04.07.2017 Drucksache 6/4161Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. Juli 2017 Kraftfahrzeughilfe für Menschen mit Behinderung in Thüringen Die Kleine Anfrage 2178 vom 9. Mai 2017 hat folgenden Wortlaut: Wenn ein Kraftfahrzeug infolge der Behinderung nicht nur vorübergehend zum Erreichen des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes erforderlich ist, können schwerbehinderte Menschen verschiedene Kraftfahrzeughilfen erhalten (§ 20 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung). Voraussetzungen, Antragstellung und Leistungsumfang sind durch die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung geregelt. Die Leistungen können Zuschüsse zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, Übernahme der Kosten für behinderungsbedingte Zusatzausstattung , Zuschüsse zum Erwerb der Fahrerlaubnis und Leistungen in Härtefällen (zum Beispiel zu Kosten für Reparaturen, Beförderungsdienste) umfassen. Die Leistungen werden - je nach Zuständigkeit - durch die Rehabilitationsträger oder auch durch die Integrationsämter erbracht. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch waren die Einzel- und Gesamtausgaben, die in Thüringen für Kraftfahrzeughilfe, in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 bewilligt wurden? 2. Wie viele Einzelpersonen konnten insgesamt von der Kraftfahrzeughilfe in Thüringen in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 Gebrauch machen? 3. Welche finanzielle Unterstützung haben nicht erwerbstätige Menschen mit Behinderung, die sich zum Beispiel ehrenamtlich engagieren, beim Erwerb eines Führerscheins, eines Fahrzeugs oder dessen behindertengerechten Umrüstung? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung zur Verbesserung der Mobilität beziehungsweise der finanziellen Unterstützung von Menschen mit Behinderung ohne Erwerbstätigkeit beziehungsweise ohne Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe? 5. Sieht das Bundesteilhabegesetz Änderungen beziehungsweise Erweiterungen bezüglich der Kraftfahrzeughilfe vor? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Stange (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/4161 Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 3. Juli 2017 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung - Kfz- HV) zählt zum Schwerbehindertenrecht, welches im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) als Teil 2 verankert ist. Die Zuständigkeit zur Änderung beziehungsweise Ergänzung der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung liegt beim Bund. Gemäß § 1 KfzHV ist die Kraftfahrzeughilfe eine Maßnahme zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben . Dies setzt grundsätzlich eine versicherungspflichtige Tätigkeit des behinderten Menschen voraus. Nur aufgrund des Knüpfens der Maßnahme "Kraftfahrzeughilfe" an eine versicherungspflichtige Tätigkeit ist es möglich, diese Maßnahme aus Mitteln der Ausgleichsabgabe durch das Integrationsamt zu finanzieren . Ehrenamtliche Tätigkeiten sind hiervon nicht umfasst. Mittel der Ausgleichsabgabe können zwingend nur für Leistungen zur Verfügung gestellt werden, die einen Bezug zum allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Diese Leistungen sind in Teil 2 des SGB IX abschließend aufgeführt. Eine anderweitige Verwendung ist nicht statthaft. Die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung , die nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt sind, in den Kreis der Empfänger ist somit nicht möglich und wäre auch im Gesamtkontext des SGB IX systemwidrig. Zu 1. und 2.: Ich verweise auf die nachfolgende Tabelle (Angaben in Euro): Jahr 2013 2014 2015 2016 Gesamt Gesamtbetrag 2.244,79 0,00 14.610,73 71.921,32 88.776,84 Einzelbeträge 1.700,00 1.350,00 2.000,00 470,00 4.480,00 7.592,80 74,79 4.500,00 1.556,16 1.662,73 19.541,66 2.618,00 4.156,00 1.339,94 35.734,76 Anzahl Personen 3 0 5 7 10* Zu 3.: Eine finanzielle Unterstützung für nicht erwerbstätige Menschen mit Behinderung, die sich ehrenamtlich engagieren, scheitert bereits regelmäßig an den Bestimmungen des § 3 KfzHV über die persönlichen Voraussetzungen . Gegebenenfalls kann jedoch eine Kraftfahrzeughilfe als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Rahmen der Eingliederungshilfe durch den örtlichen Sozialhilfeträger in Betracht kommen. Die Voraussetzungen zur Bewilligung entsprechender Leistungen sind in den §§ 53, 54 und 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Verbindung mit § 8 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfeverordnung - EinglHVO) geregelt. Laut Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. August 2013 (Az.: B 8 SO 24/11 R) kann für Menschen mit Behinderung ein Anspruch auf Übernahme der Kosten zur Anschaffung und Umrüstung eines Kraftfahrzeugs gegenüber dem Sozialhilfeträger bestehen, wenn sie eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben und wegen ihrer Behinderung zur Ausübung ihres Ehrenamtes regelmäßig auf ein Fahrzeug angewiesen sind. Ein sozialhilferechtlicher Anspruch besteht jedoch nur im Rahmen der sozialhilferechtlichen Einkommens- und Vermögensgrenzen. Sollte der zuständige Sozialhilfeträger den Antrag auf Gewährung einer finanziellen Unterstützung zur Umrüstung des Kfz ablehnen, besteht noch die Möglichkeit, sich an gemeinnützige Stiftungen mit der Bitte um Unterstützung zu wenden. 3 Drucksache 6/4161Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Gegenwärtig sieht die Landesregierung keine diesbezüglichen Handlungsmöglichkeiten. Bereits jetzt sieht das SGB IX eine unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr gemäß § 145 ff. zur Verbesserung der Mobilität dieses Personenkreises vor. Hiernach werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs gegen Vorlage eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. Zudem verweise ich hinsichtlich der finanziellen Unterstützung von Menschen mit Behinderung ohne Erwerbstätigkeit beziehungsweise ohne Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung auf meine Antwort zu Frage 3. Zu 5.: Nein, im Zuge der Arbeiten zum neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG) sind keine Änderungen an der Kraftfahrzeug -Hilfeverordnung erfolgt. Durch die Neufassung der §§ 83 und 114 SGB IX wird die Bewilligung von Leistungen für ein Kraftfahrzeug zur sozialen Teilhabe im Rahmen der Eingliederungshilfe ab dem 1. Januar 2020 jedoch nur noch dann möglich sein, wenn die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und Schwere der Behinderung nicht zumutbar ist und Leistungsberechtigte ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sind. Werner Ministerin Endnote: * Gesamtzahl der Personen entspricht nicht der Summe der einzelnen Jahre, da einige Personen mehrfach gefördert wurden. Kraftfahrzeughilfe für Menschen mit Behinderung in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1. und 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Endnote: