18.03.2015 Drucksache 6/380Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. April 2015 Bildung einer Rückstellungsreserve aus Mitteln des Hochschulpaktes 2020 Die Kleine Anfrage 133 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: Nach den Äußerungen des Thüringer Ministers für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Wolfgang Tiefensee, in dem öffentlichen Teil der 2. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Wissenschaft am 22. Januar 2015 plant die Landesregierung, den Hochschulen ab 2016 aus den Mitteln des Hochschulpaktes 2020 jährlich fünf Millionen Euro weniger zur Verfügung zu stellen als ursprünglich in der HochschulRahmenvereinbarung III vorgesehen war. Aus diesen Mitteln soll eine Rückstellungsreserve für den Fall gebildet werden, dass der Bund im Falle von sinkenden Studienanfängerzahlen nach dem Auslaufen des Hochschulpaktes 2020 etwaige Rückforderungen stellen sollte, die dann aus dieser Rückstellungsreserve beglichen werden sollen. Fast zeitgleich verkündete das zuständige Ministerium eine Neuauflage des Landesprogramms "ProExzellenz", das mindestens bis 2019 mit einer Summe von 20 Millionen Euro aus Landesmitteln gefördert werden soll. Ich frage die Landesregierung: 1. Geht diese Vorgehensweise, aus Bundesmitteln eine Rückstellungsreserve innerhalb des Einzelplanes des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft zu bilden, mit der Thüringer Landeshaushaltsordnung konform oder handelt es sich dabei um eine Art "Schattenhaushalt"? 2. Wie hoch genau soll die Summe der bis 2020 zu bildenden Rückstellungsreserve in Euro sein? 3. Um wie viel Euro verringert sich pro Jahr der Betrag für jede einzelne Hochschule, um den die betroffenen Einrichtungen ab 2016 weniger Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 erhalten sollen (bitte Aufschlüsselung für jede Hochschule einzeln)? 4. Wie können bzw. sollen nach Ansicht der Landesregierung die betroffenen Einrichtungen ab 2016 die verringerten Hochschulpaktmittel kompensieren? Welche Hilfsmaßnahmen sind seitens des Landes diesbezüglich geplant? 5. Rechnet die Landesregierung mit negativen Auswirkungen für den Hochschulstandort Thüringen insgesamt , falls die für die Rückstellungsreserve abgezogenen Mittel nicht kompensiert werden? Falls nein, mit welcher Begründung? 6. Was geschieht mit den Mitteln dieser Rückstellungsreserve, falls die vom Bund vorgegebenen Studienanfängerzahlen am Ende doch realisiert werden können? Müssen dann die nicht verbrauchten Gelder trotzdem wieder an den Bund zurückgezahlt werden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Voigt (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/380 7. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Studienanfängerzahlen mindestens bis 2020 auf einem konstanten Niveau zu halten bzw. noch zu steigern? Welche Mittel sollen zu diesem Zweck bereitgestellt werden? 8. Aus welchen Mitteln wird das Landesprogramm "ProExzellenz" gespeist (bitte Titelgruppe angeben)? 9. Woher stammen die zusätzlichen Mittel für das Landesprogramm "ProExzellenz"? Werden zu diesem Zweck für die Hochschulen zusätzliche Haushaltsmittel eingestellt oder sollen zugunsten des Landesprogramms an anderen Stellen der Hochschulen Mittel eingespart werden? Sollen für das Landesprogramm Mittel aus der Rückstellungsreserve (Hochschulpakt 2020) entnommen werden? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. März 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Rahmenvereinbarung III zwischen der Thüringer Landesregierung und den neun Hochschulen des Landes vom 20. Dezember 2011 hat gemäß ihrer Ziffer III Nr. 4 eine Laufzeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015. Die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Artikel 91 Buchst. b Abs. 1 und 2 Grundgesetz über den Hochschulpakt (HSP) 2020 in der von den Regierungschefinnen und -chefs des Bundes und der Länder am 11. Dezember 2014 beschlossenen Fassung enthält sowohl Regelungen zur Zweiten Programmphase des HSP 2020 (hier: Finanzierung ab 2015) als auch für die von 2016 bis 2020 geltende Dritte Programmphase des HSP 2020 und deren Ausfinanzierung bis 2023 (siehe Präambel der Verwaltungsvereinbarung ). Da die Rahmenvereinbarung III nur Aussagen und Vereinbarungen für den Zeitraum 2012 bis einschließlich 2015 enthält, die Dritte Phase des HSP 2020 aber erst ab dem 1. Januar 2016 beginnt, betreffen die in der Rahmenvereinbarung III unter Ziffer I Nr. 2 getroffenen Vereinbarungen zur Verwendung der Bundesmittel aus dem Hochschulpakt 2020 nur die zwischen 2012 und 2015 vom Bund dem Freistaat Thüringen zugewiesenen Bundesmittel aus dem HSP 2020. Das Land wird die von ihm gemäß der Rahmenvereinbarung III eingegangenen Verpflichtungen und die auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung III getroffenen Vereinbarungen mit den Hochschulen zur Verwendung und Zuweisung dieser Bundesmittel uneingeschränkt und unverändert einhalten und alle 2015 dem Land zufließenden Hochschulpakt-2020-Mittel für den Hochschulbereich verausgaben. Für die Verwendung der Thüringen in der Dritten Programmphase des HSP 2020 ab 2016 zufließenden Bundesmittel sind zwischen der Landesregierung und den Hochschulen des Landes in der neuen von 2016 an geltenden Rahmenvereinbarung IV konkrete Vereinbarungen zu treffen. Die Vereinbarungen der Rahmenvereinbarung III haben somit keinen Einfluss mehr auf die Verwendung der ab 2016 Thüringen zufließenden HSP-2020-Bundesmittel, über die der Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft am 22. Januar 2015 im Landtagsausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft informiert hat. Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die gestellten Fragen wie folgt: Zu 1.: Die vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft beabsichtigte Zurverfügungstellung von Bundesmitteln auf der Grundlage von gemeinsamen Vereinbarungen von Hochschulen und Ministerien zur Verteilung und Verwendung dieser Mittel gegebenenfalls unter Einbeziehung der Bildung einer so genannten Rückzahlungsreserve aus den Hochschulpakt-2020-Mitteln für die Hochschulen und den Hochschulbereich in den Jahren 2016 bis 2023 wird unter Beachtung der geltenden Regelungen des Thüringer Haushaltsgesetzes und der Thüringer Landeshaushaltsordnung im Rahmen der Haushaltsaufstellung ab 2016 erfolgen. Da die dem Freistaat Thüringen insgesamt nach der Verwaltungsvereinbarung zum Hochschulpakt 2020 zustehenden Bundesmittel in voller Höhe dem Hochschulbereich für die in der Verwaltungsvereinbarung 3 Drucksache 6/380Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode festgelegten Zwecke zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich auch um keinen "Schattenhaushalt", da die Bundesmittel keinen anderen Zwecken zugeführt werden. Zu 2.: Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft beabsichtigt, ab dem Jahr 2016 einen Betrag in Höhe von zunächst 7,2 Millionen Euro von den gemäß der Verwaltungsvereinbarung als Vorauszahlung Thüringen zufließenden Bundesmittel nicht den Hochschulen zuzuweisen, um der sich gegebenenfalls aus § 5 der Verwaltungsvereinbarung ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtung im Jahr 2021 nachkommen zu können. Der Ansatz von zunächst 7,2 Millionen Euro entspricht der Unterschreitung der in der KMK-Prognose 2014 für Thüringen ausgewiesenen Zahl von Studienanfängern im ersten Hochschulsemester um 556 und der sich daraus ergebenden derzeitigen Rückzahlungsverpflichtung. Diese zunächst gebildete "Rückzahlungsreserve" in Höhe von 7,2 Millionen Euro wird in den kommenden Jahren jeweils an die tatsächliche Studienanfängerzahl in Abgleich zur KMK-Prognosezahl für Thüringen angepasst. Wie in der Antwort zu Frage 7 dargestellt, werden durch zusätzliche Maßnahmen weitere Anstrengungen von Land und Hochschulen unternommen, um die KMK-Prognosezahlen bis zum Jahr 2020 insgesamt zu erreichen. Zu 3.: Da sich die Verteilung der Hochschulpakt-2020-Bundesmittel auf die einzelnen Hochschulen unter anderem nach dem Anteil an Studienanfängern an der einzelnen Hochschule an der Gesamtzahl der Studienanfänger im ersten Hochschulsemester in Thüringen richten soll, sind Aussagen zu den konkreten Jahreszuweisungen an die einzelnen Hochschulen in den Jahren ab 2016 derzeit nicht möglich. Der Anteil der einzelnen Hochschulen an der Gesamtzahl der Studienanfänger im ersten Hochschulsemester stellt sich für das Jahr 2014 wie folgt dar: Hochschule Anteil an Studienanfängern in Prozent Universität Erfurt 12,9 Technische Universität Ilmenau 11,4 Friedrich-Schiller-Universität Jena 32,6 Bauhaus-Universität Weimar 7,9 Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar 1,7 Fachhochschule Erfurt 9,5 Ernst-Abbe-Hochschule Jena 9,9 Hochschule Nordhausen 6,1 Fachhochschule Schmalkalden 8,0 Im Übrigen verweise ich auf die in der Rahmenvereinbarung IV noch zu treffenden Regelungen (vgl. Vorbemerkung ). Zu 4.: Thüringen wird in den Jahren 2016 bis 2023 gemäß den in der Verwaltungsvereinbarung enthaltenen Regelungen für die Dritte Phase des Hochschulpakts 2020 im Durchschnitt ca. 30 Millionen Euro pro Jahr neben den in den Jahren bis 2018 noch eingehenden Hochschulpaktmitteln aus der Zweiten Phase erhalten und dem Hochschulbereich zur Verfügung stellen. Folglich sind keine Kompensationen für zunächst nicht vollständig ausgereichte Bundesmittel aus der Dritten Phase des Hochschulpakts 2020 vorzunehmen. Zu 5.: Die Landesregierung rechnet mit keinen negativen Auswirkungen für den Hochschulstandort Thüringen. Ich verweise auf die Antwort zu Frage 4. Zu 6.: Werden die als "Rückzahlungsreserve" zunächst nicht an die Hochschulen ausgereichten Bundesmittel nach dem in § 5 der Verwaltungsvereinbarung geregelten abschließenden länderinternen Ausgleich nicht oder nicht in voller Höhe zur Zahlung von Ausgleichsverpflichtungen Thüringens benötigt, sollen die dann aus der "Rückzahlungsreserve" noch zur Verfügung stehenden Bundesmittel dem Hochschulbereich in den Jahren 2021 bis 2023 in voller Höhe zur Verfügung gestellt werden. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/380 Zu 7.: In der Hochschulstrategie Thüringen 2020 ist dargestellt, wie das Studienangebot der Thüringer Hochschulen weiterentwickelt und die Studienbedingungen verbessert werden sollen, um die Attraktivität Thüringens für Studienanfänger regional, national und international weiter zu erhöhen. Die konkrete Umsetzung dieser Ziele wird auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung IV mit den Hochschulen in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen für die Jahre 2016 bis 2019 geregelt. Die vom Koalitionsvertrag bekräftigte Finanzierungsgarantie aus der Hochschulstrategie 2020 schafft die dafür notwendige Grundlage. Konkrete Maßnahmen sollen in der Rahmenvereinbarung IV und den Ziel- und Leistungsvereinbarungen festgelegt werden. Insbesondere sollen die vielfältigen Aktivitäten zur Gewinnung von Studienanfängern sowie zur Verbesserung der Studienbedingungen und der Rahmenbedingungen des Studiums fortgesetzt werden. Hierzu ist geplant, Mittel für lehrbezogene Investitionen (z. B. in Hörsäle, in Lehrlabore, in die Bibliotheksausstattung oder in Multi-Media-Pools) sowie die notwendige Sanierung und Modernisierung bestehender Studierendenwohnheime zur Verfügung zu stellen. Zu 8.: Das Landesprogramm "ProExzellenz" wird in den Titeln 685 95 (Zuweisungen für laufende Zwecke an öffentliche Einrichtungen) und 894 95 (Zuschüsse für Investitionen an öffentliche Einrichtungen) geführt. Zu 9.: Die Neuauflage des Landesprogramms "ProExzellenz" wurde gemäß der in den Haushaltsverhandlungen für die Jahre 2011 und 2012 erzielten Einigung über die mittelfristige Finanzplanung des Landeshaushalts festgelegt. Die Einstellung der für das Programm nötigen Mittel erfolgte im Haushalt 2014 als Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre 2015 bis 2017 ff. nach Verabschiedung durch den Haushaltsgesetzgeber. Die Einstellung der Mittel für das Landesprogramm "ProExzellenz" erfolgte unabhängig von der Finanzierung der Hochschulen und zusätzlich zu anderen Forschungsförderprogrammen. Zugunsten des Landesprogramms "ProExzellenz" werden an anderen Stellen der Hochschulen keine Mittel eingespart. Für das Landesprogramm "ProExzellenz" werden keine Mittel aus den Hochschulpakt-2020-Bundesmitteln verwendet . Dies wäre auch unzulässig. Tiefensee Minister