23.03.2015 Drucksache 6/421Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. April 2015 Drogenpolitik der Landesregierung Die Kleine Anfrage 124 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: Der Konsum illegaler Drogen nimmt seit Jahren zu. Nach den aktuellen Zahlen des Landesamtes für Statistik sind 2013 in Thüringen rund 2.700 Patienten infolge des Konsums von Drogen vollstationär behandelt worden. Acht Menschen starben infolge illegalen Drogenkonsums. Insbesondere synthetisch hergestellte Drogen verbreiten sich in Thüringen immer rasanter. Dabei nimmt die besonders gefährliche Droge Crystal Meth einen besonderen Stellenwert ein. Der Missbrauch von Betäubungsmitteln gefährdet in erster Linie die Jugendlichen und deren Gesundheit sowie die öffentliche Sicherheit. Eine wirksame Drogenpolitik ist daher ein wesentlicher Pfeiler der Rechts-, Jugend- und Gesundheitspolitik. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Mittel und Wege wird die Landesregierung ergreifen, um den Missbrauch von Betäubungsmitteln zu bekämpfen? 2. Welche Maßnahmen der Suchtprävention wird die Landesregierung ergreifen? 3. Sind besondere Informationskampagnen in Bezug auf die Gefährlichkeit von Crystal Meth geplant? 4. Inwieweit soll Aufklärung im Schulunterricht erfolgen und ist eine Änderung der Lehrpläne vorgesehen? 5. In welcher Form wird die Landesregierung die durch den Konsum von unerlaubten Betäubungsmitteln entstehende Begleitkriminalität bekämpfen? 6. Hält die Landesregierung bei der Drogenbekämpfung eine Differenzierung zwischen so genannten harten und weichen Drogen für sinnvoll? Wenn ja, warum? 7. Wie steht die Landesregierung zu einer so genannten Entkriminalisierung weicher Drogen? 8. Wie sollen die Suchthilfeberatungsstellen künftig finanziell ausgestattet werden? 9. Wird die Landesregierung eine Bundesratsinitiative, die auf eine spürbare Erhöhung der Mindeststrafe für den Handel mit unerlaubten Betäubungsmitteln abzielt, unterstützen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Meißner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/421 Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 20. März 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2, §§ 160, 163 Strafprozessordnung) verpflichtet die Thüringer Polizei, in jedem Fall des Verdachts einer Straftat gemäß § 29 Abs. 1, 2 und 4 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) die Ermittlungen aufzunehmen. § 31a Abs. 1 BtMG regelt das Absehen von der Strafverfolgung durch die Thüringer Staatsanwaltschaft bei Vergehen nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 BtMG bei ausschließlichem Eigenverbrauch des Betäubungsmittels und geringer Schuld des Täters, sofern kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Zu präventiven Maßnahmen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 2.: Es werden landesweite Maßnahmen der Suchtprävention vor allem in den Bereichen • Suchtmittel- und Risikokonsum, • Glücksspielsucht, • Kinder aus suchtbelasteten Familien, • Betriebliche Suchtprävention, angeboten, die entsprechend der jeweiligen aktuellen Situation im Land angepasst werden. Als konkrete Maßnahmen landesweiter Suchtpräventionsaktivitäten können beispielhaft genannt werden: • Thüringer Bündnis "Alkohol - Alles im Griff", • Kampagne "Kein Alkohol beim Sport", • Suchtpräventionspreis Thüringen, • Thüringer Jahrestagung Suchtprävention, • Be Smart - Don't Start, • Interaktive Ausstellung "rauchfrei - ich auch" zum Tabakkonsum, • Interaktive Ausstellung "HaLT - Hart am Limit" zum Thema Alkohol im Jugendalter, • Musikszeneprojekt Drogerie, • F1-Infobox - eine Materialsammlung zum Thema Mediennutzung, • Runder Tisch Kinder aus suchtbelasteten Familien, • Stop & go - ein Jugendschutzparcour zum Mitmachen, • Fortbildungen wie z. B. Methodenschulung Suchtprävention usw. Darüber hinaus handelt es sich bei der Suchtprävention um eine kommunale Aufgabe mit jeweils regionalen Angeboten und Maßnahmen. Die Angebote der Suchtprävention sind in Thüringen substanzübergreifend und zielgruppenbezogen. Das Internetportal der Thüringer Fachstelle Suchtprävention stellt umfassende Informationen zu aktuellen Zahlen, Daten und Studien im Bereich Suchtmittelkonsum (Prävalenzen), zu Angeboten und Aktivitäten der Suchtprävention in den einzelnen Regionen Thüringens sowie zu Ansprechpartnern zur Verfügung. Darüber hinaus können Materialien abgefordert werden. Ein Veranstaltungskalender informiert über Fortbildungen und Fachtage. Zu 3.: Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie erarbeitet derzeit ein Rahmenkonzept zum Thema "Crystal Meth" - Prävention und Hilfen mit zielgruppenspezifischen Angeboten 2014/2015. Sowohl im Jahr 2013 als auch 2014 wurden zahlreiche Fachtagungen und Fachgespräche zu dieser Thematik organisiert und in den verschiedenen Regionen Thüringens umgesetzt, so dass von einer Basisinformation in Bezug auf Crystal Meth ausgegangen werden kann. Für 2015 wird eine interaktive Ausstellung "high 5" für illegale Drogen entwickelt, die für Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahre eingesetzt werden soll. Fachkräfte des Präventionszentrums und der Thüringer Fachstelle Suchtprävention haben gemeinsam sieben Stationen entwickelt, in denen sich die Jugendlichen auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Thema auseinandersetzen können. Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat ein Onlineportal entwickelt, über welches Beiträge zur Suchtprävention von Crystal Meth eingestellt sind, die abgerufen und zum Teil heruntergeladen werden können. Erreichbar ist das Portal seit dem August 2014 unter der Webadresse des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales mit dem Wortzusatz "Crystal". 3 Drucksache 6/421Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Der Bundesrat hat am 11. Juli 2014 den Entschließungsantrag "Präventive und repressive Maßnahmen von Bund und Ländern gegen den Crystal-Konsum" (Bundesratsdrucksache 297/14 - Antrag Sachsen, Beitritt Hessen und Thüringen) gefasst. Mit dieser Entschließung wird die Bundesregierung aufgefordert, die polizeilichen Kräfte mit den Ländern abzustimmen und in diesem Zusammenhang die Kontrollfähigkeit der Bundespolizei und des Zolls zu intensivieren , bundesweite Untersuchungen zur Häufigkeit des Drogenkonsums in der Bevölkerung um Aussagen zur Verbreitung des Konsums von Methamphetamin zu erweitern und länderübergreifende Präventionsmaßnahmen zu initiieren und zu unterstützen. Zu 4.: Die Schulen sind nach § 47 des Thüringer Schulgesetzes (ThürSchulG) verpflichtet, ein Konzept zur Gesunderhaltung und gesunden Lebensweise zu entwickeln. Ein Schwerpunkt des Konzepts soll die Prävention des Konsums von illegalen Drogen sowie von Tabak und Alkohol sein. Es finden gemeinsam mit der Thüringer Polizei und den Suchtpräventionsfachkräften Veranstaltungen und Projekte der Suchtprävention in den Schulen statt. Darüber hinaus wird themenbezogenes Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Siehe hierzu die Ausführungen zu Frage 2. Die in den Lehrplänen festgeschriebenen Bildungsinhalte zur Gesundheitsförderung sind dabei fächerübergreifend und über den Unterricht hinaus zu vermitteln. Gesunde Lebensweise soll an jeder Schule aktiv gestaltet werden. Welche einzelnen Maßnahmen die Schulen zur Umsetzung ihrer Ziele auswählen, obliegt der pädagogischen Freiheit der Schule. Zu 5.: Der mit dem Konsum von unerlaubten Betäubungsmitteln einhergehenden direkten und indirekten Beschaffungskriminalität wird sowohl mit Maßnahmen der Sucht- und Kriminalprävention vorgebeugt als auch wird diese mit strafverfolgenden Maßnahmen bekämpft. Zu 6.: Das Betäubungsmittelgesetz unterscheidet nicht zwischen "harten" und "weichen" Drogen. Diese Begriffe haben sich umgangssprachlich etabliert und besitzen in der rechtlichen Bewertung keine Bedeutung. Als "weiche" Drogen werden in der Bundesrepublik Deutschland die Cannabisprodukte Cannabiskraut (Marihuana ) und -harz (Haschisch) bezeichnet. Alle anderen Rauschgifte, speziell Opiate (Heroin, Morphin, Opium u. a.), Kokain, Amphetamine und LSD, aber auch Cannabisöl, gelten als "harte" Drogen. Zu 7.: Die Landesregierung wird sich entsprechend dem Koalitionsvertrag zwischen den Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die 6. Wahlperiode des Thüringer Landtags (vgl. dort unter Nr. 12.4) für die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums einsetzen und eine bundeseinheitliche Regelung im Umgang mit Drogenkonsumentinnen und -konsumenten anstreben. Bis diese Regelung gefunden ist, wird die Landesregierung die "geringen Mengen" zum Eigenverbrauch weicher Drogen im Sinne des § 31a BtMG im Freistaat Thüringen überprüfen. Die Landesregierung setzt sich darüber hinaus dafür ein, eine Änderung der betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen in der medizinischen Versorgung herbeizuführen (vgl. Koalitionsvertrag unter Nr. 3.9). Es soll damit Schmerz- und Palliativpatienten der Zugang zu Cannabiszubereitungen und -blüten im Rahmen der üblichen medizinischen Versorgung ermöglicht werden. Eine Versorgung soll dabei nach entsprechender ärztlicher Therapieentscheidung, Verordnung auf Betäubungsmittelrezept und Bezug über die Apotheken erfolgen. Zu 8.: Unter Hinweis auf § 23 Thüringer Finanzausgleichsgesetz vom 31. Januar 2013 erfolgt die Finanzierung der Drogen- und Suchtberatungsstellen auf kommunaler Ebene über den Mehrbelastungsausgleich und entzieht sich somit der Einflussnahme des Landes. Eine Aussage über die Höhe des finanziellen Ausgleichs und die künftige finanzielle Ausstattung ist damit nicht möglich. Zu 9.: Anhaltspunkte für die Notwendigkeit, die Mindeststrafe für den Handel mit unerlaubten Betäubungsmitteln zu erhöhen, sind derzeit nicht ersichtlich. Werner Ministerin