18.03.2015 Drucksache 6/379Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. April 2015 Deutschlandstipendien in Thüringen - Teil 2 Die Kleine Anfrage 131 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: Mit der Schaffung der Deutschlandstipendien zum Sommersemester 2011 wurde eine einkommensunabhängige Förderung von Studierenden mit Spitzenleistungen angestrebt. Dabei soll laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung ein möglichst weiter Leistungsbegriff angesetzt werden, sodass neben hervorragenden Leistungen im Studium auch gesellschaftliches Engagement und die jeweilige Bildungsbiografie berücksichtigt werden sollen. Die Förderung in Höhe von 300 Euro wird dabei jeweils zur Hälfte aus Mitteln des Bundes und von Förderern zumeist aus der Privatwirtschaft erbracht. Gemäß dem Thüringer Landesamt für Statistik können auch in Thüringen an zehn Hochschulen Studierende potenziell von einem Deutschlandstipendium profitieren (vgl. Statistisches Monatsheft Thüringen Dezember 2014, Seite 6). Zudem ist aus dem "Zweiten Zweijahresbericht über Sponsoringleistungen an die Thüringer Landesverwaltung für die Jahre 2012 und 2013" zu entnehmen, dass auch Anstalten des öffentlichen Rechts an der Finanzierung der Deutschlandstipendien in Thüringen beteiligt sind. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Personen haben in Thüringen explizit auf Grund ihrer bzw. mit Verweis auf ihre Bildungsbiografie eine Förderzusage für das Deutschlandstipendium erhalten (bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben)? 2. Wie verteilen sich die Deutschlandstipendien in Thüringen auf Studierende in Bachelor-, Master-, Magister - und Diplom-Studiengängen (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)? 3. Wie hoch waren die jährlichen Fördersummen aus der privaten Wirtschaft bei in Thüringen vergebenen Deutschlandstipendien (bitte nach Hochschulen und Förderern aufschlüsseln)? 4. Auf welcher gesetzlichen Grundlage und welchen internen Bestimmungen bzw. Richtlinien wählen die Thüringer Hochschulen die mit einem Deutschlandstipendium zu fördernden Studierenden aus? 5. Kann ein privater Förderer auf die Auswahl der zu fördernden Studierenden Einfluss nehmen? Wenn ja, in welcher Weise? 6. Wie wird an den Thüringer Hochschulen garantiert, dass die Verfahren so gestaltet sind, dass die Autonomie und Unabhängigkeit der Hochschulen in jeder Phase gewährleistet ist? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Schaft (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/379 7. Wie sind die Auswahlgremien für die Vergabe der Deutschlandstipendien an den einzelnen Thüringer Hochschulen zusammengesetzt? 8. Wie steht die Landesregierung zur Finanzierung von Deutschlandstipendien durch Anstalten des öffentlichen Rechts, wie beispielsweise die Thüringer Aufbaubank oder Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, wie beispielsweise die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH und weitere? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. März 2015 wie folgt beantwortet: Die Antworten zu den Fragen 2 und 3 basieren auf den Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik. Eine Statistik für das Jahr 2014 liegt noch nicht vor. Zu 1.: Die Kriterien für die Auswahl von Deutschlandstipendiatinnen und Deutschlandstipendiaten sind in § 3 Stipendienprogramm -Gesetz (StipG) geregelt. Danach werden Stipendien nach Begabung und Leistung vergeben . Neben den bisher erbrachten Leistungen und dem bisherigen persönlichen Werdegang sollen auch gesellschaftliches Engagement, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen oder besondere soziale, familiäre oder persönliche Umstände berücksichtigt werden. Die Auswahlkriterien werden in § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Stipendienprogramm-Gesetzes (StipV) in Bezug auf die Kriterien "Leistung" und "Begabung" konkretisiert. In § 2 Abs. 2 StipV werden die bei der Gesamtbetrachtung des Potentials der Bewerberinnen und Bewerber zu berücksichtigenden Kriterien näher erläutert, beispielsweise vorangegangene Berufstätigkeit und familiäre Herkunft. Dem entsprechend erfolgt die Vergabe von Deutschlandstipendien nicht explizit aufgrund der "Bildungsbiographie" der Stipendiaten, sofern hier Studierende gemeint sein sollten, die den Hochschulzugang auf dem "Zweiten Bildungsweg" bzw. aufgrund beruflicher Qualifikation erworben haben oder aus einem nicht akademischen Elternhaus stammen. Die "Bildungsbiographie" findet jedoch bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung. Vor diesem Hintergrund ist keine Angabe zur Anzahl der Personen, die explizit auf Grund ihrer bzw. mit Verweis auf ihre Bildungsbiographie eine Förderzusage für das Deutschlandstipendium erhalten haben, möglich. Zu 2.: Auf die als Anlage 1 beigefügte Statistik wird verwiesen. Zu 3.: Auf die als Anlage 2 beigefügte Statistik wird verwiesen. In Bezug auf die Mittelgeber wird lediglich deren Rechtsform erhoben. Zu 4.: Die Auswahl der Deutschlandstipendiatinnen und Deutschlandstipendiaten erfolgt auf der Grundlage des Stipendienprogramm-Gesetzes und der Verordnung zur Durchführung des Stipendienprogramm-Gesetzes. Ergänzend verfügen alle Thüringer Hochschulen über Verordnungen, Satzungen oder Richtlinien zur Vergabe von Deutschlandstipendien bzw. zum Auswahl- und Bewerbungsverfahren im Rahmen des nationalen Stipendienprogramms auf der Grundlage und unter Beachtung des Stipendienprogramm-Gesetzes und der Verordnung zur Durchführung des Stipendienprogramm-Gesetzes. Zu 5.: Die Einflussnahme privater Förderer auf die Auswahl der Studierenden ist grundsätzlich ausgeschlossen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 StipG sind die Auswahlverfahren von den Hochschulen so zu gestalten, dass eine Einflussnahme der privaten Mittelgeber auf die Auswahl der zu fördernden Studierenden ausgeschlossen ist. Allerdings können die privaten Mittelgeber nach § 11 Abs. 3 StipG für die von ihnen anteilig finanzierten Stipendien eine Zweckbindung für bestimmte Fachrichtungen oder Studiengänge festlegen; die Anzahl der zweckgebunden zu vergebenden Stipendien ist auf zwei Drittel der von der jeweiligen Hochschule pro Kalenderjahr neu bewilligten Stipendien begrenzt. 3 Drucksache 6/379Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Nach § 5 Abs. 2 StipG darf das Stipendium weder von einer Gegenleistung für den privaten Mittelgeber noch von einer Arbeitnehmertätigkeit oder einer Absichtserklärung hinsichtlich einer späteren Arbeitnehmertätigkeit abhängig gemacht werden. Zu 6.: Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 StipG können die Hochschulen Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Funktion in Auswahlgremien berufen. Einige der bei der Antwort auf Frage 4 genannten Richtlinien etc. der Thüringer Hochschulen sehen diese Möglichkeit vor bzw. eröffnen den Gremien, eine Teilnahme zuzulassen. Teilweise erhalten die privaten Mittelgeber die Möglichkeit der beratenden Mitwirkung im Vorfeld . Ein abgegebenes Votum wird von den Hochschulen als unverbindlicher Wunsch gewertet und gegebenenfalls berücksichtigt. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 5 Bezug genommen. Zu 7.: Die Vergabekommissionen an den einzelnen Thüringer Hochschulen setzen sich wie folgt zusammen: Universität Erfurt - Vizepräsidentin/Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs als Vorsitzende/Vorsit- zender - je ein professorales Mitglied der vier Fakultäten - zwei studentische Mitglieder aus den Reihen der studentischen Senatorinnen/Senatoren - fakultativ zwei Vertreterinnen/Vertreter der Mittelgeber mit beratender Funktion - Fakultativ: Gleichstellungsbeauftragte/Gleichstellungsbeauftragter Technische Universität Ilmenau - Vizepräsidentin/Vizepräsident für Bildung als Vorsitzende/Vorsitzender - eine Vertreterin/ein Vertreter der Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer aus jeder Fakultät - vier Vertreterinnen/Vertreter der Studierenden - zwei Vertreterinnen/Vertreter der akademischen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter - eine Vertreterin/ein Vertreter der sonstigen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter Friedrich-Schiller-Universität Jena - Mitglieder des Studienausschusses des Senats - Gleichstellungsbeauftragte/Gleichstellungsbeauftragter - Dezernentin/Dezernent für Akademische und Studentische Angelegenheiten - Fakultativ: eine Vertreterin/ein Vertreter des Mittelgebers mit beratender Stimme Bauhaus-Universität Weimar - Rektorin/Rektor oder deren/dessen Stellvertreterin/Stellvertreter als Vorsitzende/Vorsitzender - Gleichstellungsbeauftragte/Gleichstellungsbeauftragter - zwei bis vier Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer - ein bis zwei akademische Mitarbeiterinnen/akademischer Mitarbeiter - ein bis zwei Graduierte, die durch ein Stipendium der Thüringer Graduiertenförderung unterstützt wer- den - eine Studierendenvertreterin/ein Studierendenvertreter Hochschule für Musik "Franz Lizst" Weimar - Präsidentin/Präsident oder eine von ihr/ihm bestellte Person als Vorsitzende/Vorsitzender - Vizepräsidentin/Vizepräsident für Lehre - Vizepräsidentin/Vizepräsident für Künstlerische Praxis - Kanzlerin/Kanzler - Gleichstellungsbeauftragte - Fakultativ: Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Stimme Fachhochschule Erfurt - ein Mitglied des Präsidiums - zwei Professorinnen oder Professoren - zwei Studierende mit je zwei Ersatzmitgliedern - Fakultativ: Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Stimme 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/379 Ernst-Abbe-Hochschule Jena - eine Vertreterin/ein Vertreter der Hochschulleitung - eine Vertreterin/ein Vertreter des Career Service - Vertreter der Fachbereiche - Vertreter der privaten Förderer mit beratender Stimme Hochschule Nordhausen - Präsidentin/Präsident oder die Vizepräsidentin/der Vizepräsident als Vorsitzende/Vorsitzender - Gleichstellungsbeauftragte - mindestens zwei bis zu vier Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer - mindestens ein bis zu zwei akademische Mitarbeiterinnen/akademische Mitarbeiter - mindestens ein bis zu zwei Stipendiateninnen/Stipendiaten - Fakultativ: Vertreterinnen/Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Stimme Fachhochschule Schmalkalden - Mitglieder der Zentralen Studienkommission - Gleichstellungsbeauftragte - Fakultativ: Vertreterinnen/Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Stimme SRH Fachhochschule für Gesundheit Gera - Präsidentin/Präsident oder ein von ihr/ihm bestimmter Vertreter als Vorsitzende/Vorsitzender - Vizepräsidentin/Vizepräsident für Lehre oder ein von ihr/ihm bestimmte Vertreterin/bestimmter Vertreter - eine Vertreterin/ein Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter - Gleichstellungsbeauftragte/Gleichstellungsbeauftragter oder eine/ein von ihr/ihm bestimmte Vertreterin/ bestimmter Vertreter - die Koordinatorin/der Koordinator für das Deutschlandstipendium - Vertreterinnen/Vertreter der privaten Mittelgeber mit beratender Stimme Zu 8.: Sofern die Thüringer Aufbaubank oder die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH als private Mittelgeber Deutschlandstipendien finanzieren, steht dies im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften des Stipendienprogramm-Gesetzes. Nach § 11 Abs. 1 StipG werden die Deutschlandstipendien aus von den Hochschulen eingeworbenen Mitteln privater Mittelgeber und aus öffentlichen Mitteln finanziert. Haben die Hochschulen von privaten Mittelgebern pro Stipendium einen Betrag von mindestens 150 Euro/Monat eingeworben , wird dieser gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 StipG vom Bund um einen Betrag von 150 Euro/Monat aufgestockt. Die Frage, ob es sich angesichts der öffentlich-rechtlichen Rechtsform des Mittelgebers und/ oder der Beteiligung des Landes am Mittelgeber trotzdem um private Mittel im Sinne des Stipendienprogramm -Gesetzes handelt, ist zu bejahen. Der Begriff der "privaten" Mittel ist funktional und nicht formal zu definieren. Ob die Mittel "privat" sind, hängt nicht von der Rechtsform des Mittelgebers ab, vielmehr hat eine wirtschaftliche Betrachtung zu erfolgen. Wesentlich ist, dass die für Stipendien eingesetzten Mittel "privat" erwirtschaftet wurden, also nicht aus dem Landeshaushalt stammen, und der Mittelgeber die Verfügungsgewalt über diese Mittel hat. Da die beiden beispielhaft genannten Einrichtungen Erträge aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit erzielen, erfüllen sie die vorgenannten Kriterien. Tiefensee Minister Anlagen*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlagen wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlagen erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden.