19.05.2017 Drucksache 6/3947Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. Mai 2017 Haftentlassungen von Mitgliedern der "Saat des Bösen" Die Kleine Anfrage 2083 vom 5. April 2017 hat folgenden Wortlaut: Medienberichten zufolge hat das Thüringer Oberlandesgericht jüngst die Haftbefehle gegen zwei führende Mitglieder der kriminellen Gruppierung "Saat des Bösen", aufgrund "vermeidbarer Verfahrensverzögerungen ", aufgehoben. Offenbar sei die Fortdauer der Untersuchungshaft wegen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen nunmehr unverhältnismäßig, so das Gericht. Ein Thüringer Staatsanwalt nannte dem Bericht nach die Hintergründe der Freilassung "oberpeinlich".* Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich der Sachverhalt dar? 2. Wie bewertet die Landesregierung diesen Sachverhalt? 3. Teilt die Landesregierung die Meinung des zitierten Staatsanwalts? 4. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dem Vorfall? 5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass derartige "Pannen" in Zukunft vermieden werden? 6. Mit welchen Auflagen wurden die Haftentlassenen belegt? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 18. Mai 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Mit Beschluss vom 8. März 2017 hat der 1. Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts auf die Beschwerden zweier Angeklagter die gegen sie erlassenen Haftbefehle vom 22. Oktober 2012, jeweils in der Fassung der Beschlüsse des Landgerichts Erfurt vom 26. April 2013, sowie die gegen beide Angeklagten ergangenen Haftfortdauerbeschlüsse vom 13. Januar 2017 aufgehoben. Vorangegangen war eine erstinstanzliche Verurteilung beider Angeklagten durch das Landgericht Erfurt aus dem Jahre 2014, über deren Rechtmäßigkeit der Bundesgerichtshof im Rahmen eines Revisionsverfahrens zu entscheiden hatte. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Walk (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3947 Mit Urteil vom 10. August 2016 hat der Bundesgerichtshof die Verurteilungen vom 19. Dezember 2014 teilweise aufgehoben und in diesem Umfang die Sache zu einer erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Erfurt zurückverwiesen. Mit Beschlüssen vom 13. Januar 2017 ordnete das Landgericht Erfurt die Haftfortdauer gegen beide Angeklagte an. Den hiergegen eingelegten Beschwerden der Angeklagten half das Thüringer Oberlandesgericht wie eingangs dargestellt ab. Das Rechtsmittelgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass es nach der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils zu Verfahrensverzögerungen gekommen sei, die in ihrer Gesamtheit die Aufrechterhaltung der ohnehin schon lange andauernden Untersuchungshaft nicht weiter rechtfertigen könnten. Nach den Feststellungen des Thüringer Oberlandesgerichts beruhen die vorgenannten Verfahrensverzögerungen unter anderem auf der - unter Berücksichtigung des Umfangs des Verfahrens sowie dem Umstand , dass es sich um eine Haftsache handelt - außergewöhnlichen Dauer des Revisionsverfahrens von knapp 20 Monaten sowie auf dem weiteren Verfahrensablauf nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens. Zu 2.: Die Haftbefehle, die Haftfortdauerbeschlüsse, die Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts als Rechtsmittelgericht sowie das Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof unterfallen der richterlichen Unabhängigkeit und unterliegen infolgedessen nicht der Bewertungskompetenz der Landesjustizverwaltung. Zu 3.: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Zu 4.: Bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation führt das zuständige Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz eine gesonderte Überprüfung der Rahmenbedingungen durch eine Gegenüberstellung des notwendigen Personalbedarfs mit dem vorhandenen Personalbestand für den maßgeblichen Zeitraum bei dem betreffenden Gericht unter Berücksichtigung etwaiger Ausfälle durch Langzeiterkrankte durch. Unter Zugrundelegung der Personalbedarfsrechnung (Stand: 2. Mai 2017) ist festzustellen, dass das Landgericht Erfurt zum maßgeblichen Zeitraum sowohl im richterlichen Dienst als auch im mittleren Dienst in personeller Hinsicht im Wesentlichen auskömmlich besetzt war. Zu 5.: Beschwerdeentscheidungen gegen Haftbefehle beziehungsweise Haftfortdauerbeschlüsse unterfallen der richterlichen Unabhängigkeit und unterliegen infolgedessen auch weiterhin nicht der Bewertungs- oder Einflussnahmekompetenz der Landesjustizverwaltung. Die Landesjustizverwaltung wird zukünftig - wie in der Vergangenheit auch - auf eine ausreichende personelle Ausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften im Freistaat Thüringen hinwirken, damit diese ihren gesetzlichen Auftrag ordnungsgemäß erfüllen können. Zu 6.: Die Haftbefehle wurden aufgehoben, ohne dass die Angeklagten mit Auflagen belegt worden sind. Lauinger Minister Endnote: * Vergleiche https://www.welt.de/vermischtes/article163326709/Bandenbosse-durch-Justizpanne-auf-freiem-Fuss. html, abgerufen am 3. April 2017. Haftentlassungen von Mitgliedern der "Saat des Bösen" Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Endnote: