frühjahr 2015 auf politischer Ebene das Digitalradio-Board von Bund, Ländern und allen Marktbeteiligten ins Leben gerufen. Die Mitglieder haben in den vergangenen Monaten einen "Aktionsplan für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter" so weit wie möglich abgestimmt . Dieser Entwurf des Aktionsplans hat sich in den letzten Monaten stark verändert: So sind statt anfangs 20 jetzt nur noch acht "Maßnahmen" vorgesehen. Diese Veränderungen und Abschwächungen gehen insbesondere auf die Kritik des VPRT, der mittlerweile das Board allerdings verlassen hat, aber auch auf divergierende Einschätzungen innerhalb der Ländergemeinschaft zurück. Länderseitig wird insbesondere auf die Aspekte Beitragsakzeptanz im Kontext teurer Simulcastphasen, die Gefahr des tatsächlichen Wegbrechens der öffentlich-rechtlichen Hörerschaft und die potentiellen Möglichkeiten einer 5G-Internetversorgung verwiesen. Dies führte im Ergebnis dazu, dass die Roadmap seitens der Ländergemeinschaft in der Rundfunkkommission lediglich zur Kenntnis genommen und aktuell kein weiterer konkreter Umsetzungsschritt beschlossen wurde. Da es somit noch immer keine verbindliche Abstimmung zwischen den Ländern gibt und die privaten Veranstalter auch in Thüringen weiterhin stark auf UKW setzen, sieht die Landesregierung derzeit keine Veranlassung einer unmittelbaren finanziellen Förderung. Eine "Insellösung" für Thüringen würde das Risiko in sich bergen, zum jetzigen Zeitpunkt Haushaltsmittel für eine Technologie zu verausgaben, deren Erfolg noch nicht gewiss ist. Zudem liegen die Nutzungszahlen von DAB+ weit hinter der UKW-Nutzung zurück, weshalb die Landesregierung derzeitig kein Interesse daran hat, eine Technologie gegen den Willen der Nutzer und Anbieter durchzusetzen. Zu 1.: Nach einer dynamischen Entwicklung insbesondere in den beiden letzten Jahren erreichen die Sendernetze für Digitalradio (DAB+) in Thüringen überdurchschnittlich hohe Versorgungsgrade. So kann das Thüringer Digitalradio-Sendernetz des MDR seit Dezember 2016 von 84 Prozent der Einwohner indoor empfangen werden sowie auf 97 Prozent der Fläche mobil outdoor. Damit liegt Thüringen im bundesweiten Vergleich gemeinsam mit Sachsen und Sachsen-Anhalt an der Spitze. Auch das bundesweite Digitalradio-Netz ist in Thüringen und in den beiden anderen mitteldeutschen Ländern nahezu flächendeckend und damit teils erheblich besser ausgebaut als in allen übrigen Ländern. Zudem ist Thüringen nach Baden-Württemberg das zweite Land, in dem der dicht an das 2-Meter-Analogfunkband der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben angrenzende Frequenzblock 5A für Digitalradio genutzt werden darf. In den übrigen Ländern ist dies nach Kenntnis der Landesregierung noch nicht möglich. Derzeit ist vorgesehen, Block 5A mittelfristig bundesweit für das geplante zweite bundesweite Digitalradio-Netz zu nutzen. Das Digitalradio-Programmangebot in Thüringen ist noch ausbaufähig. Hier sind derzeit 19 Digitalradio-Programme zu empfangen, davon sieben Programme des MDR (MDR Thüringen, MDR Kultur, MDR Aktuell, MDR Jump, MDR Klassik, MDR Sputnik, MDR Schlagerwelt), drei des Deutschlandradios (Deutschlandfunk , Deutschlandradio Kultur, DRadio Wissen) und die neun über das bundesweite Netz verbreiteten privaten Programme (Absolut Relax, BOB, ERF Plus, Klassik Radio, Radio Energy, Radio Horeb, Schlagerparadies , Schwarzwaldradio, Sunshine live). Die drei landesweiten privaten Thüringer UKW-Programme 3 Drucksache 6/3768Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode haben aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der Anbieter keine Verbreitung über DAB+. In den meisten anderen Ländern sind wegen der stärkeren Beteiligung der landesweiten und regionalen privaten Veranstalter insgesamt mehr Programme über Digitalradio zu empfangen. Bürgerradios werden nach Kenntnis der Landesregierung derzeit nur in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern über Digitalradio verbreitet. Hinsichtlich der Ausstattung der Haushalte mit Digitalradio-Geräten liegen Thüringen und Sachsen-Anhalt gemeinsam mit 12,9 Prozent im oberen Mittelfeld der Länder und knapp über dem Bundesdurchschnitt von 12,6 Prozent. Thüringer mit einem DAB+-Gerät im Haushalt kommen im Ländervergleich auf die kürzeste tägliche Digitalradio -Hördauer. Mit 19 Minuten liegt Thüringen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 46 Minuten. Die vorstehenden Angaben zur Digitalradio-Ausstattung der Haushalte und zur Digitalradio-Hördauer sind dem Digitalisierungsbericht 2016 der Landesmedienanstalten entnommen (Datenerhebung im Mai 2016). Zu 2.: Die Veranstalter der landesweiten privaten Hörfunkprogramme in Thüringen sind nicht bereit oder in der Lage, einen Parallelbetrieb der beiden Übertragungswege UKW und DAB+ zu finanzieren. Sie fordern daher für den Einstieg in DAB+ eine hohe Förderung. In Mitteldeutschland gibt es derzeit zwei Digitalradio-Verbreitungsmodelle für private Hörfunkprogramme: Die Mitnutzung von Kapazitäten im MDR-Sendernetz oder die Einrichtung eines eigenen Sendernetzes. Die Mitnutzung eines Programmplatzes im MDR-Sendernetz Thüringen, die die Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) für die privaten Thüringer Hörfunkveranstalter bereits vor einigen Jahren mit dem MDR vereinbaren konnte, kostet derzeit ca. 130.000,- Euro (brutto) jährlich und damit deutlich weniger als eine landesweite UKW-Verbreitung. Praktiziert wird dieses Mitnutzungs-Modell im MDR-Gebiet für ein einziges privates Programm in Sachsen. Teurer wäre die Einrichtung eines zusätzlichen landesweiten Sendernetzes für private Hörfunkprogramme, wenn dieses nur von wenigen Programmen genutzt wird. Könnte ein solches eigenständiges Sendernetz hingegen mit insgesamt etwa 15 Programmen voll ausgelastet werden, wären die jährlichen Verbreitungskosten mit denjenigen beim Mitnutzungs-Modell vergleichbar. Im Ergebnis sind die landesweiten kommerziellen Hörfunkveranstalter in Thüringen derzeit nur dann an einer DAB+-Verbreitung interessiert, wenn ihnen diese durch entsprechende Förderung kostenneutral ermöglicht wird. Auch ein Interesse der Bürgerradios an einer Digitalradio-Verbreitung ist gegeben, allerdings ebenfalls unter Beibehaltung der bisherigen UKW-Verbreitung für die Übergangszeit und kostenneutraler Ermöglichung der Digitalradio-Verbreitung. Nach Ansicht der Bürgerradios sollte ihr Digitalradio-Verbreitungsgebiet mindestens ihr jeweiliges UKW-Sendegebiet umfassen und über je eigene Kapazitäten erfolgen. Das in Baden -Württemberg bestehende Modell, bei dem sich alle Bürgerradios einen landesweiten Programmplatz in Form einer Zeitpartagierung teilen, sehen die Thüringer Bürgerradios kritisch. Zu 3.: Aus Sicht der Landesregierung sollte die Digitalisierung der Hörfunkverbreitung in erster Linie als marktgetriebene Entwicklung stattfinden. Daher plant die Landesregierung derzeit keine auf DAB+ bezogenen Unterstützungsmaßnahmen für private Hörfunkveranstalter. Zu 4.: Entsprechend einer Information durch die Thüringer Landesmedienanstalt kann Folgendes festgehalten werden: In Bayern erhält die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) eine staatliche Unterstützung für die Förderung der Programmverbreitung in DAB+, ergänzend zur BLM-Förderung. In 2017 erhält die BLM 450.000,- Euro für das zweite Halbjahr. Von 2018 bis 2020 sind jeweils Mittel von 900.000,- Euro pro Jahr 2 vorgesehen. Nach Auskunft der BLM sind derzeit die Mittel im Doppelhaushalt des Freistaates Bayern für 2018/2019 eingeplant. Insgesamt soll die Förderung von DAB+ ab 2018 jeweils 1,6 Millionen Euro pro Jahr betragen, Mittel aus staatlicher Unterstützung und aus der Haushaltsabgabe, getragen durch die BLM. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3768 In Baden-Württemberg hat der Landtag entschieden, den Vorwegabzug an die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LfK) um 400.000,- Euro zu reduzieren, um insbesondere die Programmverbreitung von Lokal-TV zu befördern. Die LfK hat daraufhin entschieden, stärker eigene Mittel für die Programm -verbreitung der Bürgerradios zu verwenden. Derzeit trägt die LfK nahezu 70.000,- Euro pro Jahr für einen Programmplatz für die Bürgerradios im landesweiten Sendernetz. Insofern sind es in Baden-Württemberg keine staatlichen Mittel, sondern Mittel aus der Haushaltsabgabe, die für DAB+ eingesetzt werden. Auch die Sächsische Landesmedienanstalt fördert anteilig die laufenden Digitalradio-Verbreitungskosten privater Hörfunkveranstalter, ebenso die Medienanstalt Sachsen-Anhalt. Zudem regelt das Mediengesetz Sachsen-Anhalt, dass neue UKW-Frequenzen nur noch im Ausnahmefall zugeordnet werden, frei werdende UKW-Frequenzen nicht mehr vergeben werden und UKW insgesamt zum 1. Januar 2026 abgeschaltet werden soll. Ferner sind die UKW-Zuweisungen in Sachsen-Anhalt mit der Auflage verknüpft, die Programme auch über DAB+ zu verbreiten. Strategien oder Unterstützungsmaßnahmen für DAB+ in anderen Ländern sind der Landesregierung nicht bekannt. Zu 5.: Der Landesregierung ist bekannt, dass der Freistaat Bayern auch Mittel aus dem Landeshaushalt zur Förderung der Digitalradio-Verbreitungskosten privater Hörfunkveranstalter einsetzt. Für das Jahr 2017 beträgt die Fördersumme ca. 450.000 Euro und für das Jahr 2018 ca. 900.000 Euro. Zu 6.: Fördermöglichkeiten der Europäischen Union für DAB+ sind der Landesregierung nicht bekannt. Zu 7.: Die Höhe der Digitalradio-Kosten für die privaten Thüringer Hörfunkveranstalter hängt entscheidend von der Dauer des Parallelbetriebs von UKW und DAB+ ab. Die landesweite Verbreitung eines privaten Hörfunkprogramms in Thüringen über DAB+ kostet nach Angaben der TLM derzeit ca. 130.000,- Euro (brutto) jährlich. Das gilt sowohl für eine eventuelle Mitnutzung des bestehenden Digitalradio-Sendernetzes des MDR (vgl. Antwort zu Frage 2) als auch für die Nutzung eines neuen eigenständigen Sendernetzes für private Programme, sofern dieses mit weiteren Programmen aufgefüllt werden kann. Für den Zeitraum von Anfang 2018 bis einschließlich 2025 ergäben sich damit Digitalradio -Kosten von ca. 1,04 Millionen Euro (brutto) je Programm. Die privaten Thüringer Hörfunkveranstalter schätzen den Finanzbedarf für Digitalradio allerdings deutlich höher ein, und zwar auf insgesamt bis zu zehn Millionen Euro. Diese abweichende Annahme hat mehrere Ursachen: Die Thüringer Veranstalter wollen ein eigenständiges Sendernetz exklusiv nutzen, also nicht für außerhalb Thüringens produzierte Programme öffnen. Auf diese Weise könnte das Sendernetz nicht ausgelastet werden, wodurch die Verbreitungskosten je Programm steigen würden. Ferner befürworten die Thüringer Veranstalter die Einrichtung eines regionalisierten und damit teureren Netzes. Schließlich rechnen sie mit einer Umstellungszeit bis weit über 2025 hinaus. Die genannten Mittel müssten hauptsächlich für die Verbreitungskosten eingesetzt werden, welche die privaten Hörfunkveranstalter ihren Sendernetzbetreibern bzw. Dienstleistern zahlen müssen. Zu 8.: Die privaten Hörfunkveranstalter in Thüringen haben bisher kein Interesse signalisiert, zusätzliche Programme über DAB+ zu verbreiten. Zu 9.: Der Freistaat hat aus den bisher zugewiesenen Mitteln des Bundes in Höhe von rund 12,7 Milionen Euro bereits Mittel in Höhe von rund fünf Millionen Euro bewilligt. Weiter zur Verfügung stehende bzw. noch ausstehende Mittel sind für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur eingeplant. Prof. Dr. Hoff Minister Die Entwicklung von Digitalradio in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: