16.06.2017 Drucksache 6/4112Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 29. Juni 2017 Denkmal für Karl Marx in Jena Die Kleine Anfrage 2152 vom 3. Mai 2017 hat folgenden Wortlaut: Der Gesellschaftstheoretiker Karl Marx wurde im Jahr 1953 auf Anordnung des Zentralkomitees der SED mit der Aufstellung einer Büste durch die Jenaer Universität geehrt. Im Jahr 1992 wurde die Büste von der Friedrich-Schiller-Universität aus dem öffentlichen Raum entfernt. Der Stadtrat von Jena hat am 5. April 2017 mehrheitlich den Oberbürgermeister damit beauftragt, Gespräche mit der Universität bezüglich der Wiederaufstellung der Büste zu führen. Ich frage die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Pläne der Mehrheit des Jenaer Stadtrats, die Karl-Marx-Büste in Jena wieder aufzustellen? 2. Welche Leistungen und Verdienste von Karl Marx für den Freistaat Thüringen im Allgemeinen und für die Stadt Jena im Speziellen sprechen nach Ansicht der Landesregierung für eine erneute Aufstellung der Karl-Marx-Büste in der Stadt Jena? 3. Aufgrund welcher rechtlichen Regelung kann der Stadtrat den Oberbürgermeister der Stadt Jena beauftragen , Gespräche mit der Universität bezüglich der Wiederaufstellung der Karl-Marx-Büste zu führen, um die Universität zum Aufstellen der Büste zu bewegen? Gibt es eine rechtliche Grundlage, aufgrund derer der Oberbürgermeister gegenüber der Universität die Aufstellung der Karl-Marx-Büste verlangen kann? 4. Sieht die Landesregierung einen Widerspruch zwischen dem Bild der Stadt Jena als modernem und innovativem Wirtschaftsstandort und dem mit der Aufstellung der Karl-Marx-Büste bezweckten Gedenken an den Architekten einer gescheiterten Wirtschaftsidee? Wenn ja, welchen? 5. Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung bezüglich der Aufstellung der Karl-Marx-Büste im Hinblick auf seine Rolle als Stichwortgeber des Kommunismus und Sozialismus? 6. Wie verträgt sich nach Auffassung der Landesregierung die Aufstellung der Karl-Marx-Büste im Hinblick auf im Namen der marxistischen Weltanschauung begangenen Verbrechen mit der Aufarbeitung des Unrechts der SED-Diktatur durch die Landesregierung? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Prof. Dr. Voigt (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4112 Die Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. Juni 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die (künstlerische) Gestaltung öffentlicher Plätze liegt im eigenständigen Verantwortungsbereich der Kommunen . Einer Zustimmung oder auch nur Bewertung durch die Landesregierung bedarf es nicht. Die Landesregierung respektiert demokratische und rechtmäßig zustande gekommene Entscheidungen kommunaler Parlamente. Zu 2.: Ob die Würdigung der wissenschaftlichen Leistung von Karl Marx in Verbindung mit der in Jena (in Abwesenheit ) abgelegten Promotion für die Einschätzung des Jenaer Stadtrats entscheidend ist oder für eine Entscheidung der Universität Jena entscheidend sein wird, entzieht sich der Kenntnis der Landesregierung. Nach den der Landesregierung aus Presseberichten zur Verfügung stehenden Informationen handelt es sich um einen offenen kommunalpolitischen Diskurs nach "ob" und "wie" der Würdigung der Person Karl Marx, beziehungsweise des Umgangs mit der entsprechenden Büste. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass für die Aufstellung von Denkmalen auch unabhängig von etwaigen Verdiensten für die jeweilige Stadt oder den Freistaat Thüringen der demonstrative - mitunter ganz allgemeine - Ausdruck des Respekts gegenüber Person und besonderer Leistung ausschlaggebend sind. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 3.: Nach § 29 Thüringer Kommunalordnung vollzieht der (Ober-)Bürgermeister die Beschlüsse des Gemeinderates und der Ausschüsse. Der Beschluss des Stadtrates lautet: "Der Oberbürgermeister wird beauftragt, Gespräche mit der Friedrich- Schiller-Universität zu führen, mit dem Ziel, die Karl-Marx-Büste im Stadtbild von Jena spätestens ab dem 5. Mai 2018 wieder aufzustellen." Zu 4.: Fragen der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Jena obliegen der kommunalen Selbstverwaltung. Die Tatsache, dass stets auch an bundesdeutschen und westeuropäischen Universitäten marxistisch inspirierte Forschung bzw. Hochschullehrer/-innen tätig waren und sind, genannt seien neben vielen anderen u.a. Rudolf Hickel, Heinz J. Bontrup, Mechthild Schrooten, Birgit Mahnkopf, Ingeborg Maus und Elmar Altvater, Paul Sweezy und Charles Bettleheim, zeigt, dass von einer "gescheiterten Wirtschaftsidee" nicht zwingend und kurzschlüssig gesprochen werden sollte. Eine Ableitung hinsichtlich der Fruchtbarkeit entsprechender Forschungsarbeiten nimmt die Landesregierung nicht vor. Zu 5.: Denkmale sind Gegenstand einer gelebten Erinnerungskultur, deren Kern eine aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit befördert. Insoweit hat die Errichtung von rechtlich zulässigen Denkmalen im öffentlichen Raum eine wichtige Anstoßfunktion. Dabei obliegt es der Verantwortung des Künstlers oder der Künstlerin, die hiermit intendierte Botschaft sichtbar zu machen oder diese bewusst in die individuelle Wahrnehmung und Bewertung des Betrachters zu überantworten. Der öffentliche Diskurs darüber selbst, ist oftmals wiederum wichtiger Gegenstand der Erinnerungspolitik. Eine Bewertung der Landesregierung als kollegialem Exekutivorgan erfolgt nicht, soweit sie nicht selbst Auftraggeber ist. Zu 6.: Es besteht kein Widerspruch zur Arbeit der Landesregierung im Bereich der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen, die den gelebten Dialog als Teil einer offensiven Demokratiearbeit zum Inhalt hat, wenn am Ort der Promotion - ebenso wie am Geburtsort - an einen deutschen Geisteswissenschaftler mit großer Wirkungsgeschichte erinnert wird. Prof. Dr. Hoff Minister Denkmal für Karl Marx in Jena Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: