09.06.2017 Drucksache 6/4046Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 22. Juni 2017 Waldstilllegungen in Thüringen außerhalb der Flächen der Landesanstalt "Thüringen Forst" Die Kleine Anfrage 2118 vom 12. April 2017 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche naturschutzfachlich wertvollen Flächen (unter anderem Nationales Naturerbe) besitzen in Thü ringen der Bundesforst, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die Deutsche Bundesstiftung Um welt, die Stiftung Naturschutz Thüringen, die Naturstiftung David, Umweltverbände und andere natur schutzfachliche Stiftungen mit entsprechenden Satzungsverpflichtungen? 2. Welche Verpflichtungen zur Stilllegung für diese Flächen, unter anderem resultierend aus vertraglichen Verpflichtungen bei der Flächenübertragung durch die Bundesrepublik Deutschland, sind bekannt? 3. Welche Flächen wurden von den unter Frage 1 angeführten bereits stillgelegt? 4. Wie viele Flächen sollen bis zu welchem Zeitpunkt von den unter Frage 1 angeführten stillgelegt werden? 5. Welche Begründungen gibt es für die Festlegung von Fristen bis zur Stilllegung oder für nicht zu erwar tende Stilllegungen trotz vertraglicher Verpflichtung? 6. Wie groß ist die Fläche von sonstigen aus der Bewirtschaftung genommenen Bereichen (zum Beispiel Habitatbäume und Totholz im Rahmen der Förderung von Waldumweltmaßnahmen) von Privatwaldbe sitzern und Kommunen? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 31. Mai 2017 (Eingang: 9. Juni 2017) wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: In Thüringen nimmt das Nationale Naturerbe eine Fläche von rund 9.100 Hektar ein. Rund 8.140 Hektar da von sind Wald. Diese Flächen umfassen vor allem ehemalige Militärflächen und nachgeordnet auch ehe malige Flächen der BVVG Bodenverwertungs und verwaltungs GmbH (BVVG). Die ehemaligen Militär flächen stehen vor allem im Eigentum der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) Naturerbe GmbH und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). BVVGFlächen wurden insbesondere der Landesforst anstalt und der Naturstiftung David übertragen (zusammen rund 560 Hektar Waldfläche). Obwohl formell auch dem Nationalen Naturerbe zugerechnet, sind die Flächen im Grünen Band, die der Stiftung Naturschutz Thüringen übertragen worden sind, getrennt zu betrachten, da die Übertragungsver träge andere Inhalte besitzen als bei den ehemaligen Militär und BVVGFlächen. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kummer (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4046 Zu 1.: Die Landesregierung verfügt nur für die landeseigene Stiftung Naturschutz Thüringen über detaillierte Kennt nisse hinsichtlich deren Flächenbesitzes in Thüringen. Sie besitzt im Projektgebiet "Grünes Band" insge samt etwa 3.995 Hektar. Der Anteil waldbestockter Flächen beträgt in etwa 1.500 Hektar. Der genaue Um fang der Waldfläche einschließlich der Flächen, die sich für eine Aufgabe der forstwirtschaftlichen Nutzung eignen, wird derzeit sukzessive im Rahmen der forstamtsweisen Forsteinrichtung eruiert und abgestimmt. Bislang wurde der Waldbesitz der Stiftung Naturschutz Thüringen in den Forstämtern Schleiz, Schönbrunn, Heldburg und Kaltennordheim eingerichtet. In diesen vier Forstämtern besitzt die Stiftung Naturschutz Thü ringen 671,03 Hektar Holzbodenfläche. Außerhalb des Grünen Bandes besitzt die Stiftung im Projektgebiet Thüringische Rhön etwa 37 Hektar Waldflächen mit der Zielstellung "Prozessschutz", die keiner Nutzung unterliegen. Diese Flächen sind Teil der Kernzonenerweiterungskulisse für das Biosphärenreservat Rhön. Darüber hinaus besitzt die Stiftung zerstreut weitere naturschutzfachlich wertvolle Flächen im Umfang von etwa 133 Hektar, die jedoch keine Zielstellung "Prozessschutz" haben. Im Hinblick auf das durch den Bund zur Verfügung gestellte Nationale Naturerbe (NNE) in Thüringen ist be kannt, dass die Naturstiftung David im Januar 2014 ehemalige BVVG-Waldflächen im nördlichen Teil der Hohen Schrecke in einer Größenordnung von rund 73 Hektar übertragen bekommen hat. Bezüglich des Nationalen Naturerbes auf ehemaligen Militärflächen verfügt die Landesregierung über fol gende Flächeninformationen: Die ehemaligen Militärliegenschaften des NNE in Thüringen umfassen insgesamt 8.540 Hektar mit einer Waldfläche von 7.579 Hektar. Sie bilden zwei Kategorien: 1. Flächen der "Bundeslösung" (im Eigentum des Bundes verbliebene und durch die BImA/Sparte Bundes forst verwaltete Flächen) und 2. Flächen der DBU Naturerbe GmbH (an die DBU übertragene Flächen aus der 1., 2. und 3. NNETranche). Folgende sechs naturschutzfachlich wertvolle Flächen (ausschließlich aus der 1. NNE-Tranche) befinden sich im Besitz des Bundes: Objekt NNETranche Gesamtfläche (Hektar) davon Waldfläche (Hektar) Flachstal 1. 85 19 Ruppersdorf 1. 487 425 Bechstedter Holz 1. 276 243 Kalmberg 360 339 Dörna 155 39 Zeitzer Forst 191 177 Summe 1.554 1.242 Aktuell befinden sich ferner neun an die DBU Naturerbe GmbH übertragene (aus der 1., 2. und 3. NNE- Tranche) Liegenschaften im Freistaat Thüringen: Objekt NNETranche Gesamtfläche (Hektar) davon Waldfläche (Hektar) Himmelsgrund/Bad Klosterlausnitz 1. 860 843 Westliche Hainleite/Friedrichslohra 1. 1.188 1.104 Östliche Hainleite/Seehausen 2. 450 448 Pöllwitzer Wald/Zeulenroda 2. 1.892 1.863 Bendeleber Wald/Sondershausen 2. 451 433 Salzunger Vorderrhön/Bad Salzungen 2. 1.464 1.381 Günthersleben/Gotha 3. 149 24 Forstberg/Mühlhausen 3. 299 33 Drosselberg/Erfurt 3. 83 82 Summe 6.836 6.211 3 Drucksache 6/4046Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Weiterhin ist vorgesehen zwei Liegenschaften (aus der 3. NNETranche) an die Stadt Jena (Jägerberg/Voigt holz) und die Stiftung Naturschutz Thüringen (Rüdigsdorf/Nordhausen) zu übertragen: Objekt NNETranche Gesamtfläche (Hektar) davon Waldfläche (Hektar) Jägerberg/Voigtholz/Jena 3. 52 52 Rüdigsdorf/Nordhausen 3. 98 74 Summe 150 126 Zu 2.: Die Modalitäten zur Übertragung ehemaliger militärischer Liegenschaften bzw. BVVGFlächen durch den Bund an die Flächenempfänger und die Bedingungen für die langfristige Sicherung der NNEFlächen zu Naturschutzzwecken werden grundsätzlich in Rahmenverträgen geregelt. Für die Flächenübertragung an die DBU Naturerbe GmbH erfolgte dies z. B. mit dem Rahmenvertrag vom 13. Mai 2008 sowie dem Ergän zungsvertrag vom 28. Mai 2013 zwischen der BImA und der DBU. Grundsätzlich sind für jede Naturerbe fläche die übergeordneten Zielsetzungen des Naturschutzes in Form von Leitbildern normativ festzulegen. An diesen Leitbildern, die mit dem BfN und den Ländern abgestimmt werden, orientieren sich die spezifi schen Zielformulierungen in den zu erstellenden NaturerbeEntwicklungsplänen (NEEP). Die ZielWaldbil der der Liegenschaften orientieren sich an der potentiell natürlichen Vegetation. Gemäß den geltenden Rahmenvereinbarungen besteht für den Lebensraum Wald das übergeordnete Ziel darin, Waldbestände möglichst schnell einer natürlichen Entwicklung zuzuführen. Unter "natürlicher Ent wicklung" wird danach die sukzessionale Entwicklung ohne jeglichen Eingriff des Menschen (Naturentwick lungsgebiete) verstanden. Die Flächen des Nationalen Naturerbes, die vormalig Militärliegenschaften oder BVVGBesitz waren, sol len für nachfolgende Generationen als Orte der biologischen Vielfalt erhalten werden. Hierzu müssen auf den Flächen strenge Naturschutzstandards eingehalten und umgesetzt werden. Nach Darstellung des Bun desumweltministeriums ist festgeschrieben, dass in allen Wäldern des Nationalen Naturerbes auf ehema ligen militärischen Liegenschaften bzw. BVVG-Flächen keine forstliche Nutzung mehr stattfindet. Dort, wo die Wälder bereits naturnah sind, ruht sofort die Säge. In naturfernen Wäldern können in einem befristeten Übergangszeitraum noch naturschonende waldbauliche Maßnahmen zur Erhöhung der Naturnähe umge setzt werden.* Sobald die angestrebten Waldbilder erreicht sind, werden keine Maßnahmen mehr durch geführt (Prozessschutz). Aufgrund der teilweisen Überlagerung von Natura2000Gebieten (FFH/SPA) mit der Gebietskulisse des NNE sind Spannungsfelder zwischen übergeordneten naturschutzfachlichen Leitzielstellungen (Arten/Le bensraumschutz gegenüber Prozessschutz/Naturentwicklung) nicht immer vermeidbar. Gegebenenfalls bestehendes Konfliktpotential in hiervon betroffenen Gebieten ist durch die beteiligten Akteure im Zuge der NEEPErstellung über die Abstimmung geeigneter FlächenmanagementMaßnahmen zu minimieren. Zum Umgang mit weiteren gegebenenfalls vorhandenen Lebensräumen ist in den Rahmenverträgen aus geführt, dass zum Erhalt wertvoller, geschützter und/oder gefährdeter Offenlandökosysteme sowie zur Er haltung, Optimierung bzw. Renaturierung feuchter Strukturen geeignete Maßnahmen durchzuführen sind, die im Einzelnen in den NEEP festgelegt werden. In Bezug auf die in der Antwort auf Frage 1 aufgeführten Flächen der Stiftung Naturschutz Thüringen hat der Freistaat Thüringen keine quantifizierbare vertragliche Verpflichtung in Bezug auf eine forstliche Nut zungsaufgabe der Flächen. Die entsprechenden Übertragungsverträge beinhalten die Maßgabe, dass die Grundstücke dauerhaft als Bestandteil des Nationalen Naturerbes der Bundesrepublik Deutschland, des länderübergreifenden Biotopverbundes und als historisches Denkmal gesichert und erhalten werden. Ge mäß des Umsetzungskonzepts von 2015 zur dauerhaften Aufgabe der forstwirtschaftlichen Nutzung von Waldflächen wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass 500 Hektar Waldfläche der Stiftung Naturschutz im Grünen Band zusammen mit Waldflächen im Nationalpark Hainich in der Schutzzone II als verfestigte Pla nung Teil der ISTStilllegungsKulisse (= 17.964 Hektar) sind. Zu 3.: Da die Landesregierung über keine umfassenden Kenntnisse verfügt, in welchem Umfang der Bundesforst, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Naturstiftung David, 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4046 Umweltverbände und andere naturschutzfachliche Stiftungen in Thüringen naturschutzfachlich wertvolle Flächen besitzen, kann auch nicht detailliert dargelegt werden, welche Flächen bereits stillgelegt wurden. In Bezug auf die Flächen der Stiftung Naturschutz Thüringen wurden seitens des für die Forsteinrichtung dieser Flächen zuständigen Forstlichen Forschungs und Kompetenzzentrums in Gotha 252,58 Hektar für eine dauerhafte Stilllegung vorgeschlagen. Die Abstimmungen hierüber mit der Stiftung Naturschutz Thü ringen dauern noch an. Bislang hat die Stiftung einer Waldfläche von 50,49 Hektar für eine sofortige Still legung zugestimmt. Betreffs der BVVGFlächen des Nationalen Naturerbes im Bereich der Hohen Schrecke, die im Jahr 2014 der Naturstiftung David übertragen wurden, sind Teile bereits aus der Nutzung genommen. Auf den rest lichen Flächen sind noch Entwicklungsmaßnahmen zur Vorbereitung des Prozessschutzes vorgesehen. Für die BImA und die DBU Naturerbe GmbH liegt lediglich die Information von August 2016 vor, dass kon krete Inventur und Planungsgrundlagen in Form der NaturerbeEntwicklungspläne derzeit erst für zwei der insgesamt 17 Objekte erarbeitet sind. Dies betrifft die BImAObjekte "Flachstal" und "Ruppersdorf". Danach wird bis zum Jahr 2020 die gesamte Waldfläche beim Objekt Flachstal (19 Hektar) maßnahmen frei sein. Beim fichtendominierten Objekt Ruppersdorf sind bereits 339 Hektar (von 425 Hektar Waldfläche) "komplett aus der forstlichen Nutzung genommen"; zugelassen sind dort nur noch Forstschutzmaßnahmen gemäß waldgesetzlicher Verpflichtung (§ 11 Thüringer Waldgesetz). Für die DBUObjekte liegt bislang noch kein NaturerbeEntwicklungsplan vor. Mangels Planungsgrundla gen wurde seitens der DBU deshalb nur ein "grober Überblick" über die im August 2016 vorhandenen sechs DBU-Objekte gegeben, wobei ausdrücklich auf die Vorläufigkeit dieser Nutzungsfreistellungsangaben hin gewiesen wurde. Eine Differenzierung nach Entwicklungsmaßnahmen und Forstschutzmaßnahmen wur de nicht vorgenommen: Objekt Waldfläche (Hektar) Nutzungsfreistellung sofort bis 2020 geschätzt (Hektar) Himmelsgrund 843 45 Westliche Hainleite 1.104 912 Östliche Hainleite 448 413 Pöllwitzer Wald 1.863 45 Bendeleber Wald 433 305 Salzunger Vorderrhön/ 1.381 179 Summe 6.072 1.899 Zu 4.: In Bezug auf die Flächen der Stiftung Naturschutz Thüringen wird auf die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 3 verwiesen. Die BImA hat im August 2016 bezüglich der Objekte ohne vorliegende NaturerbeEntwicklungspläne keine weiteren Angaben über eine beabsichtigte Aufgabe der forstwirtschaftlichen Nutzung nach dem Jahr 2020 gemacht. Bezüglich des Objekts Ruppersdorf soll im Zeitraum von 2020 bis 2030 eine Fläche von neun Hektar vollständig maßnahmenfrei gestellt werden. Die DBU Naturerbe GmbH hat im August 2016 eingeschätzt, dass zwischen 2020 bis 2030 nachfolgend aufgeführte Flächen zusätzlich vollständig von einer Nutzung freigestellt werden sollen, wobei mangels Pla nungsgrundlagen ausdrücklich auf die Vorläufigkeit dieser Angaben hingewiesen wurde: 5 Drucksache 6/4046Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Objekt Waldfläche (Hektar) Nutzungsfreistellung 2020 bis 2030 geschätzt (Hektar) Himmelsgrund 843 250 Westliche Hainleite 1.104 172 Östliche Hainleite 448 26 Pöllwitzer Wald 1.863 150 Bendeleber Wald 433 118 Salzunger Vorderrhön/ 1.381 134 Summe 6.072 850 Die DBU geht nach eigener Aussage davon aus, dass bis spätestens 2050 sämtliche Maßnahmen auf den zum Prozessschutz vorgesehenen Waldflächen eingestellt werden. Zu 5.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 6.: Im Rahmen der Förderung von Waldumweltmaßnahmen sind im Zeitraum von 2006 bis 2016 (mit Förder mitteln in Höhe von 3,66 Millionen Euro) insgesamt 27.722 Habitatbäume im Privat und Körperschafts wald für einen Verbleib im Waldbestand bis zu deren Zerfall ausgewählt und markiert worden. Unter Ver wendung des Umrechnungsfaktors aus dem "25.000 HektarUmsetzungskonzept" entspricht diese Anzahl einer Fläche von rund 830 Hektar. Keller Ministerin Endnote: * Siehe http://www.bmub.bund.de/themen/naturbiologischevielfaltarten/naturschutzbiologischevielfalt/gebiets schutzundvernetzung/nationalesnaturerbe/. Waldstilllegungen in Thüringen außerhalb der Flächen der Landesanstalt "Thürin-genForst" Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Endnote: