25.04.2017 Drucksache 6/3800Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 12. Mai 2017 Unterrichtsmaterialien zur sexuellen Aufklärung Die Kleine Anfrage 2013 vom 10. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Nach Aussage der Landesregierung (vergleiche Drucksache 6/2475) werden an den Thüringer Grundschulen im Fach Heimat- und Sachkundeunterricht unter anderem die Bücher: JANOSCH; Mutter sag, wer macht die Kinder; Mosaik Verlag; 1992, Sielert, Uwe; Einführung in die Sexualpädagogik; Beltz Verlag; 2005 und Milhoffer, Petra; Sexualerziehung von Anfang an!; Beiträge zur Reform der Grundschule Bd. 97; Frankfurt/M; 1995 genutzt. Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit hält die Landesregierung die oben genannten Bücher für angemessen für den Unterricht an Grundschulen? 2. Inwieweit hält die Landesregierung folgende Zitate aus den oben genannten Büchern für angemessen für den Unterricht an Grundschulen: a) "Manchmal legt sich der Vater oben auf die Mutter und manchmal die Mutter oben auf den Vater. Und manche machen es wie wir. Wie die Mäuse. Vorn ist die Mutter und hinten der Vater." (JANOSCH; Mutter sag, wer macht die Kinder; Mosaik Verlag; 1992; Seite 42), b) "Dann steckt der Vater seinen Piller ..." [...] "das tut unser Vater auch. Steckt ihn in Mutters Puschel ..." "Das heißt Vagina", sagte Lehrer Schröder. "... und spritzt seinen Samen in die Mutter." (JANOSCH; Mutter sag, wer macht die Kinder; Mosaik Verlag; 1992; Seite 42), c) "Verständlich ist somit, dass schon Säuglinge in den ersten Lebensmonaten versuchen, die mit der Ablösung von der Mutter verbundene Angst durch Lusterfahrung auszugleichen [...]. Kinder entdecken diese Lust selbstverständlich an sich selbst, wenn sie auch zuvor von den Eltern lustvoll gestreichelt werden [...]. (Sielert, Uwe; Einführung in die Sexualpädagogik; Beltz Verlag; 2005; Seite 102), d) "Im zweiten Lebensjahr wächst auch das Interesse [...] an den Genitalien der Eltern. [...] die elterlichen intimen Körperregionen werden dann zum Ziel intensiver Entdeckungsfreude. Dabei können auch bei den Erwachsenen Erregungsgefühle wach werden [...]." (Sielert, Uwe; Einführung in die Sexualpädagogik ; Beltz Verlag; 2005; Seite 103), e) "Die Beziehungen zu den Eltern haben sich im Laufe der Zeit gewandelt: Mädchen flirten gelegentlich mit dem Vater und lassen die Mutter abblitzen, Jungen, auch Mädchen, spielen schon mal gerne an den Brüsten der Mutter und träumen nachts vor lauter Eifersucht vom Autounfall des Vaters. [...] Kinder unterscheiden in diesem Alter noch nicht zwischen Liebe und Sexualität; da die Eltern zu ihren ers- K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Muhsal (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3800 ten intimsten Bezugspersonen gehören, sind diese ersten Liebschaften ganz natürlich. Es kann also nicht Ziel der Erwachsenen sein, die Kinder aus der sinnlichen Gemeinschaft mit den Eltern auszuschließen ." (Sielert, Uwe; Einführung in die Sexualpädagogik; Beltz Verlag; 2005; Seite 106 bis 107)? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Geeignetheit der im Buch JANOSCH; Mutter sag, wer macht die Kinder; Mosaik Verlag; 1992 verwendeten Illustrationen (beispielsweise Seite 45, 43, 41)? 4. Wie geschieht eine Prüfung der Inhalte der Bücher hinsichtlich der Geeignetheit für den Unterricht an Thüringer Grundschulen? 5. Inwieweit stehen die Inhalte oben genannter Bücher im Einklang mit den Lehrplänen für die Thüringer Grundschulen beziehungsweise die Regelungen zur Sexualerziehung im Thüringer Schulgesetz? 6. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Häufigkeit der Verwendung der Bücher an den einzelnen Thüringer Schulen vor? 7. Welche Ziele werden durch die Verwendung der Bücher verfolgt? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 24. April 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1. bis 5.: Entsprechend § 34 des Thüringer Schulgesetzes (ThürSchulG) unterrichtet und erzieht die Lehrerin beziehungsweise der Lehrer die Schülerinnen und Schüler in eigener pädagogischer Verantwortung. Dabei sind die geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die Konferenzbeschlüsse und die Anordnungen der Schulaufsicht verbindlich. Im § 40 b ThürSchulG ist geregelt, dass die Schule den Unterricht, die Erziehung und das Schulleben im Rahmen der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eigenverantwortlich gestaltet. Deshalb liegt die Entscheidung über den Einsatz von Unterrichtsmaterialien und die Unterrichtsgestaltung in der pädagogischen Verantwortung jeder einzelnen Lehrerin beziehungsweise jedes einzelnen Lehrers. Im Bereich der Sexualerziehung sind außerdem weitere Regelungen des Thüringer Schulgesetzes zu beachten . Danach gehört die Sexualerziehung als Teil der Gesamterziehung zu den Aufgaben der Schule, aber es ist Zurückhaltung zu wahren sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den verschiedenen Wertvorstellungen in diesem Bereich zu beachten; einseitige Beeinflussung ist zu vermeiden (vergleiche § 47 Abs. 4 Thür- SchulG). Die Eltern sind über Ziel, Inhalt und Formen der Sexualerziehung zu unterrichten (vergleiche § 47 Abs. 5 ThürSchulG). Im Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre wurde der Abschnitt "Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt" in das Kapitel 1.2 "Individuelle und soziale Vielfalt - Umgang mit Heterogenität" aufgenommen. Dementsprechend behandelt der Bildungsbereich "Physische und psychische Gesundheitsbildung" vertieft vier Kernbereiche, zu denen neben körperlicher Aktivität/Bewegung, Ernährung, Genuss- und Rauschmitteln auch die Sexualität gehört. Hier werden die Bildungsprozesse in den einzelnen Phasen beschrieben und konkrete Bildungsangebote vorgeschlagen. Damit unterstützt auch der Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre die Lehrerinnen und Lehrer bei ihren pädagogischen Entscheidungen. Es ist somit die Pflicht der Lehrerinnen und Lehrer, ergänzende Angebote so einzusetzen, dass kein Kind in seinen Rechten verletzt wird. Dabei ist sich die Landesregierung sicher, dass die Thüringer Lehrerinnen und Lehrer in dieser ihrer eigenen Verantwortung angemessene Materialien einsetzen. Eine Prüfung und Einschätzung beziehungsweise Empfehlung aller auf dem freien Markt zugänglichen Bücher , so auch zu Fragen der sexuellen Aufklärung, wird seitens der Landesregierung, im Gegensatz zur Prüfung vor der Aufnahme von Schulbüchern in den Schulbuchkatalog, nicht vorgenommen. Eine Bewertung beziehungsweise Beurteilung einzelner Textpassagen beziehungsweise Abbildungen wird nicht vorgenommen, weil seitens der Landesregierung nicht eingeschätzt werden kann, in welchem unterrichtlichen Zusammenhang diese Inhalte eingesetzt werden und wie die inhaltliche Begleitung durch die jeweilige Lehrerin oder den jeweiligen Lehrer vorgenommen wird. 3 Drucksache 6/3800Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Generell gilt, wie bereits in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1193 der Abgeordneten Muhsal in Drucksache 6/2475 mitgeteilt, dass Materialien zu dieser Thematik von den Lehrerinnen und Lehrern vor dem Einsatz im Unterricht auf ihre fachwissenschaftliche Eignung, auf Grundaussagen zur Sexualität , auf ihre Angemessenheit im Hinblick auf das Alter der Schülerinnen und Schüler sowie auf Lehrplankonformität hin zu prüfen sind. Im Übrigen ist anzumerken, dass die von der Fragestellerin erwähnten Bücher nicht im Thüringer Schulbuchkatalog gelistet sind. Es handelt sich um Lernmittel, die keine Schulbücher sind. Für diese Lernmittel ist kein förmliches Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, wie es bei Schulbüchern durchgeführt wird, erforderlich. Der Thüringer Lehrplan Heimat- und Sachkunde für die Grundschule weist im Abschnitt "Mensch" des Kapitels "Lebewesen und Lebensräume" Kompetenzen aus, die die Schülerinnen und Schüler bereits ab der Schuleingangsphase hinsichtlich der Sexualerziehung erwerben sollen. Klassenstufen Der Schüler kann Schuleingangsphase • die äußeren Geschlechtsmerkmale benennen 3/4 • körperliche Veränderungen bei Jungen und Mädchen nennen • Fortpflanzung und Entwicklung des Menschen beschreiben Der Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre als wichtiger Orientierungsrahmen für die pädagogische Arbeit und für Bildungsqualität in allen Bereichen der Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen beschreibt für die einzelnen Phasen die ablaufenden Bildungsprozesse und unterbreitet konkrete Bildungsangebote. Zu 6.: Hierüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 7.: Für den Fall, dass die Unterrichtsmaterialien eingesetzt werden, verweise ich auf die Antwort zu Frage 5. In Vertretung Ohler Staatssekretärin Unterrichtsmaterialien zur sexuellen Aufklärung Ich frage die Landesregierung: Zu 1. bis 5.: Zu 6.: Zu 7.: