20.06.2017 Drucksache 6/4118Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 29. Juni 2017 Geschwindigkeitsmessungen durch Kommunen - rechtliche Grundlagen und praktische Anwendung Die Kleine Anfrage 2040 vom 23. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Die zunehmende Anzahl der Buß- und Verwarngeldverfahren in Verbindung mit Geschwindigkeitsmessungen haben auf Landesebene zu entsprechenden Mehreinnahmen geführt. Verschiedene Thüringer Kommunen haben eigene Blitzgeräte oder Verträge mit privaten Unternehmen. So lässt zum Beispiel die Stadt Saalfeld /Saale Geschwindigkeitsmessungen unter anderem aus Fenstern stadteigener Gebäude durchführen. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welcher gesetzlichen Grundlage können Kommunen in Thüringen Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr durchführen? 2. Inwieweit befürwortet die Landesregierung die Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr in Eigenregie der Kommunen? 3. Welche Vor- beziehungsweise Nachteile sind aus Sicht der Landesregierung mit Geschwindigkeitsmessungen in Eigenregie der Kommunen verbunden? 4. Welche der Thüringer Kommunen, die Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr in Eigenregie durchführen, haben eigene Geschwindigkeitsmessgeräte und welche lassen durch Fremdfirmen Geschwindigkeitsmessungen durchführen? 5. Inwieweit gibt es gesetzliche Vorgaben zur Art und Weise, wie diese Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen sind? 6. Wer kontrolliert die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei den Kommunen, die in Eigenregie Geschwindigkeitsmessungen durchführen und welche praktischen Erkenntnisse liegen der Landesregierung diesbezüglich vor? 7. Wie beurteilt die Landesregierung Geschwindigkeitskontrollen aus Gebäuden und andere Formen der verdeckten Radarkontrolle? 8. Welche Kommunen führen nach Kenntnis der Landesregierung Geschwindigkeitskontrollen aus Gebäuden und andere Formen der verdeckten Radarkontrollen durch? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4118 9. Wie hoch sind die jährlichen Einnahmen der einzelnen Kommunen, die durch Geschwindigkeitsmessungen erzielt werden? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 19. Juni 2017 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nach § 2 Abs. 2 der Thüringer Verordnung über Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten (ZustVOVOWi) können die in der Anlage zu dieser Bestimmung genannten Städte als Ordnungsbehörden neben der Polizei im übertragenen Wirkungskreis Ordnungswidrigkeiten nach § 24 des Straßenverkehrsgesetzes verfolgen und ahnden, soweit diese Verstöße die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit von Fahrzeugen betreffen. In der Anlage zu § 2 Abs. 2 ZustVOVOWi sind die Städte Altenburg, Arnstadt, Apolda, Bad Langensalza, Eisenach, Erfurt, Gera, Gotha, Greiz, Ilmenau, Jena, Meiningen, Mühlhausen, Nordhausen, Rudolstadt, Saalfeld, Sömmerda, Sondershausen, Sonneberg , Suhl und Weimar aufgeführt. Zu 2.: Insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach der Verkehrsunfallstatistik 2016 in Thüringen weiterhin die Hauptunfallursache überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit ist, befürwortet die Landesregierung Geschwindigkeitsmessungen der hierzu durch die Thüringer Verordnung über Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten ermächtigten Städte. Zu 3.: Da die Geschwindigkeitsüberwachung nicht nur von der Polizei, sondern auch durch die oben genannten Städte erfolgen kann, erhöht sich die Kontrolldichte. Das führt zu einer Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr . Außerdem wird die Polizei entlastet. Dafür müssen die betreffenden Städte entsprechende Technik einsetzen, die von geschultem Personal bedient wird. Außerdem müssen sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ständig für die Rechtmäßigkeit der Geschwindigkeitsüberwachung und einen adäquaten Verwaltungsvollzug Sorge tragen. Zu 4.: Derzeit nehmen nur die Städte Eisenach, Erfurt, Gera, Gotha, Greiz, Jena, Mühlhausen, Nordhausen, Saalfeld , Sondershausen, Suhl und Weimar die Aufgabe der Geschwindigkeitsüberwachung wahr. Dabei lässt die Stadt Sondershausen diese Aufgabe auf ihrem Gebiet durch die Stadt Nordhausen durchführen. Die Geschwindigkeitsüberwachungen werden nicht von gewerblichen Dritten durchgeführt. Die mit der Wahrnehmung dieser hoheitlichen Aufgabe befassten Städte setzen eigene Dienstkräfte ein. Soweit die Städte überlassene Technik nutzen, erfolgt dies entgeltlich. Die Städte Gera und Greiz setzen nur eigene Technik ein. Die Städte Gotha und Jena nutzen mobile eigene Technik und im Bereich der stationären Überwachung Fremdtechnik. Die Stadt Weimar setzt teilweise eigene und teilweise fremde mobile Technik ein; im Bereich der stationären Geschwindigkeitsüberwachung nutzt die Stadt Weimar Fremdtechnik. Die übrigen Städte (Eisenach, Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen - auch auf dem Gebiet der Stadt Sondershausen -, Saalfeld und Suhl) setzen Fremdtechnik ein. Zu 5.: Die gesetzlichen Vorgaben für die Durchführung der Geschwindigkeitskontrollen richten sich nach den Kriterien des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts und des Straßenverkehrsgesetzes. Zudem sind Aspekte des Strafrechts zu beachten. Daneben ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 ZustVOVOWi, dass die Geschwindigkeitsmessungen im Einvernehmen mit der Polizei an ausgewählten Gefahrenstellen auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift zur Thüringer Verordnung über Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten festzulegen sind. Im Rahmen der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschrift zur Verfolgung und Ahndung von Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten durch die Polizei und die Gemeinden (VwV VA-StVO- Wi vom 1. Januar 2007, ThürStAnz Nr. 5/2007, S. 171, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift 9. November 2016, ThürStAnz Nr. 51/2016, S. 1577) werden auf untergesetzlicher Ebene nähere Vorgaben für die Geschwindigkeitsüberwachung gemacht. Hieraus ergibt sich unter anderem, dass die Messstellen mit 3 Drucksache 6/4118Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode den örtlich zuständigen Polizeidienststellen abgestimmt werden müssen. Die Messstellen sollen dabei nach Prioritäten wie Unfallschwerpunkte, gefährliche Streckenabschnitte, Lärmschutz, allgemein schutzwürdige Bereiche usw. ausgewählt werden. Zu 6.: Soweit die kreisangehörigen Städte die Aufgabe der Geschwindigkeitsüberwachung erfüllen, unterliegen sie dabei der Fachaufsicht durch die zuständigen Landratsämter (§ 118 Abs. 4 der Thüringer Kommunalordnung -ThürKO -). Die entsprechende Fachaufsicht über die kreisfreien Städte übt das Thüringer Landesverwaltungsamt aus (§ 118 Abs. 5 Satz 1 ThürKO). Im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren erfolgt daneben eine gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle , wenn ein Betroffener gegen eine Maßnahme Rechtsbehelfe einlegt. Nennenswerte Defizite bei der Wahrnehmung der Aufgabe der Geschwindigkeitsüberwachung durch die betreffenden Städte wurden den Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit nicht bekannt. Zu 7.: Im Sinne der Verkehrssicherheitsarbeit ist neben einer gut sichtbaren Verkehrsüberwachung auch eine Art der Aufstellung von Verkehrsmesstechnik erforderlich, die eine unauffällige Messung ermöglicht und so spät wie möglich sichtbar ist. Damit soll eine flächendeckende und nicht nur punktuelle generalpräventive Wirkung der Geschwindigkeitsüberwachung gefördert werden. Zu 8.: Der Landesregierung ist keine Stadt bekannt, die derzeit (Stand: 20. April 2017) in verdeckter Form Geschwindigkeitsmessungen durchführt. Zu 9.: Für das Jahr 2016 wurden folgende Einnahmen gemeldet: Stadt Einnahmen Euro Eisenach 1.293.360 Erfurt 3.274.538 Gera 248.642 Gotha 616.285 Greiz 18.000 Jena 1.966.767 Mühlhausen 800.000 Nordhausen 285.000 Saalfeld 290.000 Sondershausen 94.000 Suhl 302.500 Weimar 1.012.210 Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Städte ihren mit der Geschwindigkeitsüberwachung verbundenen Aufwand an Personal- und Sachkosten aus den ihnen mit der Erfüllung dieser Aufgabe zufließenden Einnahmen aus Verwarnungs- und Bußgeldern sowie Gebühren selbst zu tragen haben. Dr. Poppenhäger Minister Geschwindigkeitsmessungen durch Kommunen - rechtliche Grundlagen und praktische Anwendung Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: