22.05.2017 Drucksache 6/3950Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. Mai 2017 Keine Vermietung von kommunalen Flächen für Zirkusse mit Wildtieren in Thüringen Die Kleine Anfrage 1922 vom 16. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Wildtiere müssen in Zirkussen oftmals unter schwierigen Bedingungen leben. So kommt es gerade bei Wan derzirkussen häufig zu Verstößen gegen das geltende Tierschutzgesetz, wie aus Dokumentationen von Tierschutzorganisationen, wie zum Beispiel PETA, deutlich hervorgeht. In Thüringen haben bereits Städ te wie Altenburg und jüngst auch die Landeshauptstadt Erfurt im Stadtrat Resolutionen verabschiedet, die eine Vermietung von kommunalen Flächen an Zirkusse mit Wildtieren unterbinden. Auch in anderen Städ ten ist über kommunale Gremien versucht worden, solch eine Vermietung von kommunalen Flächen zu ver hindern. Dabei wurde aber seitens der betreffenden Kommunen mitgeteilt, dass eine diesbezügliche Be schlussfassung rechtswidrig sei. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bestimmungen gelten für ein Verbot für die Vermietung kommunaler Flächen für Zirkusse mit Wildtieren in Thüringen? 2. Welche gesetzlichen Unterschiede gelten diesbezüglich zwischen kreisfreien Städten und kreisangehö rigen Städten in Thüringen? 3. Welche gesetzlichen Unterschiede gelten bezüglich unterschiedlicher Arten von kommunalen Flächen, wie zum Beispiel bei einem Parkplatz? 4. Welche Städte im Freistaat Thüringen haben bereits eine Vermietung von kommunalen Flächen an Zir kusse mit Wildtieren mit welchen rechtlichen Mitteln ausgeschlossen (bitte detaillierte Aufstellung nach Stadt und Datum des Erlasses)? 5. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf in Bezug auf ein generelles Verbot von Wildtierzirkussen und wie begründet sie dies? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. Mai 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Gemeinden können sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz be reits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind, annehmen. In diesem Rahmen kann die Ge K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Mitteldorf (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/3950 meinde die Nutzung gemeindlicher Flächen regeln und darüber bestimmen, wer, wann und zu welchem Zweck und unter welchen Bedingungen hierzu berechtigt sein soll. Dieses Recht der Gemeinden unterliegt dem Vorbehalt anderweitiger Kompetenzzuweisung. Danach ist es den Gemeinden verwehrt, über die Nutzung der Fläche unter solchen sachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, die außerhalb ihrer Befassungskompetenz liegen. Dazu gehören auch Regelungsbefugnis se des Bundesgesetzgebers, die dieser aus Gründen der Wahrung der Rechts oder Wirtschaftseinheit in Anspruch genommen hat. Werden die beabsichtigten Nutzungsausschlüsse mit nicht artgerechten Haltungsbedingungen von Tieren wildlebender Arten begründet, sind die Regelungen des Tierschutzgesetzes sowie die Zuständigkeit der Be hörden zu berücksichtigen. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskom petenz zum Tierschutz (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 Grundgesetz) Gebrauch gemacht und das Verbot des ge werbsmäßigen Zurschaustellens an wechselnden Orten unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. d, Satz 2 Tierschutzgesetz). Zuständig für die Erteilung der Erlaubnis sind in Thüringen die unteren Tierschutzbehörden (§ 2 Abs. 11 Thüringer Tierschutzzuständigkeitsverordnung). Der Bundesgesetzgeber hat in § 11 Abs. 4 Tierschutzgesetz außerdem eine Verordnungsermächtigung des Bundes geschaffen, nach der das Zurschaustellen wildlebender Tiere an wechselnden Orten beschränkt oder verboten werden kann, soweit die Tiere an wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden gehalten oder zu den wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden befördert werden können. Der Bundesgesetzgeber hat seine Gesetzgebungskompetenz mit der Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse begründet (Bundestagsdrucksache 17/10572, S. 21). Die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes zum Erlaubnisvorbehalt sowie zur Verordnungsermächtigung erzeugen eine Sperrwirkung zu Lasten der Länder und Gemeinden. Dies gilt entsprechend für eine Nut zungsversagung durch Beschluss des Gemeinderates. Liegen der Gemeinde hinreichende Anhaltspunkte für baurechtliche oder ordnungsrechtliche Verstöße ei nes um die Nutzung kommunaler Flächen nachsuchenden Zirkusses vor, wird eine darauf gestützte Ent scheidung der Gemeinde von der Sperrwirkung nicht umfasst. Zu 2.: Für kreisfreie Städte und kreisangehörige Städte bestehen insoweit keine Unterschiede. Zu 3.: Für die unterschiedlichen Arten von kommunalen Flächen bestehen insoweit keine Unterschiede. Zu 4.: Nach Kenntnis der Landesregierung haben sich bisher nur die Städte Erfurt, Eisenach und Altenburg mit der Thematik befasst. Der Stadtrat der Stadt Erfurt hat am 7. September 2016 beschlossen, kommunale Flächen in Zukunft nur noch an Zirkusbetriebe zu vermieten, die keine Tiere wildlebender Arten mitführen. Der Stadtrat der Stadt Eisenach hat am 13. Dezember 2016 einen entsprechenden Beschluss gefasst und ergänzend konkrete Tierarten benannt, die unter die Regelung fallen sollen. Der Stadtrat der Stadt Altenburg hat nach Kenntnis der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde am 26. Mai 2016 eine Änderung der Satzung über die Benutzung der von der Stadt Altenburg unterhaltenen Festplät ze beschlossen. Danach werden alle Nutzungen der Festplätze, welche das Mitführen oder den Auftritt von Wildtieren zum Gegenstand haben, von der satzungsgemäßen Widmung ausgeschlossen. Hierzu werden konkrete Tierarten benannt. Zu 5.: Der Freistaat Thüringen ist dem Bundesratsantrag (Bundesratsdrucksache 78/16) "Entschließung des Bun desrates zum Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus" des Landes Hessen bei getreten. In der Entschließung des Bundesrates vom 18. März 2016 auf diesem Antrag heißt es: "Der Bundesrat bit tet die Bundesregierung zeitnah eine Rechtsverordnung vorzulegen, die das Halten von Tieren bestimm 3 Drucksache 6/3950Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ter wild lebender Arten in Betrieben die an wechselnden Orten diese Tiere zur Schau stellen, verbietet. Das Verbot soll insbesondere für Affen (nichtmenschliche Primaten), Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde gelten. [….] Weiterhin spricht sich der Bundesrat dafür aus, dass Betriebe, die an wech selnden Orten Tiere zur Schau stellen, über ein festes Quartier verfügen müssen, das nach seiner Grö ße, Ausstattung und seinem Gesamtzustand für alle gehaltenen Tiere eine den Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes entsprechende art- und bedürfnisangemessene Ernährung, Pflege und verhaltensge rechte Unterbringung ermöglicht." Dr. Poppenhäger Minister Keine Vermietung von kommunalen Flächen für Zirkusse mit Wildtieren in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: