28.06.2017 Drucksache 6/4153Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 6. Juli 2017 Gewalt in Jena Die Kleine Anfrage 2120 vom 11. April 2017 hat folgenden Wortlaut: Ende des Jahres 2016 kam es in Jena zu mehreren gewaltsamen Auseinandersetzungen: In Bezug auf die Schlägereien in Lobeda-West am 18. November 2016, 20. November 2016, 23. November 2016 und 26. November 2016 schrieb die Ostthüringer Zeitung am 26. November 2016 von "Revierkämpfen zwischen Russlanddeutschen und jungen Flüchtlingen". Der Hausmeister des Sporthallenkomplexes Lobeda-West berichtete im genannten Artikel der Ostthüringer Zeitung von Unordnung und Gewalt vor Ort. Vertreter der Stadt und des Ortsteils erklärten angesichts zunehmender Gewalt in Lobeda-West Handlungsbedarf. Des Weiteren ereignete sich ein sexueller Missbrauch von zwei Mädchen (13 und 11 Jahre alt) am 4. März 2017 im GalaxSea Jena, bei den Tätern handelte es sich laut Medienberichten um zwei Iraker im Alter von 35 und 19 Jahren. Zu einer Vergewaltigung einer 60 Jahre alten Frau durch einen 20-jährigen Syrer kam es am 10. Februar 2017 in Jena. Der Mitteldeutsche Rundfunk berichtete am 30. März 2017, dass die Zahl der Straftaten im Jahr 2016 thüringenweit gestiegen sei, darunter auch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Insbesondere kam es zu mehr Straftaten begangen durch Ausländer. Ich frage die Landesregierung: 1. Was hat sich bei den oben geschilderten Vorfällen genau ereignet? 2. Wegen welcher Delikte wurden Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den oben geschilderten Vorfällen eingeleitet? 3. Wurden Tatverdächtige ermittelt (wenn ja, bitte nach Delikt, Herkunft, Aufenthaltsstatus, Alter und Geschlecht aufschlüsseln)? 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse zum Bestehen und zur Entwicklung von Kriminalitätsschwerpunkten in Jena seit dem 1. Januar 2015 vor, wenn ja, wie lauten diese? 5. Wie bewertet die Landesregierung mit Blick auf die oben geschilderten Fälle die Sicherheitssituation in Jena und insbesondere in Lobeda-West? 6. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse zur allgemeinen Kriminalitätsentwicklung in Jena und insbesondere Lobeda-West seit dem 1. Januar 2015 vor, wenn ja, wie lauten diese? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Muhsal (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4153 7. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um auf eine Verminderung der Kriminalität in Jena, insbesondere in Lobeda-West, hinzuwirken? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 26. Juni 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkungen: Die Vorfälle sind Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Unter Hinweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 477 Abs. 2 Satz 1 der Strafprozessordnung wird insbesondere aus Datenschutzgründen (Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz, Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen) und vor dem Hintergrund der im Strafverfahren zu beachtenden Unschuldsvermutung (Artikel 6 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) von weiteren als nachstehenden Angaben abgesehen (vergleiche auch Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5. März 2014, Az.: 2 EO 386/13)." Zu 1. bis 3.: Nach den bisherigen Ermittlungen bestehen folgende polizeiliche Erkenntnisse: Am 17. November 2016 kam es zwischen vier männlichen Personen zu einer körperlichen Auseinandersetzung . Dabei drohte einer der beiden Tatverdächtigen mit einem Messer. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung gegen zwei syrische Staatsangehörige eingeleitet . Der 16-jährige Tatverdächtige hat eine befristete Aufenthaltserlaubnis und der 27-jährige Tatverdächtige eine Aufenthaltsgestattung. Am 18. November 2016 kam es nach einer verbalen Streitigkeit zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei männlichen Personen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Gefährlicher Körperverletzung gegen einen 36-jährigen deutschen Staatsangehörigen eingeleitet. Am 20. November 2016 kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen fünf männlichen Personen . Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Gefährlicher Körperverletzung gegen einen marokkanischen und zwei syrische Tatverdächtige eingeleitet. Der 24-jährige marokkanische Tatverdächtige ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Die beiden 16- und 17-jährigen syrischen Staatsangehörigen besitzen eine Aufenthaltsgestattung und eine Aufenthaltserlaubnis. Am 23. November 2016 kam es zwischen mehreren Jugendlichen syrischer und irakischer Herkunft zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs, Gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung und Volksverhetzung eingeleitet . Bei den vier Tatverdächtigen handelt es sich um männliche syrische Staatsangehörige im Alter von 16 und 17 Jahren. Hiervon haben zwei Personen eine Aufenthaltserlaubnis, einer eine befristete Aufenthaltserlaubnis und eine Person eine Aufenthaltsgestattung. Am 23. November 2016 wurde ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung eingeleitet. Anlass ist eine körperliche Auseinandersetzung unter Anwendung eines Messers . Bei den fünf Tatverdächtigen handelt es sich um 18- bis 21-jährige männliche irakische Staatsangehörige . Davon haben vier Personen eine Aufenthaltserlaubnis und eine Person eine Aufenthaltsgestattung. Am 26. November 2016 kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen männlichen syrischen und georgischen Jugendlichen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch, Gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung eingeleitet. Bei den sechs Tatverdächtigen handelt es sich um 16- und 17-jährige syrische Staatsangehörige. Davon haben drei eine Aufenthaltsgestattung, zwei eine Aufenthaltserlaubnis und einer eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Aufgrund einer wechselseitig begangenen Körperverletzung wurde im Zusammenhang mit diesem geschilderten Vorfall ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet. Der 26-jährige männliche georgische Staatsangehörige hat eine Aufenthaltserlaubnis. 3 Drucksache 6/4153Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Am 10. Februar 2017 kam es zu einer Vergewaltigung. Als Tatverdächtiger wurde ein 20-jähriger syrischer Staatsangehöriger ermittelt, welcher im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist. Durch das Amtsgericht Gera wurde Haftbefehl erlassen. Am 4. März 2017 kam es im Freizeitbad Galax-Sea zu einem sexuellen Missbrauch von Kindern. Die beiden weiblichen Geschädigten wurden mehrfach bedrängt und unsittlich berührt. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren richtet sich gegen zwei männliche irakische Staatsangehörige. Die beiden 20- und 25-jährigen Tatverdächtigen haben eine Aufenthaltsgestattung. Bezogen auf die dargestellten Sachverhalte wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 4. bis 6.: Im Jahr 2015 wurden ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) im Schutzbereich des Inspektionsdienstes der Landespolizeiinspektion Jena insgesamt 6.107 Straftaten registriert. Die Zahl der erfassten Fälle ist im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 804 Fälle gestiegen. Die Aufklärungsquote beträgt im Jahr 2016 - 60,5 Prozent und war damit im Vergleich zu 2015 um 0,5 Prozent zurückgegangen. Im Stadtteil Lobeda-West ist seit 2015 ein Rückgang der Einsatz- und Anzeigeaufnahmezahlen zu verzeichnen. Im Vergleich zu Lobeda-Altstadt und Lobeda-Ost wurden im Bereich Lobeda-West die meisten Körperverletzungsdelikte registriert. Dort wurde 2016 in diesem Deliktsfeld ein Anstieg von 68 Fällen (2015) auf 95 Fälle verzeichnet. Für die Auswertung kriminologischer Ursachen bezogen auf den Stadtteil Lobeda-West ist der Bewertungszeitraum 2015 und 2016 ungeeignet. Unabhängig davon werden polizeiliche Maßnahmen auf die aktuelle Lage ausgerichtet. Seit Mitte des Jahres 2016 wurden der Thüringer Polizei vermehrt Sachverhalte bekannt, welche eine zunehmende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Bereich der Skaterbahn in Lobeda-West, einem bekannten Jugendtreffpunkt, vermuten lassen. Die Personen, die sich dort regelmäßig treffen, polarisieren sich in einzelnen Gruppen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Jugendliche und Heranwachsende mit Migrationshintergrund im Alter von 14 bis 20 Jahren, aber auch Personen im Kindesalter. In diesem Kontext führten die zunächst verbalen Auseinandersetzungen auch zu strafrechtlichen Handlungen. Die Landespolizeidirektion Jena hat den Bereich um die Skaterbahn in Jena-Lobeda als lokalen Kriminalitätsschwerpunkt eingestuft. Zu 7.: Zwischen den zuständigen Behörden und Dienststellen der Polizei, der Jugendgerichtshilfe und der Staatsanwaltschaft findet ein intensiver lagebezogener Informationsaustausch statt. Darüber hinaus wirken Kontaktbereichsbeamte , verantwortliche Sozialarbeiter sowie alle im Bereich tätigen Operativkräfte konzertiert zusammen. Die Thüringer Polizei führt unter Beachtung der Schwerpunktzeiten erhöhte Streifentätigkeiten durch. Unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten erfolgen niederschwellige Kontrollen in diesem Bereich. In Fällen, bei denen einzelne Tatverdächtige bereits unter jugendamtlicher Betreuung standen, erfolgt eine Intensivierung dieser Maßnahmen. Des Weiteren ist durch die Stadt Jena vorgesehen, durch gezielte Wohnungszuweisungen die Trennung der Gruppen zu bewirken. Dr. Poppenhäger Minister Gewalt in Jena Ich frage die Landesregierung: Zu 1. bis 3.: Zu 4. bis 6.: Zu 7.: